§ 29 III GBO - Siegel oder Stempel?

  • Hier spricht Ihr Direktor! Sie können ab morgen Ihre sachliche Unabhängigkeit an der Rechtsantragstelle ausleben!

    Genau dieses Problem habe ich letzte Woche bei diversen Gesprächen des BDR mit Abgeordneten im Bundestag geschildert. Unsere sachliche Unabhängigkeit hat keinen Verfassungsrang, und sie ist auch einfachgesetzlich nur unzureichend vor Verletzung gefeit. Der einzige Schutz vor solchem Übergriff besteht aus meiner Sicht in einer Geschäftsverteilung durch die Rechtspfleger selbst, analog dem Richterpräsidium (ob man das nun Rechtspflegerpräsidium oder anders nennt, ist mir gleich).

  • Das wäre jetzt genau der richtige Anlass für den Rechtspflegerverband einzusteigen und ein deutliches Zeichen für unsere Unabhängigkeit zu setzen. Aber auch da wird uns wahrscheinlich der Schnabel sauber bleiben. :mad:

  • Dann wundert mich aber, dass Du noch nicht in der RAST gelandet bist:teufel: Aber die RAST hat nunmal nur ne begrenzte Anzahl von Stellen:D

    Ja man möchte lachen, wenn das Ganze nicht einen realen Hintergrund hätte....

    Aus der Praxis kann ich die von Martin angesprochene Vorgehensweise nur bestätigen:
    Der Rechtspfleger, der den hier genannten
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post954429
    (unveröffentlichten !) Beschluss des OLG Karlsruhe, 14. ZS in Freiburg, vom 29.03.2011, 14 Wx 11/11, erwirkt hat, wurde zum LG-Präsidenten zitiert. Dort ist ihm nahegelegt worden, sich auf eine andere Stelle zu bewerben, wenn er überhaupt noch die Chance einer Beförderung im Blick haben wolle. Dem ist er nachgekommen. Angesichts der Misere bei den kurz darauf eingerichteten zentralisierten GBÄ war er allerdings Im Nachhinein der Ansicht, dass es das Beste war, was ihm passieren konnte….:teufel:
    Also: nur nicht einknicken !:)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Da absehbar war, dass es um eine Sachentscheidung geht, wäre es am Besten gewesen, erst gar nicht hinzugehen. Dann hätte der Gegenpart seine Ansicht der Dinge schriftlich äußern müssen und davor hätte er sich angesichts einer nicht auszuschließenden strafrechtlichen Relevanz der betreffenden "Hinweise" wohl höchstvorsorglich gehütet.

    Der Hinweis auf ein Tätigwerden des Berufsverbandes erscheint mir im Grundsatz berechtigt. Allerdings halte ich wenig davon, mangels eigenen Rückgrats gleich nach dem Verband zu rufen, noch dazu unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich viele Kollegen die paar Euro für eine Mitgliedschaft bewusst sparen, sich dann aber beklagen, wenn sie beruflichen Unbilden alleine gegenüber stehen. Wer nicht bereit ist, für seine sachliche Unabhängigkeit selbst einzustehen, muss sich fragen lassen, ob er den richtigen Beruf gewählt hat. Es gibt genügend mit Weisungsgebundenheit versehene Berufsperspektiven im gehobenen Dienst, die man wählen kann, wenn man eine weisungsfreie Tätigkeit scheut oder sie als faktisch weisungsgebundene Tätigkeit missversteht.

  • Das wäre jetzt genau der richtige Anlass für den Rechtspflegerverband einzusteigen und ein deutliches Zeichen für unsere Unabhängigkeit zu setzen. Aber auch da wird uns wahrscheinlich der Schnabel sauber bleiben. :mad:

    :gruebel: Ich zitiere mich der Einfachheit halber mal selbst:

    Hier spricht Ihr Direktor! Sie können ab morgen Ihre sachliche Unabhängigkeit an der Rechtsantragstelle ausleben!

    Genau dieses Problem habe ich letzte Woche bei diversen Gesprächen des BDR mit Abgeordneten im Bundestag geschildert. Unsere sachliche Unabhängigkeit hat keinen Verfassungsrang, und sie ist auch einfachgesetzlich nur unzureichend vor Verletzung gefeit. Der einzige Schutz vor solchem Übergriff besteht aus meiner Sicht in einer Geschäftsverteilung durch die Rechtspfleger selbst, analog dem Richterpräsidium (ob man das nun Rechtspflegerpräsidium oder anders nennt, ist mir gleich).


    Der BDR ist an dieser Baustelle längst dran (ich verweise nur auf den Entwurf eines besseren Rechtspflegergesetzes, in dem beim jüngsten Rechtspflegertag in Trier die Zukunftsvisionen des BDR in Pagragraphen gegossen zusammengefasst sind. Dort ist das angestrebte Gremium als "Rechtspflegerrat" bezeichnet - um die Vokabel geht es mir jetzt nicht.) Woran wir uns die Zähne ausbeißen, sind leider allzu oft nicht zuerst die gerngescholtenen Politiker und Justizverwaltungen, sondern die eigenen Kollegen, die vor einer selbstverantworteten Geschäftsverteilung zurückschrecken.

  • Nach dem, was ich gehört habe, denkt man in Berlin jetzt über eine umfassende Bereinigung, nicht nur des "Randproblems" § 29 GBO, sondern auch für § 317 ZPO etc. nach. Soll alsbald geregelt werden.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


    Das wäre sehr zu begrüßen. Unser Ministerium übt sich nämlich vordergründig in Vogel-Strauß-Politik. Nach unserem LG-Präsidenten gar sei das überhaupt kein Problem, das über § 29 III GBO hinaus ginge.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Woran wir uns die Zähne ausbeißen, sind leider allzu oft nicht zuerst die gerngescholtenen Politiker und Justizverwaltungen, sondern die eigenen Kollegen, die vor einer selbstverantworteten Geschäftsverteilung zurückschrecken.

    Ich überlege gerade, ob wir diese Diskussion nicht besser im Smalltalk führen?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Da absehbar war, dass es um eine Sachentscheidung geht, wäre es am Besten gewesen, erst gar nicht hinzugehen.

    Das sehe ich anders. Unabhängig davon, ob das Gesprächsthema bekannt/vorhersehbar ist, kann man sich dann dadurch angreifbar machen, dass die Anordnung des Erscheinens als solche zu befolgen ist, solange sie nicht aufgehoben wird (vgl. § 36 Abs. 2 BeamtStG bzw. entsprechendes Landesrecht).

    Dann hätte der Gegenpart seine Ansicht der Dinge schriftlich äußern müssen und davor hätte er sich angesichts einer nicht auszuschließenden strafrechtlichen Relevanz der betreffenden "Hinweise" wohl höchstvorsorglich gehütet.

    Ich nehme an, das spielt auf diesen Sachverhalt an: https://www.juris.de/jportal/portal…genachricht.jsp. Dazu müsste der Adressat erst einmal willens sein, eine Anzeige zu erstatten.

    Der Hinweis auf ein Tätigwerden des Berufsverbandes erscheint mir im Grundsatz berechtigt. Allerdings halte ich wenig davon, mangels eigenen Rückgrats gleich nach dem Verband zu rufen, noch dazu unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich viele Kollegen die paar Euro für eine Mitgliedschaft bewusst sparen, sich dann aber beklagen, wenn sie beruflichen Unbilden alleine gegenüber stehen.

    Warum sollen Rechtspfleger das im Alleingang machen, während Angehörige anderer Sparten (zum Beispiel Feuerwehr oder Polizei) das bei ihren Anliegen nahezu standardmäßig per Berufsverband tun?

    Wer nicht bereit ist, für seine sachliche Unabhängigkeit selbst einzustehen, muss sich fragen lassen, ob er den richtigen Beruf gewählt hat. Es gibt genügend mit Weisungsgebundenheit versehene Berufsperspektiven im gehobenen Dienst, die man wählen kann, wenn man eine weisungsfreie Tätigkeit scheut oder sie als faktisch weisungsgebundene Tätigkeit missversteht.

    Es gibt auch Berufsperspektiven im öffentlichen Dienst außerhalb der Justiz, in denen die Weisungsgebundenheit - ich sage mal - gegenüber weiten Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheiten in den Hintergrund tritt. Hier wird leider oft ein verzerrtes Bild gezeichnet, das auf der Annahme basiert, dass außerhalb der Justiz - überspitzt gesagt - ständig jemand hinter einem steht, der einem sagt, was man zu tun hat. Jedenfalls dann, wenn man sich nicht im Bereich der Verwaltung von Massenvorgängen befindet, trifft das so aus meiner eigenen Erfahrung (bin teilweise abgeordnet) nicht zu.

  • Das Ganze kam auf dem Dienstweg, und er hat eben seine Meinung dazu kundgetan.

    Weisungsgebundener mit eigener Meinung? Respekt! Oder wird da nur nachgeplappert, was das Ministerium als Devise ausgegeben hat?

  • Für die simple Erkenntnis, dass der Aufdruck "Amtsgericht Bayern" auch nicht den Bestimmungen der AVWpG entspricht, hätte man aber die Entscheidung des BGH auch gar nicht gebraucht. Aber wenn Beschwerdeakten einem Dienstvorgesetzten zugeleitet werden, darf man ja an Objektivität und Neutralität ein bisschen zweifeln, oder?
    Also bei einer Gesetzesänderung die AVWpG oder alternativ die Umstellung der EDV nicht vergessen.

  • Ich habe jetzt schon länger nicht mehr nachgeschaut, aber so um den 9./10.3. herum hat der Bundestag wohl u. a. das neue Werkvertragsrecht durchgewunken. Zumindest stand das auf einigen Internetseiten. Huckepack auf dieses Gesetzesvorhaben hat man die Konsequenzen aus dem BGH-Beschluss gepackt. Wenn ich das richtig gesehen habe, leider nur diejenigen, die direkt aus dem Beschlusstenor ersichtlich waren. Wenn das tatsächlich so ist, werden wir so schnell keine saubere Lösung mehr bekommen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ausschußempfehlung: An § 29 Abs. 3 GBO soll folgender Satz angefügt werden: "Anstelle der Siegelung kann maschinell ein Abdruck des Dienstsiegels eingedruckt oder aufgedruckt werden.“...

    Plenarprotokoll 18/221, Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht, 221. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017

    Drucksache 18/11437 Die Reden werden zu Protokoll gegeben. – Sie sind damit einverstanden. 4) Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/11437, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 18/8486 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung bei Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Das beseitigt aber nicht die spezifischen Probleme in Bayern...


    Es beseitigt ferner nicht die Probleme mit den maschinellen Siegeln im Bereich des § 29 Abs. 1 GBO und schon gleich gar nicht bezüglich der Vollstreckungsklauseln - letzteres ein Problem, das über den Grundbuchbereich weit hinaus geht. Ich habe letzte Woche von einem Anwalt vernommen, er werde jetzt auf dieser Basis die Einstellung der (Immobiliar-)Zwangsversteigerung beantragen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Das beseitigt aber nicht die spezifischen Probleme in Bayern...


    Es beseitigt ferner nicht die Probleme mit den maschinellen Siegeln im Bereich des § 29 Abs. 1 GBO....

    Deshalb habe ich eurem Nachlaßgericht auch gestern einen maschinell gesiegelten Erbschein wieder zurückgeschickt :D

    Wie ist es denn nun beim Vollstreckungsbescheid? Da ist zwar eine maschinelle Siegelung zugelassen, aber er enthält ja auch (im Gegensatz zu anderen Bundesländern) nur den Aufdruck "Amtsgericht Bayern", was lt. BGH ja auch nicht dem AVWpG entspricht. Spitzfindig könnte man allerdings sagen, dass es nur ein Mahngericht in Bayern gibt und deshalb die Bezeichnung der Behörde ausreichend ist.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!