• Ein recht heikler Fall: Ein asiatisches Kind lebt mit seinem Onkel, der auch der Vormund ist, in Deutschland, die Mutter ist tot, der Vater unbekannten Aufenthalts in Asien. Der meldet sich auf einmal und der Familienverband beschließt, das Kind solle doch wieder zurück nach Asien. Dazu hat die dreizehnjährige aber keine rechte Lust. Es einiges Hin- und her, das Kind selbst wird von Jugendamt und Gericht mehrmals angehört und entscheidet schließlich bei einer Tante in den Niederlanden zu bleiben, bei der es einige Wochen auf Urlaub gewesen ist. Weil das aber alles so dubios ist und die Gefahr gesehen wird, dass das Kind doch gegen seinen Willen nach Asien verbracht wird, wird dem Onkel die Vormundschaft entzogen und stattdessen das Jugendamt eingesetzt. Die sollen vorallem dafür sorgen, dass eine ordnungsgemäße Übersiedlung in die NL stattfindet und auch dort die Rechte des Kindes gewahrt bleiben.
    Die Familie fackelt aber nicht lange, das Kind wird hier abgemeldet unter Umgehung des JA und landet somit letztlich illegal in den NL. Inzwischen ist ein Jahr vergangen und der zunächst bestehende telefonische Kontakt zum Kind ist abgebrochen. Auch die Tante soll nicht mehr in den NL leben. Das JA bedrängt mich jetzt, die Vormundschaft aufzuheben. Der Richter hatte auf eine Vorlageverfügung der Kollegin bereits vor einem Jahr mal vermerkt, die Fortführung des Verfahrens in hiesiger Zuständigkeit würde die Absicht voraussetzen, dass das Kind hierher zurück kommen will, was aber ja wohl von keinem der Beteiligten gewünscht sei.
    Ich kann das JA ja verstehen, dass die keine Vormundschaft führen wollen, die sie faktisch nicht führen können. Es sträubt sich mir aber, diesen letzten "Anker" des Kindes zu kappen.
    Hat jemand ne Idee, wie ich hier weiter machen kann? Weiß jemand, ob und ggf. wo man die EMA der Niederlande online einsehen kann?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Nun ist deine Anfrage schon ganz nach unten gerutscht und noch keiner hat was dazu geschrieben. Sicher sind die Anderen genauso ratlos wie du und ich.
    Ist ein echt interessanter und blöder Fall. Ich hätte sicher auch Probleme, das JA hier so sang- und klanglos abtreten zu lassen. Aber die Vormundschaft weiter zu führen, macht ja echt keinen Sinn mehr. Ich würde vielleicht mal überlegen, ob es eine Möglichkeit gibt, das JA in irgend einer Form für ihre schlechte Betreuungsarbeit zu belangen. Es wäre doch Aufgabe des JA gewesen, das Kind nach Deutschland zurück holen zu lassen, solange der Kontakt noch bestand. Vielleicht kann man dem JA aber auch aufgeben, den jetztigen Aufenthalt des Kindes zu ermitteln - zumindest das würde ich verlangen, bevor ich die als Vormund entlassen würde. Was ist eigentlich mit deren jährlichen Bericht? Dort gehören doch alle das Kind betreffenden Angaben rein.

  • Ich verstehe den Sachverhalt dahingehend, dass das Jugendamt zum Vormund bestellt wurde, bevor das Kind von Mitgliedern der Familie in die Niederlande verbracht wurde. Sofern dies zutrifft, steht fest, dass die einwohnermelderechtliche Abmeldung und die Veranlassung des Aufenthaltswechsels nicht durch oder mit Billigung des gesetzlichen Vertreters des Kindes erfolgte. Hieraus ziehe ich den Schluss, dass das Kind seines Wohnsitzes im Inland im Rechtssinne bis heute nicht verloren haben kann (§ 8 Abs.1 BGB). Damit steht fest, dass allen Bestrebungen, die Vormundschaft aufzuheben, jedenfalls zum derzeitigen Zeitpunkt jede rechtliche Grundlage entzogen ist und dass das erfolgte Verbringen des Kindes ins Ausland mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen Akt der Kindesentführung darstellt. Der gesetzliche Vertreter hat daher dafür zu sorgen, dass der Aufenthalt des Kindes ermittelt wird. Hierfür dürften nach den einschlägigen Regularien die niederländischen Jugendbehörden um Amtshilfe ersucht werden können. Außerdem kommt alternativ eine Anregung an das für den Wohnsitz der Tante örtlich zuständige niederländische Gericht in Betracht, dort von Amts wegen als Gericht des Aufenthaltsstaates die erforderlichen familiengerichtlichen oder vormundschaftsgerichtlichen Maßnahmen zu treffen. Gleichzeitig ist im Hinblick auf den Tatbestand der Kindesentführung natürlich in Erwägung zu ziehen, die Staatsanwaltschaft mit dem Sachverhalt zu befassen.

    Vor rechtswidrigem Handeln darf im Interesse des Minderjährigenschutzes weder das deutsche Gericht noch das deutsche Jugendamt in seiner Eigenschaft als Vormund kapitulieren.

  • Ich habe eben nochmal mit dem Sachbearbeiter des JA telefoniert, der allen Ernstes sein Drängeln nach Aufhebung damit begründet, dass er nicht der Depp sein will "falls was passiert". Verständlich, wer will das schon, aber "wenn was passiert" sieht es ja wohl blöder aus, wenn JA und Gericht beide einfach so die Akte zugeschlagen haben, statt zumindest zu versuchen, das Kind zu ermitteln.
    Ich habe in dem Gespärch auch nochmal genauer wegen der Übersiedlung in die NL nachgehakt. Es scheint wirklich mega-dumm gelaufen zu sein. Das Kind war in Ferien bei der holländischen Tante. Auf Druck des AG sind beide nochmal vorstellig geworden und es ist Einigkeit erzielt worden, dass im Prinzip nicht gegen einen geordneten Umzug in die NL einzuwenden ist. Da war aber das Kind - was niemand wußte - bereits vom damals noch als Vormund eingesetzten Onkel in die NL abgemeldet worden. Am Tag nach dieser Anhörung ist der Beschluss des AG ergangen, dass das JA nunmehr Vormund ist.
    Ein Antrag auf Kindesrückführung ist aus diesen Gründen gescheitert. Wie das JA sagt, steht man bei der zuständigen Behörde auf dem Standpunkt, das Kind sei eben nicht entführt, sondern es sei im Einverständnis des damiligen Vormunds in das Nachbarland verbracht worden. Den Bescheid schickt mir das JA noch.
    Das Konsulat gibt an völlig überlastet zu sein und hat es deshalb bisher wohl nicht einmal geschafft, über die Meldebehörden rauszukriegen, wohin die Tante (die wohl auch die niederländische Staatsbürgerschaft hat) verzogen ist.
    Alles was ich möchte ist rauskriegen, wo das Kind ist und ob es ordentlich unter Vormundschaft o.ä. steht. Das kann doch eigentlich im vereinten Europa nicht so schwer sein :mad: Dann hebe ich mit Vergnügen die Vormundschaft in D auf.
    Naja, für Morgen ahbe ich mir erst mal ein Gespräch mit dem niederländischen Konsulat in D vorgenommen. Die müssten ja wissen, wie ich an eine Meldauskunft kommen kann und wo ich das zuständige niederländische Gericht ermittele. Vielleicht komme ich dann weiter.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • So wie die Sache nach dem nunmehr präzisierten Sachverhalt gelaufen ist, wird man gegen den Rechtsstandpunkt, das Kind sei nicht rechtswidrig in die Niederlande verbracht worden, nichts einwenden können. So wie es aussieht, wurde durch den seinerzeitigen Vormund auch der Wohnsitz des Kindes in Deutschland "gerade noch rechtzeitig" wirksam aufgehoben. Damit ist der Fall eingetreten, dass ein nichtdeutscher Staatsangehöriger ohne Wohnsitz oder Aufenthalt im Inland unter der Vormundschaft des deutschen Jugendamt steht. Das ist m.E. die klassische Fallgestaltung des § 47 Abs.2 FGG, bei welcher die Abgabe des Vormundschaftsverfahrens an den Aufenthaltsstaat (mit Einverständnis des Aufenthaltsstaats) in Betracht kommt. Denn es steht außer Frage, dass die Niederlande als derzeitiger Aufenthaltsstaat nunmehr (ebenfalls) für die Anordnung einer Vormundschaft international zuständig wäre.

    Es ist allerdings zu beachten, dass die Regelungen des Haager Vormundschaftsabkommens vom 12.6.1902 (RGBl. 1904, 240) und das Haager Minderjährigenschutzabkommen (MSA) vom 5.10.1961 (BGBl. 1971 II, 217, abgedruckt im Palandt im Anhang zu Art.24 EGBGB) bzw. die EG-VO Nr. 2201/2003 vom 27.11.2003 (Brüssel II a, früher EG-VO Nr. 1347/2000 vom 29.5.2000) der Norm des § 47 FGG vorgehen (Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhardt § 47 RdNr.2). Das erstgenannte Abkommen ist allerdings nicht einschlägig, da die Niederlande dieses Abkommen bereits am 21.2.1977 mit Wirkung ab 1.6.1979 gekündigt haben (KKW/Engelhardt § 35 b RdNr.15) und das Abkommen wegen Art.18 MSA heute nur noch im Verhältnis zu Belgien gilt (Palandt/Heldrich, Anh. zu Art.24 EGBGB RdNr.51). Damit steht nur noch die Vorrangigkeit des MSA bzw. der genannten EG-VO in Frage. Im Ergebnis ergibt sich dabei kein Unterschied, weil sich in beiden Fällen die internationale Zuständigkeit der niederländischen Gerichte und Behörden ergibt (vgl. Art. 1, 2, 5 Abs.1, 7 S.1, 8, 9 MSA einerseits und Art. 8 Abs.1, 21 der genannten EG-VO andererseits; der von der Niederlande ausgesprochene Vorbehalt i.S. des Art.13 Abs.3 MSA wurde mit Wirkung vom 30.3.1982 wieder zurückgenommen, vgl. Bekanntmachung vom 19.3.1982, BGBl. II, 410).

    Im Ergebnis wird es sich daher -wie bereits angedacht- empfehlen, mit den niederländischen Behördung Fühlung zu nehmen, wie im vorliegenden Fall am besten weiter zu verfahren ist. Ob die niederländischen Behörden die hiesige Vormundschaft übernehmen (und zwar auch eine Amtsvormundschaft –Schnitzerling RdJ 1962, 219)-oder selbst Vormundschaft anordnen, ist dabei nicht von Belang. Die niederländischen Behörden werden aber natürlich auch erst in der einen oder anderen Richtung tätig, wenn feststeht, dass sich das Kind noch in den Niederlanden aufhält. Solange diese Frage nicht geklärt ist, muss die hiesige Vormundschaft nach meinem Dafürhalten aufrechterhalten bleiben.

  • Wenn schon nicht die "förmliche" Auswanderung ein Grund ist, die Vormundschaft zu beenden (Palandt Anm. 5 zu § 1882 BGB), dann erst recht nicht das nicht gesetzeskonforme Verschaffen des Kindes in das Ausland.

    Nebenbei: Es könnte auch ein Straftatbestand gegeben sein.

  • Tagchen,

    und nun? Wird das Jugendamt aufgefordert das Kind wiede zurück zu holen? Wird das Jugendamt aufgefordert den Vorgang zur Prüfung der StA vorzulegen?

    Was mache ich denn nun als Rechtspfleger?
    Bzw. noch besser: Ich hab jetzt auch so ne Akte - was mache ich als Anwärter?

  • Überraschung! Das Mädel ist wieder "aufgetaucht". Die Tante, die sich nie mit dem deutschen JA in Verbindung gesetzt hatte, ist jetzt in Belgien, wo sie offenbar zwischenzeitlich lebt, zu ihrem Sozialarbeiter gegangen, weil sie von dem Kind inzwischen die Nase voll hat. Die Sozialarbeiterin hat dem deutschen JA eine Email (sogar mit dem korrekten Aktenzeichen) geschrieben und sagt dazu: "She really wants to get her out of her house. It's urgent." Das hätte sie früher haben können :mad:

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Hallo,

    ich hänge mich hier mal dran, denn ich habe einen ähnlichen Fall.
    2 Mdj. (Staatsangehörigkeit deutsch/polnisch) stehen unter der Vormundschaft des Jugendamts. Die Eltern der Kinder haben diese jetzt nach Polen verbracht, ohne Zustimmung des JA.
    Das JA schreibt jetzt, sie hätten die Polizei eingeschaltet und es gibt Hinweise, dass sich die Kinder in Polen in Gxxxx aufhalten. Das JA sagt jetzt, es könne die Vormundschaft nicht mehr ausüben, beantragt nach § 87 c SGB VIII die Entlassung ausder Vormundschaft und die Abgabe des Verfahrens an das örtlich zuständige Familiengericht in Polen.

    Aufgrund dessen, was ich hier so gelesen habe, meine ich, dass das Jugendamt nicht entlassen werden kann, da die Kinder keinen Wohnsitz in Polen begründet haben, so dass das JA die Kinder ggf. nach Deutschland zurückführen muss.
    Oder kann ich den Antrag des Vormunds dahin gehend auslegen, dass nunmehr der Wohnsitz mit Zustimmung des Vormunds in Polen ist?

    Falls das zutrifft, wie funktioniert die Abgabe des Verfahrens nach Polen? (Ich gehe davon aus, dass die Entlassung des Vormunds und ggf. Einsetzung eines neuen Vormunds in Polen veranlasst werden müsste.)

    Wer hat Meinungen?

    Danke schon mal!

    Lg,
    Doro

  • Erfolgreich war in einem vergleichbaren Fall folgender Weg:

    1. Vermisstmelden durch Vormund.
    2. JA als Vormund: Das Bundesjustizamt einschalten, welches den Kontakt zur ausländischen Polizei und Jugendbehörde herstellt.
    3. Familienhilfe des JA informiert das Familiengericht darüber, dass Gefahr für das Kindeswohl besteht, die Vormundschaft nicht ausreicht und weitere Maßnahmen erforderlich sind. (Richtersache, guter Tipp vom Bundesamt)

    1-3 zeitgleich

    Familiengericht D schreibt das Familiengericht PL an.
    Pünktlich zum Schulbeginn ist das Kind wieder hier.
    Anhörung des Kindes durch die Familienrichterin.
    Strafantrag von Amts wegen.

  • Ich hänge mich hier mal dran, nachdem die SuFu keine besseren Treffer ergab:

    Unser Gericht liegt an mehrere Transitrouten. Gerade in der letzten Zeit werden hier sehr häufig unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umFs) aufgegriffen, für die dann Vormundschaft angeordnet wird, nachdem das Ruhe der elterl. Sorge durch Richter festgestellt wurde.
    Das Jugendamt ist dann immer Vormund.

    Nun häufen sich die Fälle, in denen die umFs wieder abtauchen und es keinerlei Hinweise auf deren Verbleib gibt. Polizeiliche Vermisstenanzeigen blieben erfolglos.

    Das Jugendamt beantragt nun immer die Aufhebung der Vormundschaft, da das Mündel unbekannten Aufenthalts ist. Bisher haben wir das immer abgelehnt unter Verweis darauf, dass die Voraussetzungen nach §§ 1882, 1773 BGB nicht vorliegen.
    Das Drängeln der Jugendämter wird aber immer schärfer und sie eben auch "nicht der Depp sein wollen, wenn etwas passiert" - verständlicherweise.

    Gut, dem Drängeln werde ich auch weiterhin nicht nachgeben, aber hat jemand praktische Erfahrung, was man noch versuchen könnte?

  • Akte sauber halten ist das Einzige was geht. Meine Begründung ist ca. 20 Jahre alt und lautet in etwa:

    NN lebt dauerhaft außerhalb meines Einflussbereichs. Er hat die Inobhutnahme des JA nicht angenommen und sich nicht auf das Schutz-, Vertretungs- und Beheimatungsangebot des Vormundes eingelassen. Es darf davon ausgegangen werden, dass NN ein mir nicht näher bekanntes Fluchtziel verfolgt, sich irgendwo hin abgesetzt hat und dort unter anderer Identität lebt.

    Unter dieser Annahme wird die bestehende Vormundschaft ihren Zweck verfehlen und nicht wirksam werden können.

    Falls NN aufgegriffen werden sollte, braucht er zu gegebener Zeit einen gesetzlichen Vertreter vor Ort.

    Hier liegen keine Unterlagen vor, auf die Minderjährige für seinen weiteren Lebensweg angewiesen ist. Ein Abschlussgespräch ist deshalb nicht erforderlich.

    Sie wird an meinen Schlussbericht angehängt. Bestellung zurück.

    Mancher ist dann bei erneutem Grenzübertritt aufgegriffen worden. Da war es dann praktisch, dass er vor Ort (z.B. in Bayern) einen Vormund bekam und ich nicht ins Ausland reisen musste.

  • Ich denke, so einfach kann man es sich nicht machen. Wenn Vormundschaft angeordnet ist, kann man nicht einfach feststellen, dass man die Vormundschaft nicht mehr haben will, weil das Mündel nicht so handelt bzw. gehandelt hat, wie man es sich vorstellte.

    Ich würde mal mit dem Richter reden. Ansatzpunkt kann m.E. nur die Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge sein.

    Wir -in BW- waren früher ja auch mal für Vormundschaften zuständig. Hatten solche Fälle hie und da auch.

    Ich hab (als Notar in BW) keinen Richter zur Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge gebraucht. Konnte ich ggf. selber machen. Und ich hab's gerade nicht gemacht. Ich hab festgestellt, dass die Eltern sehr wohl (auch vom Ausland aus) die elterliche Sorge noch ausüben können und hab ggf. dort wo es akut geklemmt hat, nur eine Pflegschaft (als minderes Mittel) angeordnet. Ich weis nicht, ob das ganz richtig war. Aber zumindest hat sich niemand gegen meine Vorgehensweise beschwert.

    Wenn dann das Mündel dann meinen Amtsbezirk verlassen hätte, wäre für mich u.U. über § 1918 Absatz 3 BGB die Pflegschaft (z.B. Aufenthaltsbestimmung) beendet gewesen (wenn die Angelegenheit erledigt ist bzw. mangels Kenntnis vom Aufenthaltsort nicht mehr erledigt werden kann).

    Das geht m.E. aber bei Bestellung eines Vormundes nicht (wir haben ja das Ruhen der elterlichen Sorge und somit das Bedürfnis zur Bestellung eines Vormunds festgestellt).

    Nur so als Gedanke in den Raum geworfen. Vielleicht eine Lösung. Ihr müsste Euch halt mals "Eure" Richter "zur Brust nehmen". Würde mich interessieren, wie die anderen im Forum dies sehen.

  • Unter dieser Annahme wird die bestehende Vormundschaft ihren Zweck verfehlen und nicht wirksam werden können.

    Ersteres vielleicht ja, Letzteres mit Sicherheit nicht. Wirksam wird die Vormundschaft mit Bekanntgabe an die Beteiligten.

    Falls NN aufgegriffen werden sollte, braucht er zu gegebener Zeit einen gesetzlichen Vertreter vor Ort.

    Dann aber im Wege des Vormundwechsels...

    Hier liegen keine Unterlagen vor, auf die Minderjährige für seinen weiteren Lebensweg angewiesen ist. Ein Abschlussgespräch ist deshalb nicht erforderlich.
    Sie wird an meinen Schlussbericht angehängt. Bestellung zurück.

    Das Jugendamt erhält keine Bestellungs- und auch keine Bestallungsurkunde, § 1791b Abs. 2 BGB. Oder schickst Du dann etwa den Anordnungsbeschluss zurück??? :eek:

    Ich habe hier zwar auch manchmal den ein oder anderen ehrenamtlichen Vormund, der nach einiger Zeit aus unterschiedlichsten Gründen mir nichts, Dir nichts sein Amt "niederlegt" (oder das gerne so hätte :teufel:), aber das Jugendamt sollte es doch besser wissen...

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Ich danke schon mal für die Antworten.

    Auch unter uns Kollegen wird dieser Sachverhalt recht kontrovers diskutiert.

    Wir versuchen nun, mit den übrigen von der umF-Problematik betroffenen Familiengerichten in Bayern und mit unseren Richtern eine Linie zu finden. Urlaubsbedingt wird das aber noch eine Weile dauern. Glücklicherweise eilt diese Angelegenheit nicht.

  • Hallo Noatalba, hier meine Antwort:


    Zur Wirksamkeit:
    An der rechtlichen Wirksamkeit bestehen keine Zweifel, wohl aber an der Handlungswirksamkeit des Vormundes.

    Zum Aufgriff:
    Da der Aufgriff meistens in weiter Ferne erfolgt, wird durch das langwierige Entlassungsverfahren der Zweck der Vormundschaft ausgehöhlt. Das Institut tobt sich nur noch bürokratisch aus und leistet keine Arbeit am Minderjährigen.

    Zur Bestellung/Bescheinigung:
    Du wirst staunen, wie viele RP im Zweifelsfall lieber ein Formschreiben ausdrucken und unterschreiben, als sich mit der Erteilung der Teilausfertigung eines richterlichen Beschlusses zu befassen. (Die Daten der Eltern und die Begründung des Beschlusses darf der Vormund gegenüber Dritten nicht bekannt geben!)


    Hallo Voltaire,
    hier landen die UMFs in der Regel beim Richter, weil die ausländische Rechtsordnung berührt wird.

    Die Vormundschaften müssen inzwischen durch geänderte gesetzliche Vorgaben in § 42 Abs. 3 SGB VIII sehr zeitnah und in großer Zahl eingerichtet werden. Die Angaben zur Identität beruhen im Wesentlichen auf Eigenangaben oder auf falschen Dokumenten. Das Alter wird geschätzt. Die Weiterflucht gelingt für mehr als ca. zwei Monate nur denen, die noch nicht erkennungsdienstlich erfasst sind. Deshalb verschwinden die Weiter-Flüchtlinge in der Regel auch, bevor man mit ihnen in einer zentralen Aufnahmeeinrichtung angekommen ist.

    IVO arbeitet ebenso wie ich an einer Transitstrecke. Da kommen zur Zeit auch bei einem kleinen Amtsgericht/Jugendamt gerne mal 20 UMF im Monat an, die von der Bundespolizei in Zug oder Bus aufgegriffen werden. Die meisten wollen weiter und verhalten sich dem entsprechend.

  • Nach weiteren Rücksprachen geht die Tendenz nun tatsächlich in die Richtung Beendigung der Vormundschaft. Zwar sind formal die Voraussetzungen nach § 1882 BGB nicht gegeben, aber - wie Moosi bereits schrieb - entfaltet die Vormundschaft nur bürokratische Wirkung und es wird kein Dienst am Minderjährigen geleistet.

    Hält man sich vor Augen, dass ein Vormund beim Jugendamt maximal 50 Fälle betreuen darf, kann es nicht sein, dass diese Zahl durch "Karteileichen" ausgeschöpft wird und die Kapazität zu Lasten der Übrigen Fälle geht.

    Möge am evtl. Ort des Aufgreifens oder Wiederauftauchens dann eine neue Vormundschaft errichtet werden.

    Nebenbei: Bei uns stranden an einem mittelgroßen Gericht im Binnenland ca. 40 - 50 umFs monatlich. Davon taucht ein erheblicher Teil während der Erstuntersuchung im Krankenhaus unter, bevor Kontakt vom Vormund zum Mdl. stattfinden konnte. Inwieweit eine Registrierung/Erkennung erfolgte, entzieht sich meiner Kenntnis.

    Aber die Sachlage ist bei uns noch nicht abschließend beurteilt.

  • Ich arbeite auch an einem Gericht mit derzeit zahlreichen minderjährigen Flüchtlingen, für welche der Richter Vormundschaft anordnet.

    Die übliche Praxis ist bei uns so, dass wir beim Verschwinden/Absetzen des Kindes zunächst noch 3-4 Monate abwarten, ob das Kind wieder aufgegriffen wird.
    Kommt das Kind nicht zurück, entlassen wir den Vormund. Die Vormundschaft selbst lassen wir bestehen bis zur Volljährigkeit.

    Wir sind auch der Ansicht, dass der Vormund dem Kind nicht mehr unterstützend zur Seite stehen kann, wenn sich dieses ins Ausland absetzt.

    An einer Absprache, wie andere Gerichte das Handhaben, wäre ich sehr interessiert!

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