Ergänzungspflegschaft für Strafverfahren / Ermittlungsverfahren

  • Hallo,

    habe mal eine Frage bezüglich der Zuständigkeit für die anordnung einer Ergänzungspflegschaft.

    Wir bekommen öfter Akten von der Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

    Mit dem Antrag hinsichtlich der Kinder.....
    gem § 1909 BGB einen Ergänzungspfleger zum Schutz des Kindes und für dessen sämtliche Rechte aus dem Verfahren zu bestellen, insbesondere für.....


    Dann kommt immer eine ganze Liste

    z.B. Entgegennahme von Zeugenladungen, Einwilligung in die Vernehmung usw.

    Das Schreiben von der STA enthält immer den Zusatz "unter Hinweis auf die richterliche Zuständigkeit bezüglich der Ausübung der Pflegerbestellung zur Ausübung des Aufnethaltsbestimmungsrechts-

    Die Richterin leitet das jedesmal an den Rechtspfleger weiter, da sie keine Richterzuständigkeit erkennt.

    Ich bin mir da alllerdings nicht so sicher.

    Es sind immerhin Aspekte dabei wie:

    "die Entbindung behandelnder Ärzte von der Schweigepflicht"

    "die Zustimmung zu närztlichen Untersuchungen"

    "ein beschränktes Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Zuführung zu Vernehmungen und Untersuchungen".


    Wie seht ihr das?

    Ist da nicht tatsächlich eher die Richeterin zuständig?

  • Ich hatte diese Fälle nur in Zusammenhang mit § 52 II StPO ( Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts ) und dabei keine Bedenken, da die Eltern ( wenn einer Beschuldigter ist ) kraft Gesetz von der Vertretung ausgeschlossen sind.

    Was die anderen Wünsche der Staatsanwaltschaft angehen, so bin ich bezüglich der rechtlichen Grundlage überfragt :nixweiss: ( mangels Strafrechtskenntnisse )

    Bin ebenfalls auf weitere Antworten gespannt.

  • Also ich hatte so einen Fall noch nicht, jedoch ergab der direkte Blick in das RpflG § 14 keinen Richtervorbehalt, der irgendwie in diese Richtung geht. Somit denke ich, dass hier wohl der Rechtspfleger für die Entscheidung der Anordnung der Ergänzungspflegschaft und somit auch für die Anordnung des Wirkungskreises zuständig ist.

    Klärungsbedürftig ist jedoch, ob und in welchem Umfang ein gesetzlicher Vertretungsausschluss der Eltern besteht? Was ist denn der rechtliche Hintergrund dieser Pflegschaft?

    Käthi


  • Klärungsbedürftig ist jedoch, ob und in welchem Umfang ein gesetzlicher Vertretungsausschluss der Eltern besteht? Was ist denn der rechtliche Hintergrund dieser Pflegschaft?

    Käthi



    Also hier geht es um ein Strafverfahren gegen die Mutter wegen Brandstiftung, wenn ich mich recht erinnere.

  • Also dann werfe ich mal die Frage in die Runde, wo hier der Vertretungsausschluss der Kindesmutte per Gesetz zu sehen ist?

    Ein Fall des § 1795 III BGB ist dem Palandt nicht zu entnehmen, da hier nur Zivilprozesse und Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit genannt werden. Für Strafverfahren muss sich daher m.E. der Ausschluss aus dem Strafrecht herleiten (etwa wie in § 52 II StPO).
    Ansonsten liegt hier eben kein gesetzlicher Vertretungsausschluss vor, so dass es m.E. einer Entscheidung nach § 1666 BGB durch den Familienrichter bedarf!!!!

  • Ja, ich war da auch etwas unsicher.

    In der Sache war es so, dass die Wohnung, die gebrannt hat, außerdem absolut verwahrlost war.

    Ich habe jetzt nicht mehr alles im Kopf, aber da wurde auch die Gefährdugn des Kindeswohls angesprochen u.ä.

  • So wie ich den § 52 II StPO lese, geht es hier rein um die Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechtes des Kindes.

    Ausgehend von der Sachverhaltsschilderung soll doch aber der Pfleger nicht nur diese Entscheidung treffen, sondern auch darüber hinaus handeln, oder?

    Käthi

  • Hmm,

    ja stimmt.

    Ich mache diese Sachen auch erst seit ca 8 Wochen und habe noch keinerlei Erfahrung.

    Also wie sollte ich eurer Meinung nach verfahren?

  • Also als Vormundschaftsgericht wird man doch nur dann tätig, wenn die elterliche Sorge
    a) kraft Gesetz oder
    b) kraft (teilweise) Entzug ( Richter-Entscheidung )
    eingeschränkt ist.
    Wenn also nur § 52 II StPO als gesetzliche Grundlage zur Verfügung steht, dann kann der Aufgabenkreis auch nur Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechtes sein.
    Wie bereits unter #2 geschrieben - andere Einschränkungen sind mir nicht bekannt.

  • Bei der Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechtes ist die Frage einfach zu lösen: § 52 StPO enthält einen gesetzlichen Vertretungsausschluss, das Kind bedarf kraft Gesetzes eines Pflegers (§§ 1915, 1773 BGB).

    Die Frage bezüglich der Befreiung von der ärztlichen Schweigepflicht etc. löst sich über §§ 1629 II 3, 1796 BGB; ggfs. ist die elterliche Sorge insoweit vom Rpfl. des F-Gerichts zu entziehen und einem Pfleger zu übertragen. Es kann doch nicht sein, dass der beschuldigte Vater seine Zustimmung zur Arztaussage verweigert, die Mutter allein gemäß § 1629 I2 BGB die Zustimmung nicht erteilen kann und die Wahrheit auf dem Schlachtfeld bleibt.
    Was das Aufenthaltsbestimmungsrecht "wegen Zuführung zur Zeugenaussage" betrifft, halte ich die Annahme der richterlichen Zuständigkeit (kann ja nur § 1666 BGB sein) für verwegen. Das ist doch dem Aufgabengebiet des Pflegers immanent. Hält man es für erforderlich, kann man das auch über § 1629 II3 BGB lösen.

  • Also, ich bin nun immer noch nicht wirklich schlauer:

    Ich schreibe nochmal detailliert, wie das ganze aussieht, wenn ich es vorgelegt bekomme:


    Die Akte der Staatsanwaltschaft kommt mit folgender Verfügung:



    Verfügung


    1. U m. A.
    an das Amtsgericht
    - Vormundschaftsgericht -

    - unter Hinweis auf die richterliche Zuständigkeit bezüglich der Pflegerbestellung zur Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts -

    mit dem Antrag,
    hinsichtlich des Kindes.......
    gem. § 1909 BGB einen Ergänzungspfleger zum Schutz des Kindes und für dessen sämtliche Rechte aus dem Verfahren zu bestellen, insbesondere für
    (x) die Entgegennahme von Zeugenladungen,
    (x) die Einwilligung in die Vernehmung,
    (x) die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nach § 52 II STPO
    (x) die Ausübung des Untersuchungsverweigerungsrechts nach §81c Abs. 3 S. 2 STPO
    (x) die Entbindung behandelnder Ärzte von der Schweigepflicht,
    (x) die Zustimmung zu ärztlichen Untersuchungen und zur Verwertung früherer ärztlicher Untersuchungen
    (x) die Zustimmung zu den Befragungen und Untersuchungen, die zur Erstellung eines aussagepsychologischen Gutachtens erforderlich sind, sowie die Zustimmung zur Verwertung entsprechender früherer Explorationen,
    (x) ein beschränktes Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Zuführung zu Vernehmungen und Untersuchungen,
    (x) die Nebenklage.


    Es wird angeregt, das Stadtjugendamt.........zum Ergänzungspfleger zu bestellen.


    Gez.


    Staatsanwalt.




    So Leute. Jetzt mal konkrete Vorschläge, wir Ihr reagiert, wenn ihr sowas auf den Tisch bekommt.

  • Wie oben bereits gesagt: Es besteht bis auf die Sache mit der Zeugnisverweigerung kein gesetzlicher Vertretungsausschluss, die Eltern sind also nicht gehindert, obiges Spektrum abzudecken, also gibt es auch keine Möglichkeit, § 1909 BGB anzuwenden.

    Die einzige Möglichkeit ist die Entziehung der elterlichen Sorge in diesen Bereichen wegen Interessenkonfliktes. Der beschuldigte Vater ist sicherlich nicht daran interessiert, dass mittels dieser Untersuchungen etc. seine strafrechtliche Verantwortung herausgearbeitet wird, die Mutter allein kann nicht entscheiden und wird auch im Zweifel ihrem Gatten die Stange halten wollen (der Grundgedanke des § 52 II 2 StPO beim Zeugnisverweigerungsrecht).

  • Wie gesagt, dass ist mir inzwischen klar, mit dem gesetzlichen Vertretungsausschluss,

    daher wiederum meine Frage.

    Was würdet ihr konkret machen?

  • Meines Erachtens können die Eltern durchaus an der Vertretung des Kindes gem. § 1909 BGB wg. eines Interessenwiderstreites gehindert sein.

    Es ist denkbar, dass das Kind durch den Brand einen Vermögens- oder Körperschaden erlitten hat.

    Für diesen Fall wäre u. U. die Beauftragung einer Nebenklagevertretung und eines Verletztenbeistandes sinnvoll um ggf. spätere Schadenersatzforderungen leichter geltend zu machen oder Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz zu erhalten.

    Die Kindesmutter dürfte hieran aber kein Interesse haben.

  • Wie gesagt, dass ist mir inzwischen klar, mit dem gesetzlichen Vertretungsausschluss,

    daher wiederum meine Frage.

    Was würdet ihr konkret machen?


    Weil ein gesetzlicher Vertretungsausschluss der Eltern zumindest nicht vollumfänglich besteht, ist dieser Antrag der Staatsanwaltschaft lediglich als Anregung für Ermittlungen des Familiengerichts gem. § 1666 BGB zu sehen.

    Da es hier also erst in zweiter Linie um die Bestellung eines Ergänzungspflegers geht, in erster Linie aber um eine teilweise Entziehung der elterlichen Sorge, die dann die Bestellung eines Ergänzungspfleger zur Folge hätte, ist meines Erachtens ganz eindeutig Richterzuständigkeit gegeben.

    Ich würde die Vorlage an die Referatsrichterin aus den eben genannten Gründen verfügen.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Also ich bekomme irgendwie das Grübeln, wenn ich eure Beiträge lese.

    Beispiel:

    Der Kindesvater ist bei uns wegen sexuellen Missbrauch seines Kindes Angeklagter/Beschuldigter, wenn noch bei der StA. Und ich meine jetzt ausschließlich minderjährige Kinder.

    Kein Staatsanwalt beantragt hier eine Ergänzungspflegschaft, um das geschädigte Kind in der Rechtsmedizin körperlich untersuchen zu lassen oder bei der Polizei als Zeugen zu vernehmen. Der jeweils nicht beschuldigte Elternteil ist immer mit anwesend, soweit das (etwas ältere) Kind dies noch möchte.

    Machen hier etwa alle was verkehrt?? :gruebel: :gruebel:


  • Machen hier etwa alle was verkehrt??



    Nein! Bei uns wird auch kein "Rundum-Sorglos-Paket" wie in dem beschriebenen Fall beantragt. Es kommen allerdings Anträge, einen Pfleger zur Entscheidung über das Zeugnisverweigerungsrecht zu bestellen. Dann wird eine Ergänzungspflgeschaft eingeleitet.


  • Machen hier etwa alle was verkehrt??



    Nein! Bei uns wird auch kein "Rundum-Sorglos-Paket" wie in dem beschriebenen Fall beantragt. Es kommen allerdings Anträge, einen Pfleger zur Entscheidung über das Zeugnisverweigerungsrecht zu bestellen. Dann wird eine Ergänzungspflgeschaft eingeleitet.




    Da das geschädigte Kind in 99 % der Fälle als Nebenkläger auftritt, erübrigt sich die Pflegschaft, da hierfür ohnehin ein Anwalt beigeordnet wird, der die Interessen des Kindes ja vollumfänglich wahrnimmt.

    ich bin immer noch ein wenig konfus .. Sachen gibts :confused:

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