Verordnung (EG) Nr. 805/2004

  • Hallo!
    Ich hoffe, dass dies der richtige Weg ist, ich bin noch ganz frisch im Forum.
    Ich soll für ein Versäumnisurteil eine Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel erteilen (Beklagte sitzt in Frankreich). Das Problem ist, dass der französische Postbote den Rückschein zwar mit Datum und Unterschrift versehen hat, aber nicht angekreuzt hat, war er mit der Sendung gemacht hat (z. B. dem Empfänger übergeben).
    Nach Art. 13 (VO (EG) 805/2004) Ziffer 1b) muss ich aber doch eigentlich diese Bestätigung der Übergabe haben ?!? Das Problem an der ganzen Sache ist zusätzlich, dass unter Umständen das Urteil gar nicht hätte ergehen dürfen, da auch bei der Zustellung der Klagschrift das entscheidende (?) Kreuz fehlt. Dummerweise hat sich die Beklagte in dem ganzen Verfahren überhaupt nicht gemeldet, ich kann also auch nicht den Empfang durch ihr Handeln "nachweisen".
    Vielleicht hatte einer von Euch ja auch schon dieses Problem?

  • ...auch wenn es 7 Jahre her ist, würde mich eine Antwort interessieren...
    Auf den alten AR (Auslandsrückscheinen) ist bei mir auch 2x kein Kreuz gesetzt, nach der Zeile
    "Das Schriftstück wurde ordnungsgemäß ............", wobei dort 3 Kästchen zum Ankreuzen kommen.
    Es hat nur jemand unterschrieben und ein Datum hingekritzelt...

  • Die Probleme sind auch beim hiesigen Gericht bekannt.
    Ich handhabe das bei dem hiesigen Gericht daher wie folgt:

    1.
    Ist eine grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung möglich, erfolgt die Zustellung direkt mit Zustellungsantrag.
    Ein vorheriger Zustellungsversuch durch unmittelbare Postzustellung mit Einschreiben gegen Rückschein wird erst gar nicht versucht.

    Grund:
    Erfahrungsgemäß werden die Rückscheine nicht zurückgesandt oder die Rückscheine sind keine ordnungsgemäßen Nachweise über eine ordnungsgemäße Zustellung im Sinne der §§ 13, 14 VO (EG) Nr. 805/2004.
    Im Regelfall können bei unmittelbarer Postzustellung daher Säumnisentscheidungen nicht als Europ.Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt werden.
    Um nicht unnötig Zeit zu verlieren, wird in diesen Fällen grundsätzlich direkt zugestellt.
    Diese Verfahrensweise hat sich bei dem hiesigen Gericht bewährt.

    Auf Antrag der Gläubigerpartei kann jedoch eine Bescheinigung gem. Art. 54 VO (EG) Nr. 44/2001 erteilt werden, die für das Vollstreckbarerklärungsverfahren in dem Vollstreckungsmitgliedstaat benötigt wird.


    2.
    Ist eine grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung ausgeschlossen, erfolgt hier zunächst ein Zustellungsversuch mit unmittelbarer Postzustellung (Einschreiben gegen Rückschein - international -).


    3.
    Denkbar und vertretbar ist bei der vorliegenden Fallkonstellation auch die Bestätigung als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen, obwohl ein ordnungsgemäßer Zustellungsnachweis i.S. d. Art. 13,14 VO (EG) Nr. 805/2004 nicht vorliegt.

    Es sollte jedoch fairerweise und zweckmäßigerweise die Gläubigerpartei auf die Möglichkeit einer erfolgreichen Anfechtung der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks/der Säumnisentscheidung im Zwangsvollstreckungsverfahren und die Möglichkeit der erfolgreichen Einwendung eines Vollstreckungshindernisses durch die Schuldnerpartei hingewiesen werden.

    Ist die Gläubigerpartei informiert und beantragt gleichwohl die Bestätigung als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen, könnte m.E. dem Antrag stattgegeben werden.

  • Ich hab hier auch mal ein paar Fragen:

    1.) Welche Mindestvoraussetzungen für den Antrag der Gläubigerpartei nach EuVTVO sind denn gegeben ?

    Reicht die Antragstellung mit vollständigem Rubrum unter Vorlage des vollstreckbaren Titels aus ?

    2.) Wie findet man derzeit das Formblatt aus Anhang I für die Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel ?
    Der Link in #2 funzt nicht ( mehr ).
    Auf NRW-Datenbanken besteht kein Zugriffsrecht.

    3.) Muss die Bestätigung nach Art. 9 ,24 EuVTVO mit der deutschen vollstreckbaren Ausfertigung verbunden ( wohl gesiegelt ) werden ?

  • Ich kann dir den Link schicken. Du musst mal auf die Seiten des AG Warendorf schauen. Da gibt es dazu, glaube ich, ausführliche Hinweise.
    Ansonsten: du brauchst eine unbestrittene vollstreckbare Entscheidung. Dann muss das verfahrenseinleitende Schriftstück und die Ladung zugestellt sein. Und über die Widerspruchsmöglichkeiten muss der Schuldner belehrt worden sein, Art. 13 bis 17. Und dann musst du das Formular ausfüllen. Das würde ich dann mit der Entscheidung verbinden.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • 1. Die Frage verstehe ich nicht so ganz, mit der VO tue ich mich aber extrem schwer. Besser erst mal abwarten, ob Rolli oder eine andere Kapazität sich
    meldet.

    2. Die Formulare findet man im Europäischen Gerichtsatlas, hier: http://ec.europa.eu/justice_home/j…ormation_de.htm

    Vielen Dank für den Link !:daumenrau
    Im Hinblick auf meine Frage zu 1.) zu den Antragsvoraussetzungen zitiere ich mal daraus:
    Darüber hinaus muss das verfahrenseinleitende Schriftstück folgende Angaben enthalten:

    • die Forderung (Namen und Anschrift der Parteien, Höhe der Forderung, bei der Forderung von Zinsen der Zinssatz und Zeitraum, für den Zinsen gefordert werden, usw.);
    • die zum Bestreiten der Forderung erforderlichen Verfahrensschritte (Anfechtungsfrist, Konsequenzen des Nichtbestreitens usw.).


    Punkt 1 dürfte für den Antragsteller jederzeit machbar sein.
    Punkt 2 verstehe ich aber als Antragsvoraussetzung nicht , wenn der zu bestätigende Titel ( hier KFB ) bereits rechtskräftig ist.

    Was soll denn da vom Antragsteller ( ! ) noch für Verfahrensschritte wie Anfechtungsfrist etc. angegeben werden , wenn der KFB bereits rechtskräftig ist ?


  • Ansonsten: du brauchst eine unbestrittene vollstreckbare Entscheidung. Dann muss das verfahrenseinleitende Schriftstück und die Ladung zugestellt sein.


    Kuck ich mir natürlich an, aber:
    Ladung hab ich beim KFB nicht.
    M.W. erfolgt die Bestätigung ohne vorherige Anhörung des Schuldners, die dann allerdings dem Schuldner zuzustellen ist.
    Oder meinst Du , dass mit der Bestätigung auch der Antrag der Gläubigerseite zuzustellen ist ?:confused:

  • Wenn es keine Ladung gibt, gibt es keine. Aber der Antrag auf KFB musste vor dem Erlass dem Schuldner zugegangen sein. Und der KFB muss eine Rechtsmittelbelehrung enthalten.

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    Maxim Gorki



  • Ein Problem bei dem ganzen Mist ist doch, dass das verfahrenseinleitende Schriftstück z. B. der Kostenfestsetzungsantrag bzw. die zuzustellenden Schriftstücke Hinweise und Belehrungen enthalten müssen, z. B. die Namen und Anschriften der Parteien. Dies enthält aber in der Regel kein Antrag.
    Für Zustellungen des KFA habe ich daher ich mir dann ein entsprechendes Schriftstück erstellt, das dann aber immer mit einigem Aufwand angepasst werden muss.
    Nun gibt es aber auch die Fälle, in denen der ausländische Kläger durch eine deutschen RA vertreten wird. In diesen Fällen habe ich dann den Antrag wie auch sonst in Verfahren ohne Auslandsbeteiligung üblich formlos übersandt und auch keine Belehrungen beigefügt, auch schon deshalb, weil ich in diesem Fall die Auslands-Beteiligung gar nicht erkannt habe. Dann liegt schon keine ordnungsgemäße Unterrichtung und zwar auch selbst dann nicht, wenn der KFA zugestellt wurde und man kann nur hoffen, dass durch die ordnungsgemäße Zustellung des KFB eine Heilung eintritt. U. a. darauf resultierten auch meine Probleme, die beim vorletzten Thema erörtert worden sind.

  • Ach so ?
    Der verfahrenseinleitende Antrag ist der ursprüngliche Kostenfestsetzungsantrag und nicht der Antrag auf Bestätigung nach EuVTVO ?
    Oh je; da herrscht in Steinkauzens Nest noch reichlich Halbwissen.

  • 1.
    Verfahrenseinleitendes Schriftstück in Zivilsachen ist der Mahnbescheid oder die Klageschrift.
    Im Kostenfestsetzungsverfahren ist verfahrenseinleitendes Schriftstück dagegen der Kostenfestsetzungsantrag.

    2.
    Der Antrag auf Bestätigung des Schuldtitels als Europäischer Vollstreckungstitel bedarf keiner besonderen Form;
    dieser ist kein verfahrenseinleitendes Schriftstück.
    Der Antrag kann in Schriftform gestellt werden.

    3.
    Das Formblatt I EuVTVO (EU-Verordnung Nr. 805/2004) steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen bzw. im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.
    Die Übersetzung des Formblatts in die Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats erfolgt mit dem abschließenden Klick auf das Symbol der Lupe des elektronischen Formblatts bzw. durch die Auswahl der Sprache über das Dropdown-Listenfeld.

    4.
    Die Ausfertigung der Bestätigung soll mit der vollstr. Ausfertigung des Schuldtitels verbunden werden, da die vollstr. Ausf. des Schuldtitels als Nachweis des Bestehens der titulierten Forderung dient.
    Vorgeschrieben ist jedoch die Verbindung mit dem Schuldtitel nicht.

    5.
    Deutsche Gerichte bestätigen im Regelfall Kostenfestsetzungsbeschlüsse als Europäische Vollstreckungstitel, sofern und soweit die Schuldnerpartei dem Kostenersatz im Kostenfestsetzungsverfahren nicht widersprochen hat.

    Nach Art. 18 I EuVTVO kommt ggfs. eine Heilung der Verfahrensmängel in Betracht.

    Ob die Voraussetzungen vorliegen und ggfs. eine Heilung der Verfahrensmängel in Betracht kommt, hängt jedoch letztlich von der Auslegung durch den Rechtspfleger ab.

    Weitere Einzelheiten zu der Problematik der Bestätigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…zv/1/euvtvo.pdf

    2 Mal editiert, zuletzt von rolli (24. März 2018 um 23:30)

  • Jedenfalls danke !:daumenrau
    Vorl. scheitert die gewünschte Bestätigung des KFB daran , dass der damalige Kostenfestsetzungsantrag nicht zugestellt wurde.
    Eine Heilung ist nicht möglich , weil die Ausfertigung des KFB keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält ( nach damaligem ZPO-Recht aber auch nicht enthalten musste ).

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