Anrechnung der Geschäftsgebühr im späteren Gerichtsverfahren.

  • Mit Urteil vom 07. März 2007 hat der BGH entschieden:

    "Ist nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG eine wegen desselben Gegenstands entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, so vermindert sich nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr."

    Was ist nun in der Klage oder Anspruchsbegründung nach Mahnverfahren zu beantragen, um die außergerichtlichen Kosten erstattet zu bekommen?

  • Ich meine, dass in die Klage diesbezüglich wie bisher nur der bekannte Passus: "der Beklagte trägt die (weiteren) Kosten des Verfahrens" hineingehört . . . sonst nach meiner Auffassung wegen der Kosten nix extra . . . ;)

  • Folgt man der Auffassung des VIII. Senats, ist die Geschäftsgebühr inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer in voller Höhe als nicht streitwerterhöhende Nebenforderung einzuklagen.

  • Das verstehe ich nicht ganz: Es muss doch eigentlich zusätzlich zur Zahlung der eigentlichen Hauptforderung auch beantragt werden, dass der Bekl. die (volle) vorgerechtliche Geschäftsgebühr zahlt. :confused: Ansonsten ist diese nicht tituliert und im KFV hat diese nichts zu suchen!

  • Folgt man der Auffassung des VIII. Senats, ist die Geschäftsgebühr inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer in voller Höhe als nicht streitwerterhöhende Nebenforderung einzuklagen.



    . . . interessant, wieder was gelernt :)

  • Das hatten wir hier schon mal irgendwo.
    Ich finde die Entscheidung total daneben. Da ich im Kostenfestsetzungsverfahren die Geschäftsgebühr nicht zu prüfen habe, interessiert mich eine solche Anrechnung auch nicht und ich würden den Teufel tun, die Verfahrensgebühr zu kürzen.

  • Habe mich gerade bissel vertan. Du bist ja kein Rpfl. sonder Jurist.
    Die Geschäftsgebühr kann man in der Klage als Nebenforderung mit geltend machen. Der Rpfl. muss dann bei der Kostenfestsetzung aufpassen wie ein Heftelmacher, weil wenn die Geschäftsgebühr voll tituliert wird, tatsächlich die Verfahrensgebühr entsprechend anzurechnen und zu kürzen ist.
    Ich finde die BGH-Entscheidung trotzdem total daneben, weil eine Anrechnung anders herum besser ist.

  • Wenn sie aber in voller Höhe mit ausgeurteilt ist, was man ja bereits im Tenor sehen kann, dann wirst Du wohl nur schwer drum herumkommen.

    Abgesehen davon bleibe ich meiner Ansicht treu, dass der ganze außergerichtliche Quark wie früher völlig unbeachtlich sein sollte. Dieses ganze variantenreiche Theater um den Anfall der Geschäftsgebühr hat mit dem Festsetzen von in dem gerichtlichen Verfahren angefallenen Kosten eh nix mehr zu tun. Allein das OLG Koblenz hat das mal erkannt!

  • Wenn sie aber in voller Höhe mit ausgeurteilt ist, was man ja bereits im Tenor sehen kann, dann wirst Du wohl nur schwer drum herumkommen.

    Abgesehen davon bleibe ich meiner Ansicht treu, dass der ganze außergerichtliche Quark wie früher völlig unbeachtlich sein sollte. Dieses ganze variantenreiche Theater um den Anfall der Geschäftsgebühr hat mit dem Festsetzen von in dem gerichtlichen Verfahren angefallenen Kosten eh nix mehr zu tun. Allein das OLG Koblenz hat das mal erkannt!

    Ich kann den Frust verstehen. Liest man jedoch den Wortlaut der Vorbemerkung Abs. 3 Nr. 4 VV 3100 RVG, so ist die Entscheidung des VIII. Senats (leider) folgerichtig und stützt sich ja auch auf nicht unbeachtliche Stimmen der bisherigen kostenrechtlichen Literatur. Hierdurch wird die Problematik der Anrechnung ins Kostenfestsetzungsverfahren verschoben, andererseits ist - wenn die außergerichtliche Gebühr bereits eingeklagt wurde - aus dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen ersichtlich, in welcher Höhe diese angefallen und somit anzurechnen ist.

    Natürlich war die bisher regelmäßig geübte Handhabung, nur die hälftige Geschäftsgebühr mit einzuklagen, weit komfortabler für alle Beteiligten (Rechtsanwälte und Gericht), da im Rahmen der Kostenfestsetzung die gerichtlichen Gebühren immer in voller Höhe Berücksichtigung finden konnten.

    Ich denke aber, dass man zunächst die Auswirkungen der geänderten Praxis analysieren sollte, möglicherweise ist die Sache nur halb so schlimm.

  • In der Tat wird die Entwicklung der Sache in der Praxis abzuwarten sein.

    Es ist allerdings alles andere als glücklich, wenn jahrzehntelange bewährte Prinzipien nunmehr über den Haufen geworfen sind (Die Prozessgebühr/Verfahrensgebühr ist nie niedriger als die weiteren Gebühren / Festsetzung nur der Kosten des gerichtlichen Verfahrens usw.) und der BGH zudem dafür sorgt, dass laufend Verwirrung und Unsicherheit entsteht. Ansetzen kann man auch hier schon beim RVG. Ich vertrete nach wie vor die Richtung: Never touch a running system. Leider ist es jetzt zu spät.

  • Vielen Dank für Eure Beiträge und die spannende Diskussion.

    Spielt es bezüglich der Antragsstellung eine Rolle ob es sich um eine Klage handelt oder um eine Anspruchsbegründung nach gerichtlichem Mahnverfahren?

  • Nein, das spielt keine Rolle. Auch im Mahnverfahren wird die volle Geschäftsgebühr als Nebenforderung angegeben. In den neuen MB-Formularen gibt es dann noch ein zusätzliches Feld für den "Minderungsbetrag Verfahrensgebühr" (oder so ähnlich) - dort kann man dann bereits ausrechnen, wie hoch die angerechnete Verfahrensgebühr (3305) ist.

  • Ich bbleibe dabei, der Wortlaut ist eigentlich eindeutig und wurde bisher von vielen tausend Rechtsanwälten und Rechtspflegern angewandt. Warum dieser Text nun, nach den eine handvoll Richter uns das weiß machen will, ganz anders formuliert sein soll, bleibt mir ein Rätsel und ich kann mir nicht vostellen, dass ein Gesetzestext ( ... wird diese Gebühr... auf die Verfahrensgebühr angerechnet...) so auseinander genommen werden kann.

    Warten wir es mal ab, was unsere berühmten Beschwerdekammern der OLG's sagen.

  • Ich bbleibe dabei, der Wortlaut ist eigentlich eindeutig und wurde bisher von vielen tausend Rechtsanwälten und Rechtspflegern angewandt. Warum dieser Text nun, nach den eine handvoll Richter uns das weiß machen will, ganz anders formuliert sein soll, bleibt mir ein Rätsel und ich kann mir nicht vostellen, dass ein Gesetzestext ( ... wird diese Gebühr... auf die Verfahrensgebühr angerechnet...) so auseinander genommen werden kann.

    Warten wir es mal ab, was unsere berühmten Beschwerdekammern der OLG's sagen.

    So eindeutig scheint "wird ... auf die Verfahrensgebühr angerechnet" wohl doch nicht zu verstehen sein. Ich verstehe dies - wie auch der BGH - so, dass sich durch die Anrechnung die Verfahrensgebühr mindert ("... auf die Verfahrensgebühr angerechnet"). Am besten einfach mal in den Gesetzesmaterialien stöbern. Leider habe ich dazu derzeit keine Zeit.

  • Dann müsste man - konsequenter Weise - ja auch die Mahn- und Widerspruchsgebühr festsetzen und von der Verfahrensgebühr wiederum absetzen.

  • :wechlach: Wir diskutieren jetzt so lange, bis keiner mehr Bescheid weiß und dann wird das RVG wieder abgeschafft...

    Na gut - man wird ja wohl noch mal träumen dürfen. :cool:

  • Ich bbleibe dabei, der Wortlaut ist eigentlich eindeutig und wurde bisher von vielen tausend Rechtsanwälten und Rechtspflegern angewandt. Warum dieser Text nun, nach den eine handvoll Richter uns das weiß machen will, ganz anders formuliert sein soll, bleibt mir ein Rätsel und ich kann mir nicht vostellen, dass ein Gesetzestext ( ... wird diese Gebühr... auf die Verfahrensgebühr angerechnet...) so auseinander genommen werden kann.


    Ich bleibe dabei, daß der Gesetzestext eindeutig ist, und viele tausende Rechtsanwälte und Rechtspfleger und Bürovorsteher (:D) diesen bislang falsch angewandt haben.

    Mach' Dir die Bedeutung von Anrechnung halt mal an einem anderen Beispiel deutlich: Wenn ich ein altes Auto zum Händler bringe und der mir sagt, der Restwert des alten wird auf das neue Auto angerechnet, dann kostet das neue Auto weniger.... (aus einem andern Forum geklaut, war dort aber auch von mir).

    So habe ich mir das verdeutlicht, bin zu dem Ergebnis gekommen, daß sich die Verfahrensgebühr durch Anrechnung verringern muß und daß der BGH (leider) Recht hat.

  • Dann frage ich mich doch ernsthaft, warum alle - mir gängigen Kommentare und Lehrbücher - dass alle falsch machen? Die gesamten Anrechnung des RVG müssten neu überdacht werden? Ich habe noch keine Berechnung gesehen, wo die Mahngebühr voll bestehen bleibt.
    Sorry, vielleicht bin ich ja auch zu blöd.

    Ich werde- zumindest nicht ohne Gegenwehr - meine Fahne nach jedem Windchen ausrichten.

    Warten wir es mal ab. Ich lass mich ja gerne überraschen.

  • Der Kasus Knacktus liegt eben im Gesetzeswortlaut und damit wird auch das Prinzip, dass die Verfahrensgebühr (Prozessgebühr) nie niedriger sein kann als die Aktgebühren) ad absurdum geführt. Um´s mal geschwollen zu sagen: Hier ist "ex tunc" Mist gemacht worden... :D

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