Verjährung der Zinsen während Wohlverhaltensphase

  • Entscheidend ist doch mehr, ob und in wieweit die Verjährung der Zinsen, die nach IE entstehen, gehemmt sind.

    Eben. Sind sie nicht. Keine Hemmung, weil keine Anmeldung zur Tabelle (Hemmung nur bei Anmeldung, § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB.)

    Und wo keine Hemmung, da ganz normale Verjährung.

    wenn man lediglich auf § 204 BGB abstellt, hast Du recht......dies habe ich aber seit heute um 11:33 Uhr nicht getan, was Du aber entweder nicht zur Kenntnis nehmen wolltest oder konntest...

    Es fällt mir in der Tat schwer, aber im Hamburger Kommentar steht das auch so. :confused: Ich konnte so spontan nebenbei nicht an höhere Gewalt glauben. Und ich finde das immer noch äußerst irre. Oder irritierend oder wie auch immer.

    Packen wir doch die höhere Gewalt auch in die WVP für die Zinsen und alles ist gut. Aber so einfach isses dann wohl doch wieder nicht. Aber die WVP ist auch ein Vollstreckungshindernis und damit höhere Gewalt... oder so..... :gruebel:

    Aber danke für den Hinweis. Höhere Gewalt... ich bin ein wenig sprachlos. Ich musste das erstmal sacken lassen. :cool:

  • [quote='Jamie','RE: Verjährung der Zinsen während Wohlverhaltensphase die WVP ist auch ein Vollstreckungshindernis und damit höhere Gewalt... oder so..../QUOTE]

    Vorsicht, da vertauscht man Äpfel mit Birnen. Du hast ja keinen Titel für die Zinsen nach IE, entsprechend ist in der WVP für diese Ansprüche § 294 InsO nicht relevant, zumal man im laufenden Verfahren ja auch nicht auf das Vollstreckungshindernis abstellt, sondern auf das Anmeldehindernis nach § 174 III InsO.

    Was Du aber machen kannst, ist #66, die Zinsen ab IE titulieren und warten, bis die RSB erteilt worden ist, um dann weiter zu agieren.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Du hast ja keinen Titel für die Zinsen nach IE, entsprechend ist in der WVP für diese Ansprüche § 294 InsO nicht relevant, zumal man im laufenden Verfahren ja auch nicht auf das Vollstreckungshindernis abstellt, sondern auf das Anmeldehindernis nach § 174 III InsO.

    Na doch gerade .... ich hab doch meinen nicht aufgegessenen (äh... aufgezehrten) Vollstreckungsbescheid für die Zinsen nach Eröffnung. Oder eben ein Urteil oder ähnliches.

    Sicherlich wird da auf das Anmeldehindernis abgestellt. Weshalb kann denn das nicht analog auf das Vollstreckungshindernis übertragen werden? Der Gläubiger ist durch das Andauern des Vollstreckungsverbots an der Verjährungsunterbrechnung schlicht und ergreifend gehindert. Es müsste ihm irgendetwas Rechtliches zustehen, außer einer teuren Feststellungsklage á la AndreasH.

    Es ist nun mal ein unüberwindbares Hindernis.

  • Vielleicht kommen wir auch ohne höhere Gewalt aus der Nummer raus mit Altentscheidungen zum früheren 202 BGB? :gruebel:

    BGH, 20.11.1997 - IX ZR 136/97

    Der Volltext der Entscheidung VI ZR 14/68 ist leider nicht bei insolvenzrecht.de veröffentlicht.

  • Das wäre dann § 205 BGB.

    Naja fast... Der Schuldner verweigert ja nicht auf Grund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger, sondern der Gläubiger ist gesetzlich gehindert, sein Recht (auf Neubeginn der Verjährung durch ZV) durchzusetzen. Er ist also völlig machtlos den Vorschriften ausgeliefert.

    Und dafür passt eigentlich leider keine der BGB-Vorschriften. Der BGH hat das ja offensichtlich schon vor gefühlten 150 Jahren festgestellt, ohne dass der Gesetzgeber sich bemüßigt sah, irgendwas zu ändern. Wenn auch für einen anderen Sachverhalt, so doch passend zu unserem Verjährungsproblem (finde ich persönlich).

    Der Schuldner könnte sich entspannt zurücklehnen und sagen: Ätsche-bätsche, verjährt.

    Dass würde dann durch Hinweis auf das alte BGH-Urteil sicherlich verhindert werden können.

  • Auch aus der obigen Entscheidung: Nr. 6 (RdNr. 27)

    Zitat

    27[COLOR=#000000][FONT=Arial]6. Aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 30. Januar 1987 wurde erstmals am 11. November 1994 ein Teilbetrag auf den streitgegenständlichen Zinsanspruch der Beklagten entrichtet. Dies stand einer verjährungsunterbrechenden Vollstreckungshandlung im Sinne des http://"%5burl 209 Abs. 2 Nr. 5 BGB[/URL] gleich. Es macht keinen erheblichen Unterschied, ob der Gerichtsvollzieher dem Schuldner Geld wegnimmt und dadurch die Verjährung unterbrochen wird (vgl. BGHZ 93, 287, 297 ff) http://"%5burl[BGH 18.01.1985 - V ZR 233/83][/URL] oder ob ein Drittschuldner an den betreibenden Gläubiger leistet (vgl. Staudinger/Peters a.a.O. § 209 Rdn. 103 zu b). Auch darin liegt ein prozessualer oder prozeßähnlicher Rechtsverfolgungsakt, der einen unmittelbar auf Vollstreckung gerichteten Willen des Gläubigers eindeutig erkennen läßt und den Schuldner hinreichend warnt, nicht darauf zu vertrauen, daß der Gläubiger den Verjährungseintritt tatenlos erwartet (vgl. BGHZ 93 http://"%5burl[BGH 03.02.1953 - I ZR 61/52][/URL] a.a.O.).

    Wenn also während der WVP Zahlungen vom Treuhänder an den Gläubiger fließen - Quotenausschüttung - dürfte auch das die Verjährung der Zinsen "brechen". Behaupte ich jetzt einfach mal so. Also nicht "brechen" sondern die Verjährung der Zinsen neu beginnen lassen. 

  • Oh nöööö nicht schon wieder dieses Chaos. :(

    Auszug: 276.
    Aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 30. Januar 1987 wurde erstmals am 11. November 1994 ein Teilbetrag auf den streitgegenständlichen Zinsanspruch der Beklagten entrichtet. Dies stand einer verjährungsunterbrechenden Vollstreckungshandlung im Sinne des § 209 Abs. 2 Nr. 5 BGB gleich. Es macht keinen erheblichen Unterschied, ob der Gerichtsvollzieher dem Schuldner Geld wegnimmt und dadurch die Verjährung unterbrochen wird (vgl. BGHZ 93, 287, 297 ff) [BGH 18.01.1985 - V ZR 233/83] oder ob ein Drittschuldner an den betreibenden Gläubiger leistet (vgl. Staudinger/Peters a.a.O. § 209 Rdn. 103 zu b). Auch darin liegt ein prozessualer oder prozeßähnlicher Rechtsverfolgungsakt, der einen unmittelbar auf Vollstreckung gerichteten Willen des Gläubigers eindeutig erkennen läßt und den Schuldner hinreichend warnt, nicht darauf zu vertrauen, daß der Gläubiger den Verjährungseintritt tatenlos erwartet (vgl. BGHZ 93 [BGH 03.02.1953 - I ZR 61/52] a.a.O.).


    Und Anmerkung von mir: Verjährungsneubeginn nach Quotenausschüttung

  • Lieben Dank, AndreasH, für die kurze Stellungnahme per PN. Hab mich selbstredend noch mal damit auseinandergesetzt.

    Tatsächlich passt die Entscheidung vom BGH, 18.01.1985, V ZR 233/83 super zu der Problematik. Ich konnte sie jetzt auch im Volltext finden. Danach kommt in der Tat eine Feststellungsklage in Frage. Teures Späßchen unter Umständen - kann sich aber wohl bei hohen Forderungen aus v. b. u. H. durchaus lohnen. Bloß auf reinen Verdacht, dass der Schuldner die RSB nicht erreichen könnte, ist das wohl ein wenig riskant, aber müsste wohl aus anwaltlichen Haftungsgründen zum Standardprogramm in der Bearbeitung von solchen Mandaten gehören. Ein weiteres Argument gegen "Ich häng´die Akte jetzt mal 6 Jahre in den Aktenschrank".

    Ich fasse mal die Erkenntnisse zusammen:

    Die nachrangigen Zinsen unterliegen bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens der Hemmung wegen höherer Gewalt (§ 206 BGB), wie offensichtlich von den Kommentatoren favorisiert (da muss man erstmal drauf kommen). Entscheidungen dazu gibt ´s indes nicht.

    In der Wohlfühlphase kann die Verjährung lediglich durch eine Feststellungsklage verhindert werden, wenn man sich denn nicht drauf verlassen will "Es kann nicht sein, nicht was sein darf". Dazu gibt es die alte BGH-Entscheidung V ZR 233/83, die sich auch tatsächlich auf die Verjährung von Zinsen bezieht.

    Immerhin kommen wir der Sache näher. :)

  • Danke Jamie für Deine Zusammenfassung!

    Auch wenn ich es ausgesprochen ... "unschön" finde, als einfacher InsoGläubiger gezwungen zu sein, entweder während der Wohlverhaltensperiode für nicht gerade erhebliche Beträge eine Feststellungsklage anzustrengen mit dem Risiko einer RSB oder aber dem Schuldner, der sich möglicherweise schon seit Jahren um die Zahlung eigentlich zu schaffender (wenns geht noch Konsumenten)Schulden drückt, etwas zu "schenken" - quasi als Belohnung dafür, daß er die RSB nicht geschafft hat...

  • Ich denke, der Gegenstandswert für so eine Klage ist gar nicht so hoch. Es sind wiederkehrende Leistungen und dann auch nur noch Feststellung, dass die nicht verjähren.

    Also wird man wohl über § 43 Abs. 2 GKG den § 9 ZPO als Gegenstandswert nehmen müssen (also den 3,5fachen Jahreswert der Zinsen). § 42 GKG passt gar nicht mehr, stelle ich grad mit Überraschung fest. War der schon immer nur auf Arbeitseinkommen ausgerichtet? Oder bin ich zu doof, den jetzt richtig zu lesen?:gruebel:

    Für die Feststellung, dass diese wiederkehrenden Leistungen nicht verjähren, dürfte dann wohl nur ein Bruchteil (wie hoch auch immer) bestimmt werden.

    Der GK-Wert ist dann auch für die möglicherweise anfallenden RA-Gebühren maßgebend.

    Kommt natürlich arg auf den Wert der Hauptforderung an letztlich.

  • Beispiel:

    Eröffnung 01.04.2014 - Beginn der Verjährung für die Zinsen vom 02.04. bis 31.12.2014 am 01.01.2015 - Verjährungsfristende 31.12.2017 - Verjährung eingetreten am 01.01.2018.

    Das Insolvenzverfahren dauert bis 30.09.2018 - Zinsen aus 2014 sind nach h. M. wegen Anwendung § 206 BGB nicht verjährt. Hemmung bis Aufhebung.


    Äh und jetzt? Ich hab jetzt ein Problem mit der Berechnung der Verjährungsfrist. Hänge ich jetzt den gesamten Zeitraum von Eröffnung (01.04.2014) bis zur Aufhebung (30.09.2018) hinten an die Verjährungsfrist dran an den 31.12.2017? :gruebel:


  • Du meinst für die Hemmung nach § 206 BGB analog?

    Bei Hemmung wird tatsächlich taggenau gerechnet, wenn man nicht in größeren Einheiten rechnen kann. Die Berechnung läuft also wie folgt:

    Beginn der Verjährung: 31.12.2014, 24:00 Uhr - das ist der technisch genaue Anfang gemäß § 199 Abs. 1 BGB: "Mit dem Schluss des Jahres, in dem sie entstanden sind".

    Lauf der Verjährungszeit dann bis 31.03.2014, d.h. abgelaufen genau drei Monate. Dann wird der Ablauf der Verjährungsfrist gehemmt, § 209 BGB, durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.04.2014, wobei hier der gesamte Tag als gehemmt gilt. Ende der Hemmung am 30.09.2018 (auch hier gilt der gesamte Tag noch als gehemmt). Also Wiederanlauf der verbleibenden Verjährungsfrist mit Beginn des 01.10.2018. Ablauf der restlichen Verjährungszeit von 2 Jahren 9 Monaten, daher Ende der Verjährungszeit mit Ablauf des 31.03.2021, 24:00 Uhr.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Einmal editiert, zuletzt von AndreasH (20. November 2014 um 16:41) aus folgendem Grund: "verbleibend" ergänzt


  • Lauf der Verjährungszeit dann bis 31.03.2014, d.h. abgelaufen genau drei Monate.

    Jahreszahlenfehler oder hab ich Brett vor Kopf?

    Bei einem so langen Insolvenzverfahren muss man sich also keine Sorgen über verjährende Zinsen in der Wohlverhaltensphase machen, wenn § 206 BGB analog drüber geworfen werden kann.

    Bis die Frist vorbei ist, ist auch die Abtretungserklärung durch.

    Problematisch sind also nur kurze Insolvenzverfahren.

  • Nein, sorry, kein Brett bei Dir, sondern mein Fehler.
    Die von mir genannte Berechnung wäre richtig für Zinsen des Jahres 2013, deren Verjährung am 31.12.2013, 24:00 Uhr beginnt.

    Die von Dir genannten Zinsen des Jahres 2014 sind dadurch gekennzeichnet, dass die Verjährungszeit noch nicht einmal anläuft, da schon zuvor die Hemmung analog § 206 BGB durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 31.03.2014 einsetzt. Also beginnt der Anlauf der Verjährungszeit erst mit Wegfall der Hemmung, weil diese erst nach dem regulären Beginn der Verjährungszeit wegfällt.

    Also: Zinsen fällig geworden z.B. 01.03.2014. Eintritt der Hemmung 01.04.2014, Ende der "Anlaufhemmung" 30.09.2018, Beginn der Verjährungszeit daher m.E. 01.10.2018, dann drei Jahre, also Ende der Verjährungszeit 30.09.2021, 24:00 Uhr.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich wärme noch mal auf:

    PfÜB in Arbeitseinkommen wird am 15.01.2013 zugestellt. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 30.07.2017 wird auf den PfÜB ein kleiner Betrag jeden Monat gezahlt.

    Wären die Zinsen ab 16.01.2013 bis 31.12.2013 am 01.01.2017 verjährt oder zählt hier die (unfreiwillige) "Ratenzahlung"?

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