Schreibfehlerberichtigung?

  • Die Berichtigung von 15% in 12% hat mit offensichtlicher Unrichtigkeit nichts zu tun. Wie hier
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post966613

    oder hier:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1020967

    ausgeführt, muss die Unrichtigkeit auch für jeden Außenstehenden ersichtlich sein. Es gilt der gleiche Unrichtigkeitsbegriff, wie er in § 319 ZPO vorausgesetzt wird (s. Lerch, Beurkundungsgesetz, Dienstordnung und Richtlinienempfehlungen der BNotK, 5. Auflage 2016, § 44a BeurkG RN 9: „Das Gesetz hat wohl in Anlehnung an § 319 ZPO den Begriff der „offensichtlichen Unrichtigkeit“ verwendet, so dass es nahe läge, die dazu ergangenen Meinungen in Rechtsprechung und Literatur zu übernehmen3)“. Zu § 319 ZPO führt der BGH im Beschluss vom 6.12.2010; V ZB 150/10, aus; s. hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…097#post1021097
    „Eine offenbare Unrichtigkeit liegt (nur) vor, wenn selbst für Dritte ohne weiteres deutlich wird, dass zweifelsfrei ein Versehen vorliegt (Senat, Beschluss vom 25. Februar 2000 - V ZR 206/99, NJW-RR 2001, 61)“.

    Das GBA ist außenstehender Dritter. Es kann nicht wissen, ob die Bank im Einzelfall einen anderen Zinssatz als den üblichen verlangt oder aber generell eine Zinserhöhung vorgenommen hat. Offensichtlich könnte ein Versehen allenfalls dann sein, wenn die Abweichung derart gravierend wäre, dass sich ein Schreibfehler geradezu aufdrängt, also statt üblicher 12 bis 18 % etwa 25 %.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Hallo zusammen,
    der Notar, sein Vertreter oder der Nachfolger im Amt wurden von den Kaufvertragsparteien zur Abgabe der Auflassungserklärung bevollmächtigt. Der eingereichten Kaufvertragsurkunde ist eine unterschriebene und gesiegelte „Schreibfehlerberichtigung“ des Notars beigefügt, in welcher er „den in der Urkunde in Abschnitt X enthaltenen Schreibfehler wie folgt berichtigt: …bevollmächtigen die Erschienenen die Mitarbeiter des amtierenden Notars…“
    In der „Auflassungsurkunde“ tritt dann Maria Mustermann auf und wird als Mitarbeiterin des Notars bezeichnet.
    Ist das tatsächlich ein Schreibfehler, der einfach so berichtigt werden kann?
    Danke Euch!

  • Wie hier ausgeführt:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…534#post1170534
    gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, ob die Unrichtigkeit (oder das Auslassungsversehen) nur für den Notar oder auch für jeden Außenstehenden offensichtlich sein muss.

    Wenn die Bevollmächtigung dahin lautet: „der Notar, sein Vertreter oder der Nachfolger im Amt“ sind zur Abgabe der Auflassungserklärung bevollmächtigt, dann ergibt das keinen Sinn, weil diese Personen aufgrund der Bestimmung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 BeurkG gehindert sind, die Auflassung zu beurkunden; siehe hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1052676

    Wenn also überhaupt eine Vollmacht erteilt wurde (und das wurde sie ja wohl), dann kann sie nur auf die Notariatsangestellten lauten. Von daher wäre die Berichtigung dann, wenn davon ausgegangen wird, dass für die offensichtliche Unrichtigkeit die Kenntnis des Notars ausreicht, in Ordnung. Im Einzelfall könnte auch eine unwirksame Vollmacht in eine wirksame umgedeutet werden (Reetz im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.06.2020, Sonderbereich Vertretungsmacht RN 12 unter Zitat BayObLG Rpfleger 1996, 332; Schöner/Stöber GrundbuchR Rn. 3580).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Wie hier ausgeführt:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…534#post1170534
    gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, ob die Unrichtigkeit (oder das Auslassungsversehen) nur für den Notar oder auch für jeden Außenstehenden offensichtlich sein muss.

    Wenn die Bevollmächtigung dahin lautet: „der Notar, sein Vertreter oder der Nachfolger im Amt“ sind zur Abgabe der Auflassungserklärung bevollmächtigt, dann ergibt das keinen Sinn, weil diese Personen aufgrund der Bestimmung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 BeurkG gehindert sind, die Auflassung zu beurkunden; siehe hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1052676

    Wenn also überhaupt eine Vollmacht erteilt wurde (und das wurde sie ja wohl), dann kann sie nur auf die Notariatsangestellten lauten. Von daher wäre die Berichtigung dann, wenn davon ausgegangen wird, dass für die offensichtliche Unrichtigkeit die Kenntnis des Notars ausreicht, in Ordnung. Im Einzelfall könnte auch eine unwirksame Vollmacht in eine wirksame umgedeutet werden (Reetz im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.06.2020, Sonderbereich Vertretungsmacht RN 12 unter Zitat BayObLG Rpfleger 1996, 332; Schöner/Stöber GrundbuchR Rn. 3580).

    Perfekt, danke für die schnelle und ausführliche Antwort! :)

  • Ich hänge mich hier mal dran.

    Notar reicht eine Grundschuldbestellungsurkunde - UR-Nr. 1100/21- ein und bittet um Berichtigung der eingetragenen UR-Nr. in der bereits Anfang Mai erfolgten Eintragung der Grundschuld, da dort die UR Nr. falsch eingetragen worden sei.
    Ein Schreibversehen unsererseits lag jedoch nicht vor. Die damals eingereichte Grundschuldbestellungsurkunde hat die UR Nr. 747/21. Bis auf die geänderte UR-Nr. sind die vorliegenden Ausfertigungen der Grundschuldbestellungsurkunde identisch.
    Würdet ihr die Berichtigung so durchführen ? Die Rückgabe der fehlerhaften Ausfertigung wurde nicht verlangt.

  • Ich habe genau denselben Sachverhalt wie Bär und ich schließe mich ihrer Frage an

    Würdet ihr die Berichtigung so durchführen ? Die Rückgabe der fehlerhaften Ausfertigung wurde nicht verlangt.

    Mein Berichtigungsverlangen der Notarin (es geht um die UR-Nr.) ist aber noch schlanker: Ich hab nur eine not. Schreibfehlerberichtigungsfeststellung iSv § 44a BeurKG, verbunden mit der 1. Seite der berichtigten, fehlerhaften Urkunde (URrolle Nr. xy - geändert...Datum Unterschrift), also nicht mal eine vollständige Ausfertigung.

    Ich hab es wirklich versucht! Aber es geht einfach nicht komplizierter...

  • Für die Berichtigung nach § 44a BeurkG reicht ein Nachtragsvermerk aus. Wie hier ausgeführt
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…534#post1170534
    führt der BGH im Urteil vom 10.10.2017, II ZR 375/15, aus: „Offensichtliche Unrichtigkeiten können durch eine ergänzende Niederschrift berichtigt werden, obwohl dafür gem. § 44 a II 1 und 2 BeurkG ein Nachtragsvermerk genügt. § 44 a II BeurkG schließt die Richtigstellung einer offensichtlichen Unrichtigkeit durch eine Berichtigung mittels der formstrengeren Niederschrift statt des Nachtragsvermerks nicht aus. Es ist vielmehr immer zulässig, die Richtigstellung statt durch einen Nachvertragsvermerk durch eine neue Niederschrift vorzunehmen (Preuß in Armbrüster/Preuß/Renner, § 44 a BeurkG Rn. 24; Kanzleiter, DNotZ 2007, 804 [809])…“

    Da mit der Berichtigung der UR-Nr. keine Auswirkungen auf das materielle Recht verbunden sind, halte ich die Berichtigung auch noch nach dem GB-Vollzug für zulässig.

    Das DNotI führt im Gutachten vom 31.12.2000, erschienen im DNotI-Report 2000, 73-76
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…9f78a0cb36ebed2
    aus: „Von der Frage der Grundbuchberichtigung zu unterscheiden ist die Frage der Auswirkungen auf das materielle Recht. Im vorliegenden Fall sind die Urkunden im Grundbuch vollzogen, d. h. die entsprechende Grundbucheintragung liegt vor. Die materiell-rechtliche Frage ist streng zu unterscheiden von der Frage der Berichtigung der Urkunde. § 44a BeurkG betrifft nur die Frage, wie die Urkunde technisch berichtigt werden kann, nicht, welche Auswirkungen der Fehler und auch die nachträgliche Änderung der Urkunde auf das materielle Recht haben. Die materiell-rechtlichen Fragen sind unabhängig von § 44a BeurkG zu beurteilen“.

    Materiell-rechtlich ändert sich aber nichts, wenn lediglich die UR-Nr. berichtigt wird.

    Maßgebend für die Bezugnahme nach § 874 BGB ist das Datum der abgegebenen Erklärung, siehe hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…853#post1030853
    oder hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…520#post1186520
    oder Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,16. Auflage 2020, RN 272, Kral im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel
    Stand 01.05.2021, § 44 RN 98 mwN).

    An die materiell-rechtliche Regelung des § 874 Satz 1 BGB knüpft § 44 GBO an. Zwar soll nach § 44 Abs 2 S 2 GBO bei der Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung der Name des Notars, der Notarin oder die Bezeichnung des Notariats und die Nummer der Urkundenrolle angegeben werden. Damit soll erreicht werden, dass der Zugriff auf die Eintragungsbewilligung auch über das Notariat erfolgen kann (s. Heinze im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, § 874 RN 6 unter Zitat BeckOK-GBO/Kral § 44 GBO Rn 98; PWW/Huhn Rn 2).

    Das wird aber auch mit der berichtigten UR-Nr. sichergestellt.

    Für den Inhalt der Eintragung entscheidend ist die bei den Grundakten befindliche Abschrift der in Bezug genommenen Urkunde. Weicht diese inhaltlich von der Urschrift ab, so ist das Grundbuch unrichtig (Beck/OK/Kral, aaO unter Zitat Demharter Rn. 41; Schöner/Stöber GrundbuchR Rn. 272). Besteht hingegen inhaltliche Übereinstimmung, liegt keine GB-unrichtigkeit vor.

    Allerdings ist das GB im Hinblick auf die berichtigte UR-Nr. richtig zu stellen

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (3. Juni 2021 um 14:15) aus folgendem Grund: Schreibversehen korrigiert

  • Zustimmung. Die Richtigstellung ist aber keine nach 44a BeurkG, oder? Weil die Nummer nicht zum Inhalt gehört und man sonst auch wieder beim Problem der Offensichtlichkeit für Aussenstehende wäre (s.o.).

  • Guten Morgen,

    mein Problem ist ähnlich: Mir liegt ein Schreiben einer Notarin vor, wonach die UR-Nummer der hiesigen Grundschuldbestellung zwei Mal vergeben wurde (GS ist bereits eingetragen). Berichtigung der anderen Urkunde ist nicht möglich, da dort offenbar das Original bereits herausgegeben wurde. Die Notarin möchte nun wissen, ob es möglich ist, der hiesigen Urkunde einen Zusatz zuzusetzen, um die beiden Urkunden unterscheiden zu können. Dies sollte nach den obigen Ausführungen ja möglich sein!?

    Wie würdet ihr das eintragen - einfach als Berichtigung in der Veränderungsspalte??

    Danke für euren Rat...

  • Überlassungsurkunde wurde bereits vollzogen und aufgrund dessen u.a. ein Wohnungsrecht und eine Höchstbetrags-Sicherungshypothek eingetragen. Bei beiden Rechten wurde ein Vorrangsvorbehalt für Grundpfandrechte bis 400000 Euro ... (Zinsen, Nebenleistungen, mehrmalige ausnutzbar) eingetragen. Jetzt erhalte ich eine Feststellung des Notars, dass der Rangvorbehalt nur in Höhe von 200000 Euro zum Tragen kommt. Es handelt sich gem. Notar um eine offensichtliche Unrichtigkeit welche er von Amtswegen berichtigt.

    Eine Notarvollmacht ist in der Überlassungsurkunde nicht enthalten.

    Würdet Ihr den Rangvorbehalt berichtigen?

  • Hallo,

    es ist doch die Frage, ob der fehlerhafte Betrag „offensichtlich“ ist.

    Wann eine offensichtliche Unrichtigkeit vorliegt, ist anhand des Einzelfalls zu entscheiden. Die Offensichtlichkeit muss sich nicht unbedingt aus der Urkunde selbst ergeben, sondern kann auch anderen Umständen entnommen werden. Wenn sich beispielsweise aus den Akten der tatsächlich gewollte Betrag ergibt (so das KG Berlin, Beschluss vom 01.04.2003, 1 W 260/02).

    Die Grenze der offensichtlichen Unrichtigkeit ist jedoch dann überschritten, wenn der richtige Wortlaut sich nicht ohne Weiteres ermitteln lässt (vergleiche OLG Köln, Beschluss vom 07.07.2010 - 2 Wx 93/10 Rd Nr. 47) bzw. die Erklärungen der Beteiligten durch die Berichtigung einen anderen Sinn erfahren könnte.

    Ohne nähere Angaben / Erläuterungen lässt sich meiner Ansicht nach nicht erkennen, dass der erstgenannte Betrag offensichtlichen unrichtig ist und der zweite Betrag der richtige.

  • Ich würde keinesfalls einfach so berichtigen. Nur mit Änderungsurkunde in notariell beglaubigter oder beurkundeter Form.

    Offensichtlich ist da gar nix. Hätte auch beim Vorlesen der Urkunde zwingend auffallen müssen und die Beteiligten haben auch unterschrieben.

    Gab da auch mal zum Thema Offensichtlichkeit eine Entscheidung des OLG München. Weiß jetzt nur das Aktenzeichen nicht.

  • Habe auch eine Frage zu § 44a Abs. 2 BeurkG.

    Der Notar hat eine Bewilligung zur Eintragung einer Grunddienstbarkeit zugunsten der Gemeinde eingereicht. Nach Erhalt meiner Zwischenverfügung möchte er die Urkunde zurück für eine Berichtigung nach § 44a Abs. 2 BeurkG.

    Würdet ihr das als offensichtliche Unrichtigkeit berichtigen lassen oder eine neue Bewilligung verlangen ? In der Urkunde ist natürlich keine Mitarbeitervollmacht drin, so dass die Eigentümer nochmal zum Notar müssten.

  • Wenn aus der Grunddienstbarkeit nach Berichtigung eine bpD wird, hätte ich da keine Bedenken.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

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