Schuldanerkenntnis?

  • Hallo Zusammen!
    Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt völlig blamiere :oops: :
    Ich habe hier einen Rechtsanwalt als Ergänzungsbetreuer mit dem Aufgabenkreis: Vertretung in Zusammenhang mit der Geldendmachung von Zahlungsansprüchen der Frau B. (= Lebensgefährtin und Betreuerin des Betroffenen) gegen den Betroffenen.
    Dieser RA hat jetzt nach den ihm vorliegenden Unterlagen festgestellt, dass der Frau B. ein Betrag on ca. 290.000,00 EUR zusteht. Er beabsichtigt jetzt, für den Betreuten ein notarielles Schuldanerkenntnis abzugeben. Jetzt meint der Notar, dass hierfür eine Genehmigung erforderlich wäre. Wonach???? :gruebel:

  • Ich würde sagen, § 1822 Nr. 1 BGB, zwar wird nicht über das Vermögen im Ganzen als solches verfügt, aber durch dieses Schuldanerkenntnis würde sich ja für die Ehefrau die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung ergeben, womit wieder das ganze Vermögen betroffen wäre.

    Die Kunst des Lebens besteht mehr im Ringen als im Tanzen. ( Marc Aurel )

  • Unter Umständen findet auch § 1822 Nr. 8 Anwendung, so lt. Palandt 62. Auflage Rn 18 wenn dem Schuldanerkenntnis ein Darlehensvertrag zugrunde liegt

  • 1822 Ziffer 8 BGB trifft nicht, weil Schuldanerkenntnis nicht der Verdeckung einer (neuen) Darlehensaufnahme dient.
    § 1821 Ziffer 1 BGB trifft nicht, weil der Betroffene nicht zu einer Verfügung im Sinne dieser Vorschrift verpflichtet wird. Die Verpflichtung ist ja bereits vorhanden, sie wird jetzt nur in Worte gekleidet. Die Frage, ob damit das Vermögen im ganzen betroffen ist, kommt noch zusätzlich dazu.
    Die gerichtliche Titulierung ist erheblich teurer als das notarielle Schuldanerkenntnis. Wenn sich B und der RABetreuer deshalb oder aus sonstigen Gründen auf einen Schuldanerkenntnisvertrag in Höhe der nachgewiesenen Forderung verständigen, hat das irgendwie den touch eines Vergleiches. In diesem Fall: § 1822 Ziffer 12 BGB.

  • Aber in § 1822 Nr. 12 ist doch ( denke ich ) ein Vergleich i.S.v. § 779 BGB gemeint, womit ja gerade ein klarer Unterschied zum Schuldanerkenntnis gegeben wäre. Dazu müsste man die Vorgeschichte des Falls kennen, ob eine Verhandlung stattgefunden hat und man sich auf die Summe geeinigt hat oder nicht. So wie der Fall beschrieben wurde, klang es so, als hätte vorher keine außergerichtliche Verhandlung über die Höhe der Forderung stattgefunden.

    Die Kunst des Lebens besteht mehr im Ringen als im Tanzen. ( Marc Aurel )

  • @ wer will ihn wissen:

    Wenn ich deiner Aussage also folgen würde, bräuchte ich dann doch eigentlich konsequenterweise überhaupt keine Genehmigung, weil die Verpflichtung bereits vor Betreuungsbeginn eingegangen wurde :gruebel: , oder?

    Die Kunst des Lebens besteht mehr im Ringen als im Tanzen. ( Marc Aurel )

  • Beim vorliegenden Schuldanerkenntnis handelt es sich nicht um ein abstraktes i.S. des § 780 BGB, sondern um ein deklaratorisches i.S. des § 781 BGB (sog. Schuldbestätigung). Da ein solches deklaratorisches Anerkenntnis die subjektive Ungewissheit oder Zweifel der Beteiligten über rechtserhebliche Punkte im Rahmen von Anspruchsgrund und/oder Anspruchshöhe voraussetzt, hat es (auch) vergleichsweisen Charakter. Damit greift der Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr.12 BGB (vgl. BayObLG NJW-RR 2003, 1587, wonach das Gericht in diesem Fall auch die dem Anerkenntnis zugrundeliegenden Forderungen zu prüfen hat). Auf die Frage, ob auch die im Rahmen des Anerkenntnisses erfolgende Zwangsvollstreckungsunterwerfung als solche einer Genehmigung bedarf, kommt es daher nicht mehr an.

  • @ wer will ihn wissen: hab ja gesagt wenn ein darlehen zugrunde liegt


    natürlich hat das ganze was von vergleich aber weder im münchner kommentar noch im palandt hab ich beim § 1822 Nr. 12 was gefunden

    bin aber der meinung das ne vg absolut erforderlich ist, denn wenn es die nicht bräuchte könnte der betreuer den betreuten ja in irrsinnige schulden treiben und das ist denk ich nicht im sinne des gesetzgeber

  • @ markus:
    Ich habe das Wort "Vergleich" in die Diskussion eingeführt im Bewusstsein, dass ein Schuldanerkenntnis im Normalfall kein Vergleich ist.
    Juris2112 hat für den Ausgangsfall mit Fundstelle dieses Möglichkeit sogar nachgewiesen.


    @ andi:
    Die absolute Überzeugung, dass eine Genehmigung erforderlich ist, reicht leider nicht aus. Es muss die entsprechende Vorschrift vorhanden sein, hier also § 1822 Ziffer 12 BGB.


    Der Betreuer kann mit Schuldanerkenntnisverträgen nicht den Betreuten hineinreißen. Bei neuen SAV gilt ja § 1822 Ziffer 8 BGB, bei denjenigen der vorliegenden Art § 1822 Ziffer 12 BGB.

  • Die in #8 genannte Entscheidung des BayObLG ist seit der 64. Aufl. (2005) im Palandt zitiert (§ 1822 RdNr.25 a.E.).

  • @ juris: so aktuelle auflagen haben wir hier leider nicht!:(

    @wer will ihn: natürlich reicht das nicht aus, aber es zeigt mir das mein bauchgefühl doch nicht so falsch liegt;)

  • Andi 82:

    Jedes Jahr ein neuer Palandt ist für die gerichtliche Tätigkeit unabdingbarer Mindeststandard. Dies hat für den Dienstherrn nicht zuletzt auch haftungsrechtliche Bedeutung (worauf man ihn auch mal hinweisen kann).

    Wo nehmt ihr denn die Kommentierungen für erfolgte Gesetzesänderungen her?

  • Der Meinung bin ich eigentlich auch - aber die Realität ist hier in Provinz fernab jeder größen Behörde eine andere!
    Hab hier meine Kommentare aus meiner Ausbildung (die ja noch nicht allzu lange her ist) im Büro stehen, damit ich wenigstens etwas habe. Wenn ich mitbekomme das mein Stöber der einzige im Haus ist wirds mir ganz schlecht.

    Ich versuch halt neuere Rechtssprechung über Beck-Online oder eben über das Forum zu finden!

  • Vielen Dank für Eure Hilfe! Jetzt will ich nur mal sehen, ob wir irgendwo einen so aktuellen Palandt haben. :wechlach:

    Bei uns Rechtspflegern ist die 62. Auflage die Neueste (selbstvertändlich nur bei einem im Gebäude, man kann sich den ja ausleihen...) und das fanden wir schon toll. Aber bei irgendeinem Richter werde ich sicher fündig werden.

  • Keine Aufregung, ich arbeite mit der 61. Auflage: "Mein neuester Palandt sagt dazu aber, dass ....". Da kommt Freude auf.

  • Zitat von juris2112

    Beim vorliegenden Schuldanerkenntnis handelt es sich nicht um ein abstraktes i.S. des § 780 BGB, sondern um ein deklaratorisches i.S. des § 781 BGB (sog. Schuldbestätigung). Da ein solches deklaratorisches Anerkenntnis die subjektive Ungewissheit oder Zweifel der Beteiligten über rechtserhebliche Punkte im Rahmen von Anspruchsgrund und/oder Anspruchshöhe voraussetzt, hat es (auch) vergleichsweisen Charakter. Damit greift der Genehmigungstatbestand des § 1822 Nr.12 BGB (vgl. BayObLG NJW-RR 2003, 1587, wonach das Gericht in diesem Fall auch die dem Anerkenntnis zugrundeliegenden Forderungen zu prüfen hat).



    Die zitierte Entscheidung vom BayObLG betrifft jedoch ein Schuldanerkenntnis, welches innerhalb eines Vergleichs abgegeben wurde (vgl. Fundstelle a.a.O.) und bestimmt wie weit die Prüfungspflicht i.S.d. § 12 FGG in solchen Fällen geht.
    Sie normiert allerdings m.E. nicht die allgemeine Genehmigungsbedürftigkeit eines notariellen Schuldanerkenntnisses (als deklaratorisches Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB).
    Meiner Ansicht nach greift § 1822 Nr.12 BGB genau für solche Fälle nicht, on denen lediglich eine Seite ein Schuldanerkenntnis abgibt, ohne ein Mitwirken (i.S.e. Nachgebens) der Gegenpartei.

    Da es sich laut der Rechtsprechung des BGH bei den §§ 1821, 1822 BGB um abschließende Kataloge handelt, die nicht der erweiternden Auslegung zugänglich sind, müßte man meiner Einschätzung nach zu dem Ergebnis kommen, dass solche reinen Schuldanerkenntnisse nicht genehmigungsbedürftig sind, sondern die Prüfungspflicht im Hinblick auf Bestehen und Durchsetzbarkeit der Forderung allein beim Betreuer, insbesondere im Hinblick auf eine eventuelle gemischte Schenkung, liegt (vgl. hierzu auch kurzen Hinweis BayObLG a.a.O.).
    Ich hätte allerdings in der Praxis auch größte Bauchschmerzen hier ein Negativattest zu erteilen.:schock:

  • Comanda:

    Sowohl das abstrakte als auch das deklaratorische Schuldanerkenntnis sind einseitig verpflichtende Verträge, an welchen der Anerkenntnisempfänger mitwirken muss. Das deklaratorische Anerkenntnis setzt stets voraus, dass zwischen den Parteien in irgendeiner Form ein Streit oder eine Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder über mit ihr in Zusammenhang stehende rechtserhebliche Punkte besteht und der Streit bzw. die Ungewissheit mittels des Anerkenntnisses beendet werden soll (BGH NJW 1976, 1259; BGH NJW 1995, 960). Aus diesem Grund hat jedes deklaratorische Schuldanerkenntnis incidenter auch einen vergleichsweisen Charakter i.S. des § 1822 Nr.12 BGB, und zwar unabhängig davon, ob diese vergleichende Komponente im Vertrag selbst zum Ausdruck kommt. Es spielt daher keine Rolle, dass die zitierte Entscheidung des BayObLG für einen Sachverhalt ergangen ist, bei welchem zusätzlich noch ein "echter" Vergleich geschlossen wurde.

  • Dennoch bin ich der Meinung, dass selbst wenn man dem Schuldanerkenntnis(vertrag) einen vergleichsähnlichen Charakter beimisst, dies nicht ausreicht um eine Genehmigungspflicht i.S.d. § 1822 Nr.12 anzunehmen, denn diese Norm spricht ausdrücklich von einem Vergleich, den neben der Regelung über eine Ungewissheit das gegenseitige Nachgeben kennzeichnet, welches bei einem Schuldanerkenntnis im Regelfall nicht gegeben ist.
    Bei dem der Entscheidung vom BayObLG zugrunde liegenden Fall war die Sachlage jedoch wie erwähnt anders, da hier ein echter Vergleich vorlag.
    Eine Entscheidung, die die Genehmigungspflicht für Schuldanerkenntnisse grundsätzlich bejaht ist mir nicht bekannt, daher halte ich weiter an der Auffassung fest, dass im Hinblick auf die BGH-Rechtsprechung bzgl. der Abgeschlossenheit des Katalogs der §§ 1821, 1822 in solchen Fällen keine Genehmigung vorliegt.

    Sieht man das anders, müßte man m.E. zunächst mal prüfen, ob überhaupt ein solcher Schuldanerkenntnisvertrag nach § 781 BGB (unter Mitwirkung des Gläubigers) vorliegt oder ob der Betreute nur einseitig anerkennt und sich z.B. gleichzeitig der Zwangsvollstreckung unterwirft.

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