Beratungshilfe in Familiensachen und (Scheidung- und Folgesachen)

  • Hi Folks,

    die massiv steigenden Beratungshilfezahlen und den mittlerweile dreisten Abrechnungswahn seitens unserer Anwaltschaft bringt mich noch an den Rand des Wahnsinns (Rpfl.-Schicksal).

    Sollte nun ein Rechtssuchender hier einen Beratungshilfeschein (direkt) wegen Scheidung und den Folgesachen beantragen, so erteile ich lediglich einen Beratungshilfeschein mit der Bezeichnung (Scheidung und Folgesache (wie z.B. Unterhalt, Sorgerecht, Hausrat usw.). Ich bin der Meinung, dass es sich bei zeitgleicher Bauftragung lediglich eine Angelenheit handelt, obwohl es hierfür unterscheidliche Auffassungen gibt.

    Nun habe ich mal wieder einen wirklich bitterbösen Brief erhalten. Wie seht Ihr das?

    Grüßle aus Süddeutschland:daumenrau

  • Ich handhabe das genauso. Bei Scheidung und Scheidungsfolgesachen handelt es sich um dieselbe Angelegenheit (§ 16 Nr. 4 RVG). Gleiches gilt für das Verfahren über die Aufhebung der Lebenspartnerschaft und deren Folgesachen.

  • Absolut eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne. BerH für beabsichtigte Ehescheidung und ihre Auswirkungen (elterl. Sorge, Versorgungsausgleich, Unterhalt, Verm.-Auseinandersetzung) sowie die außergerichtliche Vertretung = dieselbe Angelegenheit. Dasselbe gilt auch bzgl. einer Beratung über die Regelung einer bereits erfolgten Trennung (Hdb. FamRZ Müller-Rabe, 15. Kapitel, Rn. 101 S. 1068).
    Auch ich habe immer damit zu kämpfen, dass die RAe versuchen, die Ehescheidungssachen "auseinanderzudividieren". Ich muss fast immer durch Beschluss entscheiden, dass kostet Zeit u. Nerven. Aber wir lassen uns nicht unterkriegen zum Leid der "armen" Anwälte.

  • Da gibt es massenhaft Rechtsprechung zu, die z.T. auch im Rpfl veröffentlicht ist. Alles unterschiedliche Gegenstände, die eine Angelegenheit bilden.

    Ein RA hat mir mal persönlich geschrieben und einen Extremfall aufgebaut: Scheidung, UE, UK, UG, ES, GewSch
    Dann kam die Frage, ob das alles eine Angelegenheit wäre, dass könne doch unmöglich mein Ernst sein. Kurze Antwort: Doch, das ist mein Ernst. Er hat schon mit Verfassungsbeschwerde gedroht. Auf die warte ich heute noch. Dann gäb es wenigstens mal was von ganz oben, woran man sich halten könnte.

  • Auch ich bin der Meinung, dass es ganz klar eine Angelegenheit ist, die aus mehreren Gegesntänden besteht. Hatte damit auch noch nie Probleme.
    Nur ein Problem kenne ich auch: das Auseinanderdividieren.


    Zunächst: kommt jemand und will wegen Scheidung BerH, gibt's bei mir nichts. Ich verweise auf die PKH ( nachdem ich sichergestellt habe, dass auch die Scheidung nun tatsächlich erfolgen soll) und darauf, dass es hinsichtlich BerH sinnwidrig wäre. Leider haben sich einige RA darauf spezialisiert, doppelt abzurechnen. Zunächst BerH für den Rat und dann gleich PKH. Den Mist gibt's bei mir nicht.


    Aber Probleme habe ich hier bei folgenden Sachverhalten:
    Scheidung und sonst keine Regelung beabsichtigt. "Wegen Rest ( Unterhalt/elterliche Sorge/Umgan... ) soll nicht gerichtlich vorgegangen werden, sondern außergerichtlich" -> dafür wird dann BerH beantragt.
    Kann ich da zurückweisen, weil es eigentlich im gerichtlichen Verfahren zu klären möglich gewesen wäre? Und was ist, wenn die Scheidung bereits rum ist und danach eine solche Antragstellung kommt?

  • Hallo Diabolo, ich handhabe es so, dass ich bei Ehescheidung BerH bewillige, was spricht eigentlich dagegen. Meistens sollen ja erst Fragen der Ehescheidung erörtert werden. Sollte die Sache dann in ein gerichtl. Verfahren übergehen, so muss dass ja in der Kostenabrechnung mit angegeben werden. Die Gebühren wären dann auf das gerichtl. Verf. zur Hälfte anzurechnen. Sollten im Nachhinein wegen des "Restes" (Folgesachen) eine außergerichtl. Klärung herbeigeführt werden, so bewillige ich nur für eine Angelegenheit BerH. z. B. "Unterhalt". Es ist oft so, dass die Folgesachen erstmal außergerichtl. geregelt werden sollen.
    Ich lasse mir dann aber immer die Fam.-Akte zur Prüfung vorlegen.

  • Auch ich erteile "all-inclusive" Berechtigungsscheine. ;)
    Folgenden Beschluss hab ich mal irgendwo ergattert:
    " In pp.
    wird der Antrag der Antragstellerin vom xxx auf Gewährung von Beratung nach dem Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (BeratungshilfeG) vom 18. Juni 1980 zurückgewiesen.

    Gründe:

    In dem Verfahren 2 II xxx/xx (BH) ist d. Antragstellerin bereits Beratungshilfe für die Angelegenheit „Trennung, ggf. Scheidung inklusive Folgesache“ bewilligt worden.

    Auch wenn im Antrag die Bezeichnung der Angelegenheit anzugeben ist (dort wurde die Bezeichnung „Ehescheidung“ gewählt), so ist das Gericht nicht an diese Bezeichnung gebunden, sondern hat in eigener Zuständigkeit und Verantwortung selbst zu Überprüfen, ob die Bezeichnung der Angelegenheit korrekt ist, ob eine oder mehrere Angelegenheiten vorliegen (LG Aachen, Beschl. 23.05.1986, Rpfleger 1986, 495; LG Münster Beschl. 05.01.2000, Rpfleger 2000, 281; AG Lübeck, Beschl. 02.11.1986, Rpfleger 1984, 75), und für welche Angelegenheit letztlich Beratungshilfe zu bewilligen ist oder nicht.

    In Fällen wie dem vorliegenden Fall, wird die Bezeichnung der Angelegenheit, für die in solchen Fällen Beratungshilfe zu bewilligen ist, von Seiten des Gerichts grundsätzlich mit „Trennung, ggf. Scheidung inklusive Folgesache“ gewählt, damit unter die Bezeichnung (auch aus prozessökonomischen Gründen) z.B. die Zeit der Trennung und die damit in Verbindung stehenden Folgesachen zu fassen sind.

    Es entspricht auch der herrschenden Meinung, dass bei rechtlichen Problemen, die im Rahmen der Trennung entstehen, insgesamt nur eine Angelegenheit vorliegt (vgl. zuletzt, aktuell und mit Hinweis auf den Meinungsstand sowie weiteren Nachweisen OLG Nürnberg, Beschl. 30.03.2004, FamRZ 2005, 740ff sowie LG Dortmund, Beschluss Beschl. 30.10.1984, Rpfleger 1985, 78; LG Stade, Beschl. 03.09.1986, Rpfleger 1986, 496; OLG München, Beschl. 04.12.1987, JurBüro 1988, 594 und Beschl. 17.02.1998, Rpfleger 1998, 253; AG Steinfurt, Beschl. 09.03.1988, Rpfleger 1988, 489 und Beschl. 22.02.1989, Rpfleger 1989, 289; LG Landau, Beschl. 10.12.1990, Rpfleger 1991, 127; LG Koblenz, Beschl. 02.10.1995, Rpfleger 1996, 116; AG Koblenz, Beschl. 01.08.2000, FamRZ 2000, 521 und Beschl. 25.06.2001, FamRZ 2004, 480; LG Mönchengladbach, Beschl. 13.03.2002, JurBüro 2002, 421; AG Bayreuth, Beschl. 13.10.2004, FamRZ 2005, 737; Kalthoener/Büttner, NJW-Schriftenreihe 47, Rn. 1015; Schoreit/Dehn, 8. Aufl. § 44 RVG, Rn. 24 ff. m.w.N.).

    Der einheitliche Lebenssachverhalt ist im vorliegenden Fall der, dass d. Antragstellerin getrennt lebt oder sich trennen will und sich bezüglich dieses Sachverhalts anwaltlich zu ihren Pflichten und Rechten beraten und notwendigenfalls auch vertreten lassen will. Soweit hierbei eine rechtliche Beratung und ggf. auch Vertretung zum Scheidungs- und Trennungsverfahrens, nachehelichen und ggf. Trennungsunterhalt, Zugewinn und dem Umgang mit Kindern notwendig ist, handelt es sich „typischerweise [...] um einen einheitlichen Lebensvorgang, der die einzelnen hieraus resultierenden Gegenstände zu einer Angelegenheit verbindet“ (OLG Nürnberg, Beschl. 30.03.04 a. a. O.).

    Der Begriff der Angelegenheit ist gesetzlich nicht definiert. Es handelt sich um einen gebührenrechtlichen Begriff.
    Der Begriff der Angelegenheit ist nicht identisch mit dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit. Der gebührenrechtliche Begriff der Angelegenheit will eine Vielzahl von anwaltlichen Tätigkeiten zu einer gebührenrechtlichen Einheit zusammenfassen.

    Maßgebendes Kriterium der Abgrenzung zwischen einer und mehreren Angelegenheiten ist, ob die Gegenstände objektiv inhaltlich zusammengehören. Eine Angelegenheit kann daher mehrere Gegenstände beinhalten.

    Unter einer Angelegenheit ist nach der Rechtsprechung des BGH das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll (vgl. BGH, JurBüro 1976, 749 ff).

    Nicht entscheidend ist, ob sich die in Rede stehenden Ansprüche gegen verschiedene Rechtsobjekte richten (vgl. Greißinger, JurBüro 1984, 1763).

    Eine Angelegenheit im Sinne des § 13 II BRAGO / § 44 RVG liegt auch dann vor, wenn verschiedene Ansprüche aus dem gleichen Lebenssachverhalt aufgrund eines dem Anwalt erteilten Auftrages zur gleichen Zeit geltend gemacht werden (vgl. LG Koblenz, Beschl. 15.08.1994, JurBüro 1995, 201).
    Selbst wenn verschieden Ansprüche zeitlich aufeinander folgenden geltend gemacht werden, sind dieser immer noch als eine Angelegenheit anzusehen, wenn zwischen den verschiedenen Ansprüchen objektiv ein innerer Zusammenhang besteht (AG Bayreuth, Beschl. 13.10.1994, FamRZ 2005, 737). Das zwischen den anwaltlichen Tätigkeiten in 2 II xxx/xx (BH) und im vorliegenden Verfahren eine Zeit von ca. x Monaten liegt, führt daher nicht dazu, dass hier verschiedene Angelegenheiten vorliegen.

    Die einschlägige Kommentierung (Schoreit/Dehn, 8. Aufl., § 44 RVG Rn. 15 m.w.N.) spricht von einer Angelegenheit, wenn
    - ein einheitlicher Auftrag vorliegt,
    - der Rechtsanwalt bei der Verfolgung mehrere Ansprüche den gleichen Rahmen einhält (Gleichartigkeit des Verfahrens) und
    - zwischen den einzelnen Ansprüchen ein innerer Zusammenhang besteht.

    Hierauf beruft sich z.B. auch das OLG Hamm, Beschl. v. 18.09.2003 (6 WF 117/03, soweit bekannt bislang nicht veröffentlicht) unter Hinweis auf die detaillierten Stellungnahmen des Leiters des Dezernats 10 vom 16.07.2003 und 14.08.2003.

    Der vom OLG Hamm im übrigen entschiedene Fall (ob es sich bei der trennungsbedingten Geltendmachung von Kindesunterhalt, Umgangsrecht und Herausgabe persönlicher Sachen, um eine Angelegenheit mit mehreren Gegenständen handelt, so dass in analoger Anwendung zu § 6 BRAGO / § 7 RVG eine Festgebühr mit entsprechenden Zuschlägen zuzubilligen ist) kann hier zur Entscheidung nicht herangezogen werden, da hier von d. Erinnerungsführerin vorgetragen wird, dass es sich bei der Geltendmachung von Trennungsunterhalt (als eben typische Folgesache) um eine andere Angelegenheit handele und eben nicht um eine Angelegenheit mit verschiedenen Gegenständen (§ 308 ZPO).

    Sinn und Zweck des BerHG ist es auch, d. Rechtssuchenden umfassenden Rat zuteil werden zu lassen. Unter Zugrundelegung der o.g. Rechtsprechung und Kommentierung kann im vorliegenden Fall nicht von mehreren Angelegenheiten ausgegangen werden.

  • Moin Freunde in der RAST. Was schreibt mir ein RA gerade: "Ein juristisch nicht ausgebildeter Antragsteller wird auch mit Hilfe der RAST häufig kaum in der Lage sein, einen konkreten Antrag zu stellen. " Erfüllt das schon den Tatbestand der Beleidigung? :gruebel:

  • Zitat von Erzett

    "Ein juristisch nicht ausgebildeter Antragsteller wird auch mit Hilfe der RAST häufig kaum in der Lage sein, einen konkreten Antrag zu stellen. " Erfüllt das schon den Tatbestand der Beleidigung? :gruebel:



    Da würde ich dem RA zurückschreiben, das er offensichtlich auch nicht dazu in der Lage sei. Er müßte eigentlich wissen, dass für die Formalien der Rpfl zuständig ist. Es kommt natürlich auch immer darauf an, was beantragt werden soll. Aber bei manch einem Antrag von einem RA läuft es mir eiskalt den Rücken runter.....

    Nach dieser Meinung müßten wir also die RAST abschaffen..... oder: m.a.W. nur Juristen können bei uns zu Protokoll geben? Umkehrschluss: eine anwaltliche Tätigkeit ist nicht mehr notwendig, weil der RA ja "zur RAST kommen kann....:wechlach:

  • Zitat von Diabolo

    Nach dieser Meinung müßten wir also die RAST abschaffen..... oder: m.a.W. nur Juristen können bei uns zu Protokoll geben? ...


    Hat´s bei meiner Kollegin schon gegeben. Während der Aufnahme der Klage hat sich herausgestellt, dass die Klägerin RAin ist. Mehr muss ich dazu ja nicht sagen, ähh.. schreiben.

  • Zu diesem Beitrag hätte ich nochmal eine Frage.

    Wie sieht die Sache aus, wenn die Eltern nicht verheiratet waren und nun der Umgang und der Unterhalt für die Kinder zu klären gilt.
    Der Rechtsanwalt argumentiert, es seien zwei Angelegenheiten, da es ja keine Folgesachen einer Ehescheidung sind und daher zwei Berechtigungsscheine zu erteilen sind.

    Aber warum sollten hier die Eltern, die nicht verheiratet sind, den Eltern, die verheiratet sind/waren bevorrechtigt sein?

    Kann mir jemand weiterhelfen. Habe schon vergeblich versucht, eine Entscheidung dazu zu finden.

  • Dafür gibt es Hilfestellung durch das Jugendamt, da braucht es keine Beratungshilfe. Gibt es auch schon Threads dazu, einfach nochmal nachschaun.

  • Jetzt wo das Thema nochmal hochgeholt wurde und ich mir den kompletten Thread durchgelesen habe muss ich feststellen, dass das Muster unter Beitrag #9 mir merkwürdig bekannt vorkommt ;) :unschuldi

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Im vorliegenden Fall beantragt der Kindesvater BerH! Eine Klärung über das Jugendamt war im vorliegenden Fall nicht möglich.
    Ein Verweis auf das JA als andere Möglichkeit gem. § 18 SGB VIII geht m.E. daher fehl.

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