Vollstreckungsbescheid "Forderung aus unerlaubter Handlung"

  • :confused: Mandant bringt uns heute einen von ihm selbst vor ca. 2 Jahren erwirkten Vollstreckungsbescheid mit dem Grund "Forderung aus unerlaubter Handlung". Es geht hier auch tatsächlich um unterschlagenes Geld aufgrund dessen die Schuldnerin damals rechtskräftig strafrechtlich verurteilt wurde und einsaß/sitzt.
    Nachdem ja erst später die Entscheiddung kam, dass MB/VB aus unerlaubter Handlung nicht erlassen werden kann/soll meine Frage:
    Kann ich jetzt trotzdem "vertieft" pfänden oder muss ich hier evetl. mit Schwierigkeiten rechnen? Würde dem den Pfüb erlassenden Rpfl. eventuell langen, wenn ich auszugsweise das Strafurteil mitschicke? Was tun?

  • Eine "vertiefte" Pfändung ist nach der Entscheidung des BGH vom 5.4.2005 - VII ZB 17/05 - nicht möglich.

    Leitsatz: "Durch die Vorlage eines Vollstreckungsbescheids kann der Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f II ZPO durch den Gläubiger nicht geführt werden."

  • Danke ich hab befürchtet. Aber nur nochmal zur Sicherheit bevor ich Feststellungsklage erhebe und Kosten produzier:

    Gilt das auch für die "Alttitel"? Und läßt sich trotz Vorlage des Strafurteils (Mdt. war ja Anzeigeerstatter) ja den Straftatsbestand nachweisen kann????

  • Ich würde sagen, es gilt auch für Altverfahren, da bereits mit Beschluss v. 26.09.2002 - IX ZB 180/02, BGHZ 152, 166, 170 (= Rpfl. 2003, 91) festgestellt wurde, dass es nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts ist, auch über das Vorliegen eines Anspruchs aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zu entscheiden. S. auch Rpfl. 2005, 370.
    Aber mich würde auch interessieren, was die Vollstreckungsprofis dazu sagen ... ;) .

  • ich würde grundsätzlich das Strafurteil zwar als "ausreichenden" Nachweis der Forderung aus unerlaubter Handlung ansehen, aber eine privilegierte Pfändung nur mit einer Feststellungsklage (bzw. dessen Urteil) beantragen.
    Und auf die Gefahr hin, daß das von Gericht zu Gericht anders gesehen wird, den sicheren Weg wählen, allerdings auf kosten des Mandanten, da er ja wohl hier "falsch" tituliert hat. -Das nächste Mal lieber gleich n RA nehmen?

  • Ich würd auch sagen, daß die BGH Entscheidung auch für Alttitel gilt. Wieso auch nicht? Es würde damals nicht geprüft ob es sich tatsächlich um eine Fdg. aus unerlaubter Handlung handelt (Schlüssigkeitsprüfung ist nicht dasselbe) und wird auch heute nicht geprüft. Daher gibt`s keinen Grund das Pfändungsprivileg für Alttitel zu gewähren, für neue Titel aber nicht. Muß halt eine Feststellungsklage erhoben werden.

    Im Übrigen kann ich mir durchaus vorstellen, daß das Urteil im Strafverfahren ausreichend ist, um eine vorsätzliche unerlaubte Handlung nachzuweisen. Wenn zweifelsfrei feststeht, daß Forderung und Strafurteil auf derselben Handlung beruhen, kann m.E. das Pfändungsprivileg gewährt werden (vgl. auch Zöller, ZPO, 23. Aufl. § 850 f, RN. 9).

  • Zitat von Flori

    Im Übrigen kann ich mir durchaus vorstellen, daß das Urteil im Strafverfahren ausreichend ist, um eine vorsätzliche unerlaubte Handlung nachzuweisen. Wenn zweifelsfrei feststeht, daß Forderung und Strafurteil auf derselben Handlung beruhen, kann m.E. das Pfändungsprivileg gewährt werden (vgl. auch Zöller, ZPO, 23. Aufl. § 850 f, RN. 9).


    Aber die Frage war ja, ob das ein Rpfl als aureichend ansieht. wenn ich also Strafurteil zusammen mit VB und Antrag auf Erlaß eine priv. PfüBs einreiche, nehmt "ihr" mich dann ernst oder ist der sicherere Weg über die Feststellungsklage notwendig?

  • Genau um die Frage ging es mir, vor allem jetzt auch der Schnelligkeit wegen. Ich hätte jetzt nunmal eine Pfändungsmöglichkeit.

    Sollte die nicht gehen, werde ich wohl oder übel sowieso noch die Klage einreichen müssen, schon im Hinblcik auf eine spätere eventuelle Insolvenz d. Sch. und der dann mit Sicherheit auftretenden Schwierigkeiten in der Restschuldbefreiung.

  • Zitat von Bine1

    Aber die Frage war ja, ob das ein Rpfl als aureichend ansieht. wenn ich also Strafurteil zusammen mit VB und Antrag auf Erlaß eine priv. PfüBs einreiche, nehmt "ihr" mich dann ernst oder ist der sicherere Weg über die Feststellungsklage notwendig?



    Also ich denke, daß Du das Problem immer hast, wenn Du mit Ri. und RPfl. zu tun hast. Die sachliche Unabhängigkeit erlaubt uns halt nun mal unterschiedlicher Meinung zu sein, wo das Gesetz nicht eindeutig ist. Und auch eine BGH-Rechtsprechung hindert uns noch nicht daran, anders zu entscheiden. Von daher ist es oft eine Glückssache, wie`s der zuständige Kollege eben sieht.
    Ich würd den PfÜB einfach mal nach § 850 f ZPO beantragen und als Nachweis das Strafurteil vorlegen. Wenn der Kollege nicht damit einverstanden ist, kannst Du auf eine ZwVfg. hin den PfÜB immer noch abändern, oder es auf ein Rechtsmittel ankommen lassen. Ein Versuch ist`s in jedem Fall mal wert denke ich...

  • Grundsätzlich reichen mir Vollstreckungsbescheide und auch Versäumnisurteile "aus unerlaubter Handlung" ohne weiteren Sachvortrag für die priv. Pfändung nicht aus. Ein Strafurteil reicht mir dann aber aus. Bei einem überzeugenden Sachvortrag verschärft pfänden und den Sachvortrag mit in den Beschluß nehmen. Dem Sch bleibt immer noch das Rechtsmittel.

  • Zitat von Erzett

    Grundsätzlich reichen mir Vollstreckungsbescheide und auch Versäumnisurteile "aus unerlaubter Handlung" ohne weiteren Sachvortrag für die priv. Pfändung nicht aus.



    Ich hab auch mal dazu tendiert, Anerkenntnisurteile und Versäumnisurteile nicht als ausreichenden Nachweis anzuerkennen (Entscheidung eines LG liegt diesbezüglich auch vor, abgedruckt in Rpfleger). Aber, wie soll`s den der Gläubiger dann nachweisen? Eine neue Klage scheidet doch aus, da der Gl. bereits einen Titel hat und eine nochmale Feststellung nicht zulässig sein dürfte (Stichwort: anderweitige Rechtshängigkeit oder Rechtskraft)...

  • Privilegierte Pfändung nach § 850f Abs. 2 ZPO gibt´s bei mir nur mit entsprechend begründetem zivilrechtlichen Urteil oder mit Zahlungstitel nebst Feststellungsurteil.

    Es reicht nicht aus:

    • Vollstreckungsbescheid
    • Versäumnisurteil
    • Anerkenntnisurteil
    • Strafbefehl
    Zitat

    Eine neue Klage scheidet doch aus, da der Gl. bereits einen Titel hat und eine nochmale Feststellung nicht zulässig sein dürfte (Stichwort: anderweitige Rechtshängigkeit oder Rechtskraft)...


    Auch wenn bereits VU/AU vorliegen besteht für eine Feststellungklage ein Rechtschutzbedürfnis. Die Zulässigkeit wird durchweg bejaht (so Zöller, Musielak)

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Zitat von Tommy

    Auch wenn bereits VU/AU vorliegen besteht für eine Feststellungklage ein Rechtschutzbedürfnis. Die Zulässigkeit wird durchweg bejaht (so Zöller, Musielak)



    Hast Du ne genauere Fundstelle?

  • Der BGH bezieht sich in IX ZB 180/02 u.a. auf: MüKo-ZPO, 2. Aufl., § 850 f, Rdnr. 18; Musielak, 3. Aufl., § 850 f, Rdnr. 10; Thomas/Putzo, 24. Aufl., § 850 f, Rdnr. 8b; Stein/Jonas, 21. Aufl., § 850 f, Rdnr. 10; OLG Hamm, InVO 2000, 429 und OLG Stuttgart, InVO 2000, 284.


    Zwischen den beiden BGH-Beschlüssen besteht im übrigen insofern ein kleiner Unterschied, daß IX ZB 180/02 die Vorlage eines rechtskräftigen Urteils/Strafbefehls mit dem Antrag nach § 850 f II ZPO und VII ZB 17/05 die Bezeichnung des Anspruchs im VB als aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung stammend betrifft.

  • ich muss dieses thema nochmal aufgreifen, weil ich grad nicht richtig weiter weiß......:

    also, habe einen antrag auf erlass eines pfübs gem. §850f Abs. 2 ZPO.
    mein titel ist ein vollstreckungsbescheid. zusätzlich habe ich noch ein feststellungsurteil, aus welchem hervorgeht, dass der durch den vollstreckungsbescheid tituliert anspruch auch aus dem gesichtspunkt der vorsätzlich begangenen unerlaubten handlung gerechtfertigt ist. auf diesem urteil ist nur ein zustellungsnachweis, keine klausel. ist eine klausel denn erforderlich? oder muss das feststellungsurteil mit dem vollstreckungsbescheid verbunden werden?
    weiterhin beantragt der gläubigervertreter den monatlichen unpfändbaren betrag auf 450 eur festzusetzen. gepfändet wird das ganz normale arbeitseinkommen des schuldners. sind 450 eur nicht ein bisschen wenig?

    danke für eure tipps!

  • Eine Klausel oder Verbindung mit dem VB sind nicht erforderlich, jedoch sollte das Feststellungsurteil m.E. rechtskräftig sein.

    Ohne spezielle Begründung ist der unpfändbare Betrag nicht soweit herab zu setzen. Das ist aber alles ziemlich einzelfallabhängig, es kommt auf die Unterhaltspflichten des Sch usw. an.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Eine Klausel oder Verbindung mit dem VB sind nicht erforderlich, jedoch sollte das Feststellungsurteil m.E. rechtskräftig sein.

    Ohne spezielle Begründung ist der unpfändbare Betrag nicht soweit herab zu setzen. Das ist aber alles ziemlich einzelfallabhängig, es kommt auf die Unterhaltspflichten des Sch usw. an.


    :meinung:
    Ich würde aber trotzdem VB und Urteil vorlegen. Und Familienstand und Unterhaltspflichten des Schuldners angeben...

  • Ich häng mich mit meiner Frage hier einmal ran:

    Gl. pfändet aufgrund eines VB. Darin steht auch "wegen vors. unerlaubter Handlung".

    Weiter oben wurde bereits (auch obergerichtlich) festgestellt, dass das VG dies anhand des VB nicht prüfen kann und ein Antrag nach § 850f ZPO ausscheidet. Dies habe ich auch dem Gl. Vetr. mitgeteilt.

    Dieser reicht nun die Strafanzeige, die damals gegen den Schuldner erlassen wurde ein sowie ein Bestätigungsschreiben der StA, dass der Beklagte rechtskräftig verurteilt wurde.

    --> ist nun § 850f ZPOI möglich oder müsste der Gl. die unerlaubte Handlung durch Urteil feststellen lassen?

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