Abwesenheit eines Erben; Nachlasspfleger? Abwesenheitspfleger?

  • Hallo!

    Ich habe den folgenden Fall:

    Erblasser hinterlässt 3 Nichten, keine letztw. Vfg.
    eine der Nichten ist unbekannten Aufenthalts.

    Meine Überlegung war zunächst, einen Abwesenheitspfleger nach §§88 FGG, 1911 BGB zu bestellen. Hierfür liegen auch m.E. die Voraussetzungen vor. Problem stellt sich für mich insoweit dar, das nach Beendigung des Auseinandersetzungsverfahrens die Abwesenheitspflegschaft endet und keine Verwahrung des Erbteils stattfindet (Hinterlegung?).

    Weiter könnte wohl auch ein Nachlasspfleger bestellt werden nach §1960 I1 BGB. Dieser könnte dann für die Abwesende den Erscheinsantrag stellen. Problem m.E.: Der Nachlasspfleger kann die Erbaschaft nicht annehmen -> wer nimmt für die Erbin unbekannten Aufenthalts die Erbschaft an?

    Möglicherweise erst eine Abwesenheitspflegschaft und dann nach der Auseinandersetzung einen Nachlasspfleger anordnen?

    Inwieweit bin ich als Nachlassgericht in so einem Fall zur eigenen Ermittlung verpflichtet?

    Gibt es Rspr./Aufsätze zu diesem Thema (ich bin leider nicht fündig geworden) und vorallem: was würdet ihr veranlassen?:gruebel:

    MfG

    Schriftgröße augenfreundlich angepasst
    li_li (Mod.)

  • Eine der Nichten soll Teilerbschein beantragen zu je 1/3 für die "bekannten" Nichten. Für die unbekannte Nichte - Nachlasspfleger zu 1/3 einsetzen. Dieser setzt sich mit den Miterben auseinander und hinterlegt nach Abschluss den 3tel Anteil. So mache ich das regelmäßig.

  • Der Nachlaßpfleger hat kein Antragsrecht zur Erbscheinserteilung. § 1913 BGB ist nicht einschlägig. Ich befürworte deshalb die Bestellung eines Abwesenheitspflegers nach § 1911 BGB. Er kann die Erbschaft annehmen, den Erbteil des Abwesenden verwalten und an der Erbauseinandersetzung mitwirken. Dabei ist die Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 2 BGB zu beachten. Weitere Aufgabe des Abwesenheitspflegers ist es, den Aufenthalt des Abwesenden zu ermitteln. Stellt sich dabei heraus, daß der Abwesende im Zeitpunkt des Erbfalls bereits verstorben war, muß der erteilte Erbschein wieder eingezogen werden.

    Eine Hinterlegung halte ich für gefährlich. Durch sie könnte der Fall eintreten, daß sich die Erben des Abwesenden später bedienen, auch wenn der Abwesende den Erbfall gar nicht erlebt hat.



  • Eine Hinterlegung halte ich für gefährlich. Durch sie könnte der Fall eintreten, daß sich die Erben des Abwesenden später bedienen, auch wenn der Abwesende den Erbfall gar nicht erlebt hat.



    Was passiert dann mit dem Erbteil? Das Amt des Abwesenheitspflegers endet doch mit der Auseinandersetzung, oder?:gruebel:

  • Eine der Nichten soll Teilerbschein beantragen zu je 1/3 für die "bekannten" Nichten. Für die unbekannte Nichte - Nachlasspfleger zu 1/3 einsetzen. Dieser setzt sich mit den Miterben auseinander und hinterlegt nach Abschluss den 3tel Anteil. So mache ich das regelmäßig.



    Setzt du dann den NL-Pfleger einfach ohne ES-Antrag ein?

  • Die Abwesenheitspflegschaft endet nur kraft Gesetzes, wenn der Wirkungskreis nur eine einzelne Angelegenheit umfasst und diese Angelegenheit erledigt ist (§ 1918 Abs. 3 BGB). In allen anderen Fällen muß die Pflegschaft aufgehoben werden (§§ 1919, 1921 BGB).

    Im vorliegenden Fall ist die Abwesenheitspflegschaft mit dem umfassenden Wirkungskreis "Vermögensverwaltung" anzuordnen. Also endet diese Pflegschaft dann erst mit ihrer Aufhebung.

  • Erbe kann nur werden, wer der Erbfall erlebt hat und die Erbschaft angenommen hat. Ob das bei der "unbekannten Nichte" der Fall ist, weiß man nicht. Eine Abwesenheitspflegschaft oder eine Pflegschaft für unbekannte Beteiligte geht daher in so einen Fall NIE (!!!), weil der entsprechende Pfleger in keinem Fall die o.g. Voraussetzungen schaffen kann.

    Daher könnte einzig für den offenen Stamm durchaus eine Teilnachlasspflegschaft nach § 1961 BGB bestellt werden. Die bekannten Erben müßten dazu einen Mindestteilerbschein inkl. Pflegerbestellung nach § 1961 BGB beantragen und danach als durch einen solchen Teil-ES ausgewiesene Erben in Zusammenarbeit mit dem Teilnachlasspfleger den Nachlass abwickeln.

    Findet später der NLPfleger erbberechtigte Personen, können diese einen weiteren Teilerbschein beantragen. Findet er keine, bliebe die Möglichkeit einer Hinterlegung für die unbekannten Erben in diesem Stamm, oder die bislang bekannten Erben könnten -wenn keine Erben gefunden werden- die Durchführung einer öffentlichen Aufforderung nach § 2358 II BGB beantragen und danach sogar einen Erbschein über den gesamten Nachlass erhalten.

    Übrigens könnte dieser Antrag auf § 2358 II BGB durchaus auch schon jetzt mit einem entsprechenden Erbscheinsantrag über den gesamten Nachlass gestellt werden.

  • Und den Teilnachlasspfleger dann im Erbschein einfach so aufnehmen ohne, dass dieser einen Erbscheinsantrag gestellt hat, weil er das ja nicht darf?

  • Solange die Lebensvermutúng des § 10 VerschG besteht, kann ein bestellter Abwesenheitspfleger die Erbschaft problemlos annehmen.

  • Solange die Lebensvermutúng des § 10 VerschG besteht, kann ein bestellter Abwesenheitspfleger die Erbschaft problemlos annehmen.



    ... und dann im Erbschein wie aufgenommen werden?

    Und was, wenn sich später herausstellt, dass die gesuchte Nichte vorverstorben war? Dann ist der Erbschein falsch mit allen entsprechenden Folgen. Ne, das würde ich schon wegen § 2359 BGB (Stichwort: Tatsachen festgestellt...) nicht machen.

    Abwesenheitspfleger geht nur, wenn definitiv klar ist, dass der Abwesende den Erbfall zumindest erlebt hat. Dann kann von mir aus auch der Abwesenheitspfleger die Erbschaft für den Abwesenden annehmen. Für alle anderen Fälle gilt die Spezialvorschrift zur Nachlasspflegschaft.

  • Wenn für den Abwesenden keine Lebensvermutung nach § 10 VerschG mehr besteht, vielleicht sogar in der Mehrzahl der Fälle, ist nur die Abwicklung über eine Teilnachlaßpflegschaft möglich. Ich hatte mich aber auf den Aspekt der Abwesenheitspflegschaft beschränkt. Mit dieser Pflegschaft kommt man auch zum Ziel, wenn noch eine Lebensvermutung nach § 10 VerschG besteht (Palandt-Edenhofer § 2357 Rn. 2). In den Erbschein ist der Abwesende aufzunehmen, wie jeder andere Miterbe auch. Der so erteilte Erbschein ist falsch, wenn der Abwesende vorverstorben ist. Aber das ist er auch im Fall des § 2358 Abs. 2 BGB, wenn noch weitere Miterben vorhanden sind, die sich nur nicht gemeldet haben.

    Nach meiner Auffassung ist die Anordnung einer Nachlaßpflegschaft unzulässig, wenn noch eine Lebensvermutung für den Abwesenden besteht. Der Erbe ist dann nicht "unbekannt" (Palandt-Edenhofer § 1960 Rn. 6: "Ist nur sein Aufenthalt nicht bekannt, kommt nur Abwesenheitspflegschaft in Betracht"). Man kann also nicht einfach so tun, als seien die Erben insoweit nicht bekannt und Nachlaßpflegschaft anordnen.

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