Löschung Vorkaufsrecht nach § 22 GBO

  • Ich habe folgenden Fall, zu dem ich Eure Meinungen brauche:

    E verkauf Grundstück an den Verein V. In Abt. II ist ein Vorkaufsrecht eingetragen für A, B, C und D.

    In der Bewilligung des VorkRs ist nichts gesagt, ob das Recht für den ersten oder für mehrere Fälle gelten soll. Ich tendiere gem. § 1097 BGB daher zu einem Recht für den ersten Verkaufsfall, so dass es nun erloschen wäre, wenn es nicht ausgeübt wurde.

    Eigentumsumschreibung auf V ist erfolgt und nun beantragt Notar die Löschung des Vorkaufsrechts gem. § 22 GBO und überreicht dazu privatschriftliche Erklärung von A und B, dass das Recht nicht ausgeübt wird, sowie Kopien von Einschreiben an C und D mit der Bitte um Mitteilung, ob das Vorkaufsrecht ausgeübt wird. Dazu trägt der Notar vor, dass eine Reaktion innerhalb der Frist (und sogar bis heute) nicht erfolgt sei.

    Unter welchen Voraussetzungen ist die Löschung ohne Bewilligung möglich?

    Hier liegt ja nun ein Verkauf vor und kein "anderes Veräußerungsgeschäft", so dass eine derzeitige Löschung ohne Mitwirkung (Berichtigungsbewilligung) der Berechtigten m.E. nicht möglich ist.

    Wäre eine Löschung nach Ablauf des "Sperrjahres" (seit der Eigentumsumschreibung) möglich?
    Gem. Schöner/Stöber, 12. Auflage, Rn. 1436, wäre ein Anspruch aus dem ausgeübten Vorkaufsrecht "Rückstand" i.S.d. § 23 Abs. 2 GBO.

    Dass A und B nicht ausgeübt haben, ist ja offensichtlich (wenn auch nicht formgerecht nachgewiesen). Hätten denn C und D überhaupt dann noch ausüben können?
    Wenn ich Schöner/Stöber, Rn. 1406, richtig verstehe, hätten nach dem Verzicht von A und B tatsächlich C und D allein ausüben können. Richtig?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Wenn ein für den ersten Verkaufsfall bestelltes Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird, erlischt das Recht, darüber sind wir uns einig!? Die Löschung ist dann Grundbuchberichtigung. Ob sich der Unrichtigkeitsnachweis in deinem Fall formgerecht erbringen läst, wage ich zu bezweifeln. Daher bedarf es meiner Meinung nach der Bewilligung der Berechtigten in der notwendigen Form.


  • Wäre eine Löschung nach Ablauf des "Sperrjahres" (seit der Eigentumsumschreibung) möglich?
    Gem. Schöner/Stöber, 12. Auflage, Rn. 1436, wäre ein Anspruch aus dem ausgeübten Vorkaufsrecht "Rückstand" i.S.d. § 23 Abs. 2 GBO.

    Geht wohl nicht, oder sind die Berechtigten verstorben?


    Nein, verstorben sind sie nicht. Aber ich frage mich, ob man das hier nicht entsprechend anwenden könnte.

    Wenn das Recht ausgeübt worden wäre, wäre das Hauptrecht doch im Grunde auch erloschen und die mit Ausübung entstandenen schuldrechtl. Ansprüche wären nichts anderes als ein Rückstand.

    Da es in meinem Fall auch darum geht, das Recht im Wege der Berichtigung zu löschen, könnte man doch evtl. schon auf die Idee kommen, dass es nach Ablauf der Sperrfrist möglich sein könnte, wenn die Berechtigten bis dahin einer Löschung nicht widersprechen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Mit der Anwendbarkeit der §§ 23 ff GBO wäre ich hier sehr zurückhaltend, da das Recht selbst - außer durch den Tod der Berechtigten - nicht zeitlich befristet ist. Bei einem raschen Überfliegen habe ich in den Kommentaren auch diesen Fall nicht unter den §§ 23, 24 aufgelistet gefunden.

    Wenn A und B das Vorkaufsrecht nicht ausüben, dann können C und D es immer noch vollständig ausüben, 1098 I 1, 472.2 BGB.

    Es kommt daher neben dem formgerechten Verzicht von A und B auf den Nachweis an, dass C und D nicht ausgeübt haben, was ohne deren Erklärung in der Form des § 29 GBO nur durch ein entsprechend erkennendes Urteil möglich sein dürfte.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Das geht mir etwas zu weit, darum wie Andreas.
    Aber ich habe mir zum Unrichtigkeitsnachweis noch einmal Gedanken gemacht.
    A und B Bewilligen formgerecht.
    Zustellung des Kaufvertrages (?) an C und D durch GV. Der bestätigt die Zustellung der Urkunde. Nach Ablauf der Frist, anhören von C und D bzgl. beabsichtigter Löschung durch GBA. Wenn sich dann beide immer noch nicht äußern, könnte man löschen.
    Wie gefällt euch die Idee?

  • Ich schließe mich der Meinung von Andreas an.


    @ karlchen: Das Grundbuchamt ist nicht verpflichtet und m.E. auch nicht berechtigt, hier von Amts wegen tätig zu werden und C und D sind nicht verpflichtet, sich dem Grundbuchamt gegenüber über ihr Vorkaufsrecht zu äußern. Die Feststellung, ob das Vorkaufsrecht besteht oder nicht, ist im Zweifel Sache des Prozessgerichts und nicht im Grundbuchverfahren zu treffen, wenn ein Unrichtigkeitsnachweis nach § 22 GBO nicht geführt werden kann. Das Vorkaufsrecht hat die Wirkungen einer Vormerkung. Eine Vormerkung löschen wir auch nicht, weil der Verpflichtete behauptet, der Anspruch sei erloschen und der Berechtigte auf unsere Anhörung nicht reagiert.

  • @ HorstK Ein Urteil ist immer die beste Lösung. Aber ich gebe meine Idee noch nicht auf. Meine Ausführungen waren missverständlich, darum hier noch einmal.

    Der Notar veranlasst die Zustellung des Kaufvertrages an C und D durch GV. Der bestätigt die Zustellung der Urkunde. Nach Ablauf der Frist, Antrag auf Grundbuchberichtigung. GBA hört C und D bzgl. beabsichtigter Löschung an, mache ich bei einer Grundbuchberichtigung grundsätzlich. Könnte man löschen, wenn sich dann beide immer noch nicht äußern.

    Ich weis auch das die Sache einen Haken hat, denn wie weist man nach, das C und D sich nicht gegen über dem Verkäufer geäußert haben. Evtl. entsprechend Erklärung des Notars?

  • Ich schließe mich der Meinung von Andreas an.


    @ karlchen: Das Grundbuchamt ist nicht verpflichtet und m.E. auch nicht berechtigt, hier von Amts wegen tätig zu werden und C und D sind nicht verpflichtet, sich dem Grundbuchamt gegenüber über ihr Vorkaufsrecht zu äußern. Die Feststellung, ob das Vorkaufsrecht besteht oder nicht, ist im Zweifel Sache des Prozessgerichts und nicht im Grundbuchverfahren zu treffen, wenn ein Unrichtigkeitsnachweis nach § 22 GBO nicht geführt werden kann. Das Vorkaufsrecht hat die Wirkungen einer Vormerkung. Eine Vormerkung löschen wir auch nicht, weil der Verpflichtete behauptet, der Anspruch sei erloschen und der Berechtigte auf unsere Anhörung nicht reagiert.



    Genauso sehe ich das auch. Wieso sollte das GBA hier ein Risiko übernehmen? Es heißt Unrichtigkeitsnachweis. Und an den Nachweis sind strenge Anforderungen zu stellen (Demharter § 22 RdNr. 36 und 37).

  • @karlchen

    Im Rahmen der §§ 84 ff GBO könnte man über diese Vorgehensweise streiten, wobei ich mir dann größere Zeitabstände wünschte. Bei § 22 GBO allerdings besteht - wie Grundbüchler schon ausgeführt hat - das Problem, dass die Zustellung des Kaufvertrags keinen Nachweis darüber darstellt, dass das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt worden wäre - und schon gleich gar nicht in der gebührenden Form...

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • @karlchen

    Im Rahmen der §§ 84 ff GBO könnte man über diese Vorgehensweise streiten, wobei ich mir dann größere Zeitabstände wünschte. Bei § 22 GBO allerdings besteht - wie Grundbüchler schon ausgeführt hat - das Problem, dass die Zustellung des Kaufvertrags keinen Nachweis darüber darstellt, dass das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt worden wäre - und schon gleich gar nicht in der gebührenden Form...


    Na ja, war nur ein Versuch und ist damit :erledigt:
    Es bleibt also nur die Klage, wenn die Berechtigten nicht mitspielen.

  • Ich danke für die vielen hilfreichen Beiträge! :daumenrau

    Ich sehe es auch so, dass hier praktisch ohne Berichtigungsbewilligung nichts geht aber der Notar sieht das halt anders. Nun ja, ich werde denn mal darauf hinweisen, dass er die Möglichkeit hat, gegen meine ZwVfg. Beschwerde einzulegen. :teufel:

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • gibt es zu diesem thema vlt mittlerweile rechtsprechung? laut schöne/stöber rn 1432a Fußnote 108 13. auflage ginge das wohl wie von karlchen vorgeschlagen, allerdings kann ich mich mit der vorgehensweise nicht ganz anfreunden...
    habt ihr was neues gehört?

    Einmal editiert, zuletzt von sowasauch (6. Mai 2010 um 11:57)

  • Vorliegend wurde für die Gemeinde ein VKR für den ersten Verkaufsfall bewilligt und eingetragen. Jetzt wird das Grundstück weiterveräußert, das VKR sollte ohne weiteren Nachweis etc. gelöscht werden. Auf meine ZwiVfg hin bekam ich jetzt einen Löschungsverzicht der Gemeinde in der Form des §29 Abs. 3 GBO: "es wird ausdrücklich auf die Ausübung des uns zustehendem VKR verzichtet, d.h. das Verzichtsangebot wird angenommen".


    Kann mich mal jemand von Schlauch schubsen & sagen, ob mir das als Unrichtigkeitsnachweis ausreicht, oder ob ich eine 'richtige' Löschungsbewilligung benötige?

  • s. oben #2 und Rz. 27 des Beschlusses des OLG Düsseldorf 3. Zivilsenat, vom 28.11.2012, I-3 Wx 144/12 („Das nur für den ersten Verkaufsfall bestellte Vorkaufsrecht erlischt, wenn es nicht fristgemäß bei Vorliegen eines Vorkaufsfalles ausgeübt wird (Schöner/Stöber, a.a.O. Rdz. 1432a), ebenso, wenn es nicht ausgeübt werden darf, weil der Eigentümer keinen Kaufvertrag abgeschlossen hat, sondern ein anderes Veräußerungsgeschäft Grundlage für die Übereignung des entsprechenden Grundstücks an den Sonderrechtsnachfolger ist (OLG Zweibrücken, NJW-RR 2000, 94; Staudinger- Schermaier, a.a.O., Rn 14; Schöner/Stöber, a.a.O.)“.

    Da das VR vorliegend nicht ausgeübt wird, vielmehr auf die Ausübung verzichtet wurde, ist es erloschen. Es kann daher auf Antrag im Verfahren nach § 22 GBO (Unrichtigkeitsnachweis) gelöscht werden (s. Holzer im Beck'schen Online-Kommentar GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 01.09.2015, § 22 RN 55).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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