Ewiges Insolvenzverfahren?

  • Ich habe hier ein etwas eigenartiges Verfahren:
    Das Vermögen der Gläubigerin (zum Glück GmbH, deshalb keine RSB-Problematik) besteht im wesentlichen aus einer großen gewerblich vermieteten Immobilie. Ein Verkauf der Immobilie ist wegen behördlicher Auflagen und fehlender Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger nicht möglich. Die gesicherten Gläubiger haben nun anscheinend aber ein Interesse an der Fortführung, jedenfalls ist keine Zwangsverwaltung angeordnet und es kommen erkleckliche Mieteinnahmen in die Masse.
    Ich frage mich nun, wie ich das Verfahren zum Abschluss bringen soll, denn eigentlich ist ja ein ewiges Insolvenzverfahren nicht im Sinne des Gesetzgebers (oder etwa doch?). Die Masse ist nicht verwertet und eine Freigabe scheidet aus, weil ja Überschüsse erwirtschaftet werden. Ein Abschluss durch Vollbefriedigung ist auch nicht in Sicht, da ich natürliche riesige Ausfallforderungen habe und ich dann auch nachrangige Gläubiger zur Anmeldung auffordern müsste und die ganzen Zinsen wohl nicht erwirtschaftet werden können.
    Fällt jemandem was ein oder muss ich warten bis die Bude auseinanderfällt und sich damit eine Vermietung nicht mehr lohnt?

  • Es ist doch Sinn und Zwck des Insolvenzverfahrens, die vorhandene Masse zu verwerten. Wenn kein Verkauf zu Stande kommt und kein Gläubiger dei Zwangsversteigerung beantragt, kann doch auch der Verwalter die Versteigerung beantragen.
    Oder hat der Verwalter ggf. auch ein Interesse an der Fortführung (höhere Vergütung)? Das ist aber nicht Sinn und Zweck des Verfahrens. Wenn das das einzige ist, was dem Abschluss des Verfahrens im Weg steht, würde ich den Verwalter mal zu der Versteigerungsfrage Stellung nehmen lassen.

  • Mal andersherum gedacht: Hat denn irgendjemand einen Nachteil, wenn das Verfahren so lange läuft? Vielleicht dahingehend, dass die Auszahlung der Quote für die ungesicherten Gläubiger sich ewig nach hinten zieht?

    Wenn nicht, sehe ich grundsätzlich kein Problem, zumindest hier nicht, weil eben die RSB-Problematik fehlt. Das InsV ist ja das Verfahren der Gläubiger. Wenn die entscheiden, das Verfahren soll so durchgeführt werden und in Kauf nehmen, dass der IV gut daran verdient, dann ist es doch ihr Geld?! Die könnten ja auch Zwangsverwaltung beantragen ohne Versteigerung, so dass es eine ewige Zwangsverwaltung wäre.

    Auch hier denke ich, ist es vielleicht aufschlussreich, mit dem IV zu sprechen und ihn nach den Hintergründen zu fragen.

  • Die Frage, dass die ungesicherten Gläubiger kein Geld erhalten, könnte man mit einer Abschlagsverteilung lösen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich wüßte nicht, was gegen eine Fortführung sprechen sollte. Ziel des Verfahrens ist die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger. Dann kann es ja wohl nicht die richtige Maßnahme sein, den Verwalter zur Versteigerung zu zwingen.
    Ich sehe schon das Problem der ungesicherten Gläubiger, die ohne Schlußtermin nix bekommen. Aber das sehe ich wie Gegs, Abschlagszahlung hilft in dem Fall.
    Ich habe im Moment auch so ein Immobilienteil - 35.000 qm, Verkehrswert so um die 7 Mio., Grundpfandrechte 3 Mio.
    Kaufen tut das kurzfristig kein Mensch, weil es zu groß ist. Die Mieteinnahmen laufen aber ganz gut. Wenn ich das versteigere, schädige ich die Masse um das eine oder andere Milliönchen. Geht also nicht. Warten wir also weiter auf einen geeigneten Käufer und erzielen in der Zwischenzeit Mieteinnahmen, auch wenn der pöse Verwalter letztlich von der anwachsenden Masse profitiert.

  • Ich würde auch sagen: warum eigentlich nicht ?! Es gilt die Gläubigerautonomie und wenn alle das so haben wollen, ist es doch auch OK. Ich habe hier ein Verfahren, wo's ein Riesenbatzen Körperschaftssteuer zurückgibt. Und die wird in 10 Jahresraten zurückerstattet. Das Verfahren läuft schon 3 oder 4 Jahre, also wahrscheinliche Dauer 13 bis 14 Jahre. Aber alle sind zufrieden.

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Hallo,

    meine Frage passt hier ganz gut hin. Vielleicht habe ich einen Knoten im Kopf, der gelöst werden muss. In meinem Verfahren (natürliche Person, RSB beantragt, Eröffnung im Jahre 2012, Ende Abtretungserklärung Ende 2018) übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus. Durch die selbstständige Tätigkeit werden Gewinne erwirtschaftet, daher hat der InsO-Verwalter keine Freigabe erklärt. Ein InsO-Plan kommt nach dem Vortrag des Verwalters nicht in Betracht. Mir wurden die Schlussunterlagen vorgelegt. Meines Erachtens dürfte das Verfahren nicht abschlussreif sein, da (betriebliches) Vermögen vorhanden ist. Zumal durch die Gewinne die Masse angereichert wird. Wie sieht ihr das? Wie kriegt man hier "den Deckel drauf"? :confused:

    Liebe Grüße

  • Den Deckel bekommt man mit Erteilung der RSB drauf, weil die dann erwirtschafteten Einkünfte nicht mehr zur Masse gehören.

    Insoweit kannst Du Dich an die Segelanweisung des § 300a InsO halten, selbst für Altverfahren, da dieser Paragraph den Beschluss des BGH vom 03.12.2009, IX ZB 247/08 abbildet.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Den Deckel bekommt man mit Erteilung der RSB drauf, weil die dann erwirtschafteten Einkünfte nicht mehr zur Masse gehören.

    Insoweit kannst Du Dich an die Segelanweisung des § 300a InsO halten, selbst für Altverfahren, da dieser Paragraph den Beschluss des BGH vom 03.12.2009, IX ZB 247/08 abbildet.

    Wegen weiterer betrieblicher Einnahmen kann ich dir noch folgen, da diese nach RSB-Erteilung einen Neuerwerb darstellen. Aber was ist mit dem restlichen betrieblichen Vermögen (z. B. BGA), was zur Erwirtschaftung der betrieblichen Einnahmen bereits vor der in ferner Zukunft zu erteilenden RSB vorhanden sein wird und auch nach RSB-Erteilung noch existieren wird? Einnahmen aus dem Betrieb fallen nicht mehr in meine Masse. Das betriebliche Vermögen stellt jedoch meiner Meinung nach keinen Neuerwerb dar.

  • Den Deckel bekommt man mit Erteilung der RSB drauf, weil die dann erwirtschafteten Einkünfte nicht mehr zur Masse gehören.

    Insoweit kannst Du Dich an die Segelanweisung des § 300a InsO halten, selbst für Altverfahren, da dieser Paragraph den Beschluss des BGH vom 03.12.2009, IX ZB 247/08 abbildet.

    Wegen weiterer betrieblicher Einnahmen kann ich dir noch folgen, da diese nach RSB-Erteilung einen Neuerwerb darstellen. Aber was ist mit dem restlichen betrieblichen Vermögen (z. B. BGA), was zur Erwirtschaftung der betrieblichen Einnahmen bereits vor der in ferner Zukunft zu erteilenden RSB vorhanden sein wird und auch nach RSB-Erteilung noch existieren wird? Einnahmen aus dem Betrieb fallen nicht mehr in meine Masse. Das betriebliche Vermögen stellt jedoch meiner Meinung nach keinen Neuerwerb dar.

    Da hast Du recht, allerdings könnten die unter § 811 ZPO fallen.

    Falls man nicht über § 811 ZPO gehen will/kann, wäre noch die Freigabe oder Abstandszahlung eine Option..

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Den Deckel bekommt man mit Erteilung der RSB drauf, weil die dann erwirtschafteten Einkünfte nicht mehr zur Masse gehören.

    Insoweit kannst Du Dich an die Segelanweisung des § 300a InsO halten, selbst für Altverfahren, da dieser Paragraph den Beschluss des BGH vom 03.12.2009, IX ZB 247/08 abbildet.

    Wegen weiterer betrieblicher Einnahmen kann ich dir noch folgen, da diese nach RSB-Erteilung einen Neuerwerb darstellen. Aber was ist mit dem restlichen betrieblichen Vermögen (z. B. BGA), was zur Erwirtschaftung der betrieblichen Einnahmen bereits vor der in ferner Zukunft zu erteilenden RSB vorhanden sein wird und auch nach RSB-Erteilung noch existieren wird? Einnahmen aus dem Betrieb fallen nicht mehr in meine Masse. Das betriebliche Vermögen stellt jedoch meiner Meinung nach keinen Neuerwerb dar.

    Da hast Du recht, allerdings könnten die unter § 811 ZPO fallen.

    Falls man nicht über § 811 ZPO gehen will/kann, wäre noch die Freigabe oder Abstandszahlung eine Option..

    Vielen Dank für deine Antworten. Im Ergebnis müsste ich also feststellen, dass die Verwertung der Masse noch nicht abgeschlossen ist. Das Verfahren müsste ich noch bis mindestens Ende 2018 weiterlaufen lassen. Sodann ist darüber zu befinden, ob der Schuldner für seinen Betrieb eine Zahlung an die Masse leistet, sodass der Verwalter die selbstständige Tätigkeit mit allen Vermögenswerten freigibt. Ich hatte es so befürchtet. Das wird dem Schuldner bestimmt nicht gefallen (und mir auch nicht :()

  • Eigentlich nicht mit allen, sondern nur mit den notwendigen Dingen.

    Und dann noch daran denken, dass der Schuldner wahrscheinlich auch noch eine Anschubfinanzierung benötigt, denn es gibt ja keinen Grund, Forderungen, die der Masse zustehen mit freizugeben. Der Schuldner steht zunächst ohne Liquidität da.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • so ganz sicher bin ich mir bei dieser Fallgestaltung auch nicht.
    Die asymetrische Erteilung der RSB ist sicherlich zunächst mal ein Weg, die Einnahmen aus der Massebefangenheit rauszukriegen. Hier wird die Sache jedoch spannend: da der Verwalter fortführt, müssen vor der "Massefreiheit" der Einnahmen ab RSB-Erteilung zunächst sämtliche Masseverbindlichkeiten aus der Fortführung geklärt sein.
    Ist dies der Fall, wäre der Umgang mit den nicht pfändungsfreien Betriebsmitteln einer Lösung zuzuführen.
    Was sich mir nicht erschließt, ist, warum der Verwalter eine Schlussrechnung einreicht !

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • so ganz sicher bin ich mir bei dieser Fallgestaltung auch nicht.
    Die asymetrische Erteilung der RSB ist sicherlich zunächst mal ein Weg, die Einnahmen aus der Massebefangenheit rauszukriegen. Hier wird die Sache jedoch spannend: da der Verwalter fortführt, müssen vor der "Massefreiheit" der Einnahmen ab RSB-Erteilung zunächst sämtliche Masseverbindlichkeiten aus der Fortführung geklärt sein.
    Ist dies der Fall, wäre der Umgang mit den nicht pfändungsfreien Betriebsmitteln einer Lösung zuzuführen.
    Was sich mir nicht erschließt, ist, warum der Verwalter eine Schlussrechnung einreicht !

    Wahrscheinlich weil er denkt, dass die betrieblichen Einnahmen unter die Ausnahme des § 196 Absatz 1 InsO fallen :gruebel:

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!