Verstorbener Nacherbe ins Grundbuch?

  • Mir liegt ein Erbschein aufgrund eines privatschriftlichen Testaments vor, der die Ehefrau als befreite Vorerbin und die 3 Kinder als Nacherben ausweist. Zwischen Erbscheinserteilung und Grundbuchberichtigung ist nun ein Nacherbe verstorben. Eigentlich trägt man ja keine Toten ins Grundbuch ein, aber wie verhalte ich mich nun? Muss ich einen neuen Erbschein nach dem Erblasser anfordern? Trage ich erstmal den toten Miterben mit ein, da ja im Nacherbfall sowieso ein neuer Erbschein vorgelegt werden müsste?
    Für ein bisschen Hilfe wäre ich sehr dankbar.

  • Grundsätzlich werden keine Toten eingetragen. In begründeten Ausnahmefällen kann man "die unbekannten Erben nach ..." als Mitglied der Erbengemeinschaft eintragen. In Deinem Fall geht es jedoch nicht um die Eintragung eines Inhabers eines dinglichen Rechts, sondern nur um einen Nacherbenvermerk, der die Verfügungsbeschränkung der Vorerbin ausweisen soll und Du hast das Problem, dass Du nicht automatisch die Erben des nachverstorbenen Nacherben eintragen kannst, da Du nicht weißt, ob das Nacherbenrecht vererblich ist. Ich würde daher hier den nachverstorbenen Nacherben zunächst eintragen. Es kann nichts passieren. Wenn die Zustimmung der Nacherben später benötigt werden sollte, kann immer noch geklärt werden, wer aktuell Nacherbe ist.

  • Der Erbschein ist durch den Tod des Mitnacherben unrichtig geworden (vgl. Palandt-Edenhofer § 2363 Rn. 7). Er kann nicht mehr Eintragungsgrundlage sein, der Personenkreis der Nacherben ist im Erbschein nicht mehr richtig ausgewiesen. Der Erbschein ist einzuziehen und es ist ein neuer Erbschein mit dem aktuellen Personenkreis der Nacherben zu erteilen.

  • Wir haben bereits zweimal im Forum das Problem erörtert,wie zu verfahren ist, wenn sich der Kreis der Nacherben ändert.
    Das Ergebnis war , abzuwarten, bis der Nacherbfall eingetreten ist.

    Wird es jetzt so gesehen, dass der Erbschein einzuziehen ist, wenn vor Eintritt des Nacherbfalles ein Wechsel in der Person des Nacherben eintritt?

  • Wenn jemand als Nacherbe im Erbschein steht, der nicht mehr Nacherbe werden kann, dann ist der Erbschein unrichtig und einzuziehen. Also kann das Grundbuchamt einen solchen unrichtigen Erbschein nicht akzeptieren. Der Nacherbenvermerk wäre so unrichtig wie der Erbschein.

  • Also kann das Grundbuchamt einen solchen unrichtigen Erbschein nicht akzeptieren.



    Ich bin penetrant aber :ich hatte den Fall, dass ja alles im Grundbuch aufgrund des ersten Erbscheines berichtigt bzw. vermerkt war.
    Dann hat ein Nacherbe die Berichtigung des Nacherbenvermerkes infolge Wegfalles eines anderen Nacherben beantragt.
    Heißt das jetzt auf deutsch, ich hätte als Grundbuchrechtspfleger die Einziehung des Erbscheines an das Nachlassgericht anregen sollen; dort hätte ein neuer Erbschein beantragt werden müssen um dann die Berichtigung des Nacherbenvermerkes im Grundbuch zu veranlassen?

  • In dem Falle wäre allerdings die Frage, wie der richtige Zustand sonst formgerecht nachzuweisen ist, nachdem das Nacherbenrecht vererblich sein kann.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Das kann nicht anders nachgewiesen werden. Ob das Nacherbenrecht vererblich war, ergibt sich nur aus dem neuen Vorerbenerbschein, nicht aus dem Erbschein, der nach dem Nacherben selbst erteilt wird.

    Elfi hat in Nr. 7 die richtige Verfahrensweise angesprochen. Wer als Nacherbe in den neuen Erbschein aufzunehmen ist, ist dabei nicht von Bedeutung. Das können Ersatznacherben sein, das können die Erben des Nacherben sein und das können die übrigen Nacherben infolge Anwachsung sein. Evtl. wird der Vorerbe durch den Wegfall des Nacherben auch ganz oder teilweise Vollerbe.

  • Ich halte den ursprünglichen Erbschein für unvollständig, denn die Ersatznacherben bzw. deren Ausschluss müssen sich schon daraus ergeben, zumindest dem Grunde nach (z.B. ersatzweise deren Abkömmlinge). Die Erbfolge ist nicht vollständig ausgewiesen, wenn bei späteren Veränderungen im Kreise der Nacherben jedesmal ein neuer Vorerbschein erteilt werden müsste. Ein entsprechender Nacherbenvermerk im Grundbuch kann wegen der möglichen Ersatzberechtigten manchmal recht lang werden, muss aber nicht mehr geändert werden.

  • Diese Argumentation dreht sich im Kreis. Entscheidend ist die Frage, ob der einem Vorerben erteilte Erbschein durch den Wegfall eines in ihm aufgeführten Nacherben unrichtig wird. Das ist zu bejahen und unstreitig, also ist er einzuziehen. Wenn der Erbschein unrichtig wird, wird es aber auch der auf ihm beruhende Nacherbenvermerk. Es läßt sich nicht begründen, daß der Erbschein falsch, der inhaltsgleiche Vermerk aber nach wie vor richtig ist. Aufgrund des neuen Erbscheins ist daher auch der Nacherbenvermerk zu berichtigen.

    Es ändert nichts, wenn im Erbschein Ersatznacherben namentlich benannt oder die Vererblichkeit des Nacherbenrechts ausgewiesen ist. Der dem Erbschein erteilte Erbschein bezeugt die Rechtslage im Zeitpunkt des Erbfalls. Wenn sich nach diesem Zeitpunkt etwas ändert, kann diese Änderung nur in einem neuen Erbschein bezeugt werden. Der alte Erbschein kann gar nichts mehr bezeugen, weil er insgesamt unrichtig ist.

  • Ich halte den ursprünglichen Erbschein ja auch für unrichtig, aber weil er unvollständig ist. Er muss daher in diesem Fall eingezogen und unter Angabe der möglichen Ersatznacherben neu erteilt oder besser ergänzt werden. Der Nacherbenvermerk ist entsprechend zu berichtigen. Der Erbschein hat ja die Rechtslage im Zeitpunkt des Vorerbfalls noch richtig dargestellt. Wenn er durch spätere Veränderungen der Nacherben unrichtig würde, hätte er gar keine Zeugniskraft mehr, da diese jederzeit eintreten können. Wer tatsächlich Nacherbe ist, stellt erst der Nacherbschein fest, im Vorerbschein sind aber die möglichen Berechtigten aufzuführen.

  • Wir sind uns im wesentlichen einig. Es gibt keine teilweise Einziehung. Deshalb muß der Erbschein insgesamt eingezogen werden, wenn sich eine der in ihm enthaltenen Angaben als unrichtig herausstellt - sei es ursprünglich oder durch nachträgliche Änderungen. Das angesprochene Problem mit der Zeugniskraft für die „an sich“ noch richtigen ursprünglichen Angaben, die von der nachträglichen Änderung nicht betroffen werden, löst sich auf zweifache Weise. Zum einen wird der Erbschein erst mit seiner Einziehung bzw. mit seiner Kraftloserklärung ungültig, sodaß bis zu diesem Zeitpunkt die Erbscheinswirkungen erhalten bleiben. Und zum anderen ist ein Erwerber, soweit der Erbschein richtig ist, ohnehin nicht auf die Erbscheinswirkungen angewiesen. Er erwirbt vom Berechtigten.


  • Elfi hat in Nr. 7 die richtige Verfahrensweise angesprochen.



    Ich habe lediglich meine Befürchtungen geäußert!
    Zur Praxis: In 37 turbulenten Dienstjahren ist das bei meiner kundigen Kollegin noch nicht vorgekommen.

  • Es wird sehr selten vorkommen, daß ein Nacherbe in der kurzen Zeit zwischen Erbscheinserteilung und Eintragung des Nacherbenvermerks verstirbt. Wenn ein Nacherbe erst nach der Eintragung des Nacherbenvermerks wegfällt, erlangt das Grundbuchamt davon auch keine Kenntnis, wenn der Vorerbe bis zum Eintritt des Nacherbfalls nicht verfügt.

  • Bei mir in meinen 3 mickrigen Jahren eben schon zweimal und ich hab es " versemmelt".


    :troest:
    - aber eigentlich kann ja nichts passieren. Und ob das Grundbuchamt die Anregung an das Nachlassgericht macht, also ich mach das nicht und hab das auch noch nicht erlebt (in meiner Nachlasszeit). Ich hätte (mit meiner über 30-jährigen Grundbucherfahrung:oops:) auch eingetragen.

  • Ich hänge mich mal mit einem ähnlichen Problem dran: Grundstückseigentümer A ist verstorben. Die Grundbuchberichtigung soll auf Grund eines Erbvertrages erfolgen. A und B (nicht verheiratet) setzen sich gegenseitig zu Alleinerben ein. Vor- und Nacherbschaft wird angeordnet. Nacherben sollen die Neffen von A sowie die Töchter von B zu gleichen Teilen sein (sind jeweils namentlich benannt). Über eine Ersatznacherbfolge wird nichts gesagt. Nunmehr wird die Grundbuchberichtigung beantragt. Einer der Neffen ist vorverstoben (Sterbeurkunde liegt vor), sodass beantragt wird, lediglich den verbliebenen Neffen sowie die Töchter in den Nacherbenvermerk aufzunehmen. Geht das so?

  • Das bezweifle ich, weil im Wege der (ergänzenden) Erbvertragsauslegung durchaus in Betracht kommt, dass die etwaigen Abkömmlinge des vorverstorbenen Neffen für dessen Erbteil zu Ersatznacherben berufen sind.

    Für die Töchter von B würde sich dieses Ergebnis schon aus der Auslegungsregel des § 2069 BGB ergeben. Es steht aber sehr zu bezweifeln, dass es nach dem Willen der Vertragschließenden für die Töchter von B Ersatznacherben geben soll (deren Abkömmlinge) und für die Neffen von A dagegen nicht (ebenfalls deren Abkömmlinge), weil für eine solche Differenzierung kein Grund ersichtlich ist. Ich halte es daher für keine ordnungsgemäße notarielle Sachbehandlung, wenn in einem Fall wie dem vorliegenden kein Wort über eine Ersatznacherbfolge verloren wird, ganz abgesehen davon, dass die Frage der Ersatznacherbfolge stets ausdrücklich geregelt sein sollte, und zwar auch dann, wenn keine Ersatznacherben bestimmt werden sollen.

    Die genannte Auslegungsfrage lässt sich nach meiner Ansicht nur in einem Erbscheinsverfahren und nach nachlassgerichtlicher Anhörung der etwaigen Abkömmlinge des vorverstorbenen Neffen klären. Der vorliegende Erbvertrag ist für sich alleine zur Eintragung der Erbfolge -nebst Nacherbenvermerk- ungeeignet.

    Die nächste -künftige- Baustelle ist dann wohl, ob die Nacherben auch Ersatz- und Schlusserben nach dem überlebenden Vertragschließenden sein sollen. Denn auch dies ist evtl. nicht ausdrücklich geregelt (vgl. § 2102 Abs.1 BGB).

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