Beginn Ausschlagungsfrist und Genehmigung

  • Bei einem geschäftsfähigen Betreuten und einem Betreuer liegen unterschiedliche Zeitpunkte für den Beginn der Ausschlagungsfrist .S. § 1944 Abs.2 BGB vor, d.h. die des Betreuers hat eine Woche früher begonnen.
    Der Betreuer hat innerhalb der gegen ihn laufenden Frist ausgeschlagen und Genehmigungsantrag beim Vormundschaftsgericht gestellt. Der Betreute macht innerhalb der gegen ihn laufenden Frist nichts.
    Fragen:
    Muss sich der Betreute den früheren Fristbeginn für den Betreuer zurechnen lassen?
    Kann das Vormundschaftsgericht, nachdem sogar die gegen den Betreuten selbst laufende Frist verstrichen ist, überhaupt die Ausschlagung durch den Betreuer noch genehmigen, weil Erbschaft durch Betreuten nach § 1943 BGB als angenommen gilt?

  • Lief denn die Frist für den Betreuten noch als die Ausschlagung des Betreuers beim Vormundschaftsgericht einging?

    Warum konnte der Betreuer den Betroffenen nicht überzeugen/veranlassen, selbst auszuschlagen?

    Bei uns klappt das bei geschäftsfühigen Betroffenen im Normalfall, so dass eine Ausschlagung durch den Betreuer und ein Genehmigungsverfahren nicht nötig sind.

  • Wozu muss der Betreute denn überhaupt tätig werden? Wenn die Ausschlagung des Betreuers durch den festgelegten Wirkungskreis gedeckt war, und die Genehmigung noch erteilt wird, ist die Ausschlagung doch wirksam, meine ich. Es wär mir neu, dass beide ausschlagen müssen... Oder habe ich im Sachverhalt irgend etwas Entscheidendes überlesen?

  • Nach Palandt, Rdn. 6 zu § 1944 BGB ist bei geschäftsfähigen Betreuten die früher ablaufende Frist entscheidend. Im vorliegenden Fall ist die Frist des Betreuers durch die beantragte Genehmigung gehemmt, nicht jedoch die Frist für den geschäftsfähigen Betreuten. Ist dessen Frist abgelaufen, so dürfte dies zur Annahme geführt haben, wobei das Fristversäumnis m.E. aufgrund der besonderen Fallkonstellation jedoch anfechtbar sein dürfte, § 1956 BGB (Palandt, Rdn. 2 zu § 1956 BGB).

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Das Palandt-Zitat ist mißverständlich. Es gibt keine zwei Fristen, sondern nur eine einheitliche Frist. Sie kann nur durch die Kenntnis sowohl des Betreuers als auch des geschäftsfähigen Betroffenen in Lauf gesetzt werden (vgl. KG JW 1935, 3641). Wenn der Betroffene oder der Betreuer innerhalb der Frist die Ausschlagung erklärt, so wirkt das auch für den jeweils anderen. Deshalb kann die Frist für den Betroffenen gar nicht mehr ablaufen, wenn der Betreuer fristgerecht die Erbausschlagung erklärt und die einheitliche Frist durch das Genehmigungsverfahren gehemmt ist. Das Genehmigungsverfahren ist ohne Besonderheiten durchzuführen.

  • Wozu muss der Betreute denn überhaupt tätig werden? Wenn die Ausschlagung des Betreuers durch den festgelegten Wirkungskreis gedeckt war, und die Genehmigung noch erteilt wird, ist die Ausschlagung doch wirksam, meine ich. Es wär mir neu, dass beide ausschlagen müssen... Oder habe ich im Sachverhalt irgend etwas Entscheidendes überlesen?




    Der Betreute muss nicht tätig werden.

    Wenn er geschäftsfähig ist, empfinde ich es nur als sinnvoller, dass er selbst ausschlägt, um ein vormundschaftsgerichtliches Genehmigungsverfahren und aus diesem entstehende Kosten zu vermeiden.

  • Das Palandt-Zitat ist mißverständlich. Es gibt keine zwei Fristen, sondern nur eine einheitliche Frist. Sie kann nur durch die Kenntnis sowohl des Betreuers als auch des geschäftsfähigen Betroffenen in Lauf gesetzt werden (vgl. KG JW 1935, 3641). Wenn der Betroffene oder der Betreuer innerhalb der Frist die Ausschlagung erklärt, so wirkt das auch für den jeweils anderen. Deshalb kann die Frist für den Betroffenen gar nicht mehr ablaufen, wenn der Betreuer fristgerecht die Erbausschlagung erklärt und die einheitliche Frist durch das Genehmigungsverfahren gehemmt ist. Das Genehmigungsverfahren ist ohne Besonderheiten durchzuführen.





    Dies ist nicht so eindeutig wie behauptet, siehe BGB-Kommentar bei juris:

    "Bei einem geschäftsfähigen Erben, der gesetzlich vertreten wird (Betreuung, § 1896 BGB, oder Abwesenheitspfleger, § 1911 BGB), ist allein Aufenthalt und Kenntnis des Erben maßgeblich. 22"

    22) Str., wie hier Otte in: Staudinger, § 1944 Rn. 25; Seidl in: Bamberger/Roth, § 1944 Rn. 13; a.A. KG v. 26.09.1935 - 1 Wx 414/35 - JW 1935, 3641; Leipold in: MünchKomm-BGB, § 1944 Rn. 14; Edenhofer in: Palandt, § 1944 Rn. 7; Schlüter in: Erman, § 1944 Rn. 3; Stein in: Soergel, § 1944 Rn. 13; Ivo in: AnwK-BGB, Bd. 5, § 1944 Rn. 12.



    M. E. kann ein geschäftsfähiger Betroffener nicht anders behandelt werden als andere Geschäftsfähige auch, seine Kenntnis halte ich daher für maßgebend.


  • Beim geschäftsfähigen Betroffenen kann sowohl der Betreuer als auch der Betroffene handeln. Logische Konsequenz ist, daß die Kenntnis des einen oder des anderen für den Fristbeginn genügt. Wenn die zitierte Mindermeinung richtig wäre, könnte bei einem Abwesenheitspfleger nie eine Ausschlagungsfrist beginnen. Solche undurchdachten Ansichten nehme ich nur zur Kenntnis. Ein weiteres Nachdenken über sie lohnt nicht.

  • Beim geschäftsfähigen Betroffenen kann sowohl der Betreuer als auch der Betroffene handeln. Logische Konsequenz ist, daß die Kenntnis des einen oder des anderen für den Fristbeginn genügt.




    Und waraum steht dann in Beitrag 5, dass nur eine einheitliche Frist existiere, die nur bei Kenntnis sowohl des Betreuers als auch des Betroffenen beginnt? :gruebel::confused:

  • Dann ist der Beitrag 5 missverständlich.

    In diesem steht Folgendes:

    "Sie kann nur durch die Kenntnis sowohl des Betreuers als auch des geschäftsfähigen Betroffenen in Lauf gesetzt werden (vgl. KG JW 1935, 3641)."


    Diesen Satz kann ich nur so deuten, dass Kenntnis des Betreuers und Betroffenen gegeben sein muss, damit die Ausschlagungsfrist überhaupt beginnt.

  • Zitat von Samirah

    Das Palandt-Zitat ist mißverständlich. Es gibt keine zwei Fristen, sondern nur eine einheitliche Frist. Sie kann nur durch die Kenntnis sowohl des Betreuers als auch des geschäftsfähigen Betroffenen in Lauf gesetzt werden (vgl. KG JW 1935, 3641). Wenn der Betroffene oder der Betreuer innerhalb der Frist die Ausschlagung erklärt, so wirkt das auch für den jeweils anderen. Deshalb kann die Frist für den Betroffenen gar nicht mehr ablaufen, wenn der Betreuer fristgerecht die Erbausschlagung erklärt und die einheitliche Frist durch das Genehmigungsverfahren gehemmt ist. Das Genehmigungsverfahren ist ohne Besonderheiten durchzuführen.

    Zitat von Borrelio

    Dann ist der Beitrag 5 missverständlich. In diesem steht Folgendes: "Sie kann nur durch die Kenntnis sowohl des Betreuers als auch des geschäftsfähigen Betroffenen in Lauf gesetzt werden (vgl. KG JW 1935, 3641)." Diesen Satz kann ich nur so deuten, dass Kenntnis des Betreuers und Betroffenen gegeben sein muss, damit die Ausschlagungsfrist überhaupt beginnt.

    Wo denn? Wo ist der Beitrag von Samirah missverständlich? Wenn man´s aus dem Zusammenhang reisst, dann ja. Aber noch mehr, als mehrfach erwähnen, dass es sich um eine einheitliche Frist handelt, die "nur" (ich denke im Sinne von: Kann gar nicht anders sein!) in Lauf gesetzt werden kann, wenn sowohl der Betreuer als auch (eben einer von beiden, völlig egal, wer!) der geschäftsfähige Betreute Kenntnis hat, kann man nicht tun. Verständnisproblem, welches sich beim Lesen des ganzen Postings von Samirah erledigt hätte. :)

    Einmal editiert, zuletzt von Wildfang (17. Dezember 2008 um 20:11)

  • Es kann doch aber nicht vom Gesetzgeber gewollt sein, dass der Betreute zwar Kenntnis hatte, aber der Betreuer nicht und somit die Frist ab Kenntnis des Betreuten läuft und somit auch abläuft, ohne dass der Betreuer das überhaupt weiß, dass auszuschlagen ist.

    Umsonst steht niemand unter Betreuung.....Wie kann man da denn davon ausgehen, dass der Betroffene den Sinn vollumfänglich erfasst und ausschlägt? Vielleicht erscheint dem Betroffenen das sogar so unverständlich oder unwichtig, dass er es dem Betreuer nicht mal zur Kenntnis gibt und somit die Frist abläuft.....Das kann ich mir nicht vorstellen.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Zitat von Samirah

    Das Palandt-Zitat ist mißverständlich. Es gibt keine zwei Fristen, sondern nur eine einheitliche Frist. Sie kann nur durch die Kenntnis sowohl des Betreuers als auch des geschäftsfähigen Betroffenen in Lauf gesetzt werden (vgl. KG JW 1935, 3641). Wenn der Betroffene oder der Betreuer innerhalb der Frist die Ausschlagung erklärt, so wirkt das auch für den jeweils anderen. Deshalb kann die Frist für den Betroffenen gar nicht mehr ablaufen, wenn der Betreuer fristgerecht die Erbausschlagung erklärt und die einheitliche Frist durch das Genehmigungsverfahren gehemmt ist. Das Genehmigungsverfahren ist ohne Besonderheiten durchzuführen.

    Zitat von Borrelio

    Dann ist der Beitrag 5 missverständlich. In diesem steht Folgendes: "Sie kann nur durch die Kenntnis sowohl des Betreuers als auch des geschäftsfähigen Betroffenen in Lauf gesetzt werden (vgl. KG JW 1935, 3641)." Diesen Satz kann ich nur so deuten, dass Kenntnis des Betreuers und Betroffenen gegeben sein muss, damit die Ausschlagungsfrist überhaupt beginnt.

    Wo denn? Wo ist der Beitrag von Samirah missverständlich? Wenn man´s aus dem Zusammenhang reisst, dann ja. Aber noch mehr, als mehrfach erwähnen, dass es sich um eine einheitliche Frist handelt, die "nur" (ich denke im Sinne von: Kann gar nicht anders sein!) in Lauf gesetzt werden kann, wenn sowohl der Betreute als auch (eben einer von beiden, völlig egal, wer!) der geschäftsfähige Betreute Kenntnis hat. Verständnisproblem, welches sich beim Lesen des ganzen Postings von Samirah erledigt hätte. :)




    Ich habe das ganze Posting von Samirah gelesen und die entsprechenden Schlüsse daraus gezogen.

    Die Zeit, die Fundstelle nachzulesen (sofern ich diese überhaupt in unserer eher kleinen Bibliothek finde), hatte ich noch nicht.

  • Es kann doch aber nicht vom Gesetzgeber gewollt sein, dass der Betreute zwar Kenntnis hatte, aber der Betreuer nicht und somit die Frist ab Kenntnis des Betreuten läuft und somit auch abläuft, ohne dass der Betreuer das überhaupt weiß, dass auszuschlagen ist.

    Umsonst steht niemand unter Betreuung.....Wie kann man da denn davon ausgehen, dass der Betroffene den Sinn vollumfänglich erfasst und ausschlägt? Vielleicht erscheint dem Betroffenen das sogar so unverständlich oder unwichtig, dass er es dem Betreuer nicht mal zur Kenntnis gibt und somit die Frist abläuft.....Das kann ich mir nicht vorstellen.




    Aber offenbar ist es genauso (siehe Beitrag 8). Andere Ansichten sind nicht diskutabel.

  • Es kann doch aber nicht vom Gesetzgeber gewollt sein, dass der Betreute zwar Kenntnis hatte, aber der Betreuer nicht und somit die Frist ab Kenntnis des Betreuten läuft und somit auch abläuft, ohne dass der Betreuer das überhaupt weiß, dass auszuschlagen ist.

    Umsonst steht niemand unter Betreuung.....Wie kann man da denn davon ausgehen, dass der Betroffene den Sinn vollumfänglich erfasst und ausschlägt? Vielleicht erscheint dem Betroffenen das sogar so unverständlich oder unwichtig, dass er es dem Betreuer nicht mal zur Kenntnis gibt und somit die Frist abläuft.....Das kann ich mir nicht vorstellen.




    Aber offenbar ist es genauso (siehe Beitrag 8). Andere Ansichten sind nicht diskutabel.




    Dann frag ich mich, wozu es das Institut der gesetzlichen Betreuung gibt.....

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Wir sollten uns wieder der fachlichen Frage zuwenden. Der geschäftsfähige Betroffene kann nicht anders behandelt werden als jeder andere Geschäftsfähige, mag er unter Betreuung stehen oder nicht. Die Kenntnis des geschäftsfähigen Betreuten setzt daher die Ausschlagungsfrist in Gang. Daneben ist der Betreuer gesetzlicher Vertreter des Betroffenen (§ 1902 BGB), sodaß die Frist auch beginnen kann, wenn der Betreuer Kenntnis erhält. Wenn beide Kenntnis erlangen, ist also für den Ablauf der Frist entscheidend, wer früher Kenntnis erhielt. Der Betroffene muß sich die frühere Kenntnis seines gesetzlichen Vertreters zurechnen lassen. Genauso muß der Betreuer damit leben, daß die Kenntnis des Betroffenen die Frist in Gang setzt, ohne daß er davon erfährt. Das ist das „Risiko“ der Geschäftsfähigkeit, die durch die Anordnung einer Betreuung ohne Einwilligungsvorbehalt nicht beeinträchtigt wird.

    Ich möchte noch einmal auf die Rechtslage bei der Abwesenheitspflegschaft hinweisen. Wenn es richtig wäre, daß es für den Fristbeginn nur auf die Kenntnis des Abwesenden ankommt, könnte die Frist bei Abwesenheitspflegschaften nicht beginnen, selbst wenn der Pfleger Kenntnis erlangt. Das kann nicht richtig sein. Ist es bei der Abwesenheitspflegschaft falsch, ist es aber immer falsch. Der Fristlauf kann nicht davon abhängen, um welche Art von Pflegschaft es sich handelt.

  • Naja, zum Glück gibt es ja immer noch einen Ermessensspielraum des Bearbeiters....

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Die "Ermessensentscheidung" wird oft ins Spiel gebracht, wenn in der Sachfrage die Argumente ausgehen. Es ist insbesondere keine Frage des Ermessens, wenn man gegen das Gesetz entscheidet. Ich will nicht bestreiten, daß sich das Gericht selbstverständlich auch einer Minder- oder Außenseitermeinung anschließen kann. Diese Entscheidung wird dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Rechtsmittelverfahren kassiert. Ob das im Schadensfall unbedingt hilfreich ist, wage ich zu bezweifeln.

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