• Ich habe gestern mal wieder Sinn und Zweck des berühmt-berüchtigten Paragrafen diskutiert.
    Wir sind überein gekommen, das bisherige Verfahren fortzuführen, also volle GG einklagen und im KFV anrechnen. Den einzigen Vorteil, eine halbe GG einzuklagen, sahen wir darin, das bei einer Ablehnung der GG dem Mdt. kein weiterer Schaden entsteht.
    Dafür muss aber auch im Klageantrag konkret bezeichnet sein, dass es sich um die "halbe GG", also den nichtanrechenbaren Teil geht.

    Einen weiteren Vorteil haben wir für das Einklagen von nur einer halben GG nicht gefunden. Wir sind übrigens vom "normalen" Zivilverfahren ausgegangen, keine Familiensachen, PKH oder ähnlichem "Zeug".

    Der weitere Vorteil besteht darin, dass Dir nicht mein Einwand entgegengehalten werden wird (falls ich mal der Beklagtenvertreter sein sollte und Ihr der Klägervertreter), dass das Einklagen der vollen 1,3er wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist. Denn wo man wegen § 15 a RVG die volle Gebühr im einfacheren Kf-Verfahren festsetzen lassen kann, genügt es, nur die halbe als Nebenforderung einzuklagen.



  • Der Sinn des letzten Satzes erschließt sich mir noch nicht. Ob sich der Richter mit der entstandenen Geschäftsgebühr oder der um den Anrechnungssatz geminderten beschäftigt ist arbeitstechnisch wohl ohne Bedeutung. Woher weiß ich allerding, dass es sich bei der eingeklagten GG um die entstandene oder die verminderte handelt, sofern der Satz von 1,75 Gebühren nicht überschritten wird?;):D
    Auf die Lehrmeinung aus Berlin bin ich mal gespannt, der Name der Kollegin war mir bisher nicht geläufig - aber das hat sich ausgegoogelt. Vielleicht kann Cromwell oder jemand anderes, der den neuen Rpfleger schon vorliegen hat kurz einen Hinweis zum Inhalt geben.:)

    Einmal editiert, zuletzt von Little Steven (30. August 2009 um 21:18)

  • Zum neuen § 15 a RVG vgl. nunmehr Baronin von König Rpfleger 2009, 487.



    Der Artikel zeugt von dem besonderen Bewußtsein einer Kostenrechtlerin. Baronin von König fasst wertend zusammen, was Anrechnungsgegner immer schon wußten. Ein Lob auf den 1. Zivilsenat des KG, die Literatur, sich selbst und den Gesetzgeber sowie ein Kopfschütteln über die verfehlte Rechtsprechung des BGH, die den Gesetzgeber zum Handeln zwang. Selbstzweifel allenfalls bei einer als systemwidrig erkannten Anrechnung der gezahlten Geschäftsgebühr zunächst auf die Differenz zwischen Wahlanwaltvergütung und PKH-Anwaltsvergütung und nicht etwa auf die Differenz zwischen der Verfahrensgebühr aus § 13 RVG und § 49 RVG. So forsch ist nicht einmal Herr Enders in seinem aktuellen RVG-Tip in JurBüro 8.2009, S. 393 ff.

    Ich selbst wundere mich, mit welcher (Wehemenz) Vehemenz wieder einmal ein zentraler Grundsatz der Kostenfestsetzung übersehen wird.

    Das Kostenrecht ist von dem Grundsatz beherrscht, dass keinesfalls höhere Kosten festgesetzt werden dürfen, als dem Berechtigten tatsächlich entstanden sind.
    So führt das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 3. November 1982, Az. 1 BvR 710/82 (Rd.Nr. 16) an: ... Es gehört zum gesicherten Standard der Kostenfestsetzung (vgl. RGZ 35, S. 427 (428); Wieczorek, ZPO, 2. Aufl., Anm. A II b zu § 104) und versteht sich von selbst, dass keinesfalls höhere Kosten als erstattungsfähig festgesetzt werden dürfen, als dem Berechtigten entstanden sind ... .

    ferner BGH I ZB 13/03:
    "Im übrigen ist das Kostenrecht von dem Grundsatz beherrscht, daß keinesfalls höhere Kosten festgesetzt werden dürfen, als dem Berechtigten tatsächlich entstanden sind (BVerfGE 62, 189, 192 f.). Diesem Grundsatz würde es widersprechen, wenn die Beklagte zu 2 den Ersatz von Kosten erhielte, die sie ihrem Prozeßbevollmächtigten gar nicht schuldet. Dem steht nicht entgegen, daß die Beklagte zu 2 einen vollen Ersatzanspruch hätte, wenn sie - was die Klägerin auch nicht hätte verhindern können - einen eigenen Prozeßbevollmächtigten bestellt hätte. Notwendige Kosten im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO können nur aufgewendete Kosten, nicht aber Kosten sein, die eine Partei hätte aufwenden können (BGH, Beschl. v. 30.4.2003 - VIII ZB 100/02). "

    Es gibt keinen Grundsatz , dass die einem Beteiligten in einem Verwaltungsverfahren entstandenen
    (Anwalts-)Kosten von der unterlegenen Behörde zu erstatten sind (vgl. BVerwG, 4. Senat, B.v.1.9.1989, Az. 4 B 17/89 bestätigt durch BVerfG v. 19.12.1989, Az. 1 BvR 1336/89; BVerwG, 7. Senat, U.v.17.2.2005, Az. 7 C 14/04

    Vom Gegner kann damit (im Außenverhältnis) auch nicht mehr verlangt werden, als die gesetzliche Vergütung, die der Rechtsanwalt dem Mandanten (im Innenverhältnis) berechnet (vgl. BVerfG, B.v.15.7.1997, Az. 1 BvR 1174/90, NJW 1997, 3431;

    Womit ich lediglich zum Ausdruck bringen möchte, dass man das aus guten Gründen auch anders sehen kann, als die Autorin. Der BGH befindet sich nun auch in der guten Gesellschaft des BVerwG. (Ersetze "Formuliert" durch):) "Beschreibt" man als Gesetzgeber die Anrechnung der Geschäftsgebühr in den Gesetzesmaterialien als Abzugsposten, dann mag einen die Rechtsprechung dazu überraschen; sie muss einen aber nicht verwundern.

    6 Mal editiert, zuletzt von Little Steven (31. August 2009 um 16:36) aus folgendem Grund: Netiquette und freudscher Versprecher

  • Womit ich lediglich zum Ausdruck bringen möchte, dass man das aus guten Gründen auch anders sehen kann, als die Autorin. Der BGH befindet sich nun auch in der guten Gesellschaft des BVerwG. Formuliert man als Gesetzgeber die Anrechnung der Geschäftsgebühr in den Gesetzesmaterialien als Abzugsposten, dann mag einen die Rechtsprechung dazu überraschen; sie muss einen aber nicht verwundern.



    Ich wüsste nicht, dass der Gesetzgeber "die Anrechnung der Geschäftsgebühr in den Gesetzesmaterialien als Abzugsposten" formuliert hat. Selbst wenn so etwas in den Materialien stünde, müsste man berücksichtigen, dass der Gesetzestext aus der BRAGO übernommen wurde, über deren Auslegung in diesem Punkt jahrzehntelang Einigkeit bestand. Neu im RVG ist nur, dass statt der bisherigen Vollanrechnung nur noch ein Teil der GG angerechnet wird.



  • Womit ich lediglich zum Ausdruck bringen möchte, dass man das aus guten Gründen auch anders sehen kann, als die Autorin. Der BGH befindet sich nun auch in der guten Gesellschaft des BVerwG. Formuliert man als Gesetzgeber die Anrechnung der Geschäftsgebühr in den Gesetzesmaterialien als Abzugsposten, dann mag einen die Rechtsprechung dazu überraschen; sie muss einen aber nicht verwundern.



    Ich wüsste nicht, dass der Gesetzgeber "die Anrechnung der Geschäftsgebühr in den Gesetzesmaterialien als Abzugsposten" formuliert hat. Selbst wenn so etwas in den Materialien stünde, müsste man berücksichtigen, dass der Gesetzestext aus der BRAGO übernommen wurde, über deren Auslegung in diesem Punkt jahrzehntelang Einigkeit bestand. Neu im RVG ist nur, dass statt der bisherigen Vollanrechnung nur noch ein Teil der GG angerechnet wird.



    Danke für den Hinweis. Ich habe den Beitrag geändert, weil "formuliert" tatsächlich mißverständlich sein kann.:)

  • Wer die Autorin kennt:daumenrun wundert sich über nichts !


    Magste Frau Baronin nicht? :D

  • Ich komm hier vor wie im Karussell, es geht immer weiter im Kreis. :(



    Nur das diesmal die klarstellende Entscheidung des BGH zur sobenannten Klarstellung des Gesetzgebers herbeigesehnt werden dürfte. Das hätte man (zurückhaltend formuliert) den an den Festsetzungsverfahren Beteiligten ersparen können:mad:.
    Nett auch Frau Jungbauers Argumentationshilfen in DAR 8/2009, S. 491, 492 zur Nichtanrechnung bei Honorarvereinbarung mit der abschließenden Empfehlung die ausstehende Rechtsprechung des BGH hierzu im Auge zu behalten.

    Einmal editiert, zuletzt von Little Steven (3. September 2009 um 07:55)

  • Na klasse! Die hiesige RA-Kammer hat in einem Eilschreiben die Mitglieder auf die Stuttgarter OLG-Entscheidung hingewiesen. Dass es auch anders lautende Entscheidungen (z.B. OLG Celle) gibt, verschweigt sie.

  • Habe gerade mal wegen dem Artikel nachgesehen, der neue Rechtspfleger ist leider noch nicht da. Bin auch schon sehr gespannt drauf.

    Nur eines erscheint mir logisch: Wenn ein Anwalt vorgerichtlich bereits eine volle Geschäftsgebühr erhalten hat und er die Hälfte davon auf die VG anrechnen muss, so würde (auch) ich bei der Festsetzung der PKH-Vergütung zunächst auf die Differenz PKH-Regelanwaltsvergütung anrechnen lassen, sofern es der Anwalt so macht. Es entspricht dem Grundgedanken von BRAGO/RVG (§ 59 Abs. 1 S. 2 RVG, früher § 130 BRAGO), dass er "zusätzliche" Zahlungen zunächst auf diese Differenz anrechnen kann. Dies erschiene mir auch in diesem Falle logisch analog zu zu sehen, letztlich hätte sonst der Anwalt gar keine Motivation, die zweite Hälfte der Geschäftsgebühr überhaupt herauszuholen, dabei muss halt auch ein Vorteil für ihn rausspringen.
    Ich hatte letztens schon mal so einen Fall, da habe ich das so durchgehen lassen, obwohl ich sagen muss, dass auch eine Reihe von Anwälten die Anrechnung auf die PKH-VG vornimmt.

  • Na klasse! Die hiesige RA-Kammer hat in einem Eilschreiben die Mitglieder auf die Stuttgarter OLG-Entscheidung hingewiesen. Dass es auch anders lautende Entscheidungen (z.B. OLG Celle) gibt, verschweigt sie.


    Klar, das die offenbare Minderheit lautstark auf sich aufmerksam machen muss. Die ahnen vielleicht schon, dass es deren Meinung nicht mehr lange gibt. :teufel: Wenn bloß der BGH dem Treiben bald ein Ende machen wollte. Hauptsache einig, welche Richtung ist egal. :D

  • Habe gerade mal wegen dem Artikel nachgesehen, der neue Rechtspfleger ist leider noch nicht da. Bin auch schon sehr gespannt drauf.

    Nur eines erscheint mir logisch: Wenn ein Anwalt vorgerichtlich bereits eine volle Geschäftsgebühr erhalten hat und er die Hälfte davon auf die VG anrechnen muss, so würde (auch) ich bei der Festsetzung der PKH-Vergütung zunächst auf die Differenz PKH-Regelanwaltsvergütung anrechnen lassen, sofern es der Anwalt so macht. Es entspricht dem Grundgedanken von BRAGO/RVG (§ 59 Abs. 1 S. 2 RVG, früher § 130 BRAGO), dass er "zusätzliche" Zahlungen zunächst auf diese Differenz anrechnen kann. Dies erschiene mir auch in diesem Falle logisch analog zu zu sehen, letztlich hätte sonst der Anwalt gar keine Motivation, die zweite Hälfte der Geschäftsgebühr überhaupt herauszuholen, dabei muss halt auch ein Vorteil für ihn rausspringen.
    Ich hatte letztens schon mal so einen Fall, da habe ich das so durchgehen lassen, obwohl ich sagen muss, dass auch eine Reihe von Anwälten die Anrechnung auf die PKH-VG vornimmt.



    Dem steht m.E. in Altfällen entgegen, dass es für die Anrechnung der GG nicht auf deren Zahlung ankommt und ferner, dass die Anrechnung direkt auf die VG gerichtet ist. Es handelt sich ja grade nicht um eine Zahlung auf die Vergütung für das gerichtliche Verfahren sondern um einen Anrechnungsposten bei der VG. Die Frage ist ob die Anrechnung mit einem Gebührensatz (halte ich für zutreffend) oder mit einem Betrag (ggf. aus § 13 RVG oder § 49 RVG) erfolgt. Wenn Betrag, dann aus § 49 RVG, weil es um den geringeren Bearbeitungsaufwand geht und der nicht über die Anrechnung mit dem Betrag auf § 13 RVG auf die VG aus § 49 RVG = 0 sein kann.

  • ...Es handelt sich ja grade nicht um eine Zahlung auf die Vergütung für das gerichtliche Verfahren sondern um einen Anrechnungsposten bei der VG.



    Da kann man sich dann gewiss drüber streiten. Sicher handelt es sich nicht um eine Zahlung auf die Vergütung für das Verfahren.

    Nehmen wir mal der Einfachheit halber folgendes an:

    vorgerichtliche GG: 1000 €
    VG (Regelanwalt): 1000 €
    VG (PKH): 600 €

    Für einen nicht beigeordneten Anwalt bedeutet dies, dass er in der Summe 1000 + 500 = 1500 erhält.

    Der beigeordnet Anwalt soll dann bekommen: 1000 + (600-500) = 1100 (davon 1000 nicht aus der Staatskasse und 100 aus der Staatskasse).

    Das halte ich für bedenklich, denn über die Zahlungen denke ich mal, dass auch im zweiten Fall dem Anwalt 1500 zustehen sollten (1000 außergerichtlich und dazu 500 gerichtlich).
    Zwar erfolgt die Zahlung tatsächlich auf die vorgerichtlichen Gebühren, über die Anrechnungsvorschrift dann aber indirekt letztlich auch auf die VG.

    Kann man eben unterschiedlicher Meinung sein. Wenn ich es dem Bezirksrevisor vorlege, weiß ich schon, was der sagen wird. Wahrscheinlich müsste man über ein Erinnerungsverfahren eine richterliche Entscheidung herbeiführen.



  • M.E. 1,3 GG + 0,65 VG nach § 49 RVG= 1.300 €.
    Aufwandsminderung durch Einarbeitungsvorteil lt. Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG 1/2 von 1,3 GG = 0,65 Gebühren. Auf Zahlungen kam es bisher nicht an.

    Der Wahlanwalt erhielt 500 € als VG der PKH-Anwalt wegen § 49 RVG halt nur 300 €.
    Bedenklich allerdings wenn von 600 € PKH-VG tatsächlich betragsweise (hier 500 €) abgezogen werden. Es erscheint mir daher logisch, dass sich der Einarbreitungsvorteil nicht in einem Betrag sondern in einem Gebührensatz ausdrückt.

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