Unterhaltsklage im Namen des Kindes: Fall für Ergänzungspflegschaft?

  • Ich bin nicht sicher, ob in der vorliegenden Fallkonstellation die Voraussetzungen für eine Ergänzungspflegschaft vorliegen:

    Mutter hat das alleinige Sorgerecht. Kind lebt allerdings beim Vater. Vater möchte für das Kind Unterhalt von der Mutter. Mutter weigert sich zu zahlen. Vater möchte nun im Namen des Kindes Unterhalt einklagen, hat jedoch keine gesetzliche Vertretungsmacht(s.o.). Vater stellt Antrag auf Anordnung einer Ergänzungspflegschaft (möchte selbst zum Ergänzungspfleger bestellt werden), um die Mutter dann im Namen des Kindes auf Unterhaltszahlung verklagen zu können.

    Im Palandt lässt sich nur der klasse Grund des § 1629 II 2 BGB finden, der hier jedoch mangels gemeinsamen Sorgerechts nicht einschlägig ist.
    Wie beurteilt ihr den Sachverhalt?:gruebel:

  • Im OLG Bezirk Hamm ist für die Überlegungspflegschaft zunächst eine Teilentziehung des elterlichen Sorgerechts durch den Richter erforderlich (OLG Hamm FamRZ 2008,1647).

    vgl. auch OLG Naumburg FamRZ 2009,619, wo die angeordnete Ergänzungspflegschaft allein aus diesem Grunde (Änderung des Sorgerechts ist nicht erfolgt), wieder aufgehoben worden ist.

  • Im OLG Bezirk Hamm ist für die Überlegungspflegschaft zunächst eine Teilentziehung des elterlichen Sorgerechts durch den Richter erforderlich (OLG Hamm FamRZ 2008,1647).

    vgl. auch OLG Naumburg FamRZ 2009,619, wo die angeordnete Ergänzungspflegschaft allein aus diesem Grunde (Änderung des Sorgerechts ist nicht erfolgt), wieder aufgehoben worden ist.



    Vielen Dank. Die Entscheidung 8 WF 64/08 ist für meinen Fall absolut einschlägig. :daumenrau

  • Ich muss den Fall noch einmal aufgreifen:

    Der Antragsteller hat sich einen RA genommen, der nunmehr die Bestellung eines "Verfahrenspflegers" zur Durchsetzung eines Unterhaltsanspruchs des Kindes gegen die alleinsorgeberechtigte Mutter beantragt.

    Nach seiner Rechtsauffassung wäre ein Antrag des minderjährigen Kindes auf Zahlungsunterhalt an sich selbst über den Verfahrenspfleger zulässig.

    Er zitiert Rspr.: "BGH Jugendamt 06 520 L" (unter dieser Angabe wird man jedoch nicht fündig) und OLG Hamm FamRZ 01 1023. Auch letztere Rspr. scheint mir nicht auf den Sachverhalt zu passen.

    Ergibt sich nun dadurch, dass plötzlich auf den Verfahrenspfleger abgestellt wird, eine andere Beurteilung des Sachverhaltes? :gruebel:

    Ich tendiere an und für sich dazu, nach wie vor an der Auffassung des OLG Naumburg (8 WF 64/08) festzuhalten.

  • Der Verfahrenspfleger vertritt nicht das Kind sondern hat eine eigene Position. Man könnte allerdings den RA zum Pfleger des Kindes in Unterhaltsangelegenheiten machen. Hat allerdings den Nachteil, dass er vorbefasst war und ggf. den titulierten Anspruch des Kindes gegen den Vater aus Sicht des Vaters bearbeiten würde. In dem Fall müssen wir in den saueren Apfel beißen. Wenn allerdings alle ANsprüche gegen den Vater erfüllt sind, schlagen wir in der Regel einen qualifizierten RA vor.

  • Aber ich brauch doch nur einen Verfahrenspfleger, wenn kein anderer (zB. der RA) die Interessen des Kindes wahrnimmt im Verfahren, oder?

  • Aber ich brauch doch nur einen Verfahrenspfleger, wenn kein anderer (zB. der RA) die Interessen des Kindes wahrnimmt im Verfahren, oder?



    Das Kind bedarf definitiv eines gesetzlichen Vertreters zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gg. die alleinsorgeberechtigte Kindesmutter. Der Kindesvater kann mangels Sorgerechts nicht als gesetzlicher Vertreter fungieren.

    Machbar wäre also allenfalls folgende Konstruktion:
    Minderjähriger
    vertr. durch Verfahrenspfleger X
    vertr. durch PBV Y

  • § 50 FGG führt nicht dazu, dass das Kind formell Beteiligter des Verfahrens wird (Keidel/Kuntze/Winkler 15. Auflage § 50 FGG RdNr. 1; Ausnahme: eigenes Beschwerderecht des Kindes nach § 59 FGG).

    Wie das eigene Beschwerderecht nach § 59 FGG führt auch die Verfahrenspflegschaft nach § 50 FGG im Umkehrschluss nicht dazu, dass das Kind selbständig den erforderlichen Antrag stellen kann. Ein selbständiges Antragsrecht ist nur gegeben, wenn dem in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten das bürgerliche oder das Verfahrensrecht die Fähigkeit verleiht, gewisse Rechtshandlungen selbst vorzunehmen oder Rechte auszuüben (Keidel/Kuntze/Winkler 15. Aufl. § 59 FGG RdNr. 2).

    Auch die diskutierte Aufnahme von Kinderrechten in der Verfassung führt nicht zu einem selbständigen Antragsrecht des Kindes:

    http://www.bundestag.de/ausschuesse/a1…sung/index.html

    http://www.bundestag.de/ausschuesse/a1…hel-Gutzeit.pdf

    (Die Verfassung bewirkt nicht direkt eine Partizipation von Kindern an den vorgenannten Verfahren)

    http://www.bundestag.de/ausschuesse/a1…ahmen/Huber.pdf

    (Diese Beschränkung, d. h. die Festlegung der Grundrechtsmündigkeit und ihr
    Abgleich mit dem elterlichen Erziehungsrecht, ist in erster Linie Sache des
    Gesetzgebers)

    M.E. bleibt es daher auch im Anwendungsbereich des § 50 FGG bei dem vorherigen richterlichen Teilsorgerechtsentzug (Keidel/Kuntze/Winkler 15. Aufgl. § 59 FGG RdNr. 10: Reichen im Einzelfall die Kompetenzen des Verfahrenspflegers nicht aus, dann muss das Gericht die Voraussetzungen eines Teeilsorgerechtsentzugs prüfen und ggf. einen Ergänzungspfleger bestellen).

    Einmal editiert, zuletzt von JörgZ (3. Juni 2009 um 13:59)

  • Aber ich brauch doch nur einen Verfahrenspfleger, wenn kein anderer (zB. der RA) die Interessen des Kindes wahrnimmt im Verfahren, oder?



    Das Kind kann ja keinen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung seiner Rechte mandatieren.

    Nein, einen Verfahrenspfleger braucht und bekommt das Kind nicht. Ein Pfleger, der in einem Verfahren das Kind vertritt ist kein Verfahrenspfleger, sondern ein Pfleger mit einem konkreten Aufgabenkreis. Wenn er also einen Titel bekommen sollte wäre er Aufenthaltsbestimmungspfleger oder Vermögenspfleger oder Unterhaltspfleger zu nennen. Aber keinesfalls Verfahrenspfleger.

    Ausführlich diskutiert haben wir das unter

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…=geltendmachung

    An anderer Stelle habe ich schon beschrieben, wie der Aufgabenkreis beschrieben sein muss, damit der Pfleger auch tatsächlich handeln kann.

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…zung#post256440

  • Die Revisionen gegen das Urteil des OLG Hamm wurden vom BGH verworfen (BGH FamRZ 2009,861 ff.).

    Aus den Gründen der BGH-Entscheidung:

    Es fehlt daher an einer gemeinsamen Entscheidung der nach wie vor sorgeberechtigten Eltern, die Vaterschaft des Beklagten namens des Kindes anzufechten, denn die Mutter ist der Erhebung der Anfechtungsklage von Anfang an entgegengetreten und begehrt nach wie vor deren Abweisung. Diese Entscheidung kann auch der Ergänzungspfleger nicht ersetzen, denn weder steht dem von ihm im Prozess vertretenen minderjährigen Kind ein eigenständiges Entscheidungsrecht zu, noch gehört es zum Aufgabenkreis des Ergänzungspflegers, die Personensorge für das Kind wahrzunehmen.

    Nach Ansicht des BGH ist entweder zuvor eine Entziehung der Vertretungsmacht
    (nach § 1666 BGB allgemein oder nach §§ 1629 II 3,1796 BGB für eine einzelne Angelegenheit oder einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten) oder die Übertragung des Sorgerechts hinsichtlich einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten auf einen Elternteil nach § 1628 BGB erforderlich.

    Die Entscheidungen nach § 1666 BGB und nach § 1628 BGB werden von dem Richter getroffen, die Entscheidung nach §§ 1629 II 3,1796 BGB von dem Rechtspfleger. Die Anordnung der Ergänzungspflegschaft durch den Rechtspfleger wurde nicht in eine Entscheidung nach §§ 1629 II 3,1796 BGB umgedeutet (wegen der Entziehung des Sorgerechts hätte der Beschluss aus rechtsstaatlichen Grundsätzen begründet werden müssen - erheblicher Interessengegensatz erforderlich) - außerdem muss der Beschluss erkennen lassen, wessen Vertretungsmacht entzogen wird (Kindesvater, Kindesmutter oder beide zusammen).

  • Nun teilt die Kindesmutter mit, dass das Kind jetzt wieder bei ihr (also nicht mehr beim Kindesvater) leben wird. :confused:

    Insoweit dürfte sich somit auch der Umschwenker des RA auf die "Verfahrenspflegschaft" erledigt haben...

    Ich tendiere dazu, den RA des Kindesvaters anzuschreiben, um die Rücknahme des Antrags nahezulegen, da das Kind ja nunmehr wieder bei der Kindesmutter lebt. Dies dürfte dem Antrag m.E. den Gegenstand (Verfahrenspflegschaft zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gg. die Kindesmutter) entziehen...:gruebel:

    (P.S.: Das ist ja wieder mal ein nettes Hin u. Her...:cool:)

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