Rechtspfleger und Art. 97 und 98 GG

  • Hallo liebe Kollegen,
    hier eine Anfrage an diejenigen, die den Glauben an die Berufsverbände noch nicht aufgegeben haben. Wir haben bei unserem letzten Treffen im Rpfl.-Bezirksverband die Diskussion gehabt, ob man mal an den Landes- und Bundesverband herantritt zwecks einer Initiative zur Aufnahme des Rechtspflegeramtes ins Grundgesetz (um der sachlichen Unabhängigkeit Rechnung zu tragen, die wir als Rpfl. wie der Richter nun mal haben).
    Sowas macht natürlich nur Sinn, wenn es in anderen Bundesländern ähnliche Ideen gibt, da die ganze Sache ja auf Bundesebene laufen muss. Ziel der Initiative soll (wie schon seit Jahrzehnten gefordert) eine eigene Laufbahn und ein höheres Einstiegsamt sein.

    Daher unsere Frage:
    Habt Ihr (Verbands-Urgesteine und Interessierte) in diese Richtung schon diskutiert? Wie weit sind solche Überlegungen in anderen Bundesländern - bzw. gibt es überhaupt welche?

    Danke für Eure Antworten!

  • Und ich dachte, das GG sei für die Bürger und den Schutz des Bestandes des demokratischen Rechtsstaats da...

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Bevor wir hier völlig Offtopic ins Lästern kommen, nur noch eine Bemerkung:

    Rechtspfleger sind doch auch Bürger (jetzt hätte ich beinahe geschrieben: der Deutschen Demokratischen Republik; klingt mir noch so in den Ohren).

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Weniger zur Ausgangsfrage, als eher zu #2ff.:

    Art. 92 ff. GG dient bekanntlich nicht den Richtern, sondern dem Schutz einer unabhängigen Justiz, somit der Gewaltenteilung und Demokratie.

    Nachdem in den letzten Jahrzehnten und insbesondere in den letzten Jahren immer mehr richterliche Aufgaben auf den Rechtspfleger übertragen wurden und werden, halte ich zumindest die Überlegung für legitim, den Rechtspfleger als unabhängiges Organ der Justiz - welches er bislang nur aufgrund einfachen Gesetzes (RPflG) ist - namentlich in die Verfassung (Grundgesetz) als solches aufzunehmen.

    Ob in Zeiten wirtschaftlicher Rezession eine Sonderlaufbahn oder ein höheres Einstiegsamt durchsetzbar sind, sei erst einmal dahingestellt. Dennoch halte ich auch diese Forderung nicht für abwegig, da der Rechtspfleger als Beamter des gehobenen Dienstes meines Wissens als einziger dieser Laufbahn seine Entscheidungen sachlich unabhängig treffen kann und muss und ihm so eine besondere Verantwortung zukommt.


  • Ob in Zeiten wirtschaftlicher Rezession eine Sonderlaufbahn oder ein höheres Einstiegsamt durchsetzbar ist, sei erst einmal dahingestellt.



    Da war es vor 20 Jahren auch schon nicht. Auch wenn es weh tut. der Rechtspfleger überschätzt sich hier selbst. Unabhängigkeit hin und her, dieses rechtfertigt nicht mehr Geld. Ganz im Gegenteil.
    In nahezu jeder Verwaltung ist die Zukunftsperspektive deutlich besser (und damit das Gehalt) ich habe noch nie einen Regierungsoberrat in der Beratungshilfe oder Betreuung gesehen.

    Wir lassen uns immer mehr Aufgaben übertragen ohne dafür mehr Gehalt zu bekommen. Billigere Arbeitskräfte bekommt der Staat nunmal nicht.


    hier eine Anfrage an diejenigen, die den Glauben an die Berufsverbände noch nicht aufgegeben haben.  



    Aber ich darf ja eh nicht mitreden.....

  • Die Unabhängigkeit der Justiz ist aber insbesondere durch die persönliche Unabhängigkeit der Richter garantiert. Der Richter entscheidet über den Entzug der Freiheit oder Eingriffe in andere Grundrechte der Bürger.

    Frage bleibt: Was bringt es dem Bürger, wenn die bloß sachliche Unabhängigkeit z. B. des Registerrechtspflegers im GG gesichert ist? Über den Justizgewährungsanspruch § 19 Abs. 4 GG ist zudem der Gang zum unabhängigen Richter auch für Rechtspflegeraufgaben gewährleistet.

    In der Praxis hat sich doch wohl die einfach gesetzliche sachliche Unabhängigkeit für den Bürger bewährt.

    Ich will mich hier nicht mit allen anlegen: Der Rechtspfleger erledigt wichtige Aufgaben in der Justiz. Aber das GG sollte doch für ganz unabdingbare Normen für den Bestand des deutschen Staats reserviert sein.

    Ein "Zuspammen" für einzelne Berufsgruppen oder Artikel wie Art. 20a GG halte ich nicht für sinnvoll. M. E. gehören aber auch die "dahergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums" nicht in das GG.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Wir haben bei unserem letzten Treffen im Rpfl.-Bezirksverband die Diskussion gehabt, ob man mal an den Landes- und Bundesverband herantritt zwecks einer Initiative zur Aufnahme des Rechtspflegeramtes ins Grundgesetz (um der sachlichen Unabhängigkeit Rechnung zu tragen, die wir als Rpfl. wie der Richter nun mal haben).



    Das soll dem Vernehmen nach schon seit Jahrzehnten der Wunsch und die Idee des Bundesvorstandes sein.

    Nu hat der Verband den DBB "vorgeschaltet" ... :keinkom: :sagnix:

  • Mal zurück zur Ausgangsfrage:
    Die Überlegungen, den Rechtspfleger ins GG zu schreiben (ist in Österreich übrigens der Fall), hat es schon immer gegeben. Eine derartige Forderung des BDR wäre aber selbst aus längerfristiger Sicht vergebene Liebesmüh. Das steht daher nicht zur Debatte. Was in 50 Jahren mal gefordert werden wird, kann heute allerdings noch niemand abschätzen. Politische Entwicklungen und Entscheidungen dauern halt ihre Zeit. Die sachliche Unabhängigkeit im § 9 RpflG kam ja auch nicht über Nacht, das war harte Arbeit.

  • Wir haben bei unserem letzten Treffen im Rpfl.-Bezirksverband die Diskussion gehabt, ob man mal an den Landes- und Bundesverband herantritt zwecks einer Initiative zur Aufnahme des Rechtspflegeramtes ins Grundgesetz (um der sachlichen Unabhängigkeit Rechnung zu tragen, die wir als Rpfl. wie der Richter nun mal haben).



    Das soll dem Vernehmen nach schon seit Jahrzehnten der Wunsch und die Idee des Bundesvorstandes sein.

    Nu hat der Verband den DBB "vorgeschaltet" ... :keinkom: :sagnix:


    Lieber UHU, diese Aussage ist falsch. Das kann ich Dir als stellv. Bundesvorsitzender bestätigen.

  • Mal zurück zur Ausgangsfrage:
    Die Überlegungen, den Rechtspfleger ins GG zu schreiben (ist in Österreich übrigens der Fall), hat es schon immer gegeben. Eine derartige Forderung des BDR wäre aber selbst aus längerfristiger Sicht vergebene Liebesmüh. Das steht daher nicht zur Debatte. Was in 50 Jahren mal gefordert werden wird, kann heute allerdings noch niemand abschätzen. Politische Entwicklungen und Entscheidungen dauern halt ihre Zeit. Die sachliche Unabhängigkeit im § 9 RpflG kam ja auch nicht über Nacht, das war harte Arbeit.



    Kann ich nur bestätigen: Es handelt sich nicht etwa um eine völlig neue Idee in Bezug auf den Rechtspfleger. Statusrechtliche Überlegungen (A11 als Eingangsamt und die Schaffung des "Rechtspflegeramtes") gibt es schon seit geraumer Zeit. Aktuell scheint es nur mal wieder etwas intensiver diskutiert zu werden. Auch unserer Landesverband hat sich der Thematik aktuell wieder gewidmet.



  • Was bitteschön macht denn der Rechtspfleger? Nehmen wir bspw. den als Vollstreckungsgericht fungierenden Rechtspfleger: Er greift täglich sehr massiv und vielfach in die Grundrechte der Bürger ein (Erlass eines PfÜB - Grundrechtseingriff in das Recht auf Eigentum).

    Insofern, lieber Exec, lieferst du hier hervorragende Argumente für die Notwendigkeit der Aufnahme des Rechtspflegers in das GG.;)

  • Die Unabhängigkeit der Justiz ist aber insbesondere durch die persönliche Unabhängigkeit der Richter garantiert. Der Richter entscheidet über den Entzug der Freiheit oder Eingriffe in andere Grundrechte der Bürger.



    Was bitteschön macht denn der Rechtspfleger? Nehmen wir bspw. den als Vollstreckungsgericht fungierenden Rechtspfleger: Er greift täglich sehr massiv und vielfach in die Grundrechte der Bürger ein (Erlass eines PfÜB - Grundrechtseingriff in das Recht auf Eigentum).

    Insofern, lieber Exec, lieferst du hier hervorragende Argumente für die Notwendigkeit der Aufnahme des Rechtspflegers in das GG.;)




    Pfändungsverfügungen und Sachpfändungen mache ich aber auch. Kontoschutzanträge etc. inklusive. Und entscheide zusätzlich noch über das evtl. anschließende Rechtsmittel. Über mir gibt es nur ein Finanzgericht (entspr. Oberlandesgericht bei euch) und ein Bundesfinanzhof. Aber ins GG muss ich deshalb nicht auch gleich...

    Und meinen Titel mache ich mir auch selbst, über den bei euch (abgesehen vom ger. Mahnverfahren) ja bereits ein Richter entschieden hat.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Hier noch etwas Grundsätzliches: Die Tätigkeit des Rechtspflegers im gehobenen Justizdienst unterscheidet sich doch ganz wesentlich von (vermeintlich) vergleichbaren Tätigkeiten im gehobenen Polizeidienst, Verwaltungsdienst usw.. Daran lässt sich m.E. nicht vorbeireden. Zumindest lassen sich gegen die besondere Stellung des Rechtspflegers im gehobenen öffentlichen Dienst insgesamt wohl kaum sachliche Argumente vortragen.

    Und ich denke, in folgendem Punkt wird mir eine Vielzahl der Kollegen (gar nicht einmal aus Eigennutz) zustimmen: Angesichts der immensen Verantwortung des Rechtspflegers bei der Wahrnehmung seiner Rechtsaufgaben erscheint die Besoldung schlichtweg unverhältnismäßig.



  • Gute Argumentation.
    Es darf jedoch eines nicht übersehen werden: Du fungierst als öffentlich-rechtlicher Gläubiger. Die von dir initiierten Grundrechtseingriffe resultieren aus einem Über-Unterordnungsverhältnis (Behörde - Bürger).
    Das Vollstreckungsgericht hingegen entscheidet über Rechtsverhältnisse der Bürger untereinander im Gleichordnungsverhältnis (privatrechtlicher Gläubiger - Bürger).

  • Hier noch etwas Grundsätzliches: Die Tätigkeit des Rechtspflegers im gehobenen Justizdienst unterscheidet sich doch ganz wesentlich von (vermeintlich) vergleichbaren Tätigkeiten im gehobenen Polizeidienst, Verwaltungsdienst usw..

    der beamte im gehobenen polizeidienst trägt eine waffe, wendet physische gewalt an und riskiert ggf. sein leben. das ist in der tat nicht vergleichbar.


  • der beamte im gehobenen polizeidienst trägt eine waffe, wendet physische gewalt an und riskiert ggf. sein leben. das ist in der tat nicht vergleichbar.


    *grins*
    Deine aufgezählten Tätigkeiten haben natürlich nichts mit der verfassungsrechtlich garantierten Unabhängigkeit zu tun, dennoch finde ich den Vergleich schön, weil er zeigt, wie müßig diese Diskussion ist. Ich denke, der Rechtspfleger überschätzt sich da etwas.

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