§ 1 II 1 InsVV bei Immobilien

  • Das Thema wurde zwar in verschiedenen Freds bereits angerissen, aber die behandeln im Kern andere Sachen und ich will Euch das lesen der ganzen Freds ersparen. Ist das hier schon lang genug...

    Mich würde interessieren, wie denn nun die anderen Gerichte die Vergütung berechnen, wenn eine Immobilie freihändig veräußert wurde.
    Ich war bisher immer der Meinung, dass man die Vergütung ganz normal berechnet (also der Massekostenbeitrag zählt zur vergütungsrelevanten Masse) und dann kommt der hälftige Massebeitrag oben drauf, wenn die Vergleichsberechnung einen höheren Wert ergibt.

    Nun gibt es aber wohl hierzu die verschiedensten Meinungen:
    Nach einer Ansicht kann eine Berücksichtigung nach § 1 II 1 InsVV nur erfolgen, wenn eine entsprechende Vereinbarung existiert, in der der Betrag ausdrücklich als Feststellungsbeitrag bezeichnet wird.
    Nach Haarmeyer können maximal 4 % des Kaufpreises als Feststellungskosten gerechnet werden, die Erhöhung würde sich also auf maximal 2 % des Kaufpreises belaufen.
    Laut BGH (IX ZB 157/05) kann ich entweder den Massebeitrag in die vergütungsrelevante Masse einbeziehen oder den Betrag nach § 1 II 1 InsVV aufschlagen. Beides ist nach dieser Entscheidung nicht möglich, sondern würde eine unzulässige Doppelvergütung bedeuten.

    Ich frage mich auch, ob man einen § 1 II 1 InsVV Betrag ungekürzt hinzurechnen kann, oder ob man Verbindlichkeiten, die der Masse aus der Verwertung einer Immobilie entstehen, abziehen muss. Es werden nämlich oft Maklergebühren bezahlt und die Notarkosten übernimmt man auch gerne, da es ja die Vergütung nicht schmälert. Wenn man dann eine Vergütung z.B. mit Zuschlägen auch aus dem Massebeitrag festsetzt und noch der hältige Betrag oben drauf kommt, kann es schnell mal passieren, dass die Masse ein Minusgeschäft macht...

    Deshalb würde mich interessieren, wie man das anderswo macht...

  • Maklergebühren bezahlt und die Notarkosten übernimmt man auch gerne



    Moment moment, fraglich ist doch, wer diese letztendlich trägt. Im Idealfall sollte dies der absonderungsberechtigte Grundpfandgläubiger und nicht die Masse sein.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich war bislang der Meinung, dass Makler und Notarkosten im Ergebnis vom Käufer zu tragen sind. Die freihändige Veräußerung eines Grundstücks ist für mich auch nicht normalerweise auch nicht zuschlagswürdig (siehe BGH vom 21.2.08 IX ZB 232/06). PS: Wie geht das mit dem Hyperlink?
    Schließt man sich bei der Verwertung belasteter Immobilien der Rechtsprechungstendenz an und behandelt sie wie belastetes bewegliches Vermögen (was ich sehr gut finde), sehe ich es auch so, dass die Feststellungspauschale von 4% nicht zweimal in die Vergütung einfließen kann. Mit anderen Worten: die Vergütung ist ohne Feststellungsbeitrag zu berechnen und dann kommen 50% der Feststellungs"pauschale" hinzu.
    Da es bei Immobilien keine Feststellungspauschale gibt, kann es sich nur um 50% des vereinbarten Feststellungsbeitrags handeln. Wenn unglücklicherweise keine Unterscheidung zwischen Festellungs- und Verwertungspauschale getroffen wurde, sondern mit der absonderungsberchtigten Bank nur ein Pauschalbetrag für beides vereinbart wurde, weiß ich auch nicht weiter.
    Letzten Endes denke ich: von der Verwertung eines belasteten Grundstücks durch den Verwalter profitieren - mit Ausnahme der "Lästigkeitsprämien" nur die dinglich gesichertern Gläubiger. Höher als die Lästigkeitsprämie sollten die Verwertungskosten nicht sein.

  • Letzten Endes denke ich: von der Verwertung eines belasteten Grundstücks durch den Verwalter profitieren - mit Ausnahme der "Lästigkeitsprämien" nur die dinglich gesichertern Gläubiger.



    Immerhin können die ungesicherten Gläubiger indirekt von einem freihändigen Grundstücksverkauf profitieren, wenn dadurch ein höherer Erlös erzielt wird als bei einer Zwangsversteigerung (was i.d.R. der Fall sein dürfte), weil sich dann die Passivmasse stärker reduziert und bei ggf. verteilbarer Masse die Quote erhöht.

    Zur Frage der vergütungstechnischen Berücksichtigung eines freihändigen Grundstücksverkaufs möchte ich noch auf folgendes hinweisen: Für den IV / TH entsteht hier durchaus ein gewisser Aufwand und ein gewisses Haftungsrisiko. Denn die Tätigkeit bei einem Verkauf beschränkt sich in aller Regel nicht darauf, schnell mal eine Stunde für den Notartermin einzuschieben. Vielmehr wird vor dem Verkauf i.d.R. mit den dinglichen Gläubigern und dem Käufer verhandelt und der Vertragsentwurf geprüft und korrigiert (was bei vielen Notaren nötig ist). Nach dem Verkauf darf man sich dann ggf. mit Gewährleistungenbegehren o.ä. auseinandersetzen ("der mitverkaufte Kühlschrank war aber kaputt"). Und bestimmte Zusicherungen, für die man im Zweifel einzustehen hat, lassen sich nie ausschließen.

    Wenn nicht die Perspektive besteht, dass Aufwand und Risiko eines freihändigen Verkaufs in irgendeiner Weise vergütet werden, dann bleiben nur zwei Alternativen: Entweder wird beides ins RVG geschoben durch Einsatz eines externen Rechtsanwalts bzw. Behandlung nach § 5 InsVV (wobei die Berechtigung hierzu m.E. schon aus dem Umstand folgt, dass manche Notare nicht in der Lage sind, einen vernünftigen Vertrag für Verkauf durch den IV/TH zu formulieren), oder der IV / TH führt keine freihändigen Verkäufe durch und lässt nur noch zwangsversteigern - egal ob Kaufinteressenten vorhanden sind oder nicht. Das würde die Begeisterung vermutlich auch nicht steigern und dürfte des weiteren nicht der Vorgabe entsprechen, dass der Verwalter - eigentlich schnellstmöglich, § 159 InsO - zu verwerten hat.

    Für den Aspekt, dass der freihändige Verkauf eines voll belasteten Grundstücks, wenn er Kosten für die freie Masse verursacht, den ungesicherten Gläubigern ggf. nichts oder sogar Verlust bringt, sollte der Verwalter natürlich eine gewisse Sensibilität aufbringen. Wenn wir allerdings mal betrachten, was für sinnfreie Aktionen sonst alles unter der Überschrift "Ordnungsfunktion des Insolvenzverfahrens" zu Lasten der freien Masse veranstaltet werden müssen (z.B. Stichwort § 155 InsO), dann verschiebt sich der Schwerpunkt für mich mehr auf die hoffentlich nachvollziehbare Überlegung, dass der IV seine Tätigkeit nicht ehrenamtlich ausüben muss.

  • Ich weiß nur, dass ich's eh immer falsch mache ;).
    Bei uns machen die meisten Verwalter keine gesonderte Berechnung, sondern schlagen diese Einnahmen pauschal auf die Berechnungsmasse. Einer unserer Verwalter erstellt eine gesonderte Berechnung. da wird's dann praktisch doppelt berücksichtigt. Irgendwie fehlte mir da immer der Ansatz, was dagegen zu sagen. Er hat den Haarmeyer, ich habe (hatte) garnix. Jetzt habe ich ja die Entscheidung des BGH. Die kannte ich noch nicht.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)


  • ich halte mich in meinen Vergütungsanträgen an die Entscheidung oben zitierte Entscheidung des BGH, lasse den Feststellungskostenanteil aus der Berechnungsmasse heraus und für die Vergleichsrechnung durch. Egal in welcher Höhe der Masseanteil ist, wird der max. Feststellungskostenanteil 4% nicht überschreiten, da ich der Auffassung bin, dass wenn es schon eine analoge Anwendung zu den Mobilien gibt, die 4% auch auf die Immobilien anzuwenden sind.

    Zwar stellt die Verwertung des Vermögens eine Regelaufgabe dar, jedoch ist auf den Einzelfall abzustellen, so dass auch die Erledigung von Regelaufgaben zu einer Erhöhung der Regelvergütung führen, wenn besondere Anforderungen an den Insolvenzverwalter gestellt werden, die zu einer außergewöhnlichen Belastung führen (BGH, IX ZB 234/06, ZInsO 2007, 1268f).

    Die Notarkosten trägt i.d.R. des Käufer. Falls es anders sein sollte, wäre das eine indirekte Subventionierung des Kaufpreises. Das mit den Maklercourtage sehe ich auch kritisch, allerdings zahlt die in der Regel ebenfalls der Käufer, bzw. sollte man der Grundpfandrechtsgläubigerin aufs Auge drücken.

    Allerdings hat man auch bei einem unbelasteten Grundstück Kosten, insoweit kann man hier auch nicht einen überkritischen Maßstab anlegen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

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    Wenn nicht die Perspektive besteht, dass Aufwand und Risiko eines freihändigen Verkaufs in irgendeiner Weise vergütet werden, dann bleiben nur zwei Alternativen: Entweder wird beides ins RVG geschoben durch Einsatz eines externen Rechtsanwalts bzw. Behandlung nach § 5 InsVV (wobei die Berechtigung hierzu m.E. schon aus dem Umstand folgt, dass manche Notare nicht in der Lage sind, einen vernünftigen Vertrag für Verkauf durch den IV/TH zu formulieren), oder der IV / TH führt keine freihändigen Verkäufe durch und lässt nur noch zwangsversteigern - egal ob Kaufinteressenten vorhanden sind oder nicht. Das würde die Begeisterung vermutlich auch nicht steigern und dürfte des weiteren nicht der Vorgabe entsprechen, dass der Verwalter - eigentlich schnellstmöglich, § 159 InsO - zu verwerten hat.



    Keine Angst, kein IV soll hier um Lohn und Brot gebracht werden. Wenn durch einen freihändigen Verkauf Geld in die Masse kommt, soll der IV natürlich etwas davon haben. Mir stoßen allerdings immer Konstruktionen auf, die auf den ersten Blick ganz toll ausschauen, aber bei genauerem Hinsehen ist es für die Masse ein Verlustgeschäft. Eine RVG- Abrechnung sehe ich ziemlich kritisch bzw. würde ich wohl nur bei außergewöhnlichen Problemen durchgehen lassen (hatte ich z.B. mal, als die Gemeinde ein durch AV gesichertes Rückkaufsrecht beim Verkauf geltend machen wollte...), da ich aus GB-Zeiten weiß, dass auch normale Bürger hier fast immer ohne RA auskommen. Ist aber jetzt nicht das Thema.

    Die Vorgehensweise von hausfrau und LFdC gefällt mir sehr gut und ich schätze, dass ich mich daran orientieren werde.
    Danke!

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