Verfahrensgebühr Ermittlungsverfahren

  • Hallo,

    ich muss mal wieder eine Frage loswerden.
    In letzter Zeit habe ich oft Anträge von Anwälten, die die Verfahrensgebühr nach 4104 RVG beinhalten. Den Akten ist meist zu entnehmen, dass das Ermittlungsverfahren vom ersten Tätigwerden bis zum Eingang der Anklage nur einige Wochen dauert. Außer dass der Rechtsanwalt Akteneinsicht genommen hat sind weitere Tätigkeiten auch nicht erkennbar. Ich schreibe die Anwälte dann immer an, sie mögen mir darlegen, welche Tätigkeiten sie ausgeübt haben, da 1. Mandantengespräch und 1. Akteneinsicht von der Grundgebühr abgedeckt ist.
    Sie anworten meist, dass die Gebühr entstanden sei, da eine ausführliche Besprechung mit dem Mandanten erfolgt sei.

    Wie wird das bei Euch entschieden?
    Ich würde dazu neigen die Gebühr abzusetzen.

    Danke.

  • Er muß es darlegen.
    Hat er nichts gemacht, gibt's nichts. Legt er was dar, gibt's auch was.

    Bei Pflichtverteidiger: Fixgebühr
    bei WA-V: in Deinem Fall Mindestgebühr am unteren Rand.

    Die GG umfasst die erstmalige Einarbeitung. Dazu gehören erste Gespräche mit Gericht/StA, Akteneinsicht und Mandantengespräch..

  • auch die Verfahrensgebühr ist eine betragsrahmengebühr. selbst wenn sie dem grunde nach entsteht, bedeutet das nicht automatisch die mittelgebühr.alle gebühren, die neben der verfahrensgebühr anfallen, können nicht nochmals durch die verfahrensgebühr abgegolten werden. deshalb sehe ich das auch so, wie mein vorposter.

  • Das Problem ist ja, dass sich sämtliche Tätigkeiten, die die Vorverfahrensgebühr entstehen lassen, meist nicht aus der Akte ersichtlich sind. Insoweit führt die diesbezügliche Zwischenverfügung zu einem vermehrten Aktenumlauf.

    Und oftmals kann der Rechtsanwalt dann doch Tätigkeiten benennen, die die Gebühr entstehen lassen haben. Schon eine weitere Akteneinsicht zählt dazu.

  • Wenn er vorbringt, dass er ein weiteres Gespräch geführt hat, dann fällt sie an, aber halt im unteren Bereich - Richtung Mindestgebühr.
    Ansonsten kann man sich streiten, wie "intensiv" denn das erste Gespräch sein muß, dass es nicht mehr unter die Erstinformation fällt.
    Was sagt den der Revisor dazu, oder hast Du einen Nebenkläger ?

    Ich hab in so einem Fall erst mal nahe der Mindesgebühr festgesetzt und es kam keine Beschwerde.

    Es ist halt ein allgemeines Problem, dass jedes Landgericht eine andere Linie hat. Man muß einfach einige male absetzen und dann hat man LG - Entscheidungen an denen man sich orientieren kann.

    Hier z.B. eine Entscheidung:

    Landgericht Düsseldorf Beschluss
    In der Strafsache
    gegen
    h i e r : Erinnerung gegen Kostenfestsetzung
    hat die XX. große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf am 26. Juli 2006 durch den Richter am Landgericht als Einzelrichter
    beschlossen:
    Die Erinnerung des Verteidigers gegen den Kostenfesetzungsbeschluss vom 15. Mai 2006 wird als unbegründet verworfen.
    Gründe
    Die Erinnerung ist unbegründet. Der Ansatz der Verfahrensgebühr nach Nr. 4104, 4105 VV RVG ist nicht gerechtfertigt.
    Die Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren entsteht „für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information". Sie fällt allerdings nicht für solche Tätigkeiten an, die bereits mit der Grundgebühr abgegolten sind (vgl. Burhoff, Nr. 4104 VV RVG Rn. 11 f.). Diese erfasst die erste Beschaffung der erforderlichen Informationen für die ordnungsgemäße Bearbeitung, die über ein erstes Gespräch mit dem Mandanten hinausgehen und bspw. auch die erste Akteneinsicht umfassen kann (vgl. Burhoff, Nr. 4100 VV RVG Rn. 13, Madert, Nr. 4100-4105 VV RVG Rn. 49 f.).
    Mehr als diese zur Erstinformation gehörenden Tätigkeiten hat der Verteidiger während des vorbereitenden Verfahrens nicht entfaltet. Er hat ein erstes Gespräch mit dem Mandanten, dem Vorverteidiger und der Mutter des Mandanten geführt sowie Einsicht in die Ermittlungsakten beantragt. Es ist nicht ersichtlich, dass hierdurch schon eine über seine Erstinformation hinausgehende Tätigkeit geleistet worden ist.

    Setz halt einfach mal ab und schau was raußkommt; das tut ja nicht weh...

  • Das Problem ist ja, dass sich sämtliche Tätigkeiten, die die Vorverfahrensgebühr entstehen lassen, meist nicht aus der Akte ersichtlich sind. Insoweit führt die diesbezügliche Zwischenverfügung zu einem vermehrten Aktenumlauf.

    Und oftmals kann der Rechtsanwalt dann doch Tätigkeiten benennen, die die Gebühr entstehen lassen haben. Schon eine weitere Akteneinsicht zählt dazu.




    Dann kann man die Gebühr auch erstatten, da angefallen.

    Der Aktenumlauf ließe sich auch vermeiden, wenn der RA bereits im Antrag Ausführungen zum Entstehen der Gebühr gemacht hätte.

  • Vielen Dank erstmal für die zahlreichen Antworten.

    Ich hatte ganz vergessen zu erwähnen, dass es sich in meinem Fall ganz simpel nur um einen Pflichtverteidiger handelt.
    Trotzdem habe ich mich gefragt, ob dieser automatisch immer die Gebühr bekommt nur weil er eine Vollmacht überreicht hat, einige Wochen später die Anklage eingeht und er schließlich zum Verteidiger bestellt wird. Auch als Pflichtverteidiger muss er doch Tätigkeiten ausüben, die die Entstehung der Gebühr rechtfertigen, oder sehe ich das falsch?
    Ich meine ich hätte mal was vom Revisor gelesen, dass die Verfahrensgebühren keine Gebühren sind die ganz automatisch entstehen.

  • Die Gebührentatbestände bei Pflichtverteidiger und Wahlverteidiger sind gleich, es müssen also auch die selben Voraussetzungen erfüllt sein.

    Lediglich die Gebührenhöhen unterscheiden sich.

  • Die Gebührentatbestände bei Pflichtverteidiger und Wahlverteidiger sind gleich, es müssen also auch die selben Voraussetzungen erfüllt sein.

    Lediglich die Gebührenhöhen unterscheiden sich.



    Genau. Ich hake bei den Pflichtverteidigern auch immer nach, wenn sie ersichtlich gar nichts getan haben, was die Gebühr auslöst.
    Manchmal leit ich s auch dem Revisor zu, wenn ich mir nicht sicher bin und der gibt dann auch eine Stellungnahme ab; gerade auch bei der VV 4141 gibt s ja oft verschiedene Meinungen.

  • Ich muss das Thema Verfahrensgebühr Ermittlungsverfahren Nr.4104 VV RV G nochmals aufgreifen.
    Es liegt mir ein Kostenfestsetzungsantrag eines Nebenklägervertreters ( nicht beigeordnet ) vor, der eine Gebühr gem.Nr. 4104 VV RVG geltend macht.Er hat im Namen seines Mandanten Strafanzeige erstattet. Ein Termin fand nicht statt, das Verfahren ist später eingestellt worden, die notwendigen Auslagen dem Angeklagten auferlegt.
    Nun habe ich in meinen Unterlagen einen Vermerk zu Nr.4104 von mir entdeckt, dass diese Gebühr nicht für Nebenkläger-Vertreter gilt. Leider habe ich nichts weiter dazu gefunden. Kann mir einer sagen, ob das stimmt und wo es steht ?
    Außerdem erscheint mir die beantragte Grundgebühr mit 200,00 € zu hoch.

  • Was heißt, die Gebühr "gilt nicht"? Der NK-Vertreter verdient die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger. Er kann auch die 4104 verdienen. Mich wundert vielmehr die Kostenentscheidung. Wenn es keinen Termin gab, wer bitte hat in welchem Zusammenhang über die Kosten und Auslagen entschieden? Und wurden wirklich die Auslagen der (nicht beigeordneten) Nebenklage dem Angeklagten auferlegt?

  • Wüßte auch nicht weshalb die 4104 hier nicht greifen sollte. Ob die 200,- Euro zu hoch angesetzt sind hängt vom Einzelfall ab, bei einer umfangreichen Betrugsanzeige z.B. wäre dies denkbar. Bei einer Körperverletzung eher nicht.

  • Kostengrundentscheidung scheint doch wohl vorzuliegen, ggf. nach § 472 Abs. 2 bzw. 3 StPO ergangen.

    Im Übrigen gilt Vorbem. 4 Abs. 1 VV RVG - der NK-Vertreter erhält grundsätzlich dieselben Gebühren wie der Verteidiger, also auch die Nr. 4104 VV RVG.

    Die Höhe hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Zu den 200 €: "bei einer umfangreichen Betrugsanzeige z.B. wäre dies denkbar. Bei einer Körperverletzung eher nicht." Kann man m.E. so nicht sagen: Warum soll bei einer Körperverletzung eine GG von 200 € nicht anfallen können? Es kommt doch auch da auf alle Umstände an. Eine Körperverletzungsanzeige ist doch nicht per se einfacher als eine (umfangreiche) Betrugsanzeige.

  • Ich krame das Thema mal wieder heraus:

    Ich habe einen Fall mit 3 Nebenklageberechtigten. DessenRechtsanwaltsvergütung hat die Angeklagte zu tragen. Für alle drei tritt dergleiche Anwalt auf.

    Nun hat dieser Anwalt beabsichtigt, jeweils für 2 (mit Erhöhung nach 1008) undfür die eine separat die Gebühren abzurechnen.
    Bei den zweien handelt es sich um Brüder, die als Söhne/Erben für die verstorbene auftreten, die durch den Unfall ums Leben gekommenist.

    Bei der dritten Nebenklageberechtigten handelt es sich umeine weitere Geschädigte.

    Nun hat auch meine Vorgängerin bereits den Ansatz gemacht,dass dem Rechtsanwalt die Gebühren für die zwei Brüder (mit 1008) und nochmaldie gleichen Gebühren für die weitere Nebenklageberechtigten zustehen.

    Nun gehe ich eher davon aus, dass er die Gebühren nur einmalmit der Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG verlangen kann? Es verfolgen ja alle dreidas gleiche Ziel und damit stellt es doch auch eine Angelegenheit dar, oderirre ich mich?
    Ist dann der jeweilige Rahmen zu erhöhen, weil erMehraufwand mit drei Auftraggebern hatte oder wie handhabt ihr das?

  • Wenn das alles in einem Verfahren stattgefunden hat, dann gibt es 1x Gebühren + 2x Erhöhung gemäß Nr.1008. Woraus sich die Nebenklageberechtigung ergibt, hier eigene Verletzung vs. Betroffenheit als Angehöriger, ist für die Berechnung der Gebühren bzw. die Anzahl der gebührenrechtlichen Angelegenheiten irrelevant.

    Wie die Erhöhung zu berechnen ist, ergibt sich unmittelbar aus der Gebührenziffer (in der Tabelle ganz rechts unter "Gebühr oder Satz der Gebühr nach § 13 RVG"):

    bei Betragsrahmengebühren erhöhen sich der Mindest- und Höchstbetrag um 30%

    Es werden also jeweils bei den Verfahrensgebühren 130% des Mindestbetrages und des Höchstbetrages angenommen, oder einfacher die Mittelgebühr um 30% erhöht.

  • Wenn das alles in einem Verfahren stattgefunden hat, dann gibt es 1x Gebühren + 2x Erhöhung gemäß Nr.1008. Woraus sich die Nebenklageberechtigung ergibt, hier eigene Verletzung vs. Betroffenheit als Angehöriger, ist für die Berechnung der Gebühren bzw. die Anzahl der gebührenrechtlichen Angelegenheiten irrelevant.

    Wie die Erhöhung zu berechnen ist, ergibt sich unmittelbar aus der Gebührenziffer (in der Tabelle ganz rechts unter "Gebühr oder Satz der Gebühr nach § 13 RVG"):

    bei Betragsrahmengebühren erhöhen sich der Mindest- und Höchstbetrag um 30%

    Es werden also jeweils bei den Verfahrensgebühren 130% des Mindestbetrages und des Höchstbetrages angenommen, oder einfacher die Mittelgebühr um 30% erhöht.


    Das sehe ich ganz genauso.

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