Inso-Gläubiger wg. § 88 InsO nicht mehr beteiligt?

  • Es wurde von einem Drittschuldner ein Betrag hinterlegt. Als Berechtigte waren mehrere Pfändungsgläubiger (aufgrund Pfüg bzw. vorl. Zahlungsverbot) angegeben.

    Nun beantragt der Inso-Verwalter die Auszahlung des Betrages zugunsten der Insolvenzmasse und legt eine Freigabeerklärung vor. Hinsichtlich der anderen Pfändungsgläubiger beruft sich der Inso-Verwalter auf die Rückschlagsperre nach § 88 InsO, da die Pfändungen erst nach Stellung des InsO-Antrags erwirkt wurden.

    Zeitpunkt des Antragseingangs habe ich in den InsO-Akten überprüft und die Daten der Pfändungen habe ich in der HL-Akte. Danach erfolgten die Pfändungen tatsächlich erst nach Antragstellung.

    Brauche ich die Pfändungsgläubiger nun tatsächlich nicht mehr zu beteiligen?

    Edit:
    Sachverhalt nach Hinweis berichtigt.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Wieso "Freigabe"??! Der InsO-Verwalter hat gar nichts freigegeben. Er macht in der HL-Sache die Wirkungen des § 88 InsO geltend und möchte den (u.a.) für die Pfandgläubiger vom Drittschuldner hinterlegten Betrag zur Masse ziehen.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Nun beantragt der Inso-Verwalter die Auszahlung des Betrages zugunsten der Insolvenzmasse und legt eine Freigabeerklärung vor.



    Deswegen dachte ich, es liegt eine Freigabeerklärung des IV vor.

    Die erlangte Sicherung wird mit rechtskräftiger Verfahrenseröffnung ipso iure unwirksam (MK-Breuer § http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_7488http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_76 Rn. 23; LG Bonn ZIP 2004, 1374 [LG Bonn 02.12.2003 - 4 T 519/03]).

    Die Unwirksamkeit des § http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_7688http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_78 wirkt absolut, nicht nur ggü. den Insolvenzgläubigern und dem Insolvenzverwalter (h.M. BGH ZInsO 2006, 261; Raebel ZInsO 2003, 1124, 1128; Das vor Verfahrenseröffnung im Vollstreckungswege erlangte Sicherungsrecht erlischt folglich mit Insolvenzeröffnung.

  • [FONT=Arial (W1)]Der Insolvenzverwalter ist kein Verfahrensbeteiligter, weil der Gemeinschuldner kein Verfahrensbeteiligter war. Er kann daher keine Anträge stellen und einen Herausgabeanträge schon gar nicht. Die Rückschlagsperre wirkt nur im Verhältnis Drittschuldner und Gemeinschuldner, nicht aber im Verhältnis Hinterlegungsstelle und Insolvenzverfahren. Der Insolvenzverwalter könnte allenfalls gegenüber dem Drittschuldner seine Forderung geltend machen.[/FONT]
    [FONT=Arial (W1)]Soll an den Insolvenzverwalter ausbezahlt werden, so hat er eine Freigabeerklärung der anderen Empfangsberechtigten vorzulegen. [/FONT]
    [FONT=Arial (W1)][/FONT]
    Möglicherweise passt das:
    Das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters aus § 166 Abs. 2 InsO erstrecke sich nicht auf einen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 378 BGB unter Verzicht auf die Rücknahme hinterlegten Forderungserlös. Im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei die abgetretene Forderung, die Grundlage der Hinterlegung war, bereits erloschen gewesen. Die Drittschuldnerin sei durch die Hinterlegung von ihrer Verbindlichkeit frei geworden, gleichzeitig erlösche die Forderung des Gläubigers. Sinn und Zweck des § 166 Abs. 2 InsO rechtfertigten keine Ausdehnung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift auf den Fall einer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgten Hinterlegung unter Verzicht auf die Rücknahme. Mit dem Ausschluss des Anspruchs auf die Einwilligung der Beklagten zur Auszahlung des hinterlegten Betrages scheide auch ein Anspruch auf Verzugszinsen aus.
    [FONT=Arial (W1)]Urteil des BGH vom 17.11.2005, Az.: IX ZR 174/04[/FONT]



  • Möglicherweise passt das:
    Das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters aus § 166 Abs. 2 InsO erstrecke sich nicht auf einen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 378 BGB unter Verzicht auf die Rücknahme hinterlegten Forderungserlös. Im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei die abgetretene Forderung, die Grundlage der Hinterlegung war, bereits erloschen gewesen. Die Drittschuldnerin sei durch die Hinterlegung von ihrer Verbindlichkeit frei geworden, gleichzeitig erlösche die Forderung des Gläubigers. Sinn und Zweck des § 166 Abs. 2 InsO rechtfertigten keine Ausdehnung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift auf den Fall einer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgten Hinterlegung unter Verzicht auf die Rücknahme. Mit dem Ausschluss des Anspruchs auf die Einwilligung der Beklagten zur Auszahlung des hinterlegten Betrages scheide auch ein Anspruch auf Verzugszinsen aus.
    [FONT=Arial (W1)]Urteil des BGH vom 17.11.2005, Az.: IX ZR 174/04[/FONT]



    Die Entscheidung passt m.E. nicht, da im Ausgangsfall die Hinterlegung nach Insolvenzeröffnung erfolgt ist.

    Es wurde doch eine Forderung des Schuldner (Insolvenzschuldners) gegen den Drittschuldner gepfändet, somit ist m.E. § 88 InsO einschlägig.

  • Zitat: "Es wurde von einem Drittschuldner ein Betrag hinterlegt. Als Berechtigte waren der später Inso-Schuldner ..."

    Daraus schließe ich doch, dass das Verfahren noch nicht eröffnet wurde.

    Was war eigentlich der Hinterlegungsgrund?

  • Na gut, wenn also das IV erst nach der Hinderlegung eröffnet worden ist, dann kann der AG den IV oder TH noch als möglichen Empfänger "nachmelden". (wobei der Hinterlegungsgrund immer noch nicht klar ist (vielleicht Einstellung nach § 21 aBs. 3 InsO?)

    Weil das HL-Gericht aber keine materiellen Fragen klären muss/kann/darf müsste der TH die Pfändungen formal aufheben lassen oder die Gläubiger unter Hinweis auf § 88 InsO zum Verzicht auffordern, bzw. der Auszahlung an ihn einwilligen.

  • [FONT=Arial (W1)]Das Hinterlegungsverfahren ist ein abstraktes, öffentlich-rechtliches Aufbewahrungsverfahren und sonst nichts. Beteiligte sind die Empfangsberechtigten und sonst niemand. Wann wer was hinterlegt hat, ist nicht relevant. Es ist nun Hinterlegungsmasse und sonst nichts. [/FONT]
    [FONT=Arial (W1)]Und für all das gilt § 13 HintO und sonst nichts. Ab diesem Zeitpunkt fangen die Überlegungen an: Haben sich die Beteiligten geändert, hat sich der Herausgabeanspruch geändert? Herausgeben wird an den, der seine Empfangsberechtigung durch die Vorlage geeigneter Urkunden nachweist und sonst nicht. [/FONT]

  • Der Insolvenzverwalter erhält gemäß § 80 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bezüglich des Vermögens des Schuldners. Er tritt im Hinterlegungsverfahren demnach an dessen Stelle, oder? (Beinahe hätte ich geschrieben, und sonst nix).

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Also zum Sachverhalt nochmals:

    Der Hinterleger sollte eine Rechnung zahlen. Der Inso-Schuldner, der zur Zeit der Rechnungsstellung noch nicht ein solcher war, hatte Dienstleistungen in Rechnung gestellt.

    Dem Hinterleger gingen vor Begleichung der Rechnung dann aber mehrere Pfübs zu, mit denen verschiedene Gläubiger die Forderung des Schuldners gegen den Hinterleger gepfändet haben.

    Darauf hin hat der Hinterleger unter Verzicht auf Rücknahme hinterlegt. Als Empfänger wurden die Pfandgläubiger angegeben (der Schuldner nicht).

    Nun meldet sich der heutige Inso-Verwalter des Schuldners bei mir und bittet um Auszahlung für die Masse.

    Der Antrag auf Inso-Eröffnung wurde vor den Pfändungen gestellt.
    Die Eröffnung erfolgte danach.

    @ rusu:
    Hattest Du nicht irgendwo auch mal vertreten, dass die HL-Stelle aber auch zu beachten habe, wer materiell berechtigt sei?!?
    In meinem Fall dürften die Pfandgläubiger wegen § 8 InsO jedenfalls nicht mehr materiell berechtigt sein.
    Würde man dann eine Auszahlung an den Inso-Verwalter aus formalen Gründen ablehnen, gäbe es niemanden mehr, der empfangsberechtigt wäre.

    Ulf

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  • @ Ulf:

    Jetzt vielleicht doch etwas mehr von mir.

    Hätte hier nicht der Schuldner durch den Drittschuldner ebenfalls als Berechtigter angegeben werden müssen?

    Richtig ist natürlich, dass der hinterlegte Geldbetrag dem Insolvenzverwalter zusteht. Wenn es gar nicht anders geht, muss eine Zahlung an die Pfandgläubiger erfolgen und der Insolvenzverwalter nach §§ 129 ff. InsO vorgehen. Finde ich aber eine weniger gute Variante.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."


  • Hätte hier nicht der Schuldner durch den Drittschuldner ebenfalls als Berechtigter angegeben werden müssen?


    Das hätte ich auch gedacht aber der erfahrenere Kollege hat das damals offenbar nicht so gesehen. :nixweiss:

    Ulf

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  • Als Berechtigte waren der später Inso-Schuldner (als Gl. des hinterlegenden Drittschuldners) sowie mehrere Pfändungsgläubiger (aufgrund Pfüg bzw. vorl. Zahlungsverbot) angegeben. (aus #1)



    wie passt das jetzt zusammen ?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Als Berechtigte waren der später Inso-Schuldner (als Gl. des hinterlegenden Drittschuldners) sowie mehrere Pfändungsgläubiger (aufgrund Pfüg bzw. vorl. Zahlungsverbot) angegeben. (aus #1)



    wie passt das jetzt zusammen ?


    Ohh, verdammt. Die zitierte Passage aus #1 ist falsch. Der spätere Inso-Schuldner wurde im HL-Antrag nicht als möglicher Empfänger angegeben sondern nur dessen Gläubiger.

    Ulf

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  • [FONT=Arial (W1)]Überrascht mich nicht. Meine Antworten waren auf darauf abgestellt. Die Angabe des Schuldner als Empfangsberechtigter macht keine Sinn.[/FONT]

  • @ rusu:

    Wieso? Es kann doch auch außerhalb des Insolvenzverfahrens sein, dass die Gläubiger zum Beispiel wegen anderweitiger Vollbefriedigung nicht zum Zug kommen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

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