Kapitalisierung von Zinsen

  • Ich habe gerade die Entscheidung des OLG Hamm vom 08.01.2009, I - 15 Wx 291/08 im Rpfleger 2009, S. 447 gelesen. Danach dürfen zur Erreichung des Mindestbetrags die Zinsen, die nach der Titulierung entstanden sind, nicht kapitalisiert werden.
    Ich bin mir nun unschlüssig, ob die Entscheidung lediglich für die Errechnung des Mindestbetrags die Kapitalisierung verneint oder davon auszugehen ist, dass die Zinsen allgemein nicht kapitalisiert sondern nur laufend eingetragen werden dürfen.

  • Ich wende die Entscheidung folgendermaßen an:
    Zinsen können überhaupt nicht mehr kapitalisiert werden (außer sie sind so tituliert) und können nur noch laufend eingetragen werden. (Dies deckt sich auch mit der Anmerkung im RPfleger von Hintzen dem ich mich ausnahmsweise mal vollkommen anschließen kann.)

  • Ich wende die Entscheidung folgendermaßen an:
    Zinsen können überhaupt nicht mehr kapitalisiert werden (außer sie sind so tituliert) und können nur noch laufend eingetragen werden. (Dies deckt sich auch mit der Anmerkung im RPfleger von Hintzen dem ich mich ausnahmsweise mal vollkommen anschließen kann.)



    Ich halte die Entscheidung des OLG Hamm für inhaltlich falsch. Wieso wird ihr denn plötzlich so brav gefolgt, es gibt doch jede Menge gegenlautender Entscheidungen anderer Obergerichte?

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Dieses OLG ist aber für meine Beschwerden zuständig...
    Und ich finde die Ausführungen von Hintzen auch nachvollziehbar, bin mir nur nicht sicher, ob die gerichtliche Entscheidung so zu verstehen ist.

  • @ Bukowski:
    Ich kann die Argumente des OLG Hamm und des Herrn Hintzen inhaltlich nachvollziehen. Sie erscheinen mir plausibel. Es ist eben immer so, dass bei mehreren sich widersprechenden Meinungen man sich als Rechtspfleger irgendwie entscheiden muss. Von einem "brav folgen" würde ich in diesem Zusammenhang nicht sprechen ;)

  • Ich werde es jetzt zukünftig so handhaben, dass ich im Titel nicht kapitalisierte Zinsen, auch nicht mehr kapitalisiert eintrage, sondern so, wie es tituliert ist.
    Wie gesagt, die Zinsen sind aus dem Eintragungsantrag dann herauszurechnen.

    Gründe:

    Der wohl schlagkräftigste von allen ist wohl der, dass der Gläubiger im Falle der Zwangsversteigerung mit rückständigen Zinsen einen Rangvorteil erhält, da diese ja zur Hauptsache hinzu gerechnet werden.

    Kapitalisiert man Zinsen, könnte der Gläubiger einseitig, also ohne Mitwirkung des Schuldners, das Wesen und den Inhalt von Urteilen ändern, die Zinsen (die ja Nebenforderung sind §§ 866 III, 4 I ZPO) de facto zur Hauptsache machen.

    Was haltet Ihr davon?? (Ich hab nämlich gerade so einen Antrag liegen)


  • Ich halte die Entscheidung des OLG Hamm für inhaltlich falsch. Wieso wird ihr denn plötzlich so brav gefolgt, es gibt doch jede Menge gegenlautender Entscheidungen anderer Obergerichte?



    Weil z.B. auch das OLG Schleswig (RPfleger 1982, 301) so entschieden hat und die Gegenansicht nur von dem LG Bonn und vielen gläubigerfreundlichen Schlauschreibern vertreten wurde. Außerdem spart man sich eine Menge Nachrechnerei, wenn man den Antrag einfach als unzulässig zurückweist:teufel:.


  • Versteh ich das richtig, dass die Sache nur dann anzuwenden ist, wenn die Hauptforderung unter 750,- liegt oder allgemein jegliche kapitalisierte Zinsen müssen tituliert sein?


    Ich sehe es so wie Carlo. Die Begründung ist stichhaltig. Damit werde ich keine Kapitalisierung von Zinsen mehr zulassen.

    Es gehört oft mehr Mut dazu, seine Meinung zu ändern, als ihr treu zu bleiben.

  • Versteh ich das richtig, dass die Sache nur dann anzuwenden ist, wenn die Hauptforderung unter 750,- liegt oder allgemein jegliche kapitalisierte Zinsen müssen tituliert sein?

    Die Entscheidung des OLG Hamm verstehe ich eher so, dass die Zinsen nur dann nicht kapitalisiert der Hauptforderung hinzuzurechnen sind, wenn dieses dem Erreichen der 750,01 Euro- Grenze dient, die Anmerkung von Hintzen geht weiter und spricht sich generell gegen die Kapitalisierung von Zinsen aus (unter Aufgabe seiner bisherigen in einem seiner Bücher ("Pfändung und Vollstreckung im Grundbuch" - zumindest die Auflage, die ich besitze) vertretenen Meinung) und meiner Meinung nach ist das Argument der eigentlich ungerechtfertigten Rangklassenbesserstellung in der Versteigerung sehr schlagkräftig. Ich trage auch keine kapitalisierten Zinsen mehr ein.

  • Außerdem spart man sich eine Menge Nachrechnerei, wenn man den Antrag einfach als unzulässig zurückweist:teufel:.

    Hier muss ich mal nachfragen: Wenn der Gl. die Eintragung der von ihm ausgerechneten kapitalisierten Zinsen beantragt, kann man dann insoweit zurückweisen und (sofern die 750,01€ - Grenze erreicht ist) einfach titulierte Hauptforderung nebst Zinsen ab... eintragen? Ist das überhaupt eine echte Zurückweisung? Oder muss man auf Antragsänderung durch den Gläubiger drängen?
    Und falls man diesbezüglich beanstandet: Rangwahrend ist das nicht, oder? :confused:

  • Hier muss ich mal nachfragen: Wenn der Gl. die Eintragung der von ihm ausgerechneten kapitalisierten Zinsen beantragt, kann man dann insoweit zurückweisen und (sofern die 750,01€ - Grenze erreicht ist) einfach titulierte Hauptforderung nebst Zinsen ab... eintragen? Ist das überhaupt eine echte Zurückweisung? Oder muss man auf Antragsänderung durch den Gläubiger drängen?
    Und falls man diesbezüglich beanstandet: Rangwahrend ist das nicht, oder? :confused:

    M.E. Erlassen einer nichtrangwahrenden Zwischen- bzw. Aufklärungsverfügung, da das Problem zwangsvollstreckungsrechtlicher Natur ist und den Gläubiger zum Umstellen seines Antrages veranlassen, eintragen würde ich mit Sicherheit nicht.

    Was ist denn dann eigtl. mit den Kosten der Zwangsvollstreckung, die werden doch aber nach wie vor dazugerechnet oder? Was mach ich nun, wenn die Forderung den Wert von 750,01 EUR nur dadurch überschritten wird, weil er ein Haufen Kosten geltend macht :gruebel:

  • Neben der titulierten Hauptforderung können die bisherigen Vollstreckungskosten -soweit notwendig- hinzugerechnet werden (s. OLG Hamm). Beides zusammen muss mehr als 750,-- € ergeben. Was die Zinsen anbelangt, so erschien es mir schon bisher nicht einleuchtend, dass die als Nebenforderung titulierten Zinsen aufgrund der Kapitalisierung im Antrag des Vollstreckungsgläubigers anders behandeln werden sollen, als die nicht kapitalisierten, zumal für beide das Zinseszinsverbot gilt, also auch die als Hauptforderung beanspruchten Zinsen ihren Charakter als Zinsen nicht verlieren. Den Umstand der Kapitalisierung habe ich bislang im Grundbuch wie folgt zum Ausdruck gebracht: „.....€ Zwangssicherungshypothek, darin enthalten .....€ kapitalisierte Zinsen, nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 247 BGB) aus... seit....“. Wenngleich sich der angegebene kapitalisierte Zinsrückstand in die Rangklasse 10 I 4 oder 10 I 8 ZVG splitten kann, war damit jedenfalls der maximale Umfang der in Rangklasse 10 I 4 ZVG vorgehenden Belastung erkennbar. Die Angabe des titulierten Zinsbeginns dürfte den Interessen des Rechtsverkehrs jedoch eher Rechnung tragen. Ich werde daher die Entscheidung des OLG Hamm zum Anlass nehmen, künftig die Zinsen nur noch in der titulierten Form einzutragen. Das erspart -wie Horst K. zutreffend feststellt- nicht nur die „Rechnerei“ (§§ 788, 91 ZPO), sondern auch häufige Rücksprachen, verbunden mit ergänzten Forderungsaufstellungen. Denn bei Verwendung des Basiszinsrechners war des öfteren eine Diskrepanz zur anwaltlichen Zinsberechnung festzustellen, die ihre Ursache nicht allein in den verschiedenen Berechnungsmethoden (taggenau oder Bankmethode) haben kann. Ich tippe mal auf Eingabe- oder Programmierungsfehler. Zwar wird der Anwalt nach wie vor eine Kapitalisierung der Zinsen vornehmen, weil die Gebühr auch aus den bis zur Antragstellung aufgelaufenen Zinsen zu berechnen ist (§ 25 RVG). Da diese Gebühr jedoch nicht eintragungsfähig ist (§ 867 I 3 ZPO), unterliegt diese Berechnung keiner Überprüfung durch das GBA.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Andere Frage in diesem Zusammenhang:

    Bei der Verwaltungsvollstreckung haben wir es doch häufig mit den Säumniszuschlägen zu tun. Oft erreicht die Gesamtforderung nur dadurch die Wertgrenze. Rechnet Ihr die wie die kapitalisierten Zinsen raus?

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Konsequenterweise würde ich es auch so machen, wenn das im Ersuchen so angegeben ist, das die Säumniszuschläge kapitalisiert worden sind, anstatt im Bescheid als eine Summe mitfestgesetzt worden sind, aber den Fall, dass durch die kapitalisierten Zinsen, die Wertgrenze überschritten worden ist, hatte ich bis jetzt noch nie.

  • Und schon sind zwei Zwangssicherungshypotheken beanstandungsreif.

    Mit Demharter § 31 Rn. 6 meine ich, dass die notwendige teilweise Antragsrücknahme formbedürftig ist. Aus Demharter § 31 Rn. 7-11 meine ich herauszulesen, dass die Rücknahme entweder von den Gläubigern selbst oder vom Anwalt namens der Gläubiger, dann aber unter Vorlage einer formgerechten (= not. begl.) Vollmacht.

    Meinungen?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Wilsch meint im Beckschen Online-Kommentar:


    Für die Rücknahme eines Antrags eröffnen sich zwei Möglichkeiten: entweder öffentlich beglaubigte Form (s §§ 31, 29 GBO, OLG Düsseldorf, Rpfleger 2000, S. 62), oder einfache Schriftform (s § 867 Abs 1 S 1 ZPO; Hintzen, ZIP 1991, 474; Hintzen, Pfändung und Vollstreckung im Grundbuch, 3. Aufl, 2008, Rn 529). In der Grundbuchpraxis dominiert letztere Ansicht, welche einfache Schriftform für ausreichend erachtet. Sollte das Grundbuchamt dennoch auf der öffentlich beglaubigten Form bestehen, empfiehlt Hintzen, den Antrag zurückweisen zu lassen mit der Gebührenfolge aus § 130 Abs 1 KostO (35 EUR, vgl Hintzen/Wolf, Zwangsvollstreckung, 2006, Rn 10.16). Seit dem Inkrafttreten der FGG-Re<EM>form am 1.9.2009 (s Art 47 Abs 2 FGG-RG) kann dieser Empfehlung nicht mehr uneingeschränkt gefolgt werden, da die Höchstbeträge iSv § 130 KostO massiv erhöht wurden (0,50 Gebühr, höchstens jedoch 400 EUR, vgl § 130 Abs 1 KostO nF, vgl Wilsch NotBZ Heft 8/09).

    Allerdings die einzige OLG-Entscheidung, die ich auf die schnelle gefunden habe, vertritt offenbar die Mindermeinung.
    Die Rücknahme eines Antrages auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek bedarf verfahrensrechtlich der öffentlich beglaubigten Form gem. § 29 I GBO.

    OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.08.1999 - 3 Wx 286/99

  • grundbuchrechtlich:
    beglaubigte Erklärung der teilweisen Rücknahme nebst beglaubigterVollmacht
    vollstreckungsrechtlich:
    einfache Erklärung der teilweisen Rücknahme durch den RA reicht aus.
    eigene Meinung:
    Aufklärungsverfügung -> korrigierter ("neuer")Antrag -> Eintragung

  • Da ich die Rücknahme des Antrags als Teil der Vollstreckungshandlung sehe, lasse ich sie formfrei zu. Außerdem muss ich dann nicht nochmal beanstanden.

    dito, wird hier genauso gesehen (wir sind froh, wenn der Antrag ohne großen Verwaltungsaufwand weg ist und akzeptieren, die rechtsanwaltliche formfreie Rücknahme)

    Anders sehen wir das, wenn ein Gläubiger ohne RA den Antrag auf ZH stellt und dann zurücknimmt, da sind wir schon der Meinung, formgerechte Rücknahme muß sein.

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