Reparatur einer Inhabergrundschuld?

  • Liebe Leute,

    was meinen Rechtspfleger zu folgendem Problem (welches eine Rechtspflegerin durch eine falsche Eintragung verursacht hat):

    Ich habe in 2007 eine Inhaber-Briefgrundschuld gemäß § 1195 BGB über 100.000 € für den jeweiligen Inhaber des Grundschuldbriefes beurkundet (Dunkelnorm, ich weiß, aber für vollstreckungsbefangenem Grundbesitz interessant, da die Pfändung nach den Vorschriften der Pfändung beweglicher Sachen erfolgt - entweder der Gerichtsvollzieher findet bei der Sachpfändung den Brief oder der Pfändungsversuch geht ins Leere).

    Die GS wurde anschließend zur Eintragung beantragt und - fehlerhafterweise - als Eigentümergrundschuld in Abt. III lfd. Nr. 1 eingetragen, ein entsprechender Brief wurde erteilt. Alles in 2007.

    Den Fehler des Grundbuchamts hatten meine Mitarbeiter und ich nicht bemerkt.

    :mad:

    Am 01.07.2009 wurde meine Grundschuldbestellungsurkunde vom Eigentümer der Bank vorgelegt, der Brief übergeben und auf dem üblichen Bankenformular die Grundschuld an die Bank abgetreten.

    Die Abtretung wurde in der Folge im GB eingetragen.

    Danach wurde eine Zwangssicherungshypothek über 5.000 € für einen Dritten in Abt. III lfd. Nr. 2 eingetragen.

    Nun hat die Bank eine vollstreckbare Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde beantragt, im Zuge der Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel habe ich das Problem bemerkt.

    Die Bank (bei der der Brief ist) und eingetragener Eigentümer würden bei Reparaturversuchen (Nachtragsurkunde) mitwirken, der Berechtigte der Zwangssicherungshypothek logischerweise nicht.

    Fragen:

    Welche Reparaturmöglichkeiten habe ich, um nach Möglichkeit keine "schlafenden Hunde" zu wecken:

    a) Nachtragsurkunde mit Offenbarung des Problems, Anregung eines Amtswiderspruchs beim GBA, anschließende Umwandlung der Inhabergrundschuld in eine Eigentümergrundschuld, Wiederholung der Abtretung an die Bank?

    -> dürfte wohl die schlafenden Hunde wecken.

    b) Rückgabe des Briefs an das GBA, Antrag auf (Schreibfehler-) Berichtigung der Eintragung und Briefs, notfalls Ausstellung eines neuen Briefs?

    c) ?????

    Anmerkungen:

    Ich befürchte, da wirksame Einigung und wirksame Eintragung inhaltlich nicht übereinstimmen, so dass die GS materiell rechtlich bislang nicht entstanden ist (vgl. BGH, Rpfleger 1994, 158).

    Ferner dürfte die Bank nicht gutgläubig erworben haben, da ihr zum Zeitpunkt der Übergabe des Grundschuldbriefs meine Grundschuldbestellungsurkunde vorgelegen haben dürfte, der sie hätte entnehmen können, dass es sich um eine Inhabergrundschuld und nicht um eine Eigentümergrundschuld handelte.

  • Nach meiner Ansicht ist auf der Grundbuchseite nichts zu reparieren, sondern lediglich etwas auf der Erklärungsseite (Grundschuldbestellung). Aber der Reihe nach:

    Eine Inhabergrundschuld kann schon deshalb nicht entstanden sein, weil keine eingetragen (und ebenso wenig verbrieft) ist, sondern eine "normale" Grundschuld als Eigentümergrundschuld. Fraglich ist also nur, ob nicht eine normale Eigentümergrundschuld entstanden ist. Dies ist aus folgenden Gründen zu bejahen:

    Ebenso wie die dingliche Einigung der Eintragung nachfolgen kann, kann auch eine zur Rechtsänderung erforderliche einseitige Erklärung der Eintragung nachfolgen (Staudinger/Gursky § 875 Rn.1 für die Aufgabeerklärung nach § 875 BGB und Staudinger/Wolfsteiner § 1196 Rn.5 a.E. für die Bestellungserklärung im Hinblick auf eine Eigentümergrundschuld). Wenn der Eigentümer nun hergeht und das Recht nunmehr nach immobiliarrechtlichen Grundsätzen (statt wie bei der Inhabergrundschuld nach dem Recht der beweglichen Sachen!) abtritt, dann kann das nur bedeuten, dass der Eigentümer nunmehr "mit sich selbst" einig ist, dass ein Eigentümerrecht i.S. des § 1196 BGB entstehen soll. Die hierfür erforderliche Erklärung ist dem Grundbuchamt auch in Form der Abtretung des Rechts zugegangen, weil die nach immobiliarrechtlichen Grundsätzen erfolgende (und eingetragene!) Abtretung begrifflich die Existenz eines Eigentümerrechts voraussetzt.

    Damit ist das Eigentümerrecht mit dem Eingang der Abtretungserklärung beim Grundbuchamt entstanden und es konnte demzufolge "ganz normal" an den Zessionar abgetreten werden, wobei offen bleiben kann, ob die Eintragung der Abtretung in diesem Fall eine Rechtsänderung oder eine Grundbuchberichtigung zum Ausdruck brachte.

    Durch die Abtretung wurde die Eigentümergrundschuld zur Fremdgrundschuld. So ist es auch eingetragen und demzufolge ist das Grundbuch richtig, auch in Bezug auf den erlangten Vorrang im Verhältnis zur Zwangshypothek. Der Reparaturbedarf besteht somit auf der Erklärungsebene. Mit anderen Worten: Wie kommt der Gläubiger zu seiner vollstreckbaren Ausfertigung?

  • Mit anderen Worten: Wie kommt der Gläubiger zu seiner vollstreckbaren Ausfertigung?

    Wenn sich Eigentümer und Bank einig sind, wie wäre es mit folgender Nachtragsurkunde:

    "Der Erschienene erklärte sodann die folgende

    dingliche Vollstreckungsunterwerfung

    I.
    Vorbemerkung/Grundbuchstand

    Im Grundbuch des Amtsgerichts **** von **** Blatt *** ist in Abteilung III unter der lfd. Nr. 1 ein Grundpfandrecht über EUR **** zu Gunsten der Sparkasse **** eingetragen.


    II.
    Vollstreckungsunterwerfung zur Grundschuld

    Wegen des Grundschuldkapitals und der Grundschuldnebenleistungen unterwerfe ich mich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in der Weise, dass die Zwangsvollstreckung gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundbesitzes zulässig sein soll.

    Ich bewillige und beantrage, die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in das Grundbuch einzutragen."


    Spontan würde ich sagen, dass das eine Lösungsmöglichkeit wäre.


    Gruß HansD


  • Durch die Abtretung wurde die Eigentümergrundschuld zur Fremdgrundschuld. So ist es auch eingetragen und demzufolge ist das Grundbuch richtig, auch in Bezug auf den erlangten Vorrang im Verhältnis zur Zwangshypothek. Der Reparaturbedarf besteht somit auf der Erklärungsebene. Mit anderen Worten: Wie kommt der Gläubiger zu seiner vollstreckbaren Ausfertigung?

    Cromwell:

    Vielen Dank für die prompte Einschätzung.

    Die Herleitung ist in sich schlüssig und hat den Charme, den Rang zu wahren.

    @hansD und Cromwell:

    Bei der seinerzeitigen GS-Bestellung erfolgte auch eine Unterwerfung unter die ZV nach § 800 ZPO; diese ist auch eingetragen.

    Wenn man der Herleitung von Cromwell folgt, stellt sich tatsächlich die Frage, ob man für die Rechtsnachfolgeklausel im Sinne des § 727 ZPO ohne weiteres davon ausgehen kann, dass die Rechtsnachfolge "offenkundig" oder durch öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunde "nachgewiesen" ist.

    Davon gehe ich aus:

    Zur Begründung einer "Offenkundigkeit" könnte man im Grunde die Herleitung von Cromwell wiedergeben.

    Man könnte den Eigentümer die Rechtsnachfolge hier noch zusätzlich zugestehen (§ 288 ZPO) und zustimmen lassen.

    Ansonsten lag mir die Abtretungserklärung des Eigentümers in öffentlich beglaubigter Form, § 403 BGB, bereits vor. Den Brief könnte ich mir von der Bank zusätzlich noch vorlegen lassen.

  • Ich habe vor Jahren eine bestellte Eigentümergrundschuld mit Brief antragsgemäß eingetragen. Nun soll durch Bewilligung des (damaligen und auch noch derzeitigen) Eigentümers und Vorlage des Briefes die Berichtigung der Eintragung dahingehend erfolgen, dass es statt Lieschen Müller nunmehr " für den jeweiligen Berechtigten des Grundschuldbriefes" heißen muss.
    Also Berichtigung sehe ich hier schonmal nicht, da damals ausdrücklich eine Eigentümergrundschuld bestellt wurde. Könnte ich aber die Berichtigungsbewilligung dahingehend auslegen, dass die Eigentümergrundschuld durch Inhaltsänderung in eine Inhabergrundschuld umgewandelt wurde? Was entsprechenden Vermerk im Grundbuch nach sich ziehen würde und kostenmäßig nur KV-Nr. 14130 und 14125 auslöst?

    Hat jemand eine Meinung hierzu? Einen solchen Fall vielleicht sogar schonmal gehabt? :gruebel:

  • M. E. nein. Die gehen nämlich ersichtlich nicht von einer Inhaltsänderung aus, sondern von einer Grundbuchberichtigung. Für eine solche ist aber kein Raum, weil der Sachvortrag unschlüssig ist (eben weil es, wie Du ja schon weißt, nichts zu berichtigen, sondern allenfalls zu ändern gibt). Da gibt es meiner Ansicht nach nichts auszulegen, die Erklärung ist eindeutig. Sie hilft nur nicht weiter.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Wie Andreas. Sollen sie doch ggf. den BGH zu einer solchen Auslegung bringen.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ich hoffe mal mein OLG sieht das auch so. Die sind da so auslegungsfreudig. Nochmal 'ne Frage zu den Kosten: Wäre hier KV-Nr. 14125 wirklich anwendbar?

    Aber Danke an Andreas und FED schonmal für den Input. :daumenrau

    Edit: nach weiterer Recherche stelle ich nun fest, dass der Brief für die Eigentümergrundschuld unbrauchbar zu machen ist und ein Inhabergrundschuldbrief zu erteilen ist. Somit ist Nr. 14125 nicht anwendbar.

    Sehr hilfreich war auch der Aufsatz im Rpfleger 2006, 577-583.

    2 Mal editiert, zuletzt von melua (28. Januar 2015 um 11:20) aus folgendem Grund: selbst gelöst ;)

  • Edit: nach weiterer Recherche stelle ich nun fest, dass der Brief für die Eigentümergrundschuld unbrauchbar zu machen ist und ein Inhabergrundschuldbrief zu erteilen ist. Somit ist Nr. 14125 nicht anwendbar.

    Sehr hilfreich war auch der Aufsatz im Rpfleger 2006, 577-583.

    :confused:

    Du verzeihst, dass ich gerade nicht recht folgen kann ... ?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Edit: nach weiterer Recherche stelle ich nun fest, dass der Brief für die Eigentümergrundschuld unbrauchbar zu machen ist und ein Inhabergrundschuldbrief zu erteilen ist. Somit ist Nr. 14125 nicht anwendbar.

    Sehr hilfreich war auch der Aufsatz im Rpfleger 2006, 577-583.

    :confused:

    Du verzeihst, dass ich gerade nicht recht folgen kann ... ?

    Macht nix Andreas! Hab mir meine Frage selbst beantwortet, deshalb der Edit.

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