• Wer kommt aus Traunstein und kann mir helfen?
    Wir haben hier eine weggeschwommene Hochwassermahnakte, es ist also nichts mehr da.
    Der Antragsteller beantragt die öffentliche Zustellung des Vollstreckungsbescheides. Problem ist, dass der Antragsteller selber den VB noch nicht erhalten hat, weil er ja noch nicht zugestellt werden konnte und wir hier auch nichts mehr haben. Er hat uns nur eine Kopie seines Antrages geschickt und wir können nicht mehr rekonstruieren, wann und in welcher Form (antragsgemäß oder nicht) der VB erlassen wurde, so dass wir den Titel eigentlich nicht mehr herrstellen können.
    Dazu interessiert uns ein Beschluss des Amtsgerichts Traunstein vom 22.07.1954, AZ: 4 T 246/54. Wir kommen da nur nicht ran - weder über die Bibliothek noch über`s Internet. Kann jemand helfen?

  • Hallo,

    ich komme zwar nicht aus Traunstein (ich weiß auch spontan nicht, warum die mögliche Lösung nicht aus Oberfranken kommen darf!), war aber lange Jahre Archivpfleger und hatte ähnliche Probleme mit verschollenen, ausgeschiedenen oder sonst nicht aufzufindenden Akten oder Titeln.
    Zuerst eine Frage: Hängt der Beschluss des LG Traunstein mit dem VB zusammen? Wenn ja: wie?:gruebel:

    Zum VB schlage ich Folgendes vor:
    Nach der in Deutschland noch geltenden Verorndung über die Ersetzung von gerichtlichen Entscheidungen vom 19.6.1942 (!!!!!) (RGBl. 1942, Seite 395; diese Vorschrift gilt nicht für Notarsurkunden gemäß Gesetz vom 28.8.1969, BGBl 1969 I 1513) ist es möglich, die gerichtlichen Urkunden zu ersetzen, wenn das Original ganz zerstört worden sind.

    Ist eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift nicht vorhanden, so kann das Gericht "den Inhalt der Urkunde durch Beschluss feststellen". Der Beschluss tritt an die Stelle der Urschrift, § 3 Absatz 1 der VO.

    Gemäß § 3 Absatz 2 bestimmt das Gericht das Verfahren nach freien Ermessen! Vor der Beschlussfassung ist regelmäßig einer der Beteiligten zu hören.

    Gemäß § 4 der VO ist das Gericht für die Ersetzung der gerichtlichen Urkunde zuständig, das die Entscheidung erlassen hat. Der Beschluss ist den Beteiligten zuzustellen, § 5 der VO. Gegen die Ersetzung steht den Beteiligten die sofortige Beschwere zu, § 6 der VO. Das Verfahren ist gem. § 7 gebührenfrei.


    Ich hoffe, ich kann dir mit dieser Vorgehensweise weiterhelfen.

  • Die Ersetzung der Urkunde wird sich so lange schwierig gestalten, wie keine zumindest Kopie des Originaltitels auffindbar ist, was hier wohl zutrifft. Ich selbst habe auch mehrere Male von dieser ominösen Vorschrift von 1942 Gebrauch gemacht, hatte jedoch eine - wenn auch schäbige - Kopie des VB zur Verfügung, aus der sich Erlass- und Zustellungsdaten ergaben. Hat man diese aber nicht, dann wirds trotz "1942" kaum möglich sein die Urkunde wieder herzustellen. Von der herzustellenden Urkunde muss man schon alle relevanten Daten geliefert bekommen.

    Im Übrigen ist die Vorschrift bei mir vom 18.06.42. Bei einem muss ein Schreibfehler vorliegen...
    Das Ding schimpft sich bei mir:

    § 1 der Verordnung über die Ersetzung zerstörter oder anhanden gekommener gerichtlicher oder notarischer Urkunden vom 18.06.1942 – RGBl. I 395

  • Ich gehe davon aus, dass die Ersetzung, das heißt doch: Ersatz einer nicht mehr vorhandenen Urkunde, keine großen Probleme aufwirft, da der genannte Beschluss die Urkunde ersetzt.

    Wäre eine Kopie des VB irgendwo vorhanden, müsste diese vorrangig zum Original erklärt werden, § 1 Absatz 1 der VO.

    Weil aber diese Möglichkeit nicht gegeben ist, muss jetzt der Beschluss her.

  • Das kann ich nicht nachvollziehen. Welche relevanten Daten sollen denn in den Beschluss? Wer bestimmt Zustell- und Erlassdaten? Woher kommen die maßgeblichen Beträge?

    Unter Herstellen wird bei uns verstanden, dass man aufgrund einer Quelle sich für die Akte eine Kopie oder Abschrift fertigt und diese zum Originaltitel erhebt durch entsprechende Klausel nach § 1 der genannten Ersetzungsvorschrift.

    Wie man dagegen aus dem Nichts durch Beschluss einen VB konstruieren will, erschließt sich mir nicht.

    Ersetzung heißt doch, dass der nicht mehr vorhandene Originaltitel zu ersetzen ist durch ein Ersatz-Original. Dazu muss man doch aber die Angaben aus dem Urtitel haben.

  • Wäre es nicht viel einfacher, dem Gläubiger einen neuen Mahnantrag nahe zu legen? Die Kosten könnte man doch evtl. außer Ansatz lassen.

  • Zitat von HorstSergio

    Wäre es nicht viel einfacher, dem Gläubiger einen neuen Mahnantrag nahe zu legen? Die Kosten könnte man doch evtl. außer Ansatz lassen.



    Genau das wäre nach meiner Ansicht relevant, wenn man eben keine Angaben aus dem Urverfahren mehr zur Verfügung hat.

    Allerdings müsste man sich mit der Verjährung etc. auseinandersetzen...

  • Zitat von 13
    Zitat von HorstSergio

    Wäre es nicht viel einfacher, dem Gläubiger einen neuen Mahnantrag nahe zu legen? Die Kosten könnte man doch evtl. außer Ansatz lassen.


    Genau das wäre nach meiner Ansicht relevant, wenn man eben keine Angaben aus dem Urverfahren mehr zur Verfügung hat.

    In dem Sachverhalt aus der Frage von beldel würde das aber nichts bringen, da der Gläubiger ja die öffentliche Zustellung des VB beantragt hat, neuer MB würde also wegen unbekannten Aufenthalts nicht gehen.

    Zitat von 13

    Allerdings müsste man sich mit der Verjährung etc. auseinandersetzen...

    Zitat von 13

    Ich würde dazu tendieren, daß man hier schon von einer Hemmung wegen höherer Gewalt nach § 206 BGB ausgehen kann.

  • Ich habe im Moment das selbe Problem. Die Elbe ist 2002 durch die Akte geschwommen und nu is se weg.

    Ich sehe das Problem wie 13; wiederherstellen kann ich von Ausfertigungen, beglaubigten Abschriften und beglaubigten Abschriften von beglaubigten Abschriften. ersetzen kann ich dann, wenn ich noch wenigstens eine Kopie habe. So habe ich es zumindest bisher gehandhabt.

    Und ich habe vorliegen:
    - Kopie des Antrags auf Erlass des VB
    - Mitteilung des Gerichts, dass der VB nicht zugestellt werden konnte
    - anwaltliche Versicherung, dass der VB in beantragter Höhe erlassen wurde.

    Also weiss ich, ausser dass irgendwann, spätestens am Tag der Unzustellbarkeitsmitteilung, ein VB erlassen wurde, nichts gesichert.

    Und nun finde ich in Jansen, FGG, folgendes:

    "... Ist keine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift mehr vorhanden, so kann das Gericht den Inhalt der Urkunde, wenn er sich durch Ermittlungen (§ 12 FGG) mit den üblichen Beweismitteln feststellen läßt, durch Beschuss feststellen ... Es ist nicht erforderlich, dass der genaue Wortlaut feststeht; es genügt, dass der wesentliche Inhalt ermittelt werden kann ..."

    Was ist denn nun wesentlicher Inhalt eines VB? Auch das Erlassdatum?

    Grisu

    P.S.: Rechtliches Gehör des Agg. nicht möglich, VB soll öffentlich zugestellt werden.

  • Zitat von Grisu


    Was ist denn nun wesentlicher Inhalt eines VB? Auch das Erlassdatum?



    Wesentliche Angaben sind in meinen Augen alle für den Titel relevanten Fakten, die als unerlässlich anzusehen sind. Neben der eindeutigen Parteibezeichnung würde ich auf jeden Fall die Zusammensetzung aller Forderungsbeträge nebst Grund und das Erlass- und Zustelldatum dazuzählen. Bei diesen Angaben kann man - so jedenfalls meine Auffassung - nicht herumfantasieren, wenn genaue Angaben nicht ermittelbar sind. Zugestellt "zwischen Januar und Dezember 1977" erhebt wohl keinen Anspruch, ernst genommen zu werden.
    Daher bleibe ich auch dabei: Ist nichts zu ermitteln, kann auch nicht ersetzt werden.

  • @ 13

    Sehe ich im Grunde meines Herzens genauso. Würde das Ganze aber gerne noch untermauern, da ich davon ausgehe, dass die Erinnerung bei diesem RA gewiss ist.

    Grisu

    Zitat von 13
    Zitat von Grisu


    Was ist denn nun wesentlicher Inhalt eines VB? Auch das Erlassdatum?

    Wesentliche Angaben sind in meinen Augen alle für den Titel relevanten Fakten, die als unerlässlich anzusehen sind. Neben der eindeutigen Parteibezeichnung würde ich auf jeden Fall die Zusammensetzung aller Forderungsbeträge nebst Grund und das Erlass- und Zustelldatum dazuzählen. Bei diesen Angaben kann man - so jedenfalls meine Auffassung - nicht herumfantasieren, wenn genaue Angaben nicht ermittelbar sind. Zugestellt "zwischen Januar und Dezember 1977" erhebt wohl keinen Anspruch, ernst genommen zu werden.
    Daher bleibe ich auch dabei: Ist nichts zu ermitteln, kann auch nicht ersetzt werden.

  • Ich halte die Ersetzung für möglich.

    Klar ist, dass der VB erlassen wurde und klar dürfte auch sein, dass er antragsgemäß erlassen wurde. Es fehlt also nur das Erlassdatum. Dieses ist aber unerheblich, weil die Einspruchsfrist in jedem Fall erst mit Zustellung beginnt und feststeht, dass noch nicht zugestellt wurde.

    Die Angabe "erlassen zwischen dem ... (Antragsdatum) und dem ... (Datum der Mitteilung über die misslungene Zustellung)" halte ich daher für ausreichend.

  • Danke für die rege Diskussion. Wir haben hier das Problem, dass wir nicht wissen, ob wir die Urkunde (VB) wieder herstellen können. Wir denken ja auch, es wird nicht gehen. In der Verordnung über die Ersetzung zerstörter oder abhanden gekommener Urkunden ist der wesentliche Inhalt durch Beschluss festzustellen. In dem Beschluss von Traunstein, den ich ganz oben genannt habe, soll drin stehen, was wesentlicher Inhalt ist - ob z.B. das Erlassdatum dazu gehört. Deshalb interessiert uns dieser Beschluss.
    Wenn der Antragsteller einen neuen Antrag stellt, muss das ja eine Klage sein - MB geht nicht mangels Zustellung. Selbst wenn man sagt, die Verjährung ist gehemmt, kann man ihm ja dann nicht alle Kosten erlassen. Für das Mahnverfahren ist nur eine halbe Gerichtsgebühr entstanden, für das streitige entstehen drei.

  • Grisu: Bei uns wäre die Akte bereits ausgesondert worden. Die normale Aufbewahrungsfrist beträgt hier laut Aufbewahrungsbestimmung 2 Jahre. Also hätte die Akte 2004 vernichtet werden können.

    Ich würde den nur mitteilen, dass die Akte bereits ausgeschieden wurde. Die sollen einen neuen Antrag auf MB stellen, bzw. ne komplett neue Klage einreichen.


    --> Zu den Aufbewahrungsbestimmungen muss ich allerdings sagen, dass man den entsprechenden Passus in den Aufbewahrungsbestimmungen ggf. anders intepretieren könnte ;)

    mal von § 204 II BGB abgesehen ;)

    MFG

    Blacky

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