PKH vor Sozialgericht= Höhe Verfahrensgebühr?

  • Hallo, folgendes Problem:

    Mdt hat PKH vor Sozialgericht für einstweiligen Rechtschutz bekommen. Ich beantrage nun Festsetzung und Auszahlung der PKH-Gebühren. Insbesondere beantagt habe ich eine
    Nr. 3102 Gebühr in Höhe von 250,00 €.

    Nun teilt mir SG mit, dass bei Verfahren im einstweiligen Rechtschutz der Ausgangspunkt der Verfahrensgebühr bei einer Gebühr von 150,00 € läge. Nach der gängigen Kostenfestsetzung ist auch bei diesem Verfahen im einstweiligen Rechtschutz die Verfahrensgebühr unter Beachtung der Kritierien des § 14 RVG in dieser Höhe anzusetzen.

    Kann dies richtig sein?

  • Vielerorts geht man davon aus, dass für einen Großteil der ER-Verfahren eine deutlich unter der Mittelgebühr liegende Verfahrensgebühr angemessen ist (z.B. "Drittelgebühr").

    Mal beispielhaft: Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 20.01.2010, S 165 SF 657/09 E; Sozialgericht Lüneburg, Beschluss vom 13.01.2010, S 12 SF 174/09 E.

    Häufigste Argumente sind der (gegenüber einem erstinstanzlichen Klageverfahren) reduzierte Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, die verringerte Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit da eine Anspruchsgrundlage nur "glaubhaft" gemacht werden muss, die reduzierte Bedeutung, da in der Regel nur eine vorläufige Regelung erreicht werden kann...

    Wie ist das Verfahren denn insgesamt abgelaufen? Unabhängig davon: Ausgangspunkt für eine Billigkeitsprüfung im ER-Verfahren ist natrülich stets sie entsprechende Mittelgebühr.

  • Naja Gegner war Jobcenter. Mandant hatte Leistungen bis Januar bewilligt bekommen. Seit November zahlte das Amt keinen Cent mehr. Mdt hatte kein Geld mehr für nix. Bekam Mahnungen vom Vermieter.

    Ich hatte Jobcenter außergerichtlich angeschrieben und um Aufklärung und Akteneinsicht gebeten. Keine Antwort erhalten. Anrufen geht nicht, da nur Call-Center rangeht.

    Habe dann ER -Verfahren gemacht, dass MDt bewilligten Leistungen ausgezahlt werden. Mdt war am verhungern, verzweifelt. Hatte kein Ahnung von der Materie, war nervig und anstrengend und keine Ordnung in den Unterlagen. Mußte stundenlang seine Bewilligungsbescheide sortieren um überhaupt einen Überblick zu bekommen.

    Gericht hat dann Vergleich vorgeschlagen, worin sich JobCenter verpflichtet hat, bewilligte Leistungen zu zahlen.

    Vergleich kam zu standen.

    Job-Center zahlte dennoch nciht, so dass ich noch 4 x Job-Center anschreiben musste, bis man sich dort bewegte.


    Und dafür soll es nicht mal 250 € geben nun :(

  • Nun ich kann mich grundsätzlich auf den Katerkollegen beziehen.

    Du hast sicher Recht: Ausgangspunkt ist § 14 RVG.
    Wie in der Hauptsache, geht man erst einmal von der Mittelgebühr aus.

    I.d.R sind eR-Verfahren nur zur kurzfristigen Regelung bis zum Abschluss eines laufenden Widerspruchs- oder Klageverfahrens. Seltener (weil eigentlich unzulässig) kann Leistung direkt und ohne die genannten Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden.

    Der Dir mitgeteilten Reduzierung liegt der Gedanke zugrunde, dass in Streitwertverfahren der Streitwert einer EA regelmäßig geringer angesetzt wird als der Hauptsachestreitwert (40-50 %).

    Da der geniale Gesetzgeber mal wieder beim RVG gepfuscht hat (wie eigentlich durchgängig beim RVG:D) hat er schlicht und einfach im sozialgerichtlichen Verfahren das ER-Verfahren vergessen, ignoriert oder was auch immer.
    Die Tatsache, dass die Bedeutung, der Umfang und die Schwierigkeit regelmäßig (nicht immer) geringer ist, soll der "Idiot" Kostensachbearbeiter ausbügeln.

    Soviel allgemein:

    Nun zu Deinem Fall: festsetzen lassen!

    Auch ich (ebenfalls so ein Idiot) setze durchaus die Mittelgebühr fest, wenn ein RA mir nachvollziehbare Gründe mitteilt.
    Wobei ich nicht verschweigen will, dass ich den Rahmen des 3103 VV-RVG anwende, sofern der RA bereits im parallelen Widerspruch- oder Klageverfahren tätig ist.
    Aber: auch dies ist, wie so vieles andere in der sozialgerichtlichen Praxis streitig. [Gruß an Garfield;)].


    AAAAAAAch hätten wir doch Streitwertverfahren

  • Ich habe mal eine Zusatzfrage:

    Die PKH-Gebühren vor dem SG unterscheiden sich aber ansonsten nicht von den "normalen" Gebühren, oder? Ich meine, im Zivilverfahren sind die PKH-Gebühren ab Streitwert von 3000 € ja wesentlich niedriger. In Sozialgerichtsverfahren gibt es keinen Unterschied, oder?

  • Die 3000,00 € Grenze spielt nur eine Rolle bei Streitwertverfahren.

    99 % der Verfahren sind in der Sozialgerichtsbarkeit (leider) keine Streitwertverfahren.

    Ansonsten § 3 RVG - Rahmengebühren.
    Für das Klageverfahren Ziffer 3102, 3103, 3106 VV RVG usw.
    Und damit dann § 14 RVG ....die Kriterien berücksichtigen.


    Ansonsten ist die Sozialgerichtsbarkeit völlig "normal" ;)


  • Da der geniale Gesetzgeber mal wieder beim RVG gepfuscht hat (wie eigentlich durchgängig beim RVG:D) hat er schlicht und einfach im sozialgerichtlichen Verfahren das ER-Verfahren vergessen, ignoriert oder was auch immer.


    :klugschei Dass der Gesetzgeber bei den sozialgerichtlichen Verfahren keine ER-Verfahren berücksichtigt hat, lässt sich allein mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des RVG erklären. Nicht, dass es am 01.07.2004 noch keine ER-Verfahren bei den Sozialgerichten gab, aber diese spielten bis dahin eher eine untergeordnete Rolle. Die Bedeutung der ER-Verfahren stieg schlagartig mit der Übertragung der sog. "HARTZ-IV-Streitigkeiten" auf die Sozialgerichte. Dies wiederum geschah bekanntlich erst zum 01.01.2005.
    Dem Gesetzgeber ist allenfalls vorzuwerfen, dass er bislang keine Anpassung vorgenommen hat.

  • auch ich kann nur kritisieren, dass die Betragsrahmengebühren die Vergütungs-und Kostenfestsetzungsanträge zu einer Ware ähnlich des türkischen Basares werden lassen. Im Rahmen von Zwischenverfügungen und Stellungnahmen schreiben sich alle die Finger wund, beharren aber auf ihren Standpunkt und wir sind die Dummen wenn wir nicht gerade eine passende Rechtsprechung gefunden haben. Die Erinnerung ist vorprogrammiert, der Richter hebt uns auf......oder so. Alles ein Gummiband. Ob diese Gebühren auch mal wie in FGG jetzt FamFG Verfahren abgeschafft werden. Eine Änderung halte ich für erforderlich, uns würde viel Schreiberei - Arbeit erspart bleiben.

    Einmal editiert, zuletzt von sinchen (1. Dezember 2010 um 14:56)

  • muss hier nochmals eine aktuelle Frage einfügen:

    Hatte nun wieder ein ER-Verfahren vor dem SG. Es hat auch ein Termin stattgefunden und dort wurde ein Vergleich geschlossen. Ich habe PKH bewilligt bekommen.

    Es entstehen somit eine Verfahrensgebühr Nr. 3102, Terminsgebühr Nr. 3106 und Einigungsgebühr Nr. 1005.

    Doch nun die Frage, in welcher Höhe entstehen denn nun die Gebühren? Bisher war es ja mehr oder weniger willkürlich. Hat sich da nunmehr ein Trend rausgebildet?

    Verfahrensgebühr theoretisch 250 €
    Terminsgebühr theoretisch 200 €
    Einigungsgebühr 190 €

    Welche Gebührenhöhe setzt man denn nun an? Ich habe auf ewige Zwischenverfügungen keine Lust, daher meine Frage.

    Einmal editiert, zuletzt von YnoS (20. Januar 2011 um 17:41) aus folgendem Grund: Rechenfehler

  • Die Verfahrens- und Terminsgebühr sind entstanden, bei der Erledigungsgebühr ist die Mitwirkung des PV ausschlaggebend. Dazu zwei Entscheidungen in juris (SG Lüneburg S 12 SF 71/09 E v. 13.05.2009 oder SG Dresden S 5 SF 285/09 E v. 07.09.2009). Die Höhe der Gebühren ist aus meiner Erfahrung heraus eher zu hoch angesetzt, dazu sind die Kriterien des § 14 RVG am speziellen Fall ausschlaggebend, kann so hier nicht beantwortet werden.

  • Ja, dass die Mittelgebühren im ER-Verfahren unangemessen sein sollen ist mir bekannt. Es war ein normales durchschnittliches Verfahren mit 50 Km -Fahrt zum Gericht.

    In welcher Höhe sind denn Gebühren angemessen?

  • Ich muss mal nachfragen:

    Warum Verfahrensgebühr theoretisch 310,00 €? Ausgehend von Nr.3102 VV RVG wäre das ja eine Überschreitung der Mittelgebühr. Das wäre ja an sich kein Problem, aber in der Regel empfielt sich da eine (kurze) Begründung, um "lästigen" Zwischenverfügungen aus dem Weg zu gehen.

    Im Übrigen halten nicht alle Sozialgerichte "Mittelgebühren" im ER-Verfahren für grundsätzlich unangemessen. Lüneburg ist nach meiner Kenntnis auch nicht so, dass dort mehr oder weniger generelle ER-Abschläge vorgenommen werden.

    Im Grunde schließe ich mich lucas an: Um eine einigermaßen passende Antwort zur Gebührenhöhe geben zu können bräuchte man mehr Informationen zu den von § 14 Abs.1 S.1 RVG genannten Kriterien.

    Würde ein entsprechender Kostenfestsetzungsantrag auf meinem Schreibtisch landen, dann würde ich mich z.B. fragen:

    Wie hoch ist der - aktenersichtliche - Umfang der anwaltlichen Tätigkeit? Wurde "nur" die Antragsschrift eingereicht oder wurde darüber hinausgehender Schriftwechsel geführt? Wie umfrangreich ist die Antragsschrift? Beschränkt sie sich mehr oder weniger auf eine Darstellung von Sachverhalt und Eilbedürftigkeitsgründen oder finden eine Auseinandersetzung mit - evtl. uneinheitlicher - Rechtsprechung statt? Gibt es eine Überschneidung mit anderen Rechtsgebieten (z.B. Mietrecht, Arbeitsrecht,...)? Gibt es Hinweise auf den Umfang der nicht aktenersichtlichen anwaltlichen Tätigkeit? Musste z.B. über die Folgen der Abgabe einer wahrheitswidrigen eidesstattlichen Versicherung belehrt werden? War die Rechtsanwältin schon mit dem der Angelegenheit zu Grunde liegenden Lebenssachverhalt vertraut -zum Beispiel durch ein vorangehendes behördliches oder gerichtliches Verfahren? Falls ja, hat sie hierdurch möglicherweise einen Vorteil im Sinne eines Synergieeffektes gehabt?

    Um was ging es dem Mandanten? Die voläufige Gewährung von Leistungen? Wenn ja, welcher Höhe und auf welche Dauer? Oder ging es um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs? Fand ausnahmsweise eine Vorwegnahme oder Erledigung der Hauptsache statt?

    Wie stellen sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Mandanten dar?

    Wie lange dauerte der Erörterungstermin? Fand eine Zeugenbefragung statt? Welche Hinweise liefert das gerichtliche Sitzungsprotokoll auf Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit? Und wieder: Um was ging es dem Mandanten im Termin noch? Hat sich ein Teil des Begehrens vielleicht schon zuvor erledigt?

    Zur Einigungsgebühr würde ich mir im Wesentlichen die gleichen Fragen stellen.

  • Sorry, mein Fehler, Verfahrensgebühr Mittelgebühr von 250,00 €. Schande über mich.

    Nun ja es war ein ER-Verfahren gegen Job-Center wegen Sanktionsbescheiden. Eine Antragsschrift und 2 weitere Schriftsätze ans SG.

    Mdt bezieht ALG II und war auf 0 sanktioniert.

    Im Vergleich wurden 2 Sanktionsbescheide aufgehoben und Mdt bekommt nun wieder Geld. EIn Sanktionsbescheid bleibt bestehen. Gleichzeitig wurden 2 Widersprüche mit erledigt. Hauptsache gibt es und wird es nicht geben.

    Es war insofern der übliche ALG II Wahnsinn, also Standard.
    Im Termin keine Zeugin. Persönliches Erscheinen der Partei angeordnet. Dauer ca. 1 Std. Vergleich ist über eine Seite lang.




  • Umfang: mindestens durchschnittlich...bin da eher sogar geneigt überdurchsnittlich zu unterstellen:)

    ALG-II-Bezieher: Einkommens- und Vermögensverhältnisse: unterdurchschnittlich

    Haftung: durchschnittlich

    Insgesamt würde ich geltend gemachte Mittelgebühren als angemessen festsetzen.
    Wenn sich ein "angebliches" Schnellverfahren so gestaltet, dann soll ein RA durchaus auch zumindest Mittelgebühren erhalten.
    Letztlich wurden ein oder mehrere Hauptsacheverfahren vermieden.



    NB: unabhängig von der Streitfrage, ob nicht die Ziffer 3103 VV RVG (statt 3102 VV RVG) zugrunde zu legen wäre (da ist manigfaltige Rspr. im Umlauf)
    Hier liegen Garfield und ich (wenn ich Recht erinnere) auseinander

  • Ich würde mich Zubbels Bewertung anschließen. Vor allem wenn man einen Toleranzrahmen von 20% annimmt, dürfte hier keine Unbilligkeit vorliegen.

    Ich drücke die Daumen, dass das zuständige SG das nicht anders sieht!

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