Erbbaurecht auf "immerwährende Zeit"

  • hallo
    ich habe hier ne nette akte von einer kollegin geerbt:

    Es wurde ein erbbaurecht ohne befristung beantragt.

    meine kollegin hat mit unechter zwischenverfügung moniert, dass das erbbaurecht sittenwidrig sei, da das recht des eigentümers ausgehöhlt sei und verweist auf die entscheidung des lg deppendorf, MittBayNot 1987 Heft 6...

    der notar meint, dass es den fall nicht träfe, da ein einmaliger erbzins von 20.000 Euro gezahlt werden müsse.

    meine Ansicht:


    Für eine sittenwidrigkeit spricht, dass jede baurechtlich zulässige anzahl an gebäuden errichtet werden darf und dass sich das erbbaurecht auch auf die nicht erforderlichen grundstücksteile erstreckt.

    Allerdings beinhaltet der vertrag auch eine heimfallsklausel, falls zum bsp. der erbbauzins nicht beglichen wird, insolvenz des ber. eintreten sollte, usw.
    der notar meint, dass insoweit auch kein auf dauer angelegtes erbbaurecht entstehen soll

    kennt noch jemand fundstellen; wie sieht eure meinung zur sittenwidrigkeit aus??

    danke

  • Verstoß gegen § 1 Abs. 4 ErbbauRG:

    Der auflösenden Bedingung ist gleichzusetzen ein ungewisser Endtermin (ebenso Ingenstau/Hustedt Rz 104).

    § 1 Abs 4 ErbbauRG verbietet zwar die Bestellung eines Erbbaurechts unter einer auflösenden Bedingung oder Befristung mit ungewissem Endtermin, möglich ist jedoch -und dies ist in der Praxis der Regelfall-, die Vereinbarung eines Endzeitpunkts (Böttcher, Praktische Fragen des Erbbaurechts, 2006, 5. Aufl, Rn 98).

  • Verstoß gegen § 1 Abs. 4 ErbbauRG:

    Der auflösenden Bedingung ist gleichzusetzen ein ungewisser Endtermin (ebenso Ingenstau/Hustedt Rz 104).

    § 1 Abs 4 ErbbauRG verbietet zwar die Bestellung eines Erbbaurechts unter einer auflösenden Bedingung oder Befristung mit ungewissem Endtermin, möglich ist jedoch -und dies ist in der Praxis der Regelfall-, die Vereinbarung eines Endzeitpunkts (Böttcher, Praktische Fragen des Erbbaurechts, 2006, 5. Aufl, Rn 98).



    sorry, die heimfallklausel beinhaltet keine auflösende bedingung, sondern die verpflichtungdas erbbaurecht an den grundstückseigentümer bzw. einen dritten zu übertragen...

    hmm, wo ich das so schreibe, fällt mir auf, dass dadurch ja das erbbaurecht nicht endet, so dass wohl doch von einer sittenwidrigkeit auszugehen ist...#


    andere meinungen??

  • sorry, die heimfallklausel beinhaltet keine auflösende bedingung, sondern die verpflichtungdas erbbaurecht an den grundstückseigentümer bzw. einen dritten zu übertragen...

    hmm, wo ich das so schreibe, fällt mir auf, dass dadurch ja das erbbaurecht nicht endet, so dass wohl doch von einer sittenwidrigkeit auszugehen ist...# ...



    Es geht darum, daß für den Eigentümer die Aussicht besteht, daß er das Grundstück irgendwann wieder zur freien Verfügung hat (s. vOefele/Winkler 2.146; MüchKomm vOefele § 1 Rn. 70). Der Heimfall an den Eigentümer eröffnet diese Möglichkeit. Sittenwidrig wäre nach v. Oefele das "ewige" Erbbaurecht u.U., wenn dieses den Interessen des Eigentümers widersprechen würde und ihm auch dessen Bedeutung unklar sei. Nach Rapp (Staudinger § 1 Rn. 30) muß dem Eigentümer noch eine Nutzungsmöglichkeit am Grundstück verbleiben. Ich finde, der Eigentümer muß wissen was er tut. Und ich darf davon ausgehen, daß ihn der Notar über die Konsequenzen seines Tuns aufgeklärt hat. Habe einmal ein "ewiges" Erbbaurecht gehabt und es aus den eben genannten Gründen eingetragen.

  • Da beim Erbbaurecht eine Zeitgrenze nicht zwingend vorgeschrieben ist, kann auch ein völlig unbefristetes Erbbaurecht ("Ewiges Erbbaurecht") bestellt werden. Das folgt aus dem Umkehrschluss zu § 1 IV und § 27 ERbbauRG)
    In solchen Fällen wird allerdings empfohlen den Heimfall gründlich zu regeln, denn für den Grundstückseigentümer ist es ja durchaus wesentlich, das Grundstück auch nach bestimmter Zeit wieder zurückzubekommen. Widerspricht daher ein unbefristetes Erbbaurecht völlig den Interessen des Grundstückseigentümers und war diesem die Bedeutung eines "ewigen Erbbaurechts" auch nicht klar, muss man im Einzelfall schon prüfen ob nicht eine Sittenwidrigkeit vorliegt. Schließlich wird das Grundstückseigentum quasi dauerhaft ausgehöhlt.
    Wie man das als GBA machen soll, ist mir allerdings nicht ganz klar.
    (siehe v.Oefele/Winkler, Handbuch des Erbbaurechts, 4. Aufl., RN 2.146 mit Verweis z.B. auch auf Staudinger/Ring, 11 Aufl. RN 25 zu § 1)

  • Was soll denn daran sittenwidrig sein? Der Grundstückseigentümer kann sein Grundstück schließlich auch ganz verschenken und das ist auch nicht sittenwidrig. Da ein ewiges Erbbaurecht nicht als solches gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, kann eine Sittenwidrigkeit höchstens nach § 138 II BGB möglich sein. Dann müsste für das Grundbuchamt ohne weitere Ermittlungen ersichtlich sein, dass der Grundstückseigentümer unter Ausnutzung einer Zwangslage, seiner Unerfahrenheit oder seiner Blödheit bzw. Willensschwäche über den Tisch gezogen worden ist. Da sich derartiges kaum aus der vorliegenden Urkunde ergeben dürfte, wird man wohl eintragen müssen.

  • Guten Morgen,
    ein neues Erbbaurecht.
    Grundstückseigentümer ist die ABC GmbH, Erbbauberechtigte soll die ABC GmbH & Co. KG werden (in der Urkunde ist für beide nur der vertretungsberechtigte „Herr ABC“ aufgetreten).
    Das Erbbaurecht hat kein „zeitliches Ende“, ein Erbbauzins wurde nicht vereinbart, was ja beides möglich ist. Schuldrechtlich hat die Erbbauberechtigte an den Grundstückseigentümer einmalig 40T€ zu zahlen.
    Weiterhin ist weder zur Veräußerung noch zur Belastung die Zustimmung des Grundstückseigentümers erforderlich.
    Darüber hinaus wird der Heimfallanspruch ausgeschlossen. Ich habe zu dem Thema überhaupt nichts gefunden, muss es aber wohl nicht weiter problematisieren, weil ausdrücklich beantragt wurde, dass diese Vereinbarung nicht als dinglicher Inhalt des Erbbaurechts eingetragen werden soll.

    Die o. g. Entscheidung des LG Deggendorf aus 1987 steht mir leider nur als Kurztext zur Verfügung. Aber nach Bemühen unseres Geo-Servers konnte ich feststellen, dass auch in meinem Fall tatsächlich nur ein kleiner Teil des großen Grundstücks mit dem Erbbaurecht belastet werden soll, so dass wohl Sittenwidrigkeit im Sinne der Entscheidung ausgeschlossen werden kann.

    Ich hab allerdings Bedenken wegen § 1 II ErbbauRG: Der Lageplan, der der not. Urkunde beigefügt ist, bildet das zu belastende Grundstück nicht vollständig ab, sondern nur den Teil, auf den die Ausübung des Erbbaurechts beschränkt ist. Das 9.000 m² große Grundstück ist schon mit einem großen Gebäude bebaut, was ich a) ahnte wegen Ortskenntnis und b) dann auf der Karte des Geo-Servers tatsächlich gesehen habe. Es scheint nach Sichtung beider Karten/Lagepläne nun so zu sein, dass das neue Erbbaurecht-Gebäude (lt. Urkunde „Lagerhalle samt Nebenanlagen“) eben nicht wirtschaftlich die Hauptsache ist, sondern vielmehr das bereits vorhandenen Gebäude, welches auch wesentlich größer ist und - verbunden mit einer über die Straße führenden Brücke - zum großen Betrieb auf der anderen Straßenseite gehört.
    Hat der Notar absichtlich nur einen auszugsweisen Plan vorgelegt um mich zu bekrücken? Egal.
    Teilt Ihr meine Bedenken? Im Kommentar steht ja, dass man bei dieser Beurteilung einen großzügigen Maßstab anlegen soll, aber selbst dann komm ich zu keinem anderen Ergebnis, weil es eigentlich so eindeutig ist...

    Fällt Euch noch etwas ein?
    Vielen Dank schon mal!

  • Guten Morgen und direkt Entschuldigung fürs Hochmogeln, aber ich brauch echt Hilfe/Bestätigung.... :(
    Vielen Dank!

  • Wenn ich das richtig verstehe, sind alle vom LG Deggendorf aufgezeigten Voraussetzungen erfüllt? Und mit einem vollständigen Plan hätten die Beteiligten und der Notar das sogar noch zweifelsfreier bestätigt?

  • Wenn ich das richtig verstehe, sind alle vom LG Deggendorf aufgezeigten Voraussetzungen erfüllt? Und mit einem vollständigen Plan hätten die Beteiligten und der Notar das sogar noch zweifelsfreier bestätigt?

    Äh, genau! :daemlich
    Ich hab mich von der Kommentierung zu § 1 Abs. 2 ErbbauRG völlig verwirren lassen.
    Vielen Dank, 45! Drüber reden hilft einfach. :)
    Sorry auch für die späte Rückmeldung, es gibt so Tage...

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