Erbbauzinserhöhung

  • Ich habe folgende Vertretungsakte vorliegen:

    Erbbaurecht für E. In Abt. sind in dieser Rangfolge eingetragen:

    1. Erbbauzins über 1.150,14 DM.

    2. Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung weiterer Erbbauzinsreallasten für den Grundstückseigentümer (halbspaltig) und daneben - unter Ausnutzung der Vormerkung - ein weiterer Erbbauzins von 127,56 DM.

    3. Vorkaufsrecht für Grunstückseigentümer.

    E erklärt im März 2009 in der Urkunde, die mir jetzt zum Vollzug vorgelegt wird, dass sich der Erbbauzins aufgrund der schuldrechtlichen Anpassungsvereinbarung wie folgt erhöht hat:
    - seit dem 01.04.2002 um jährlich 69,94 €
    - seit dem 01.12.2007 um jährlich weitere 71,34 €.

    E bewilligt und beantragt, "den erhöhten Erbbauzins von jährlich 69,94 € ab 01.04.2002 und jährlich 71,34 € ab 01.12.2007 unter teilweiser Ausnutzung der Vormerkung Abt. II Nr. 2 als weitere Reallast einzutragen".

    Fragen:

    1. Sehe ich es richtig, dass ich nicht nachprüfen muss, ob sich die Erhöhungen im Rahmen der schuldrechtlichen Erhöhungsvereinbarung bewegen und somit von der Vormerkung gedeckt sind? So jedenfalls verstehe ich Schöner/Stöber, Rn. 1834.
      .
    2. Die Erklärungen, dass der erhöhte Erbbauzins ab dem 01.04.2002 bzw. 01.12.2007 gilt, sind wohl als (zusätzliche) Nutzungsentgeltvereinbarung auszulegen, so dass Eintragung möglich ist (vgl. Schöner/Stöber, Rn. 1801), oder?
      .
    3. Wie fasse ich dei Eintragungen ab?
      Trage ich eine neue Reallast oder zwei neue Rechte ein? Ist der jeweilige Anfangszeitpunkt (01.04.2002 bzw. 01.12.2007) mit einzutragen?
      Und muss ich, da ich ja im Rang der Vormerkung eintrage und es diverse nachrangige Rechte gibt, bei den nachrangigen Rechten vermerken, dass die Reallast(en) Vorrang haben oder genügt die Angabe bei dem Erhöhungsrecht, dass "unter teilweiser Ausnutzung der Vormerkung" eingetragen wurde?

    Sorry für die vielen dummen Fragen dazu aber solche Dinge kommen hier nur bei dem Kollegen vor, den ich jetzt vertrete...

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • ZU 1) ja
    Zu 2) ja
    Zu 3)
    In Solum existiert dafür dieser Baustein (unter ERbbaurecht):
    "EintrBaustein ZINSUM
    Oberbegriff=" Abt. II Veränderungen"
    Eintr. eines erhöhten Erbbauzinses in Sp. 4 und 5"

    Text="Die Vormerkung Abt. II Nr. ...ist teilweise umgeschrieben in eine Reallast für einen weiteren erhöhten Erbbauzins in Höhe von 0,00 EUR (null Euro) jährich für den jeweiligen Eigentümer von ...Blatt ??? (Best.-Verz. Nr. 1). Gemäß Bewilligung vom ... mit Rang der Vormerkung eingetragen am \^==Datum==.
    ^==Rpfl.=="

    Es gehört oft mehr Mut dazu, seine Meinung zu ändern, als ihr treu zu bleiben.



  • Der Beginn des dinglichen Erbbauzinses kann nicht vor der GB-eintragung iegen; für die vor der Eintragung liegende Zinsen sind lediglich schuldrechtliche Vereinbarungen möglich (s. BGHZ 22, 220/222 und Rpfleger 1975, 56; Schöner/Stöber, RN 1801)

    Ich würde daher zum Erbbauzinsbeginn im Eintragungstext keine Angaben machen.).

    Was die „Erhöhungsvormerkung“ anbelangt, bei der offenbar kein Betrag festgelegt wurd , anliegend ein Auszug aus einer Zw.vfg.; vielleicht kannst Du es ja verwenden:

    Die Ausnutzung der Rangstelle der Vormerkung setzt voraus, dass die Erbbauzinsanpassung innerhalb der der Vormerkung zugrundeliegenden Vereinbarung liegt und dass dies dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO nachgewiesen wird (OLG Düsseldorf, DNotZ 1976, 53; Ingenstau/Hustedt, Kommentar zum Erbbaurecht, 8. Aufl., 2001, § 9 ErbbauVO RN 72) oder aber offenkundig ist (LG Marburg, Rpfleger 1991, 453; von Oefele/Winkler, Handbuch des Erbbaurechts, 3. Aufl., 2003, RN 6.224; MünchKomm/von Oefele, BGB, 5. Aufl., 2009, § 9 ErbbauVO RN 70). Von Offenkundigkeit kann ich nicht ausgehen.
    Offenkundig sind zwar auch alle dem Grundbuchamt zweifelsfrei bekannten Tatsachen, ohne Unterschied, ob diese Kenntnis amtlich oder außeramtlich erlangt wurde, wobei auch aktenkundige Tatsachen als offenkundig anzusehen sind (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., 2008, RN 158).
    Vorliegend ist diese Offenkundigkeit jedoch aus folgenden Gründen nicht gegeben…..“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • @Sternsucher:

    Wir haben für die Erhöhungsreallast auch einen Baustein. Das ist nicht das Problem. Ich frage mich aber, ob ich den Baustein 2 Mal eintragen soll oder ob ich nur eine neue Reallast über den addierten neuen Zins eintrage.

    Ferner frage ich mich, ob ich bei den nachrangigen Rechten (insbes. in Abt. III) vermerken muss, dass diese Relassten Vorrang haben.

    Prinz:
    Dann folgst Du bzgl. der Überprüfung also nicht Schöner/Stöber. Okay. Aber wie sieht dann so ein Nachweis in der Form des § 29 GBO tatsächlich aus?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • @Sternsucher:

    Wir haben für die Erhöhungsreallast auch einen Baustein. Das ist nicht das Problem. Ich frage mich aber, ob ich den Baustein 2 Mal eintragen soll oder ob ich nur eine neue Reallast über den addierten neuen Zins eintrage.

    Ferner frage ich mich, ob ich bei den nachrangigen Rechten (insbes. in Abt. III) vermerken muss, dass diese Relassten Vorrang haben.
    pp..............


    Ich würde 2 x eintragen. Und zum Problem der rückständigen Zinsen:
    Nach meiner Ansicht trifft das nur zu, wenn keine Vormerkung eingetragen ist. Hier ist der Erbbauzins gestiegen und wird nur als Erhöhung bei dem Recht vermerkt.
    Die nachrangigen Rechte müssen nicht zustimmen, da die Erhöhung den Rang der Vormerkung teilt und damit den Gl. bei Eintragung der nachrangigen Rechte schon bekannt war.

    Es gehört oft mehr Mut dazu, seine Meinung zu ändern, als ihr treu zu bleiben.


  • Prinz:
    Dann folgst Du bzgl. der Überprüfung also nicht Schöner/Stöber. Okay. Aber wie sieht dann so ein Nachweis in der Form des § 29 GBO tatsächlich aus?



    Ich lasse mir anhand der Daten des statistischen Bundesamtes:
    http://www.destatis.de/jetspeed/porta…enderPrint.psml
    eine Berechnung vorlegen aus der sich die Entwicklung der Lebenshaltungskosten anhand der Indices alt und neu sowie die Entwicklung der Einkommen (Bruttoverdienst der Arbeiter in der Industrie und der Angestellten in Industrie; Kreditinstituten und im Versicherungsgewerbe) anhand der Indices bei Vertragsabschluss und derjenigen bei der Erbbauzinsanpassung ergeben. Dazu haben wir hier entsprechende Vordrucke. Das Ganze ist allerdings -auch was das Nachvollziehen anbelangt- furchtbar kompliziert.....

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Hmm, na ja, es stehen schon einige Zahlen dazu in der Bewilligung. Aber ich denke, wenn ich ehrlich sein soll, ich halte mich dann doch eher an Schöner/Stöber, Rn. 1834. :oops:

    Daher werde ich dann mal eintragen (aber erst morgen, weil heute ist Feierabend)...

    Vielen Dank Euch beiden!!!

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich häng mich mal hier dran:

    Schöner/Stöber führt unter Rn. 1834 aus:

    Das Gleiche gilt auch bei der nicht unter § 9a ErbbauRG fallenden Eintragung der Erhöhung. Auch hier kann das Grundbuchamt im Regelfall keine weiteren Nachweise verlangen, mit denen die Richtigkeit der durchgeführten Erhöhung nachgewiesen wird. Nur in Fällen, in denen dem Grundbuch gewichtige Anhaltspunkte dafür bekannt sind, dass die bewilligte Erhöhung nicht dem durch Vormerkung gesicherten Anspruch entspricht, kann es im Wege der Zwischenverfügung weitere Nachweise oder Rangrücktritt vorrangiger Berechtigter verlangen; die Form des § 29 GBO muss für solche Nachweise nicht eingehalten werden, da es sich um sog. „Nebenumstände” (s. Rn. 159) handelt.

    Vorliegend habe ich die Bewilligung zur Erhöhung des Erbbauzinses um 73,80 EUR unter Ausnutzung der Vormerkung zur Eintragung einer weiteren Reallast im Rang der bereits bestehenden Reallast. Der schuldrechtliche Anspruch auf Erhöhung bemisst sich nach dem prozentualen Anstieg des Preisindex nach Fachserie 17, Reihe 7 des Stat. Bundesamtes, jeweils nach Ablauf von 5 Jahren, beginnend zum 01.01.2004. Dabei sind der Indexstand für den Monat der letzten Änderung des Erbbauzinses und der Indexstand des Monats, in dem die jeweilige 5-Jahresfrist abläuft, gegenüberzustellen.

    Vorliegend wurde mit Eintragung am 10.06.2015 der Erbbauzins unter Ausnutzung der Vormerkung geändert, bzw. in der Höhe eine weitere Reallast eingetragen.

    Meine Frage nun: Trage ich jetzt einfach die Erhöhung unter Ausnutzung des mit der Vormerkung gesicherten Ranges ein, weil ich nicht weiter die Richtigkeit überprüfen kann oder schaue ich mir jetzt die allseits bekannte Preisindextabelle des Stat. Bundesamtes gemäß der Auffassung Schöner/Stöbers an, da diese ja Anhaltspunkte zur objektiven Überprüfbarkeit sind und wenn ja dann nachfolgend so?

    Preisindex von Juni 2015: 100,4 ausgehend von der Summe der im Gleichrang stehenden Reallasten, also im Zeitpunkt der letzten Eintragung

    Preisindex von Dezember 2018: 104,2 (5Jahres-Frist ab 01.01.2004, also letzter Stand nach 15 Jahren mit Ablauf des 31.12.2018)

    = max. Erhöhung um 3,8 Prozentpunkte von der Höhe der Summe der im gleichen Rang stehenden Reallasten? :gruebel:  

    Oder muss das der Bewilligende darlegen?

    Falls die Erhöhung diese Grenze überschreitet, müssten die nachrangig dinglich Berechtigten nach § 876 BGB zustimmen?

  • Meine Ansicht habe ich oben und hier

    Erbbauzins nachträglich im Range der Vormerkung? - Fach-Forum von, für und über Rechtspfleger
    Im Erbbaugrundbuch ist eine Vormerkung für Erbbauzinserhöhung eingetragen (II/4) , später wurde ein Erbbauzins (II/9) ohne Ausnutzung dieser Vormerkung…
    rechtspflegerforum.de

    dargestellt:

    Die Ausnutzung der vorgemerkten Rangstelle kann nur erfolgen, wenn dem Grundbuchamt offenkundig oder gemäß § 29 GBO nachgewiesen ist, dass sich die Erhöhung im Rahmen des Vorgemerkten hält. Die bloße Einigung der Beteiligten genügt hierzu nicht. Kann der Nachweis nicht erbracht werden, sind Vorrangseinräumungen der nachrangigen Berechtigten erforderlich (siehe Weiß im Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2023, § 9 ErbbauRG, RN. 79; Kesseler im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, Updatestand 05.02.2022, § 883 BGB RN 165; Maaß im BeckOK BGB, Stand 01.02.2023, § 9 ErbbauRG RN 12; Winkler/Schlögel, Erbbaurecht, 7. Auflage 2021, § 6. Gegenleistungen für das Erbbaurecht (Vorkaufsrechte, Erbbauzins, Anpassungsklausel), RNern. 224 und 225, je mit Nachweisen)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ja, Prinz vielen Dank für die neueren Fundstellen. Meine Frage zielt eher darauf ab, ob meine Berechnungsweise offenkundig oder von den Beteiligten (ob nun in der Form des § 29 GBO? - Schöner/Stöber sagt eher nicht) darlegungspflichtig ist?

    Mithin, ob die Zustimmung Dritter erforderlich ist - weil offenkundig zu viel erhöht wurde oder ob mir die Beteiligten jetzt nachträglich noch "ein Märchen auftischen" dürfen :gruebel:

  • Wenn Deine Berechnungsweise ergibt, dass der vorgemerkte Rahmen überschritten ist, dann kannst Du die Rangrücktrittserklärung der Zwischenberechtigten verlangen. Das ist nicht anders, als wenn z.B. ein Erbbauzinserhöhungsanspruch vorgemerkt ist, der frühestens nach 3 Jahren geltend gemacht werden kann, dann aber bereits vor Fristablauf eine Erbbauzinserhöhung eingetragen werden soll, etwa weil der Erbbauberechtigte einen Anbau o.ä. errichtet hat. Auch dafür besteht die Vormerkung nicht.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!