Neue Problematik bzgl. P-Konto... Lösungsvorschläge?

  • Hallo,
    folgende Problemstellung tritt akut auf:

    Beispiel: Kunde S erhält zum Monatsende Juni seinen Arbeitslohn für Juli iHv 1.000 € auf sein herkömmliches Girokonto überwiesen (könnten aber genau so gut auch Sozialleistungen oder Kindergeld sein).
    Als am 01. Juli eine Kontopfändung eingeht, weist das Konto noch ein Guthaben iHv 1.000 € auf. S wandelt das Konto am 05.07. in ein P-Konto um, so dass ihm der P Konto-Schutz mit Sockelfreibetrag iHv 985, 15 € rückwirkend, § 850k Abs. 1 Satz 3 ZPO, ab 01. Juli zusteht. S kann also über seinen Lohn (oder Sozialleistung / Kindergeld) bis zur Höhe von 985,15 € frei verfügen.
    Als im Juli (am 30.07.) nun der Arbeitslohn für August überwiesen wird, hat er seinen Freibetrag für Juli bereits voll ausgeschöpft, so dass 1.014,85 € (1.000 €./. 985,15 € + 1.000 €) an den Gläubiger zu überweisen wären. S hätte dann nichts mehr für seinen Lebensunterhalt im August.
    Wie sieht für dieses Problem die Lösung aus?
    S kann hier wohl nur einen Antrag nach § 765a ZPO beim Vollstreckungsgericht (bzw. bei der Vollstreckungsstelle eines öffentlichen Gläubigers wie Finanzamt, Landkreis oder Krankenkasse) auf (einmalige) Aufhebung der Pfändung wegen sittenwidriger Härte stellen. Diese Art von Anträgen werden nunmehr vermehrt bei uns gestellt.
    Das Problem dürfte sich auch bei einmaligen Sozialleistungen, die nicht in dem Monat kommen, für den sie bescheinigt sind, ergeben sowie bei Nachzahlungen speziell bei Wohngeld, Übergangsgeld und Renten, die nicht selten vorkommen.
    Hat da jemand schon Erfahrungen mit? Wie würdet Ihr damit umgehen?

  • Kann mir bitte noch einmal jemand sagen, was in dem Fall konkret zu tun ist. Richtig schlau geworden bin ich aus dem angegebenen Thread nicht. Habe jetzt 4 Antragsteller vor meiner Tür sitzen. Alle mit dem Hinweis von der Spaßkasse am Ort, dass sie bitte einen Antrag nach § 765 a ZPO wegen sittenwidriger Härte stellen mögen. Sozialleistungen sind zum 30.07.2010 auf das Konto eingegangen (Arbeitslosengeld I) und Bank zahlt nicht aus.
    Sofortfreigabe ist ja wohl nicht möglich über § 765 a ZPO. Ich werde nun erstmal die ZV einstellen und dem Gläubiger den Antrag zur Kenntnis und Stellungnahme zuleiten. Weiterhin ist ja gezwungenermaßen die Rechtsmittelfrist von zwei Wochen einzuhalten. Als Fazit kann man dann ja wohl nur konstatieren, dass der Schuldner dann mindestens drei Wochen ohne Geld da sitzt... Gibt es andere Möglichkeiten? HILFE!

  • Fände es gut, wenn das Thema hier nochmal aufgegriffen werden könnte!
    Der andere Thread ist doch schon ziemlich überfüllt und auch durcheinander! Ne richtige Lösung für die hier gestellte Frage gibts dort nicht!

  • Habe gerade auch einen derartigen Antrag entschieden.
    ICH! habe mich über § 765 a V ZPO bezüglich eines Teilbetrages in analoger Anwendung von § 850l II ZPO ( Betrag um seinen notwendigen Unterhalt zu bestreiten und seine laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten... zu erfüllen bedarf) hinweggesetzt.
    Es ist nicht Verschulden des Schuldners, wenn er in eine Regelungslücke fällt (die bereits schon vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 01.07.2010 bekannt war).

  • Wie üblich hat der Gesetzgeber mal wieder nicht an alle Möglichkeiten gedacht, dass etwa im Einzelfall Arbeitnehmer ihre Löhne für Juli und August am 1.7. und 30.7. gutgeschrieben bekommen - und genauso ist das hier im Beispielfall durch die Umstellung. Auszubaden habe es wie immer wir, wenn massenhaft Leute draußen vor der Tür stehen.

  • Hallo,
    ich habe alle meine Anträge nach § 765 a ZPO aufgenommen, aber nicht in Analogie zu 850 l ZPO entschieden. Es steht in der gängigen Kommentierung, dass zwar eine Einstellung aber keine Aufhebung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen stattfinden kann. Was für einen Sinn hätte denn auch die gesetzliche verankerte Rechtsmittelfrist, wenn ich vorab - unwiederbringlich - Geld freigebe... Das ging mir dann doch zu weit. Regelungslücke hin oder her... Mag der Schuldner das Pfändungskonto rückabwickeln oder sich eine Überbrückungszahlung auf seine Sozialleistungen holen.
    Die Situation ist misslich. Über Anregungen, wie in diesem Falle anderswo verfahren wird, sollte man hier noch mal eingehend diskutieren. Vielleicht bieten sich ja noch außer § 765 a ZPO Möglichkeiten, welche man bisher übersieht. Das Regelungskorsett dieses Paragraphen finde ich sehr eng...

  • :gruebel: .. aber es sind doch nicht die Maßnahmen ( Pfändung- und Überweisung ) die hier zu einer besonderen Härte führen, sondern die Handhabung des Drittschuldners; - wie komme ich dann zu einer Zulässigkeit von § 765a ZPO ? :confused:

  • Kann es diese Situation jeden Monat geben? oder nur quasi den ersten Monat nach der Umstellung?

    Und wie sieht dann meine Entscheidung nach § 765 a aus? Gebe ich dann den Lohn/die Sozialleistung in unpfändbarer Höhe frei? Oder sag ich dann er darf das Geld mit in den nächsten Monat nehmen?

    Verstehe ich das so richtig:
    Schuldner kriegt zum 30.7, sein Geld, darf nicht mehr drüber verfügen weil er schon über sockelbetrag für Juli verfügt hat. Sch kommt zum Gericht, kriegt Freigabe für das Geld.
    Wenn dann am 30.8. wieder Geld kommt, hat er im August quasi nur über den freigegeben Betrag verfügt, also darf er noch über den Sockelbetrag verfügen wenn das Geld am 30.08 kommt. Es läuft dann praktisch daraufhinaus, dass er erst im September über den Sockelbetrag von August verfügt. :gruebel:

  • Hallo,
    ich habe alle meine Anträge nach § 765 a ZPO aufgenommen, aber nicht in Analogie zu 850 l ZPO entschieden. Es steht in der gängigen Kommentierung, dass zwar eine Einstellung aber keine Aufhebung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen stattfinden kann. Was für einen Sinn hätte denn auch die gesetzliche verankerte Rechtsmittelfrist, wenn ich vorab - unwiederbringlich - Geld freigebe... Das ging mir dann doch zu weit. Regelungslücke hin oder her... Mag der Schuldner das Pfändungskonto rückabwickeln oder sich eine Überbrückungszahlung auf seine Sozialleistungen holen.
    Die Situation ist misslich. Über Anregungen, wie in diesem Falle anderswo verfahren wird, sollte man hier noch mal eingehend diskutieren. Vielleicht bieten sich ja noch außer § 765 a ZPO Möglichkeiten, welche man bisher übersieht. Das Regelungskorsett dieses Paragraphen finde ich sehr eng...



    Gelöscht. Grund: Tomaten auf den Augen (§§ 55 V SGBI)

  • Das verstehe ich jetzt nicht. Wenn es P-Konten sind, dann gilt doch 55 SGB I nicht. Man kann eben gerade nicht innerhalb der Schutzfrist verfügen. Erhält der Schuldner im Juli den Sockelbetrag, weil er noch Geld aus Juni auf dem Konto hatte (und am 01.07. ein P-Konto beantragte), so holt er im Juli nun das Geld ab. Am 30.07. bekommt er dann nichts mehr, weil der Sockelbetrag schon ausgeschöpft ist.Ich hab hier zwei Fälle, in denen die Schuldner die Sozialleistung für August nicht bekommen. Was sollen die nun beantragen und geht das ewig so weiter?

  • Ich kann Duke2606 nur zustimmen, sehe das aber noch enger. :mad:
    Ich kann zwar die Rechtsauffassung der Sparkassen (warum ergeben sich solche Probleme eigentlich immer nur bei den Sparkassen?) nachvollziehen, auch wenn diese Lesart nicht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung entsprechen dürfte.
    Aber eine Lösung über § 765a ZPO?
    Ein unzumutbares Vorgehen des Gläubigers, das gegen die guten Sitten verstößt? (vrgl. Zöller)
    Die Vollstreckungsmaßnahme an sich ist doch gar nicht das Problem.
    Das Problem ist zum einen, dass sich der Schuldner für eine ganz bestimmte gesetzliche Regelung seines Schutzes entschieden hat, nämlich das P-Konto mit seinen Vor- und Nachteilen.
    Es ist also ein selbstgemachtes Problem.
    Insoweit besteht aber doch gar keine Regelungslücke, die es zu füllen gibt. Im Gegenteil, die gesetzliche Regelung ist doch vorhanden.
    Und nun gefällt dem Schuldner sein Schutz nicht mehr, das ist natürlich schade. :confused:
    Zum anderen ergeben sich die Probleme durch die Leistungspflichtigen, die ihre Leistung vor der eigentlichen Fälligkeit erbringen und die Kreditinstitute (zumindest offenbar die Sparkassen), die die Gutschriften für das Monatsende buchen statt für den Monatsanfang.
    Ich denke, dass man (der Schuldner, die Kreditinstitute) da ansetzen muss.
    Warum also überhaupt eine Lösung dieser Probleme, die nicht originär durch die Vollstreckungsmaßnahme entstanden sind, durch das Vollstreckungsgericht?

    Und dann die Anwendung von § 765a ZPO.
    Was würde das denn bedeuten, wenn man die Zulässigkeit und die Begründetheit bejahen kann?
    Zunächst würde man den monatlichen Freibetrag mal locker verdoppeln (Schutz nach 765a ZPO und 850k ZPO). Kann das richtig sein? Wie werden das die Gläubiger wohl beurteilen?
    Und will man diesen Beschluss jetzt jeden Monat fassen? Oder reicht es ein Mal?
    Und müsste man nicht zwingend zuvor die Vollstreckung einstellen und den Gläubiger anhören? (unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers/103 I GG?) :confused:
    Die Zulässigkeit einer Vorabfreigabe im Rahmen des § 765a ZPO ist ja durchaus umstritten, das muss jeder für sich entscheiden.
    Letztlich würde man damit aber doch eine eindeutige gesetzliche Regelung „umgehen“, und zwar derart, dass diese gesetzliche Regelung ad absurdum geführt wird. Wozu dann noch ein P-Konto? Nur damit der Schuldner jetzt auch wieder am Automaten über sein Guthaben verfügen kann? Mit dem Freigabebeschluss durch das Gericht dürfte das auch nicht mehr gehen, schätze ich, spielt aber keine Rolle.
    Woraus ergibt sich die Befugnis, die eindeutige Rechtslage neu zu gestalten? Frei nach Judge Dredd: „I am the law!“ ?

    Ich lasse mich ja gern überzeugen, denn für die Schuldner ist die Situation natürlich sehr ärgerlich, aber der Weg über § 765a ZPO scheint mir nicht der richtige zu sein…
    Ich werde entsprechende Anträge also zurückweisen.
    Und dann werden sich möglicherweise Menschen mit der Problematik befassen, die dafür eindeutig besser bezahlt werden als ich. :cool:



  • Sehe ich auch so! Entweder muss der Leistungserbringer zu anderen Zeiten überweisen oder die Bank anders buchen. Ansonsten ist halt das P-Konto für einen Schuldner, der zweimal im Monat Leistungen erhält, die insgesamt über dem Freibetrag liegen ein ungeeignetes Mittel um Pfändungsschutz zu erlangen. Er müsste halt dann auf das normale Konto und § 850 l ZPO verwiesen werden und nicht auf § 765 a ZPO.

  • Ansonsten ist halt das P-Konto für einen Schuldner, der zweimal im Monat Leistungen erhält, die insgesamt über dem Freibetrag liegen ein ungeeignetes Mittel um Pfändungsschutz zu erlangen. [/QUOTE]

    Hmmm, also fallen dann auch alle Arbeitnehmer raus, die Teilzahlungen,
    separate Auslösen, Erstattungen und Provisionen, etc. bekommen:gruebel:.

    Das P-Konto sollte doch den Schuldner in seiner Existenz schützen,
    nicht diese gefährden :daumenrun.

  • Ich denke §765a ZPO müsste einmalig möglich sein.

    Danach muss aber seitens des Schuldners mit der Bank etwas abegsprochen sein.

    Wieso buchen denn die Banken nicht alles erst zum 01. des Monats? :gruebel:

  • Wir lösen das (zugegebenermaßen dämliche Problem) hier über die einmalige Festsetzung eines Festsetzung eines von den Sockelbeträgen abweichenden Freibetrages entspr. § 850 k Abs. 4 ZPO. Ich bin der Ansicht, dass ich dies einmalig machen kann, wenn schon eine laufende abweichende Bestimmung möglich ist. So lasse ich dem Schuldner also in dem betreffenden Monat einmalig zusätzlich zum Sockelbetrag nach § 850 k Abs. 1,2 ZPO einen weiteren Freibetrag (ausdrücklich im Beschluss so bezeichnet!). Die Höhe des weiteren Freibetrags mache ich davon abhängig, ob er über den Lohneingang von vor der Umstellung (ich versteht, was ich meine....) schon verfügt hat, oder nicht.

    In den folgenden Monaten kann der Schuldner dann ja Guthaben in den nächsten Monat übertragen.

    Es kann nicht zu Lasten des Schuldners gehen, dass hier das Gesetz nicht vernünftig ausgereift ist.

    Verliere immer den ganzen Verstand - ein halber verwirrt nur! :grin:

  • Eigentlich müsste man nur personen-individuell den "Kalendermonat" definieren, und das dauerhaft. Wenn jemand im Zeitraum 28.-3. immer seine Überweisungen bekommst, wird der Kalendermonat einfach vom 15. bis 14. des Folgemonats definiert, dann gibt es mit Sicherheit immer nur eine Überweisung.
    Nur so kann man verhindern, dass der Schuldner mehrfach wegen Freigabeanträgen erscheint. Und grundsätzlich hat man am Gesetzgeberwillen auch nichts gebeugt.
    Allerdings würde man damit wohl die Banken überfordern, deren Software so programmiert wurde, dass der Monat vom 1.-31. geht, wobei natürlich anzumerken ist, dass diese Software wahrscheinlich auch nicht mit irgendwelchen Beschlüssen des VG umgehen kann: Und da wären wir wieder, wo wir mal waren, und wovon wir wegkommen wollten: Der Schuldner muss am Schalter vorstellig werden, über die Automaten allein läuft nichts.



  • Ist auch eine vorübergehende Lösung des Problems, wenn du eine Obergerichtliche Entscheidung dazu hast, poste die mal.

    Ich mache es an Zöller, ZPO, leider nur 27.Auflage, § 765a Rn. 5 fest: "...wenn im Einzelfall das Vorgehen des Gläubigers zu einem ganz untragbaren Ergebnis führen würde."
    Und das Ergebnis der korekten Anwendung des § 850k ZPO durch den Drittschulder führt nach meiner Auffasung zu einem ganz untragbaren Ergebnis, der Schuldner verliert für einen Monat ohne schuldhaftes Verhalten (eigentlich hat er ja alles so gemacht wie der Gesetzgeber es vorsieht, und ab dem 01.01.2012 gibt es auch keine Aternative mehr) den unpfändbaren notwendigen Lebensunterhalt.
    Er müsste 1 Monat lang von "Luft und Liebe" leben.

    Ob § 850k Absatz 4 ZPO hier greift wage ich zu bezweifeln, dort heißt es: "Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag einen von den Absätzen 1, 2 Satz 1 Nr. 1 und Absatz 3 abweichenden Betrag festsetzen."
    Das heißt, das VG kann einen anderen nicht von der Pfändung erfassten Betrag festsetzen, dass ändert jedoch nichts an der Auszahlungsproblematik für den Monat August, da im August -noch- nichts eingeangen ist und der Juli ist abgeschlossen ist, oder soll für Juli rückwirkend er Betrag erhöht werden? Auch nicht unproblematisch.
    Darüber hinaus kriegst du über § 850k Absatz 4 ZPO "sauber" auch keine Vorabfreigabe bis zur endgültigen Entscheidung hin, weil auf § 850l Absatz 2 ZPO nicht bezuggenommen wird.

    Ich werde wohl -bis mir das LG etwas anderes sagt- nach § 765a ZPO entscheiden, mit der Maßgabe, das der Betrag den ich einmalig endgültig freigebe, nicht auf die pfandfreien Betrag gemäß § 850k I und II Zpo angerechnet werden darf, damit hoffe ich dann das P-Konto störungsfrei zum Laufen zu bringen.

    Das Problem ist nervig und alle Lösungen sind unbefriedigend. Das Vollstreckungsgericht ist mal wieder Reparaturbetrieb.

  • Ich habe mein Beschluss denn doch mal angehängt. Wenn ich die Kontoauszüge z.B. vom 30.6. - 30.7. vorliegen habe, dann reicht mir das.
    Und ich will ja eben bewußt keine laufende Bestimmung nach § 850 k Abs. 4 ZPO treffen, wenn den Schuldnern grundsätzlich der Sockelbetrag ausreicht.
    In meinem Fall ging es um Rente von knapp über 500,- EUR.

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