Grundsatzfrage zu § 15 a Abs. 2 ZPO

  • Ich habe eine grundsätzliche Frage zu § 15 a Abs. 2 RVG:

    Aus anderen Threads weiß man, dass heiß diskutiert wird, was "tituliert" (ganz oder teilweise) ist; grübeln muss man auch darüber, wass "in demselben Verfahren" bedeutet.

    Welche Auffassung vertretet Ihr in folgendem Fall:

    Kläger klagt volle vorgerichtliche Gebühren und die Hauptforderung ein. Der Richter spricht die Hauptforderung zu, die vorgerichtlichen Gebühren weist er mit der Begründung ab, es sei nach materiellem Recht nicht schlüssig vorgetragen, dass Schuldnerverzug vorlag. Die Kosten trägt dennoch zu 100 % der Beklagte.

    Nunmehr reicht der Kläger seinen KfA nach § 104 ZPO ein.

    Wer rechnet hier an und warum?

    Einmal editiert, zuletzt von Valerianus (31. August 2010 um 16:10) aus folgendem Grund: auf Grund zu starker Erheiterung der Forengemeinde korrigiert

  • § 15a ZPO? Die Sache wird ja immer komplizierter.... :D

    M.E. wird hier nix angerechnet, weil die GG weder tituliert noch im selben Verfahren geltend gemacht wurde. "Im selben Verfahren geltend machen" kann nicht bedeuten, dass das Einklagen der GG reicht, damit im Festsetzungsverfahren angerechnet wird - sonst bräuchte man ja die Titulierungsvariante auch nicht. Was ganz genau mit dieser Variante gemeint ist, kann ich leider nicht sagen, nur soviel: die Wege des Gesetzgebers sind unergründlich.... :gruebel:

  • :wechlach::wechlach: da gibt´s kein Problem, klick mal auf Deinen 15a :wechlach::wechlach:



    Der ist nicht schlecht...

    Ansonsten sehe ich es genau anders:

    Es kann nur damit gemeint sein, dass die Geschäftsgebühr in dem gleichen Verfahren mit eingeklagt worden ist (welcher Fall soll mit: "in dem gleichen Verfahren geltend gemacht..." sonst gemeint sein???). Der RA hat in diesem Fall den taktischen Fehler begangen sich bei der Geltendmachung nicht auf den nichtanrechenbaren Teil der Geschäftsgebühr beschränkt zu haben.

    Dass der Anspruch auf Erstattung der Geschäftsgebühr zurückgewiesen wird, ist Pech. Sie ist aber dennoch entstanden und wurde geltend gemacht. Also ist auf Einwand der Gegenseite anzurechnen...

  • ...... grübeln muss man auch darüber, wass "in demselben Verfahren" bedeutet.



    Für mich gehören Erkenntnis- und Kostenfestsetzungsverfahren zusammen. Irgendwann vor ganz langer Zeit hatte ich mal im Laufe der 130 Threads mit 2500 Beiträgen vorsichtig angefragt, ob es nicht auch von Interesse wäre, warum die (vollständig eingeklagte) GG vom Richter zurückgewiesen wurde. Diese Frage hat aber niemanden interessiert. § 15 a RVG sei ja schließlich eindeutig. :(


  • Dass der Anspruch auf Erstattung der Geschäftsgebühr zurückgewiesen wird, ist Pech. Sie ist aber dennoch entstanden und wurde geltend gemacht. Also ist auf Einwand der Gegenseite anzurechnen...

    Bei mir nicht!

  • "Im selben Verfahren geltend machen" kann nicht bedeuten, dass das Einklagen der GG reicht, damit im Festsetzungsverfahren angerechnet wird - sonst bräuchte man ja die Titulierungsvariante auch nicht.


    :daumenrau

    Was ganz genau mit dieser Variante gemeint ist, kann ich leider nicht sagen, nur soviel: die Wege des Gesetzgebers sind unergründlich.... :gruebel:


     N. Schneider nannte in einem Vortrag den Fall, daß der RA seine Vergütung, sowohl die 1,3 GG als auch die 1,3 VG (natürlich für denselben Gegenstand, aber aus aus einem anderen Verfahren) gegen einen Dritten einklagt - warum auch immer ... :wechlach:

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Einen eindeutigen Fall von in demselben (Kostenfestsetzungs-)Verfahren habe ich in verwaltungsgerichtlichen Verfahren - vgl. § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO.
    Wird die GG in der ordentlichen Gerichtsbarkeit als Nebenforderung mit eingeklagt und ein Vergleich geschlossen, durch den alle klageweise geltend gemachten Ansprüche erledigt werden, ist die GG m.E. erfüllt, es sei denn, sie ist ausdrücklich tituliert.

  • "Im selben Verfahren geltend machen" kann nicht bedeuten, dass das Einklagen der GG reicht, damit im Festsetzungsverfahren angerechnet wird - sonst bräuchte man ja die Titulierungsvariante auch nicht.


    :daumenrau

    Was ganz genau mit dieser Variante gemeint ist, kann ich leider nicht sagen, nur soviel: die Wege des Gesetzgebers sind unergründlich.... :gruebel:


    N. Schneider nannte in einem Vortrag den Fall, daß der RA seine Vergütung, sowohl die 1,3 GG als auch die 1,3 VG (natürlich für denselben Gegenstand, aber aus aus einem anderen Verfahren) gegen einen Dritten einklagt - warum auch immer ... :wechlach:



    Die Titulierung der GG kann auf einem anderen Weg erfolgen und muss nicht zwingend in dem gleichen Verfahren erfolgen.

    Bsp.:

    Mahnverfahren
    1. Hauptforderung
    2. GG als Nebenforderung

    Teilwiderspruch hinsichtlich der Hauptforderung, hinsichtlich der Geschäftsgebühr ergeht ein VB

  • "Im selben Verfahren geltend machen" kann nicht bedeuten, dass das Einklagen der GG reicht, damit im Festsetzungsverfahren angerechnet wird - sonst bräuchte man ja die Titulierungsvariante auch nicht.


    :daumenrau




    Wieso nicht? Was ist denn sonst "Geltendmachen", wenn nicht das Einklagen?




  • Wieso nicht? Was ist denn sonst "Geltendmachen", wenn nicht das Einklagen?


    Z.B. Wird im Mahnverfahren die GG und die VG in einem Gang geltend gemacht. Oder im KFA nach Widerspruch und Urteil die VG für MV und die VG für die Hauptsache.

    Für solche Fälle ist m.E. diese Alternative des 15a, da der Anspruch so bis zum Erlass der VB oder des KFB weder erfüllt noch bereits tituliert ist.

    (Zu viele Abkürzungen...)

  • "Im selben Verfahren geltend machen" kann nicht bedeuten, dass das Einklagen der GG reicht, damit im Festsetzungsverfahren angerechnet wird - sonst bräuchte man ja die Titulierungsvariante auch nicht.


    :daumenrau




    Wieso nicht? Was ist denn sonst "Geltendmachen", wenn nicht das Einklagen?


    z. B. im Kf-Verfahren, wenn wieder einmal die GG Einzug in den Antrag findet...

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Und wieso sollte man das Kf-Verfahren als unabhängiges, selbstständiges Verfahren neben dem Erkenntnisverfahren betrachten? Woraus ergibt sich das?

  • Und jetzt mal bitte ohne richterliche Nachhilfe und logisch schlüssig. :D

    Warum wird das KfVerfahren vom Hauptverfahren abgegrenzt? Wo steht die klare Erklärung dafür in der OLG-Stuttgart-Entscheidung? Da steht nur, dass es wohl so sein müsste, weil´s einfacher ist.

    Was konkret führt Müller-Rabe dazu aus, dass man es halt mal eben so betrachten müsste, weil es allen so besser gefällt. NJW-Zugriff hab ich nicht. :(

  • Der Aufsatz von Müller-Rabe (Richter am OLG i. R.) - fortan "M-R" - ist ein eher trauriges Erzeugnis: unnötig kompliziert und mit unglücklichen Formulierungen gespickt. Nichts für Ästheten.

    Ich habe mich dennoch durchgequält. Der hier interessierende Teil wird von mir nachstehend resümiert und mit Kommentaren versehen. Mit "vorG" meine ich hierbei die als Nebenforderung mit eingeklagte vorgerichtlichen Gebühren des Klägervertreters. Wenn ich von "anrechnen" rede, dann meine ich immer die Anrechnung im Kf-Verfahren, ohne dies ausdrücklich zu sagen:

    1.) Wird die vorG im Urteil zugesprochen, ist das nach M-R ein Fall von § 15 a Abs. 2 Fall 2 RVG ("tituliert"). Es wird also angerechnet. Nach M-R könne daher in diesem Fall offenbleiben, ob Erkenntnisverfahren und Kf-Verf. einen Fall von § 15 a Abs. 2 Fall 3 RVG ("in demselben Verfahren") darstellten.

    Kommentar: Methodisch falsch, dies offen zu lassen, denn wenn Kf- und Erkenntnissverfahren "dasselbe" Verfahren wären, wäre die Trennung im Gesetz zwischen Fall 2 und Fall 3 in 99 % der Fälle überflüssig.

    Der Lackmustest für solche Thesen ist natürlich der Fall, dass die vorG nur teilweise zugesprochen wird. - Fehlanzeige!

    2.) Wird die vorG abgewiesen, so scheint M-R, soweit ich die Ausführungen überhaupt verstehen konnte, wohl § 15 a Abs. 2 Fall 3 RVG ("in demselben Verfahren") zu prüfen, kommt dann aber wegen des Wortlauts "in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden" darauf, wenn die vorG abgewiesen wurde, werde sie ja nicht mehr "geltend gemacht". Also, so muss man folgern, sieht M-R in diesem Fall keine der 3 Varianten des § 15 a RVG gegeben, mit der Folge dass nicht angerechnet wird.

    Dies gelte aber, so M-R, nur dann, wenn die Abweisung der vorG rechtskräftig sei. Verfolge der Kläger die abgewiesene vorG hingegen in der Berufung weiter, mache der Kläger sie weiterhin geltend, nämlich in der 2. Instanz. Dies sei aber nicht mehr "dasselbe Verfahren" im Sinne des § 15 a Abs. 2 Fall 3 RVG, wobei M-R offen lässt, ob er das Verhältnis der beiden Erkenntnisverfahren zueinander oder das Verhältnis des Erkenntnisverfahren 2. Instanz zum Kf-Verfahren 1. Instanz meint. Wenn es aber nicht "dasselbe Verfahren" ist, würde M-R also ebenfalls nicht anrechnen.

  • Wie ich ja schon geschrieben habe, macht es keinen Sinn, wenn mit dieser Variante das Einklagen der GG gemeint wäre, weil man dann nicht noch die Titulierungsvariante mit reingenommen hätte. Die Titulierung der GG kann schließlich nur erfolgen, wenn sie vorher eingeklagt wurde... Zugegeben, dass ist nicht gerade ein juristischer Ansatz, aber ich traue unserem Gesetzgeber durchaus soviel logisches Denken zu, dass er das erkannt hätte und deshalb irgendwas anderes gemeint sein muss. Auch wenn meine Kollegen und ich bis jetzt noch nicht rausgefunden haben, was das sein könnte. :gruebel:

  • Wie ich ja schon geschrieben habe, macht es keinen Sinn, wenn mit dieser Variante das Einklagen der GG gemeint wäre, weil man dann nicht noch die Titulierungsvariante mit reingenommen hätte. Die Titulierung der GG kann schließlich nur erfolgen, wenn sie vorher eingeklagt wurde... Zugegeben, dass ist nicht gerade ein juristischer Ansatz, aber ich traue unserem Gesetzgeber durchaus soviel logisches Denken zu, dass er das erkannt hätte und deshalb irgendwas anderes gemeint sein muss. Auch wenn meine Kollegen und ich bis jetzt noch nicht rausgefunden haben, was das sein könnte. :gruebel:



    Volle Zustimmung.

    Müller-Rabe (s. o.) befasst sich zwar nicht damit, aber man denke das mal weiter: Der Kl. klagt die vorG ein und bekommt diese und die Hauptforderung zu 70 % zugesprochen. Müller-Rabe müsste nun so argumentieren: Erkenntnis- und Kf-Verfahren sind "dasselbe" Verfahren, in Höhe von 30 % werde die vorG, da abgewiesen, nicht mehr "geltend gemacht" i. S. d. § 15 a Abs. 2 Var. 3 RVG, in Höhe von 70 % ist sie dagegen "tituliert" i. S. d. § 15 a Abs. 2 Var. 2 RVG. Konsequenz wäre: alles, was nicht tituliert ist, wird nicht "geltend gemacht" und umgekehrt.

    Übrigens kommt mir das ein bisschen vor wie bei George Orwell in Nineteen eightyfour: "Krieg ist Frieden", "Liebe ist Hass" usw. Obwohl der Kl. im Kf-Verfahren, das ja angeblich "dasselbe" Verfahren ist, seine im Erkenntnisverfahren abgewiesene Gebühr "geltend macht" (und auch, wenn es richtig wäre, nicht anzurechnen) zugesprochen bekommt), macht er sie gerade nicht geltend, weil man sonst ja wegen § 15 a Abs. 2 Var 3 RVG anrechnen müsste.

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