Rechtsprechungshinweise Strafrecht und Strafvollstreckung

  • Nach dem gut funktionierenden Vorbild im Subforum Insolvenz hier wollen wir hiermit einen Thread für aus Eurer Sicht interessante Entscheidungen rund um das Sachgebiet Strafrecht/Strafvollstreckung anbieten.

    Der Thread ist für alle User offen und wir wünschen uns ausdrücklich, dass Ihr hier Beiträge einstellt.

    Die Beiträge sollen das Gericht, das Entscheidungsdatum, das Aktenzeichen sowie einen (oder ggf. mehrere) Leitsatz/Leitsätze enthalten, wobei letzterer auch selbst verfasst sein kann.

    Etwaige Fundstellen sind ebenfalls willkommen.

    Ebenfalls nach dem Vorbild im Bereich Insolvenz wäre es sinnvoll, wenn dieser Thread hier wirklich nur für die reinen Hinweise auf die Entscheidungen genutzt wird und für Anmerkungen, Diskussionen usw. ggf. ein neuer Thread eröffnet wird.
    Dies dürfte der Übersicht im Rechtsprechungsthread förderlich sein und ein Wiederfinden bestimmter Entscheidungen erleichtern.

    Das Forenteam

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ganz wichtig zum Thema Konkurrenz von Pflicht- und Wahlanwaltsgebühren

    BVErfG vom 04.05.2009 Az. 2 BvR 2252/08

    Leitsatz: Der Anspruch des Pflichtverteidigers auf gesetzliche Vergütung und der Anspruch gegen den Angeklagten auf Erstattung der Wahlanwaltsgebühren sind unterschiedli-che Ansprüche. Nach Festsetzung der Wahlverteidigervergütung und Aufrechnung der Staatskasse gegen den Erstattungsanspruch des Angeklagten kann daher dem Antrag auf Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung nicht entgegengehalten wer-den, eine Auszahlung der Pflichtverteidigervergütung komme nicht mehr in betracht, da das zu einer Doppelbelastung der Staatskasse führe.

    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit,

    aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher -Albert Einstein-

    Einmal editiert, zuletzt von Task-Force-Rpfl (22. September 2010 um 11:49)

  • Zur Erstattung von Kopierkosten des Verteidigers und zur Übersendung der gefertigten Kopien zur Überprüfung:

    Leitsatz: Bei der Beurteilung, was zur Bearbeitung der Sache, insbesondere auch zur Vermeidung von unnötigen Verzögerungen, sachgemäß ist und welcher Aktenbestandteil deshalb zu kopieren ist, ist auf die Sicht abzustellen, die ein verständiger und durchschnittlich erfahrener Rechtsanwalt haben kann, wenn er sich mit der betreffenden Gerichtsakte beschäftigt und alle Eventualitäten bedenkt, die bei der dann noch erforderlichen eigenen Bearbeitung der Sache auftreten können. Dabei darf kein kleinlicher Maßstab angelegt werden.

    AG Bremen, Beschl. v. 06.01.2011 - 82 Ls 230 Js 8347/10 (8/10)

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Interessante Entscheidung zum Strafbeginn bei Unterbrechung U-Haft:

    KG, Beschluss vom 11.11.2010 - 2 Ws 504/10 - 1 AR 1303/10, 2 Ws 504/10

    Leitsatz: Der Vorrang der Strafhaft tritt bei einem bereits in Untersuchungshaft befindlichen Verurteilten nicht erst mit dem Eingang des Aufnahmeersuchens in der Justizvollzugsanstalt ein, sondern bereits dann, wenn die Staatsanwaltschaft - wie hier durch den Erlass eines Vollstreckungshaftbefehls - unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe nunmehr ansteht. (amtlicher Leitsatz)



  • Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4.Mai2011 zur Sicherungsverwahrung;
    Auswirkungen für die staatsanwaltschaftliche Praxis

    http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen…2bvr236509.html


    In seinem Urteil vom 4.Mai 2011 mit dem u.a. sämtliche Vorschriften über die Anordnung und Fortdauer der Sicherungsverwahrung wegen Verstoßes gegen das Abstandsgebot für verfassungswidrig erklärt wurden, hat das Bundesverfassungsgericht konkrete Vorgaben für die Anordnung und Fortdauer der Sicherungsverwahrung während des dem Gesetzgeber eingeräumten Übergangszeitraums bis 31 .Mai2013 gemacht.


    Die höchste Form des Glücks ist Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit.
    Erasmus von Rotterdam

  • Dieser Leitsatz ist praxisfremd weil:

    1. Bei der Enleitung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zugleich ein Aufnahme-Ersuchen an die nach Vollstreckungsplan und Strafvollstreckungsordnung zuständige JVA übersandt wird. Wenn also der VU in anderer Sache in U-Haft kommt und in dieser Haftanstalt das Aufnahme-Ersuchen - zwangsläufig - bereits vorliegt so wird die U-Haft zugleich unterbrochen ohne das es einer weiteren Maßnahme der Strafvollstreckungsbehörde bedarf. Ein Erlaß eines Vollstreckungshaftbefehles ist damit obsolet d.h. Strafbeginn = gleich Verhaftung in der U-Haftsache.


    2. Soweit die U-Haft in einer anderen JVA vollzogen wird so ist es abwegig, das sich die Vollstreckungsbehörde bei Erlaß eines Haftbefehles kundig machen soll - und hierbei schuldahft handelt - wenn sie es unterläßt nachzuprüfen ob der VU sich irgendwo anders als in der zuständigen JVA in Untersuchungshaft befinden soll - dies kann ja bundesweit sein. Soll dann bei jeder möglichen JVA erst diesbezüglich nachgefragt werden ?

  • Die neueste Entscheidung zum leidigen Thema "Zeugenbeistand": OLG Nürnberg vom 27.06.2011, 1 Ws 189-190/11:
    Der Zeugenbeistand erhält eine Gebühr VV 4301 Z. 4 RVG für eine Einzeltätigkeit.

  • Bei Burhoff online wurde eine Entscheidung des KG zur VV 4124 RVG veröffentlicht.


    KG, Beschluss vom 19.05.2011 - 1 Ws 168/10


    Danach soll der Pflichtverteidiger trotz Tätigkeit keine Gebühr VV 4124 RVG erhalten, wenn nur die StA Berufung eingelegt und diese vor Begründung derselben wieder zurücknimmt.

    (meine pers. Meinung: Da wollte jemand ein Exempel gegen Gebührenschinderei und unnütze Tätigkeiten statuieren, aber nüchtern betrachtet geht das KG schon ein bischen weit...)

  • Für die Teilnahme an einer im Zwischenverfahren erfolgten Erörterung gemäß § 202a StPO mit dem Ziel einer Verständigung im Strafverfahren entsteht keine Terminsgebühr gemäß Nr. 4102 VV RVG.

    OLG Saarbrücken, Beschl. v. 08.08.2011, 1 Ws 89/11


    http://dejure.org/dienste/vernet…=1%20Ws%2089/11siehe auch:
    http://blog.strafrecht-online.de/2011/10/das-wa…nr-4102-vv-rvg/

  • Die neueste Entscheidung zum leidigen Thema "Zeugenbeistand": OLG Nürnberg vom 27.06.2011, 1 Ws 189-190/11:
    Der Zeugenbeistand erhält eine Gebühr VV 4301 Z. 4 RVG für eine Einzeltätigkeit.



    Auch das LG Gießen vom 11.04.2012 Az 7 Qs 59/12 billigt dem Zeugenbeistand lediglich eine Gebühr nach VV 4301 RVG und keine GG und VG zu.
    Dies auch mit Kenntniss der Entscheidung des BGH vom 17.04.2007 Az 1 BJs 322/85-2 (verööfentlich auf Burhoff, wobei ich glaube das diese unbegründete Entscheidung von einem Rechtspfleger getroffen wurde)

    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit,

    aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher -Albert Einstein-

  • Wichtig für die BZR Mitteilungen:

    Alt:
    § 15 [1] Eintragung der Vollstreckung
    In das Register ist der Tag einzutragen, an dem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, eines Strafarrestes, einer Jugendstrafe oder einer Vermögensstrafe oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung mit Ausnahme der Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis beendet oder auf andere Weise erledigt ist.

    --------------------------------------------------------------------------------
    NEU:
    § 15 geänd. durch G v. 15. 7. 1992 (BGBl. I S. 1302).
    Geltungszeiträume
    ab 27.04.2012
    01.01.2000 - 26.04.2012
    Neu:
    § 15 [1] Eintragung der Vollstreckung und des Freiheitsentzugs Ist eine Freiheitsstrafe, ein Strafarrest, eine Jugendstrafe oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung, mit Ausnahme der Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis, zu vollstrecken, sind in das Register das Datum einzutragen,
    1.an dem die Vollstreckung der Freiheitsstrafe, des Strafarrests, der Jugendstrafe oder der Maßregel der Besserung und Sicherung endet oder in sonstiger Weise erledigt ist,
    2.an dem nach einer Aussetzung zur Bewährung der Freiheitsentzug tatsächlich endet und
    3.an dem eine Freiheitsstrafe und eine Maßregel der Besserung und Sicherung, die auf Grund einer Entscheidung zu vollstrecken sind, beginnt oder endet.


    --------------------------------------------------------------------------------
    [1] 15 neu gef. mWv 27. 4. 2012 durch G v. 15. 12. 2011 (BGBl. I S. 2714).

    Die höchste Form des Glücks ist Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit.
    Erasmus von Rotterdam

  • OLG Nürnberg vom 27.03.2012, 2 Ws 67/12

    Zitat aus der Entscheidung:

    "....Beantragt der dem Verurteilten als Pflichtverteidiger beigeordnete Rechtsanwalt........die Festsetzung (und Auszahlung) der dem Verurteilten... zu erstattenden notwendigen Auslagen, hat er seine Antragsberechtigung gesondert nachzuweisen..... Auch wenn der Verteidiger den Antrag im Namen des Berechtigten stellt, bedarf es, weil das Verfahren nach § 464b StPO nicht mehr zum Strafverfahren gehört, einer besonderen Vertetungsvollmacht...."

  • Die Pflichtverteidigerbestellung umfasst nach §§ 140, 141 StPO als solche nicht das anwaltliche Tätigwerden zur Abwehr von Adhäsionsanträgen, so dass der Pflichtverteidiger daraus keinen Anspruch auf Festsetzung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 4143 VV RVG herleiten kann.
    OLG Hamm vom 08.11.2012, III-3Ws 139/12

  • ich kann die entscheidung auch weder bei beck-online, noch bei juris finden. ebenso aber (also für die notwendigkeit einer gesonderten, ausdrücklichen beiordnung bzw. pkh-gewährung):

    1. Für den Fall des Nebenklägers: BGH NJW 2001, 2486
    2. Für den Fall des Pflichtverteidigers: OLG Celle, Beschluss vom 06.11.2007, Az. 2 Ws 143/07; OLG Jena, Beschluss vom 14.04.2008, Az. 1 Ws 51/08; OLG Bamberg, Beschluss vom 22.10.2008, Az. 1 Ws 576/08; OLG Oldenburg, Beschluss vom 22.04.2010, Az. 1 Ws 178/10; OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.04.2008, Az. 2 Ws 59/08; OLG Hamburg, Beschluss vom 14.06.2010, Az. 3 Ws 73/10; OLG Stuttgart, Beschluss vom 06.04.2009, Az. 1 Ws 38/09; KG Berlin, Beschluss vom 24.06.2010, Az. 1 Ws 22/09; OLG München, Beschluss vom 29.11.2001, Az. 2 Ws 1340/01; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 11.09.2006, Az. 1 Ws 347/06.

    anderslautende entscheidungen gibt es nur in sehr geringer zahl, die aus meiner sicht unzutreffend sind, wie auch ein paar hierzu bestehende kommentarstellen....

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