Erbeinsetzung auflösend bedingt durch Scheidung?

  • Guten Morgen, liebe Forianer!
    Ehemann verstirbt, Ehefrau stellt den Berichtigungsantrag. Grundlage ist ein eröffneter Erbvertrag (neueren Datums, also aus 2010), in dem sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben einsetzen, Schlußerben sind die Kinder.
    Abschließend enthält der Erbvertrag folgende Klausel:
    "Stellt einer von uns den Antrag auf Scheidung unserer Ehe, werden alle Verfügungen dieses Erbvertrages unwirksam, wenn in der Folge des Scheidungsantrags die Ehe geschieden wird oder wenn ein Ehegatte vor Rechtskraft der Scheidung verstirbt und die Voraussetzungen für die Scheidung gegegeben waren, es sei denn, dass wir ausdrücklich etwas anderes anordnen."
    Ich denke, ich brauche einen Erbschein. Im Kollegenkreis wird allerdings auch die Meinung vertreten, die Ehefrau könnte eidesstattlich versichern, dass kein Scheidungsverfahren anhängig ist bzw. die Ehe nicht rechtskräftig geschieden wurde.
    Ich bin mir sicher, dass ich bisher eine solche Klausel noch nicht gesehen habe. Aber sie entspricht ja weitgehend dem, was im Falle der gesetzlichen Erbfolge für Ehegatten auch gilt (§ 1933 BGB). Bei gesetzlicher Erbfolge habe ich allerdings zur GB-Berichtigung auch immer einen Erbschein!
    Wie würdet ihr in einem solchen Fall verfahren? Erbschein oder reicht eine EV?

    Grüße aus dem Rheinischen
     Bee
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    Jedes Wort ist falsch und wahr, das ist das Wesen des Wortes.
    Max Frisch


  • Beides ist hier im Forum aber auch schon heiß diskutiert worden.


    Zur Scheidungsklausel hatte ich leider nix gefunden... :oops:
    Danke für den Hinweis!

    Grüße aus dem Rheinischen
     Bee
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    Jedes Wort ist falsch und wahr, das ist das Wesen des Wortes.
    Max Frisch

  • Bei einem notariell beurkundeten gemeinschaftlichen Testament ist das Grundbuchamt nicht berechtigt, allein wegen der theoretischen Möglichkeit einer vor dem Erbfall erfolgten Scheidung für die Erbenstellung des überlebenden Ehegatten einen zusätzlichen Nachweis durch Erbschein oder eidesstattliche Versicherung zu verlangen (§ 35 Abs. 1 Satz 2 HS. 2 GBO). Ein aktuelles Gutachten des DNotI gelangt zu dem Ergebnis, dass die gesetzliche Auslegungsregel des § 2268 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2077 Abs. 1 BGB das Grundbuchamt nicht berechtigt, ohne Vorliegen konkreter Anhaltspunkte auf der Vorlage eines Erbscheins (oder einer eidesstattlichen Versicherung) zu bestehen. Andernfalls verbliebe für die Anwendung des § 35 Abs. 1 Satz 2 HS. 1 GBO bei Verfügungen von Todes wegen zwischen Ehegatten kein praktischer Anwendungsfall. Nichts anderes gilt, wenn die letztwillige Verfügung der Eheleute eine ausdrückliche Scheidungsklausel enthält, die den Inhalt der gesetzlichen Auslegungsregel lediglich wiedergibt oder ihn inhaltlich modifiziert (DNotI-Gutachten, DNotI-Report 23/2006, 181-183).

  • Bei einem notariell beurkundeten gemeinschaftlichen Testament ist das Grundbuchamt nicht berechtigt, allein wegen der theoretischen Möglichkeit einer vor dem Erbfall erfolgten Scheidung für die Erbenstellung des überlebenden Ehegatten einen zusätzlichen Nachweis durch Erbschein oder eidesstattliche Versicherung zu verlangen (§ 35 Abs. 1 Satz 2 HS. 2 GBO). Ein aktuelles Gutachten des DNotI gelangt zu dem Ergebnis, dass die gesetzliche Auslegungsregel des § 2268 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2077 Abs. 1 BGB das Grundbuchamt nicht berechtigt, ohne Vorliegen konkreter Anhaltspunkte auf der Vorlage eines Erbscheins (oder einer eidesstattlichen Versicherung) zu bestehen.

    Ist das in dem umgekehrten Fall, dass die Ehe durch Scheidung aufgelöst ist und ein Dritter auf Grund notariell beurkundeten Testaments die Eintragung als Erbe beantragt genau so? In dem Erbvertrag der früheren Eheleute ist nichts zu einer Scheidung gesagt.
    Muss das Grundbuchamt etwas prüfen oder gelten allein die vorstehend genannten Vorschriften?

    Einmal editiert, zuletzt von RoryG (4. Oktober 2016 um 11:54)

  • Verstehe ich den Fall richtig, dass es einen Ehevertrag der inzwischen geschiedenen Eheleute gibt und ein später errichtetes not. (Einzel-)Testament, mit welchem abweichend testiert wurde?
    Da der Ehevertrag nach §§ 2279, 2077 BGB "nur" unwirksam ist, sofern ein anderer Wille nicht anzunehmen ist, kann die Frage nicht pauschal beantwortet werden, wenn keine entsprechenden Regelungen getroffen wurde.
    Als Nachlassgericht mache ich im EÖP in diesen Fällen einen entspr. Hinweis
    (...daher fraglich, ob ... gültig ist. Das ist aber nicht in diesem Verfahren zu entscheiden, sondern (sofern nötig) in einem Erbscheinsverfahren; durchgeführt wird dieses Verfahren nur auf Antrag.)
    Als GBA fordere ich dementsprechend einen Erbschein an.

  • Habe soeben denselben Fall wie #6 auf dem Tisch liegen. Erbvertrag mit damaliger Ehefrau (gegenseitige Einsetzung als Alleinerben, keine Aussage zur Fortgeltung bei Scheidung), Scheidung (in der Nachlassakte lediglich nachgewiesen durch EMA-Auskunft), danach zwei weitere Ehen des Erblassers, während der letzten Ehe ein Einzeltestament mit Einsetzung der Schwester des Erblassers als Alleinerbin. Beantragt ist nun die Grundbuchberichtigung durch die Schwester. Das Nachlassgericht hat lediglich eine Annahmeerklärung der Schwester mit dem Bemerken, dass die frühere Verfügung aufgrund der Scheidung nicht maßgeblich sei, als Alleinerbin veranlasst.

    Verlangt ihr alle in einem solchen Fall einen Erbschein? Oder darf ich als Grundbuchamt die Auslegungsregel der §§ 2077,2279 BGB hier als gegeben annehmen? Ist die EMA-Auskunft bzgl. der Scheidung für euch ausreichend?


  • Verlangt ihr alle in einem solchen Fall einen Erbschein? Oder darf ich als Grundbuchamt die Auslegungsregel der §§ 2077,2279 BGB hier als gegeben annehmen? Ist die EMA-Auskunft bzgl. der Scheidung für euch ausreichend?


    Die EMA-Auskunft ist kein Nachweis nach § 29 GBO.
    Du könntest höchstens die neue Heiratsurkunde dafür nehmen, daraus müsste der Familienstand bei Eheschließung hervorgehen.

  • Danke, das mit der EMA-Auskunft sehe ich eigentlich genauso.

    Mit der Auslegungsregel dagegen hab ich ein bisschen das Problem, dass die ja nur gilt, wenn ich keine anderen Anhaltspunkte habe. Aber woher sollte ich als Grundbuchamt andere Anhaltspunkte haben? Die damalige Ehefrau wurde nicht in das Nachlassverfahren einbezogen, es wurde lediglich an die Schwester geschrieben, die wohl kaum Einwände erheben wird dagegen, dass der Erbvertrag als ungültig betrachtet wird, weil sie dadurch Erbin wird.

    Hätte das Nachlassgericht der damaligen Ehefrau nicht wenigstens eine Benachrichtigung zukommen lassen müssen? Jetzt weiß sie evtl. noch gar nichts vom Tod Ihres Ex und kann sich deshalb auch nicht für ihre Belange einsetzen. Wahrscheinlich wurde das nicht gemacht, weil kein ES beantragt wurde. Aber eine Anhörung durch das Grundbuchamt wird ja auch nur im Ausnahmefall gemacht... Doch ES?

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