Rechtskraft eines Gen.-Beschl. nach Tod des Betroffenen? RM gegen RKV? Vorerbschaft!

  • Hallo!

    Ich habe eine dicke Problemakte und hoffe, ihr könnt mir helfen (sehe schon den Regress auf mich zurollen :oops:) !!!

    Sachverhalt:

    Grundstückskaufvertrag vom 24.08.2010
    für den Betroffenen tritt die Betreuerin auf

    betreuungsgerichtliche Genehmigung vom 23.09.2010
    Eingang auf der Geschäftsstelle ebenfalls am 23.09.2010

    Tod des Betroffenen am 24.09.2010

    Zustellung der Genehmigung an
    a) Verfahrenspfleger am 24.09.2010
    b) Betreuerin am 27.09.2010
    c) nicht befreite Vorerbin des Betroffenen am 29.09.2010
    Alle drei Beteiligten erklärten den Rechtsmittelverzicht.

    SE hat der am 30.09.2010 den Rechtskraftvermerk für die Genehmigung erteilt und an Notar gesandt.

    Auflassungsvormerkung wurde eingetragen.

    Nun hat sich der Nacherbe per Rechtsanwalt beim Notar und GBA gemeldet und die Eintragung eines Amtswiderspruches beantragt, da die Genehmigung seiner Auffassung nach gem. § 40 II FamFG nicht wirksam/rechtskräftig ist aufgrund des Todes des Betroffenen.

    :gruebel::gruebel::gruebel:


    Mein erstes Problem:

    M. E. ist gem. § 46 FamFG i. V. m. § 573 ZPO die Erinnerung binnen zwei Wochen gegen den Rechtskraftvermerk zulässig ...
    Ein entsprechendes RM liegt aber nicht vor. Offiziell weiß der Nacherbe aber ja auch noch nichts von der Genehmigung.

    Meine Schlussfolgerung: Ich stelle die Genehmigung dem Nacherben (oder seinem Anwalt???) zu und warte.

    Frage: Muss eine RM-Belehrung rein? Wohl schon, oder??? Aber dann wecke ich wohl schlafende Hunde :(


    Meine weiteren zweihundert Probleme:


    Wenn dann die Erinnerung da ist:

    Entscheide ich? Oder die Serviceeinheit?

    Ich denke ich ...

    Und wie sieht die Entscheidung aus???

    M. E. hat die Betreuerin eine bindende Erklärung abgegeben. Diese Erklärung in dem Vertrag ist schwebend unwirksam bis zur Genehmigung.

    Ab wann ist die Genehmigung wirksam? Wirklich erst ab Rechtskraft? Was ist mit der Bekanntgabe??? Sprich mit Eingang bei der SE wird sie ja auch wirksam. Oder betrifft das nur das Innenverhältnis.

    Fakt ist, dass die Erben in die Rechtsstellung des Betroffenen eintreten. Dann muß doch logischerweise auch an die Erben die bereits wirksame Genehmigung zugestellt werden.

    ODER :confused:

    Bei der Zustellung haben wir nur an die Vorerbin (und nicht an den Nacherben) zugestellt, da sie ja die Erbin ist und ihr bzw. das Rechts des Nacherben durch die Genehmigung nicht beeinflusst wird. Sie ja keine Verfügungen über das Grundstück trifft, sondern lediglich die Genehmigung in Empfang nimmt.

    Sicher bin ich mir nicht. Hätte ich doch auch auch den Nacherben zustellen müssen (weil eben nicht befreit)?

    :eek: Ich blick hier nicht mehr durch ... immer, wenn ich eine Frage beantwortet habe, kommt ein neues Problem :(

    Kann mir jemand helfen??? Ich wäre wirklich dankbar!!!

  • Ich verstehe nicht, warum den Erben überhaupt zugestellt wurde.

    Da ein Fall der nachträglichen genehmigung vorliegt, wird das Rechtsgeschäft erst nach Mitteilung gem. § 1829 BGB wirksam. Da die Betreuung durch Tod aber bereits beendet ist, kann eine Mitteilung nach § 1829 BGB nicht mehr vorgenommen werden. Das Rechtsgeschäft kann nur noch durch Genehmigung der Erben wirksam werden. insoweit ist das Betreuungsgericht raus.

  • Ich halte diese Kommentierung nicht für zutreffend, weil es einen Unterschied macht, ob der Betroffene vor oder nach Rechtskraft der vor dem Ableben des Betreuten erteilten Genehmigung verstorben ist. Ist er vor Rechtskraft verstorben, wird die Genehmigung gegenstandslos und die Erben müssen genehmigen. War die Genehmigung im Zeitpunkt des Erbfalls schon rechtskräftig, müssen die Erben nur noch von der Genehmigung i.S. des § 1829 BGB Gebrauch machen.

    Vgl. jeweils hier (auch zum Hinfälligwerden einer evtl. vom Betreuer erteilten Doppelvollmacht):

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post617096

    Im vorliegenden Fall verhält es sich anders, weil die Genehmigung vor dem Ableben des Betreuten überhaupt noch nicht wirksam bekannt gemacht worden war (Tod des Betreuten am 24.09.; Bekanntgabe an die Betreuerin [§ 1828 BGB] erst am 27.09., als sie im übrigen schon nicht mehr Betreuerin war). Das Rechtskraftzeugnis ist somit unrichtig, es handelt sich objektiv um eine lediglich scheinwirksame und scheinrechtskräftige Genehmigung.

    Auf ein Rechtsmittel im Hinblick auf das Rechtskraftzeugnis kommt es somit nicht an. Die Genehmigung ist objektiv nicht wirksam geworden, sodass die erforderliche Genehmigung von den Erben zu erteilen ist (§ 1829 Abs.3 BGB). Das ist hier die befreite Vorerbin, weil es sich für den Fall, dass der Betreute -wovon ich ausgehe- auf der Veräußererseite stand, um eine voll entgeltliche Verfügung handelt, sodass die Genehmigung der befreiten Vorerbin ihrerseits nicht der Zustimmung des Nacherben bedarf (er ist im Grundbuchverfahren somit lediglich anzuhören). Wegen § 29 GBO muss die Zustimmung der Vorerbin förmlich erfolgen und außerdem hat sie natürlich auch ihre Erbenstellung nach Maßgabe des § 35 GBO nachzuweisen.

    Zusammengefasst gibt es vier Möglichkeiten:

    a) Die Genehmigung wurde zu Lebzeiten des Betreuten erteilt, aber nicht mehr wirksam bekanntgemacht (= der hier vorliegende Fall): Erfordernis der Genehmigung der Erben.
    b) Die Genehmigung wurde zu Lebzeiten des Betreuten erteilt und zwar wirksam bekanntgemacht, aber zu Lebzeiten des Betreuten nicht mehr rechtskräftig: Ergebnis wie a).
    c) Die Genehmigung wurde noch zu Lebzeiten des Betreuten erteilt und rechtskräftig: Die Erben müssen nur noch von der Genehmigung i.S. des § 1829 BGB Gebrauch machen, aber nicht mehr nachgenehmigen. Der Nachweis der Gebrauchmachung kann im Verfahren nach § 20 GBO aber auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen, weil etwa vom Betreuer erteilte Doppelvollmachten nicht mehr gelten und deshalb sowohl die Erbenstellung als auch das Zugangsprocedere förmlich nachgewiesen werden müsste, sodass die an sich nicht notwendige Genehmigung der Erben hier vielfach den einfacheren und bequemeren Weg darstellen dürfte.
    d) Der Genehmigungsbeschluss wurde erst nach dem Tod des Betreuten erlassen: Ergebnis wie a).

  • Auch wenn ich natürlich von dem Ergebnis nicht begeistert bin (wer hört schön gerne, dass er Mist gemacht hat ...), bin ich euch sehr, sehr dankbar für eure Hilfe!!!!!!!:)

  • So wie es aussieht, gibt es hier auffällige Parallelen zu einem Grundbuchfall meiner Kollegin....

    Es ist ja schön, dass das Betreuungsgericht jetzt raus ist. Aber nun liegt die Sache hier.
    AV wurde - ohne das vorstehender Sachverhalt überhaupt bekannt war, Mitte Oktober eingetragen. Eintragungsnachricht ist auch dem Betreuungsgericht zugegangen.
    Jetzt - Mitte November - Antrag auf Amtwiderspruch gegen AV und Grundbuchberichtigungsantrag des RA des Nacherben liegt nunmehr dem Grundbuchamt vor unter Beifügung begl. Eröffnungsprotokoll nebst Testament. RA erklärt u. a. , dass Nacherbe dem Verkauf nicht zustimmen wird.
    (Hinweis zum Sachverhalt: Die Vorerbin ist im übrigen nicht befreit. Betreuungsakte vom auswärtigen Gericht wurde zum Einsichtnahme beigezogen)
    Nach hiesiger Auffassung kommt ein Amtwiderspruch gem. § 53 Abs. 1 S. 1 GBO nicht in Betracht. Berichtigung nach § 22 GBO dürfte auch ausscheiden.
    Auflassung ist im Kaufvertrag auch schon erfolgt. Liege ich richtig, wenn man die Erbin auffordert, das Grundbuch zu berichtigen unter Vorlage einer Zustimmung in der Form des § 29 GBO zum Kaufvertrag von dieser? Die Zustimmung des Nacherben dürfte erst im Rahmen des Umschreibungsantrages eine Rolle spielen. Dann wäre doch zumindest zunächst die Eintragung der Auflassungsvormerkung wirksam? Den Antrag des RA auf Berichtigung des Grundbuchs kann man nur als Anregung aufnehmen, da dem Nacherben kein Antragsrecht zusteht.

    Eine Frage an Cromwell...kann man diesen Thread auch mit dem Grundbuch-forum verbinden, so dass auch Grundbuchkollegen das Thema sehen oder muss dafür ein neues Thema erstellt werden?

  • Ich unterstelle zunächst, dass der Betreute auf der Veräußererseite stand und einer der Fälle a), b) oder d) in # 4 a.E. vorliegt, sodass die Vormerkung objektiv ohne wirksame rechtskräftige Genehmigung eingetragen wurde, weil dem Grundbuchamt nur eine scheinbar wirksame Genehmigung samt Rechtskraftvermerk vorlag.

    Wenn das soweit zutrifft, gilt nach meiner Ansicht folgendes:

    Die Vormerkung ist mangels Genehmigung nach § 1821 Abs.1 Nr.4 BGB nicht entstanden, weil wegen der fehlenden Bindung des Veräußerers kein vormerkungsfähiger Anspruch existiert (LG Lübeck Rpfleger 1991, 363; Staudinger/Gursky § 883 Rn.198 m.w.N.). Damit wurde das Grundbuch durch die Eintragung der Vormerkung unrichtig. Die Eintragung eines Amtswiderspruchs scheidet jedoch mangels Gesetzesverletzung aus, weil dem Grundbuchamt eine gerichtliche Genehmigung samt Rechtskraftvermerk vorlag und das Grundbuchamt vom Ableben des Betreuten keine Kenntnis hatte. Die fehlende Fähigkeit des Grundbuchamts zum „Hellsehen“ begründet keine Gesetzesverletzung i.S. des § 53 Abs.1 S.1 GBO.

    Der nicht befreite Vorerbe des Betreuten kann den Kaufvertrag genehmigen (§ 1829 Abs.3 BGB), genauso, wie er das Grundstück ohne Zustimmung des Nacherben selbst verkaufen könnte, wäre die Erbfolge (samt Nacherbenvermerk) bereits eingetragen. Der Nacherbe erwirbt seine Rechte erst mit Eintritt des Nacherbfalls und kann sodann (= erst dann) die Unwirksamkeit der Übereignung geltend machen. Allerdings erwirbt der Vormerkungsberechtigte die Vormerkung durch die nachträgliche Genehmigung des nicht befreiten Vorerben nicht frei von den Beschränkungen der Nacherbfolge. Ein gutgläubiger nacherbschaftsfreier Vormerkungserwerb ist nicht möglich. Hierfür wäre Voraussetzung, dass der genehmigende Vorerbe entweder unrichtigerweise als Vollerbe (ohne Nacherbenvermerk) im Grundbuch eingetragen oder im Erbschein als solcher ausgewiesen ist (§§ 892, 2366 BGB). Beides ist nicht der Fall.

    Alles Weitere löst sich dadurch, dass sich der genehmigende Vorerbe (samt Nacherbenvermerk) ohnehin voreintragen lassen muss, bevor die Eintragung der Auflassung an den Erwerber erfolgen kann (Demharter § 40 Rn.5 m.w.N.). Dann ist der Nacherbe aber durch die Eintragung des Vermerks bereits geschützt, sodass -wie auch sonst- jede denkbare Verfügung des Vorerben -also auch die vorliegende Auflassung- eingetragen werden kann (Demharter § 51 Rn.32 m.w.N.).

    Ergebnis:

    Die Anregung auf Eintragung eines Amtswiderspruchs ist mangels Gesetzesverletzung i.S. des § 53 Abs.1 S.1 GBO zurückzuweisen. Des weiteren ist der gestellte Grundbuchberichtigungsantrag mangels Antragsrechts des Nacherben zurückzuweisen. Der Nacherbe kann die Eintragung des Vorerben nur nach den §§ 894, 895 BGB erzwingen (Güthe/Triebel § 51 Rn.6 ff.; Bauer/v.Oefele/Schaub § 51 Rn.67). Außerdem kann das Grundbuchamt natürlich nach den §§ 82 ff. GBO gegen den Vorerben vorgehen.

  • Folgeproblem zu diesem Fall:

    Der Rechtsanwalt beantragt die Aufhebung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung.

    Grund: Keidel, FamFG, § 40 Rn. 31
    "Es besteht ein Anspruch auf klarstellende deklaratorische Aufhebung des Genehmigungsbeschlusses."

    Wir sind hier aber der Meinung, dass für die Aufhebung des sowieso nicht wirksamen Genehmigungsbeschlulsses keine Rechtsgrundlage gesehen wird, da § 48 I FamFG u. a. eine rechtskräftige Entscheidung voraussetzen und diese hier aber gerade nicht gegeben ist.

    Zudem (wie euch auch bekannt ;)) der Notar, das Grundbuchamt und die Vertragsparteien/Erben von dem Sachverhalt Kenntnis haben.

    Der Genehmigungsbeschluss ist in der Grundbuchakte. Interessant hierzu: Möchte das Grundbuchamt gerne einen Aufhebungsbeschluss???

    Schon jetzt dickes DANKE für eure Meinungen hierzu :D

  • Zitat:
    "Es besteht ein Anspruch auf klarstellende deklaratorische Aufhebung des Genehmigungsbeschlusses."
    stimmt so nicht.
    Es kann ein deklaratorischer Aufhebungsbeschluss erlassen werden, d. h., er ist nach dieser Fundstelle zulässig (wie alles, was keine Auswirkungen hat). Sinnvoll ist er nicht und macht nur Arbeit.

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