Betreute Vorerbe/Betreuerin Nacherbe - kein Behindertentestament -

  • Hallo,
    ich habe hier den Fall, dass eine Betroffene von ihrer Nichte betreut wird. Der Ehemann der Betroffenen ist kurz vor Einrichtung der Betreuung verstorben und hat folgendes Testament gemacht: Die Ehefrau ist nur Vorerbin, Nacherbin ist die oben genannte Nichte. Testamentsvolleckung ist angeordnet. TV ist ebenfalls die Nichte.

    Nun hatten die Ehegatten sowohl gemeinsame Konten als auch nur Konten des Ehemannes.

    Für mich stellen sich folgende Fragen?

    1) Müssen die Vermögensmassen (Alleininhaber/ nur Vorerbe) getrennt werden?

    2) Ist nur über das Vermögen ohne TV Rechnung zu legen und Sperre einzurichten?

    Bei Müko § 2100 Rn. 24 steht zwar "Ob man wegen der deshalb notwendigen Trennung zwischen dem Eigenvermögen des Vorerben und dem Nachlass diesen als Sondervermögen in der Hand des Vorerben bezeichnen will, ist mehr eine terminologische Geschmacksfrage. Praktische Ergebnisse lassen sich daraus keinesfalls ableiten.", das hilft mir jedoch nicht so wirklich weiter.:gruebel:

    Dickes Dankeschön schon jetzt fürs Gedankenmachen.

  • Zunächst ist m. E. eine Ergänzungsbetreuung anzuordnen. Aufgabenkreis: Wahrnehmung der Interessen der Betroffenen gegenüber der Testamentsvollstreckerin ..... bzgl. des Nachlasses nach ..... .

    Zur Rechtsklarheit sollte eine Trennung der Vermögensbestandteile erfolgen. Bzgl. des von der Nichte als TV verwalteten Vermögens ist keine RL zu legen, im übrigen ja.

  • Danke für die Antwort. :)

    In Bezug auf Ergänzungsbetreuer würde ich eher sagen nein (BGH 05.03.2008 XII ZP 2/07 würde ich hier analog anwenden).

    Aber ich hätte das Vermögen auch trennen lassen.

  • Bezüglich Eltern:
    1. Die Eltern sind die natürlichen Verwalter der Vermögens-interessen ihrer minderjährigen Kinder.
    2. Die Wahrnehmung der Aufgaben als alleiniger gesetzlicher Vertreter des minderjährigen erbenden Kindes und Testamentsvollstrecker in einer Person begründet deshalb für sich allein keinen Interessengegensatz, der ohne konkreten Anlass die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft erfordert.
    PfälzOLG Zweibrücken, Beschluss vom 21.12.2006, 5 UF 190/06 Rpfl. 5/2007

    Auch wenn diese Entscheidung aus dem Minderjährigenrecht stammt, kann sie ins Erwachsenenrecht übertragen werden.
    Die Eltern als Betreuer ihres volljährigen Kindes genießen ja das Privileg des § 1908i II BGB. Seitens des Gesetzgebers wird ihnen das Vertrauen, das der Gesetzgeber ihnen für die noch minderjährige Kinder entgegenbringt, zuteil. Die Vollendung des 18. Lebensjahres allein ändert also an dieser Vertrauensstellung nichts.

    Eine Nichte ist allerdings keine privilegierte Betreuerin im Sinne des § 1908i II BGB, sie ist Fremdbetreuerin, weshalb ich für die Bestellung eines Verhinderungsbetreuers mit dem Wirkungskreis "Wahrnehmung der Rechte des Betreuten gegenüber dem Testamentsvollstrecker" sorgen würde. Entscheiden muss das der Richter, ich selbst kann nur meine Gedankengänge und Anregungen zu Papier bringen.

    Eine analoge Anwendung der von meiner Vorrednerin zitierten Entscheidung des BGH, die den Fall, dass der Vater als TV eingesetzt ist, scheidet aus. Hier ist nicht ein Elternteil, sondern eine Nichte Betreuerin.

    Auf jeden Fall würde ich für Trennung der Vermögensmassen sorgen (hier geerbtes Vermögen, dort originäres Vermögen).

  • Aus den von meinem Vorredner genannten Gründen halte ich ebenfalls die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers für die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten der Betreuten/Vorerbin gegenüber der Testamentsvollstreckerin für erforderlich.

    Für die Trennung der Vermögensmassen muss und wird schon die Testamentsvollstreckerin sorgen.

  • Ich musste den Fall mal eben ausgraben, habe einen ähnlichen Sachverhalt und eine Frage hierzu.

    Der Betreuer (nicht verwandt, aber verschwägert) ist zu 2/5 (Voll)Erbe, die Betroffene ist zu 3/5 Vorerbin nach der Mutter der Betreuten. Nacherbe ist der Betreuer, der auch Testamentsvollstrecker ist. Es liegt ein sogenanntes Behindertentestament vor, aus den Erträge sollen die Aufwendungen der Betreuten dergestalt finanziert werden, dass keine Kürzung der staatlichen Hilfe eintritt.
    Nach Aktenlage lebt die Betroffene aber einzig vom angesparten und geerbten Vermögen der Mutter.

    In meinem Fall ist die Vorerbin im größtmöglichen Umfang befreit.

    Ergänzungsbetreuung ja oder nein?

  • Ich musste den Fall mal eben ausgraben, habe einen ähnlichen Sachverhalt und eine Frage hierzu.

    Der Betreuer (nicht verwandt, aber verschwägert) ist zu 2/5 (Voll)Erbe, die Betroffene ist zu 3/5 Vorerbin nach der Mutter der Betreuten. Nacherbe ist der Betreuer, der auch Testamentsvollstrecker ist. Es liegt ein sogenanntes Behindertentestament vor, aus den Erträge sollen die Aufwendungen der Betreuten dergestalt finanziert werden, dass keine Kürzung der staatlichen Hilfe eintritt.
    Nach Aktenlage lebt die Betroffene aber einzig vom angesparten und geerbten Vermögen der Mutter.

    In meinem Fall ist die Vorerbin im größtmöglichen Umfang befreit.

    Ergänzungsbetreuung ja oder nein?

    Wer kontrolliert den Testamentsvollstrecker? Der Betreuer. Also wird man zur Kontrolle des Testamentsvollstrevker einen Ergänzungsbetreuer benötigen. Im übrigen auch zur Erbauseinandersetzung, ggf. Vertretung im Erbscheinsverfahren, ...

  • Erbscheinsverfahren und Auseinandersetzung sind schon lange gelaufen. Damals wurde für diese Bereiche auch ein Ergänzungsbetreuer vom Rpfl angeregt, der Richter hatte aber keinen eingesetzt, weil bei Anhörung die Auseinandersetzung schon erfolgt war. Dass die Testamentsvollstreckung aber eine Dauervollstreckung während der gesamten Zeit der Vorerbschaft ist, wurde wohl übersehen. Aus der Nachlassakte lässt sich leider auch nicht erkennen, ob der Nacherbe/Miterbe/Betreuer/Testamentsvollstrecker je ein Testamentsvollstreckerzeugnis beantragt hat.

  • Erbscheinsverfahren und Auseinandersetzung sind schon lange gelaufen. Damals wurde für diese Bereiche auch ein Ergänzungsbetreuer vom Rpfl angeregt, der Richter hatte aber keinen eingesetzt, weil bei Anhörung die Auseinandersetzung schon erfolgt war. Dass die Testamentsvollstreckung aber eine Dauervollstreckung während der gesamten Zeit der Vorerbschaft ist, wurde wohl übersehen. Aus der Nachlassakte lässt sich leider auch nicht erkennen, ob der Nacherbe/Miterbe/Betreuer/Testamentsvollstrecker je ein Testamentsvollstreckerzeugnis beantragt hat.

    Sag mir bitte, wie eine Auseinandersetzung bei Vertretungsausschluss gelaufen sein soll? Faktische Auseinandersetzung ohne rechtswirksame Auseinandersetzung?

  • Aus der Nachlassakte kann man nicht ersehen, ob ein TV-Zeugnis beantragt wurde?

    Wie kommst Du zu dieser Aussage?

    Zur Erbauseinandersetzung: Grundbesitz - so überhaupt vorhanden - kann nicht auseinandergesetzt worden sein, weil das GBA ohne Mitwirkung eines Ergänzungsbetreuers nicht eingetragen hätte, es sei denn, es hätte sich um eine Auseinandersetzung in exakter Befolgung von Erblasseranordnungen gehandelt.

    Wenn nur Geldnachlass vorhanden war und es nur um eine Realteilung nach den gesetzlichen Vorschriften ging, kann die Erbauseinandersetzung ggf. wirksam gewesen sein. Aber auch insoweit fehlt es an ausreichendem Sachverhalt.

    Eine Ergänzungsbetreuung zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten im Verhältnis zum Testamentsvollstrecker ist unabweisbar.

  • Aus der Nachlassakte kann man nicht ersehen, ob ein TV-Zeugnis beantragt wurde?

    Wie kommst Du zu dieser Aussage?

    Ich habe mir die NL-Akte kommen lassen.

    Zur Erbauseinandersetzung: Grundbesitz - so überhaupt vorhanden - kann nicht auseinandergesetzt worden sein, weil das GBA ohne Mitwirkung eines Ergänzungsbetreuers nicht eingetragen hätte, es sei denn, es hätte sich um eine Auseinandersetzung in exakter Befolgung von Erblasseranordnungen gehandelt.

    Wenn nur Geldnachlass vorhanden war und es nur um eine Realteilung nach den gesetzlichen Vorschriften ging, kann die Erbauseinandersetzung ggf. wirksam gewesen sein. Aber auch insoweit fehlt es an ausreichendem Sachverhalt.

    Eine Ergänzungsbetreuung zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten im Verhältnis zum Testamentsvollstrecker ist unabweisbar.


    Grundbesitz war keiner vorhanden. Um die Auseinandersetzung geht es auch hier gar nicht mehr, deswegen habe ich den Sachverhalt hier ausgespart.

  • Aus der Nachlassakte ersieht man entweder, dass ein TV-Zeugnis beantragt (und erteilt) wurde oder dass eben keines beantragt (und erteilt) wurde. Es kann also überhaupt nicht sein, dass man aus der Nachlassakte nicht ersehen kann, ob überhaupt ein TV-Zeugnis beantragt wurde.

    Die Wirksamkeit der Erbauseinandersetzung ist eine zu klärende Vorfrage. Wenn bislang unerkannte oder unbeachtet gebliebene Unwirksamkeiten vorliegen, sind die betreffenden Dinge selbstverständlich zu klären und ggf. ihrer Wirksamkeit zuzuführen.

  • Dann kann ich jetzt mitteilen, dass sich aus der NL-Akte ergibt, dass ein Testamentsvollstreckerzeugnis (noch) nicht beantragt worden ist.

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