Kinder sind abgeschoben, Vormundschaft beendet?

  • Hallo,

    ich habe hier eine nette Akte mit 2 Geschwistern, geb. 2002 und 2003, beide aus der Türkei.
    2009 wurde für beide VM angeordnet, da die Mutter immer mal wieder abgehauen ist und unbekannten Aufenthalts war. VM ist jemand von der Jugendhilfe.
    Auf meine Berichtsanforderung teilte er mir mit, dass beide Kinder im Dezember in die Türkei abgeschoben wurden und reicht seine Bestallungsurkunden zurück. Da ich mir über die Folgen der Abschiebung im unklaren war, habe ich die Akte dem Richter vorgelegt. Der hat aber nur ein "gesehen" druntergeknallt und sie mir wieder gegeben. Ich war eigentlich der Meinung, dass die VM aufgehoben werden müsste.
    Hm, was soll ich jetzt tun? Steh damit völlig auf dem Schlauch......

  • Gar nichts.
    Auswanderung ist kein Grund, die Vormundschaft aufzuheben (Palandt 69. Aufl. Rd. Nr. 6 zu § 1883 BGB).

    Der Richter ist nur zuständig für Anordnung der Vormundschaft, ihre Aufhebung ist m. E. Rpfl.-Sache.
    Deine Vorlage nach § 5 Abs. 2 RpflG scheint in die Hose gegangen zu sein.

    Ich würde die Akte verfristen bis zur Volljährigkeit der Kinder, falls hier nichts zu regeln ist. Après moi le déluge.

  • :confused:

  • Hm, nicht so wirklich, ehrlich gesagt. Ich denke, ich behandel das Ding jetzt als Aktenleiche und mache es so, wie Gänseblümchen gesagt hat. Was anderes fällt mir nicht ein, und die Kinder sind weg, wer weiß, wo genau.




  • Pardon: Fundstelle bei § 1882 BGB:oops:

  • Nach Art. 5 Abs. 1 des Minderjährigenschutzabkommen, dem auch die Türkei angehört, bleiben die angeordneten Maßnahmen solange in Kraft, bis die Behörden des neuen gewöhnlichen Aufenthaltes sie aufheben oder ersetzen. D.H. ermitteln, wohin die Kinder abgeschoben wurden (mit wem, die Mutter ist ja unbekannten Aufenthalts), welche Behörde nun in der Türkei zuständig ist, da ja ein Vertretungsbedürfnis weiter gegeben ist und selbige um Aufhebung bitten. (oder die Sache einfach schlafen lassen ;))


    Das MSA wurde zwischenzeitlich durch das Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern (hier) ersetzt. Ob die Türkei nunmehr auch dazugehört, weiß ich nicht genau. Deutschl. hat am 01.03.2003 gezeichnet. Im Ergebnis ändert sich wohl nichts. Für die Vormundschaft sind nach Art. 3 c), 5 Abs. 2 die Behörden der Türkei zuständig, da bei der (rechtskräftigen) Abschiebung nicht von einem widerrechtlichen Verbringen ausgegangen werden kann.

    Ob die türk. Behörde die Vormundschaft hier aufheben müsste oder dies das VMG hier selbst , kann ich dem Übereinkommen nicht entnehmen. Dies ggf. hier zusätzlich zu tun, kann zumindest nichts schaden.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

    Einmal editiert, zuletzt von Wobder (5. Januar 2011 um 12:56) aus folgendem Grund: ergänzt

  • WOW, meine Güte!
    Unglaublich, was machne von euch hier so wissen. Danke, das werde ich mir mal anschauen, glaube aber nicht, dass ich rigendwelche Ermittlungen anstellen werde, das wäre völlig sinnlos, denke ich.

  • Die Abschiebung kann nur dann rechtens gewesen sein, wenn in der Türkei ein Obhutsverhältnis für das Kind bestand. Hierzu müsste der Vormund berichten können, wenn er an der Abschiebung beteiligt war. Erfolgte die Abschiebung ohne Kenntnis des Vormundes, liegt ein Fall staatlicher Kindesentführung vor.

    Aus #1 geht nicht hervor, ob Auslöser für die Vormundschaft ein Sorgerechtsentzug war. Dann gilt dieser Beschluss in der Türkei nicht; denn die bilateralen Abkommen zur Anerkennung familiengerichtlicher Entscheidungen wurden in Hinblick auf Brüssel II (?) durch Deutschland gekündigt. Damit ist durch den Familienrichter festzustellen, dass die bisher getroffenen Gerichtsentscheidungen nicht ausreichen, das Kindeswohl sicher zu stellen. Vormund und Familienrichter sollten mit dem Bundesamt für Justiz klären, wer in welcher Weise Kontakt zu den türkischen Jugendbehörden aufnimmt und auf die KW-Gefährdung hinweist.

  • Oh man, ich schwitze hier schon......:oops:

    Also die Mutter hat die alleinige elterliche Sorge, ist mit dem Vater nicht verheiratet, lebte aber mit diesem zusammen. Da sie ab und zu mal verschwand ( Frauenhaus, unbekannter Aufenthalt usw, wohl wegen Stress mit dem Vater), wurde VM angeordnet, damit die Kinder einen gesetzlichen Vertreter haben . Der Richter stellte das Ruhen der elterlichen Sorge gem. § 1674 fest.

  • Die Modalitäten bei der Abschiebung sind weiterhin unklar.

    Wenn Mutter und Kinder mit WIssen des Vormundes gemeinsam abgeschoben worden wären, könnte Dir der Vormund berichten, dass er die Mündel in die Obhut der KM übergeben hat und somit die Voraussetzungen für das Ruhen nicht mehr vorliegen.

  • So, ich bin aus dem Urlaub wieder da, neuester Stand:
    Die Kinder wurden mit der Mutter gemeinsam abgeschoben, der Vormund wurde nicht involviert. Es war eine Nacht- und Nebelaktion, da gegen die Mutter ein Haftbefehl wegen illegaler Einreise vorlag, und sie von der Polizei samt Kindern in einem Frauenhaus weit auserhalb unseres Bezirks aufgefunden wurde.
    Wie auch immer, es wurde ja VM angeordnet, da die elterliche Sorge aufgrund der zeitweisen Abwesenheit der Mutter ruhte. Da die Mutter aber jetzt wieder mit den Kinder zusammen ist, besteht ja der Grund nicht mehr. Kann ich jetzt einfach feststellen, dass die elterliche Sorge nicht mehr ruht und die VM aufheben? Die Zustellung dürfte sich allerdings schwierig gestalten, die Mutter ist wohl in einem Frauenhaus in Istanbul, aber wer weiß, ob sie da jetzt noch ist......

  • Wenn sicher ist, dass Mutter und Kind zusammen sind, ginge ich auch in diesem Fall nach § 1674 II BGB vor. Wollte die Mutter mit den Kindern legal wieder einreisen, kann sie ansonsten keinerlei Rechtshandlung für die Kinder vornehmen.
    Ich kann mir auch vorstellen, dass der vorliegende Beschluss nach dem IPR im Ausland wirkt.

  • Hallo zusammen,
    ich habe hier kürzlich eine recht unerfreuliche Pflegschaftsakte übernommen.
    Das Aufenthaltsbestimmungsrecht wurde auf Anregung der Großelternder alleinsorgeberechtigten Kindesmutter gem. §1666 BGB entzogen und dem Jugendamt übertragen, da zu befürchten stand, dass sie (gemeinsam mit dem gewalttätigen Kindesvater) mit dem Kind in die USA abhaut. Das war 2008. In diesem Jahr ist das Kind auch geboren.
    Das Verfahren ist die nächsten Jahre so vor sich hin geplätschert, jährliche Berichte eher weniger erstattet.
    2014 teilte uns dann das Jugendamt mit, dass Kind und Kindesmutter seit August 2013 nach unbekannt abgemeldet worden seien; Aufenthalt nicht bekannt, Großeltern auch weg, keiner mehr da der irgendwas weiß. Jugendamt geht davon aus, dass Kindesmutter und Kind in die USA ausgewandert sind.
    Die Akte, in der die Sorge entzogen worden ist, wurde hierauf dem Richter vorgelegt m.d.B. um Prüfung, ob das Aufenthaltsbestimmungsrecht zurück übertragen werden sollte.
    Diese Akte lag dann letztlich Ewigkeiten in dessen Zimmer bis Ende Dezember 2016! entschieden wurde, dass der Sorgerechtsentzug aufrechthalten bleibt.
    In der Zwischenzeit hat das Jugendamt (nach Aufforderung) berichtet, nix zu wissen, nix rausfinden zu können und deshalb auch nix zu machen.

    Ich habe jetzt nochmal über das EMA und die ehemalige Anwältin der Großeltern versucht irgendwas rauszufinden.
    Aber sind alle weg.
    Kind und Kindesmutter nach unbekannt abgemeldet, Großmutter unter alter Anschrift (die gleiche wie Kind und Kindesmutter) gemeldet, aber Post kommt dort nicht an; Großvater ist beim EMA überhaupt nicht bekannt (nicht, oder nicht eindeutig identifiziert oder Auskunftssperre)

    Ich bin einigermaßen ratlos was ich jetzt noch tun kann/zu tun habe.

    Hat jemand eine Idee, oder bleibt nur die Möglichkeit, die Akte als Karteileiche fortzuführen und jährlich einen "Bericht" einzufordern

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • StA wäre noch ne Idee in der tat!
    aber Erpressung? oder meintest du §235 stgb?

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

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