Errungenschaftsgemeinschaft nach russischem Recht

  • Hallo,

    russische Eheleute wollen ein Grundstück erwerben. Zunächst soll eine Auflassungsvormerkung eingetragen werden. Beantragt ist die Eintragung der Eheleute als Berechtigte in Errungenschaftsgemeinschaft nach russischem Recht.
    Handelt es sich dabei um ein echtes Gemeinschaftsverhältnis gemäß §47 GBO?
    Danke für einen Hinweis.

  • Ich habe jetzt den gleichen Fall wie der Themenstarter, allerdings kommt HorstK hier zum Ergebnis, dass in Deutschland lebende russische Staatsbürger demnach nicht in Errungenschaftsgemeinschaft nach russischem Güterrecht eingetragen werden können.

    Gilt das jetzt noch ?

  • Dazu auszugsweise ein Schreiben aus dem Jahr 2008. Ich denke, dass sich zwischenzeitlich nichts geändert hat.
    „…in obiger Angelegenheit habe ich die Frage der späteren Eintragungsfähigkeit des Erwerbs „zu je 1/2“ überprüft und bin aus folgenden Gründen zur Eintragungsfähigkeit gelangt:

    a) das Familien- und Arbeitsrecht wurde im neuen russischen IPR ausgeklammert (Solotych, neues russisches IPR, WiRO 2/2002, 41 ff; Karraß/Wedde, WiRO 9/2002, 272 ff; Schotten/Schmellenkamp, Das Internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, 2. Auflage 2007, „Russland (Russische Föderation)“, RN 417). Für familienrechtliche Sachverhalte mit Auslandsberührung bleiben daher die Art. 156 bis 167 des russischen Familiengesetzbuchs maßgebend (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, „Russische Föderation“, S. 32, Schotten/Schmellenkamp, a.a.O.);

    b) das Familiengesetzbuch der Russischen Föderation (FGB) vom 29.12.1995 unterscheidet nicht zwischen den allgemeinen Ehewirkungen und dem Güterstand (s. dazu Staudinger/Rainer Hausmann, BGB, Bearb. 2003, Art. 4 EGBGB RN 181). Vielmehr enthält Art. 161 Nr. 1 eine Verweisung wegen aller nichtvermögenswerten und vermögenswerten Rechte der Ehegatten; von dieser Verweisung ist auch der Güterstand betroffen (KG, FamRZ 2005, 1676, Bergmann/Ferid/Henrich, S. 32 a; Hügel/Zeiser, GBO, 1. Auflage 2007, Internationale Bezüge, RN 79.32);

    c) trotz des Wortlauts der Abschnittsüberschrift vor Art. 156 FGB „Anwendung der Familiengesetzgebung auf Familienverhältnisse mit Beteiligung ausländischer Staatsbürger und Personen ohne Staatsbürgerschaft“ wird Art. 161 FGB auch bei Ehen russischer Partner mit Auslandsberührung angewandt (Schotten/Schmellenkamp, RN 417 Fußnote 3; KG, a.a.O.). Das Kammergericht Berlin begründet dies damit, dass sich innerhalb dieses Abschnitts auch Regelungen für russische Staatsbürger, die außerhalb der russischen Föderation leben, finden (z. B. in Art. 157 Nr. 1, 158 Nr. 1, 160 Nr. 3 FGB). Aus der systematischen Stellung des Art. 161 Nr. 1 FGB könne daher nicht abgeleitet werden, dass diese Vorschrift bei Ehegatten mit gemeinsamer russischer Staatsangehörigkeit keine Anwendung finde;

    d) Artikel 161 Nr. 1 FGB verweist wegen der nichtvermögenswerten und den vermögenswerten Rechte der Ehegatten auf das Recht, an dem die Ehegatten ihren Wohnsitz haben (Hügel/Zeiser, a.a.O.). Diese Rückverweisung wird als Gesamtverweisung verstanden (AG Leverkusen, FamRZ 2007, 1565 (Ukraine), KEHE/Sieghörner, GBO, 6. Auflage 2006, Einleitung U 212). Die Anknüpfungspunkte werden auf den Zeitpunkt der Eheschließung fixiert (KG, a.a.O). Da die Erwerber zum Zeitpunkt der Eheschließung ihren Wohnsitz in Deutschalnd hatten, kommt mithin kraft Rückverweisung -wie in sonstigen Fällen der Rückverweisung auf das Wohnsitzrecht (s. die Beispielsfälle bei Staudinger/Rainer Hausmann, Art. 4 EGBGB RN 182)- deutsches Ehegüterrecht, also der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft nach §§ 1363 ff BGB, zur Anwendung. Damit steht dem Erwerb „zu je 1/2“ nichts im Wege…“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (31. März 2011 um 16:59) aus folgendem Grund: Schreibfehler (Föderation) berichtigt

  • Danke für Deine Ausführungen, Prinz, aber die Erwerber wollen in Errungenschaftsgemeinschaft nach russischem Recht eingetragen werden, obwohl sie in Deutschland leben.

    Informationen, wo die Eheschließung stattfand, habe ich allerdings noch nicht.

  • Zur Wandelbarkeit des Güterrechtsstatuts aufgrund Rückverweisung aus Art. 161 Abs. 1 des russ.
    FGB (Wohnsitzanknüpfung des Güterstatuts) s. a. OLG Hamm, B. v. 8.10.2009, I-15 Wx 292/08 = Rpfleger 1/2010, 24 = FGPrax 2010, 38 = DNotI-Report 24/2009, 194
    http://www.dnoti.de/Archive/DNotI_Report/2009/rep242009.pdf
    Danach ist der letzte gemeinsame Wohnsitz für das Güterrecht maßgeblich.

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  • Wenn Du dem OLG Nürnberg folgst, wirst Du allerdings die Eintragung in Errungenschaftsgemeinschaft nach russischem Recht vornehmen können (dort zur Rückverweisung nach dem IPR der Mehrzahl der ehem. jugosl. Staaten); siehe:
    OLG Nürnberg , 03.03.2011 - 9 UF 1390/10
    Art. 15 Abs. 1 EGBGB
    Unwandelbarkeit der Anknüpfung nach Art. 15 EGBGB
    Art. 15 Abs. 1 EGBGB verweist für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe unwandelbar auf
    die zum Zeitpunkt der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebende
    Rechtsordnung, auch wenn das danach berufene Güterrrechtsstatut wandelbar ist.

    http://www.dnoti.de/DOC/2011/9uf1390_10.pdf

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  • oh, Zwischenverfügung ist schon raus, aber ich muss sagen, die Variante des OLG Hamm ist mir schon sympathischer. Ich bin jetzt aber gespannt, was der Notar antwortet.

  • Käufer sind Eheleute russischer Nationalität. Diese leben in Russland und haben einem deutschen Bürger Vollmacht zum Erwerb eines Grundstücks erteilt. Übersetzung und Apostille liegen vor.

    Im Kaufvertrag wurde die Auflassung an die Erwerber zu 1/2-Anteil erklärt. Die Vormerkung auch so eingetragen.

    Es ist nicht angegeben und bekannt wann die Ehe geschlossen wurde, und ob eine Rechtswahl nach § 15 Abs. 2 EGBGB getoffen wurde.


    Sind zum Vollzug der nunmehr beantragten Auflassung zu 1/2-Anteil die entsprechenden (Nachweise Nachweis Eheschließung, notariell beurkundete Rechtswahl u.a.?) hier notwendig. Nach Schöner/Stöber wäre dies ggf. notwendig u das Grundbuch nicht unrichtig zu machen.

    " Die Fähigkeit, das Wort ´Nein`auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit." (Nicolas Chamfort)

  • Woher wissen wir, dass das Grundbuch unrichtig wird? Die Ehegatten können nach russischem Recht während der Ehe den gesetzlichen Güterstand aufgehoben haben.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Nach Schöner/Stöber insb. Rn. 3422 (15. Auflage) komme ich zu dem Ergebnis, dass der gesetzliche Güterstand auf Antrag einzutragen ist.

    Wenn aber bei den Erwerbern nach dortigen inländischen Recht nur Gütergemeinschaft bzw. Errungenschaftgemeinschaft als gesetzlicher Güterstand normiert ist, dürfte doch so eine Bruchteilsgemeinschaft eingetragen im Grundbuch in Deutschland werden soll, die Eintragung nur erfolgen können, so der Nachweis der Rechtswahl in der erforderlichen form vorliegt. :confused:

    " Die Fähigkeit, das Wort ´Nein`auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit." (Nicolas Chamfort)

  • Wieso ist hier der gesetzliche Güterstand (als Gemeinschaftsverhältnis) einzutragen, wenn doch die Bewilligung und die Auflassung ganz klar sagen: zu je 1/2 ?

    Und das ist nun mal nach russischem Recht nicht ausgeschlossen, auch wenn der gesetzliche Regelfall anders ist.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Mir geht es um die Frage inwieweit seitens des Grundbuchamtes der Nachweis verlangt weren muss, dass die formgerechte Rechtswahl abweichend von der gesetzlichen Regelung im Heimatland getroffen wurde.

    Da, so die Rechtswahl tatsächlich nicht erfolgt ist und die Eintragung zu 1/2-Anteil erfolgt ist, das Grundbuch unrichtig werden würde. Auch Hügel (IB Rn. 82.33) sprich nur von den gesetzlichen Regelungen in der russischen Förderation.

    " Die Fähigkeit, das Wort ´Nein`auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit." (Nicolas Chamfort)

  • Mir geht es um die Frage inwieweit seitens des Grundbuchamtes der Nachweis verlangt weren muss, dass die formgerechte Rechtswahl abweichend von der gesetzlichen Regelung im Heimatland getroffen wurde.

    Dieser Nachweis DARF nicht einmal verlangt werden. Es genügt, dass die Möglichkeit abstrakt gegeben und nicht völlig unwahrscheinlich ist.
    Im deutschen Güterrecht verlangt ja auch niemand den Nachweis, dass zwei Ehegatten in Gütergemeinschaft verheiratet sind. Wenn die Bewilligung/Auflassung auf zwei Leute in Gütergemeinschaft lautet, genügt es, dass das abstrakt möglich ist. Es kann kein Nachweis verlangt werden, dass die Behauptung auch zutrifft. Verweigern kannst Du diese Eintragung nur, wenn Du weißt, dass sie falsch ist.
    Bei Ausländern ist insoweit kein höherer Prüfungsmaßstab anzulegen.

    Zitat

    Da, so die Rechtswahl tatsächlich nicht erfolgt ist und die Eintragung zu 1/2-Anteil erfolgt ist, das Grundbuch unrichtig werden würde.

    Wenn die Ursache in einem russischen Ehevertrag liegt - was wir nicht zu prüfen haben -, handelt es sich hier um keine Frage der Rechtswahl.

    Zitat

    Auch Hügel (IB Rn. 82.33) sprich nur von den gesetzlichen Regelungen in der russischen Förderation.

    Hügel IB Rn. 82.33 spricht im letzten Absatz über die Güterteilung und Eheverträge - also natürlich von den gesetzlichen Regelungen, aber nicht (was Du wahrscheinlich sagen wolltest) vom gesetzlichen Regelfall. Von da habe ich ja meine Weisheit, dass durch Vereinbarung der Ehegatten Güterteilung vorgenommen werden oder der gesetzliche Güterstand aufgehoben werden kann.

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  • Danke. Aus den Unterlagen ist nichts zu entnehmen was zu berechtigten Zweifeln Anlaß gibt.

    Bzgl. deiner Meinung nun auch gefunden:
    BayOblG, Beschluss vom 02.04.2002; (2 Z BR 17/92);

    BayOblG, Beschluss vom 06.12.2000; (2 Z BR BR 5/00) und

    OLG Köln Beschluss vom 04.11.1993, 11 Wx 61/93).


    Fröhliche Feiertage. anhalter




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  • s. dazu jetzt auch das Gutachten des DNotI vom 17. Januar 2018, Abruf-Nr.: 152424

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Eheleute sind als Eigentümer in Errungenschaftsgemeinschaft nach russischer Förderation eingetragen. Nunmehr übertragen sie den Grundbesitz an ihre Kinder und behalten sich Nießbrauch und je eine Vormerkung vor. Nießbrauch und Vormerkung soll für die Eheleute als Gesamtberechtigte nah § 428 BGB eingetragen werden. Ich finde leider nix dazu.

    Kann mir jemand helfen, ob die Gesamtberechtigung nach § 428 BGB eingetragen werden kann?

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