Ersetzung der Einwilligung zur Namensänderung

  • Gemäß § 1618 S. 4 BGB ersetzt das Familiengericht die Einwilligung des anderen Elternteils, sofern dieser die Einwilligung zur Umbenennung nicht erteilt und es für das Wohl des Kindes erforderlich ist.
    Ich weiß solche Anträge kommen wohl nicht sehr häufig vor, aber mir liegt nun mal so ein Fall mit einer außergewöhnlichen Ausgestaltung vor.

    Es ist nicht relevant, ob solche Anträge häufig vorkommen oder ein Fall mit einer außergewöhnlichen Ausgestaltung vorliegt. Die Voraussetzungen des § 1618 BGB liegen nicht vor, also wird auch nicht nach einem Satz dieses Paragrafen ersetzt, wenn man nicht eine falsche Rechtsanwendung beabsichtigt.

  • Hier ist der Leitsatz der Entscheidung, die mit § 1618 BGB nichts, aber gar nichts zu tun hat:

    Ist die Ehe der Eltern eines minderjährigen Kindes, das den Ehenamen der Eltern als Geburtsnamen erhalten hat, geschieden worden und hat der nicht erneut verheiratete allein sorgeberechtigte Elternteil wieder seinen Geburtsnamen angenommen, so ist auch nach In-Kraft-Treten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes vom 16. Dezember 1997 (BGBl I 2942) die Änderung des Geburtsnamens des Kindes ("Scheidungshalbwaise") auf öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundlage möglich.

    Ein wichtiger Grund im Sinne des § 3 NÄG, der die Änderung des Geburtsnamens des Kindes in den Namen des sorgeberechtigten Elternteils rechtfertigt, liegt bei fehlender Einwilligung des anderen Elternteils nicht schon dann vor, wenn die Namensänderung für das Wohl des Kindes förderlich ist, sondern nur, wenn sie für das Kindeswohl erforderlich ist (Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere BVerwGE 95, 21).

  • Für mich zählt nur die Erforderlichkeit für das Kindeswohl und hierbei spielt es wohl eher keine Rolle ob nun der Name des neuen Ehemanns der Mutter oder den jetzigen Namen der Mutter.


    Dem kann ich nicht folgen!

    Der Knackpunkt ist doch, dass der ganze § 1618 BGB gar nicht Deinen Fall trifft. Er ist nicht anzuwenden, weil die in dessen Satz 1 genannten Tatbestandsmerkmale gar nicht vorliegen (vgl. dazu Kommentierung zu § 1618 BGB sowie auch die schon von EmmlieE. genannte Entscheidung des BayObLG).
    Ist aber der § gar nicht anwendbar, kann man nicht dazu kommen, nun doch dessen Satz 4 anzuwenden, weil dieser Satz nun vielleicht irgendwie zum vorliegenden Sachverhalt passt.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Aus der Begründung der Entscheidung des BVerwG Rn. 28
    Die Gesetzesmaterialien lassen andererseits keinen Schluss auf eine Intention des Gesetzgebers zu, den Scheidungshalbwaisen eine Namensänderung gänzlich, also auch nach Maßgabe des § 3 NÄG, zu verwehren. Insbesondere kann dies nicht aus der Streichung des im Regierungsentwurf vorgesehenen § 1617 b Abs. 2 abgeleitet werden. § 1617 b Abs. 2 des Regierungsentwurfs sah vor, dass der Name des Kindes neu bestimmt werden kann, wenn in anderen Fällen als denen des § 1671 BGB die alleinige Sorge eines Elternteils nachträglich begründet wird. Diese Vorschrift war, wie die Herausnahme der Fälle des § 1671 BGB zeigt, der die gemeinsame elterliche Sorge voraussetzt und die Sorgerechtsänderung bei nicht nur vorübergehender Trennung der Eltern regelt, und wie durch die Einzelbegründung im Regierungsentwurf bestätigt wird, gerade nicht auf Fälle des Sorgerechtswechsels nach Trennung der Eltern zugeschnitten. Schon mangels Anwendbarkeit der Entwurfsregelung auf die "Scheidungshalbwaisen" lässt der Umstand, dass die Bestimmung entsprechend der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BTDrucks 13/8511, S. 10 ) gestrichen wurde und keine Gesetzeskraft erlangt hat, nicht darauf schließen, der Gesetzgeber habe lediglich für die "Stiefkinderfälle" den Grundsatz der Namenskontinuität überwinden und für alle anderen Fallgruppen, namentlich die der "Scheidungshalbwaisen", eine Namensänderung völlig ausschließen wollen. Eine dahin gehende Zielsetzung kann den §§ 1616 ff. BGB auch sonst nicht entnommen werden. Zwar hält der Gesetzgeber mit dem System der §§ 1616 ff. BGB am Grundsatz der Namenskontinuität fest, von dem er für die von ihm geregelten Fälle Ausnahmen zulässt. Dieses Normsystem ist aber mangels einer zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Absicht nicht in der Weise in sich abgeschlossen, dass in den nicht den §§ 1616 ff. BGB unterfallenden Konstellationen der Weg der öffentlich-rechtlichen Namensänderung versperrt bliebe. Jedenfalls soweit zivilgesetzliche Regelungen zur Ermöglichung einer Namensänderung nicht bestehen, ist die Anwendung des § 3 NÄG ohne Weiteres zulässig. Insbesondere ist kein sachlicher Grund dafür erkennbar, Kindern aus geschiedenen Ehen in dem Fall der Wiederannahme des Geburtsnamens des sorgeberechtigten Elternteils eine Änderung des Familiennamens völlig zu versagen, während sie in anderer Konstellation unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen darf. Ob der sorgeberechtigte Elternteil nach der Scheidung seinen ursprünglichen Namen oder aber den des neuen Ehepartners angenommen hat, kann im Hinblick auf die prinzipielle Ermöglichung einer Namensänderung keinen Unterschied machen.

  • Aus der Begründung der Entscheidung des BVerwG Rn. 28
    Die Gesetzesmaterialien lassen andererseits keinen Schluss auf eine Intention des Gesetzgebers zu, den Scheidungshalbwaisen eine Namensänderung gänzlich, also auch nach Maßgabe des § 3 NÄG, zu verwehren. Insbesondere kann dies nicht aus der Streichung des im Regierungsentwurf vorgesehenen § 1617 b Abs. 2 abgeleitet werden. § 1617 b Abs. 2 des Regierungsentwurfs sah vor, dass der Name des Kindes neu bestimmt werden kann, wenn in anderen Fällen als denen des § 1671 BGB die alleinige Sorge eines Elternteils nachträglich begründet wird. Diese Vorschrift war, wie die Herausnahme der Fälle des § 1671 BGB zeigt, der die gemeinsame elterliche Sorge voraussetzt und die Sorgerechtsänderung bei nicht nur vorübergehender Trennung der Eltern regelt, und wie durch die Einzelbegründung im Regierungsentwurf bestätigt wird, gerade nicht auf Fälle des Sorgerechtswechsels nach Trennung der Eltern zugeschnitten. Schon mangels Anwendbarkeit der Entwurfsregelung auf die "Scheidungshalbwaisen" lässt der Umstand, dass die Bestimmung entsprechend der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BTDrucks 13/8511, S. 10 ) gestrichen wurde und keine Gesetzeskraft erlangt hat, nicht darauf schließen, der Gesetzgeber habe lediglich für die "Stiefkinderfälle" den Grundsatz der Namenskontinuität überwinden und für alle anderen Fallgruppen, namentlich die der "Scheidungshalbwaisen", eine Namensänderung völlig ausschließen wollen. Eine dahin gehende Zielsetzung kann den §§ 1616 ff. BGB auch sonst nicht entnommen werden. Zwar hält der Gesetzgeber mit dem System der §§ 1616 ff. BGB am Grundsatz der Namenskontinuität fest, von dem er für die von ihm geregelten Fälle Ausnahmen zulässt. Dieses Normsystem ist aber mangels einer zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Absicht nicht in der Weise in sich abgeschlossen, dass in den nicht den §§ 1616 ff. BGB unterfallenden Konstellationen der Weg der öffentlich-rechtlichen Namensänderung versperrt bliebe. Jedenfalls soweit zivilgesetzliche Regelungen zur Ermöglichung einer Namensänderung nicht bestehen, ist die Anwendung des § 3 NÄG ohne Weiteres zulässig. Insbesondere ist kein sachlicher Grund dafür erkennbar, Kindern aus geschiedenen Ehen in dem Fall der Wiederannahme des Geburtsnamens des sorgeberechtigten Elternteils eine Änderung des Familiennamens völlig zu versagen, während sie in anderer Konstellation unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen darf. Ob der sorgeberechtigte Elternteil nach der Scheidung seinen ursprünglichen Namen oder aber den des neuen Ehepartners angenommen hat, kann im Hinblick auf die prinzipielle Ermöglichung einer Namensänderung keinen Unterschied machen.

    Du hast m. E. den falschen Teil der Entscheidung markiert. Wichtiger für Dich als Rechtspfleger ist etwas anderes, s.o.
    Es geht in der Entscheidung nicht um § 1618 BGB, sondern ums NÄG.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass ich die Zustimmung des Kindesvaters ersetzen muss, da dieser dem Antrag auf Namensänderung nicht zustimmt. Liege ich damit falsch? Meines Erachtens muss der Kindesvater zustimmen. Wenn ich die Zustimmung nicht ersetze, wer ist dann aber hierfür zuständig?

  • Du bist dann zuständig, wenn ein Fall nach § 1618 BGB (Einbenennung) vorliegt. Hast Du hier aber nicht.
    Auch das Standesamt kann (öffentlich-rechtliche) Namensänderungen vornehmen, die sich dann nach dem NÄG richten.
    Aus der Nummer bist Du aber völlig raus, das läuft alles über das Standesamt.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Recht vielen Dank, vor allem für den letzten Hinweis.

    Nicht dass ich Deinen Dank nicht zu schätzen wüsste, aber eigentlich ergab sich das auch schon aus Beiträgen # 11, 13, 17, 18, 23, 24 (hab ich was vergessen?) ;)

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Muss mich hier eben auch noch mal mit einem Fall von mir dranhängen. Heute morgen kam Oma samt Enkelsohn und wollte von mir eine Genehmigung, dass der Enkelsohn den Nachnamen des Vaters annehmen darf. Bisher heißt er noch so wie die Kindesmutter. Bis hier hin nicht allzu dramatisch. Nun ist es aber so, dass die Eltern gar keine Sorge mehr haben, sondern die Großeltern väterlicherseits Vormund für den kleinen Mann sind. Beim Standesamt wurde wohl soweit alles beantragt, aber die wollen von uns eine Genehmigung (ist das diese Gehmigung nach NamÄndG, weil das Kind unter Vormundschaft steht? Hatten da ja schon mal drüber diskutiert, wegen der Anhörung etc.) Das zuständige Jugendamt spricht von einer Ersetzung der Einwilligung der Kindesmutter, die notwendig sei. Hab der guten Frau erst mal gesagt, sie solle sich mal drum kümmern, dass uns das Standesamt die entsprechenden Unterlagen zukommen lässt.
    Für den Fall der Fälle, hat jemand schon mal so eine Genehmigung erteilt? Wie sieht die aus?

  • ist das diese Gehmigung nach NamÄndG, weil das Kind unter Vormundschaft steht? Hatten da ja schon mal drüber diskutiert, wegen der Anhörung etc.) Das zuständige Jugendamt spricht von einer Ersetzung der Einwilligung der Kindesmutter, die notwendig sei.

    Das Jugendamt liegt m. E. falsch, es handelt sich um eine Genehmigung nach § 2 NamÄndG.

    Je nach Gusto kannst Du nun - wenn keine Zweifel an der Ernstlichkeit des Antrags bestehen - die Genehmigung sofort erteilen oder zunächst die Beteiligten (Kind, Eltern) anhören. Letzteres ist aber nicht notwendig, da die Anhörungsvorschriften der §§ 159, 160 FamFG im Zwischenverfahren nach § 2 Abs. 1 NamÄndG nicht anwendbar sind (so z. B. OLG Düsseldorf, B. v. 16.09.2010, II-8 UF 107/10).

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

    Einmal editiert, zuletzt von Noatalba (19. Oktober 2011 um 11:29)

  • Beschluss könnte wie folgt aussehen:

    In der Familiensache betr. das Kind Kevin Klein, geb. am 09.09.1999,

    an der beteiligt sind:

    [...]

    wird dem Vormund/den Vormündern die familiengerichtliche Genehmigung erteilt, bei der zuständigen Behörde die Änderung des Namens des Kindes in der Weise zu beantragen, dass dieses künftig den Namen

    "Kevin Groß"

    tragen soll.

    Gründe:

    [...]

    Die Beteiligten/das Kind wurde/n angehört/nicht angehört. [...]

    [RMB]

    Lieschen Müller
    Rechtspflegerin

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Superbe, on parle français; y'a-t-il la possibilité de l'approfondir?

    2 Mal editiert, zuletzt von Gänseblümchen (19. Oktober 2011 um 13:05)

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