Nachlasspflegschaft n. § 1961 BGB/Nachlassinsolvenz/Vergütung aus Staatskasse?

  • Ich habe folgendes Problem:
    Vorausgeschickt wird folgende Vorgeschichte:
    Es war Nachlasspflegschaft angordnet, die Nachlasspflegerin musste das Nachlassinsolvenzverfahren beantragen. In dessen Folge gab der eingesetzte Insolvenzverwalter den vorhandenen Grundbesitz aus der Insomasse frei, da er hoch belastet war. Die Nachlasspflegerin verhandelte weiter hauptsächlich mit den Grundschuldgläubigern und nahm bzgl. des übrigen Vermögens (Insomasse) keine Aufgaben wahr. Die Nachlasspflegervergütung wurde gem. § 324 Abs. 1 Nr. 4 InsO als Masseverbindlichkeit im Insoverfahren geltend gemacht, wogegen der Insoverwalter Beschwerde einlegte und im übrigen die Aufhebung der Nachlasspflegschaft verlangte. Die Nachlasspflegschaft wurde aufgehoben. Eine Entscheidung über die Vergütung ist noch nicht ergangen.

    Nun stellt ein Grundschuldgläubiger Antrag nach § 1961 BGB, weil er die Zwangsversteigerung des Grundbesitzes beantragen will. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt m.E. vor. D.h. ich muss Nachlasspflegschaft anordnen. Möchte Sie aber beschränken auf die Vertretung der unbekannten Erben gegenüber der betr. Bank im Zwangsvollstreckungsverfahren in das betr. Grundstück.

    Hat jmd. Erfahrung damit? Auch mit der Formulierung des Aufgabenkreises, damit es keine Probleme gibt?

    Mein Problem ist auch die Vergütung der Nachlasspflegerin:
    Gibt es eine Möglichkeit, diese im Zwangsversteigerungsverfahren anzumelden?

    Eine Zahlung aus der Staatskasse fände ich nicht "gerecht", da die Nachlasspflegschaft nur dem Grundschuldgläubiger zugute kommt. Den Gläubiger trifft ja wg. § 6 KostO leider keine Kostenhaftung.

    Der Insolvenzverwalter wird die Vergütung sicher nicht als Masseverbindlichkeit begleichen, wenn die Nachlasspflegschaft nur über die freigegebene Wohnung angeordnet ist.

    Ich habe noch als Alternative zur Nachlasspflegschaft § 779 II ZPO gefunden. Die Bestellung eines besonderen Vertreters durch das Vollstreckungsgericht.

    Der Gläubiger braucht allerdings eine Rechtsnachfolgeklausel. Heißt das, dass zwingend ein Nachlasspfleger bestellt werden muss oder kann ich auf diesen Vertreter verweisen?

    Kann mit jmd. einen Tipp geben, wie ich das am besten mache?? :gruebel:

  • Die Nachlasspflegschaft hätte nie aufgehoben werden dürfen, weil diese für die Dauer des Nachlassinsolvenzverfahrens fortbestehen muss. Irgendwer muss ja die unbekannten Erben in dem Nachlassinsolvenzverfahren vertreten. An irgendwen muss ja auch Seitens des InsoGerichts zugestellt werden. Das war schon der Fehler.

    Wenn die Erben nicht bekannt sind, kann jetzt sogar von Amts wegen die "alte Pflegschaft" nach § 1960 BGb wieder angeordnet werden. Beschränken würde ich die Pflegschaft auch aus obigem Grund nicht. Höchstens kann man die Erbenermittlung weglassen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (20. Oktober 2011 um 18:26)

  • Nachtrag:

    Die jetzt entstehende Vergütung des NLP für das aus der Inso freigegebene Grundstück hat m.E. mit der Insomasse nichts mehr zu tun. Wäre ich NLP würde ich mit dem dinglichen Gläubiger versuchen das Objekt freihändig zu verkaufen. Dann haben beide Seiten etwas davon. Der Gläubiger einen höheren Erlös und ich als NLP vereinbare (natürlich vorher!!) mit dem Gläubiger, dass er aus dem Erlös meine Vergütung trägt.

    Alternative: Fiskuserbrecht

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (20. Oktober 2011 um 18:25)

  • Den freihändigem Verkauf muss das NG genehmigen und dann gibts sicher die hier schon oft diskutierten Probleme über den Kaufpreis. Für mich wäre das mal wieder ein Fall für den Fiskus. Deshalb würde ich den Antrag des Gläubigers großzügig als Anregung zur Feststellung des Fiskalerbrechts auslegen. Bei mir kommt das Fiskalerbrecht mehrmals jährlich vor und die weitere Abwicklung klappt immer zur Zufriedenheit aller Beteiligten (auch zu meiner ;)).

  • ich sehe es wie TL.. die Npfl hätte nie aufeghoben werden dürfen.. da im InsoVerfahren ja auch Zustellungen an die unbekannten Erben erfolgen.. vertreten durch den Npfl..

    wie hat die InsO denn ihr Verfahren durchgezogen??? :gruebel:


    Wenn hier alles verschuldet bis zum Schornstein ist.. wäre nun die FIskusfeststellung die sauberste Lösung für alle (naja vielleicht nicht für die Bank.. :D)

    Tack för hjälpen

    Katharina [SIGPIC][/SIGPIC]

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    Geteilte Freud´ ist doppelte Freud´, geteilte Sorgen sind halbe Sorgen.

  • Die NL-Pflegschaft hätte m.E. aufgehoben werden können, wenn des Fiskus als Erbe festgestellt werden konnte. Vielleicht ist dies jetzt ja möglich.

  • In einem hier vorliegenden Verfahren hatten wir auch nach Abschluss des Nachlasskonkursverfahrens zwischenzeitlich auf Antrag eines absonderungsberechtigten Gläubigers eine unbeschränkte Nachlasspflegschaft angeordnet.

    Diese führte im Ergebnis dazu, dass der Nachlasspfleger wie ein Zwangsverwalter aufgetreten ist, hierbei jedoch die eingezogenen Mieten an die Gläubiger abgeführt hat, seine Vergütung jedoch wegen Mittellosigkeit (Grundbesitz ist mit Absonderungsrechten überlastet) gegenüber der Landeskasse geltend gemacht hat (im Ergebnis wird damit die Vorschrift des § 49 ZVG bei überlasteten Grundstücken umgangen).

    Die Nachlasspflegschaft wurde später wieder auf die Vertretung in den Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren beschränkt. Die Grundstücke wurden zwangsweise verwertet. Die Nachlasspflegschaft wurde anschließend aufgehoben.

  • In einem hier vorliegenden Verfahren hatten wir auch nach Abschluss des Nachlasskonkursverfahrens zwischenzeitlich auf Antrag eines absonderungsberechtigten Gläubigers eine unbeschränkte Nachlasspflegschaft angeordnet.

    Diese führte im Ergebnis dazu, dass der Nachlasspfleger wie ein Zwangsverwalter aufgetreten ist, hierbei jedoch die eingezogenen Mieten an die Gläubiger abgeführt hat, seine Vergütung jedoch wegen Mittellosigkeit (Grundbesitz ist mit Absonderungsrechten überlastet) gegenüber der Landeskasse geltend gemacht hat (im Ergebnis wird damit die Vorschrift des § 49 ZVG bei überlasteten Grundstücken umgangen).

    Die Nachlasspflegschaft wurde später wieder auf die Vertretung in den Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren beschränkt. Die Grundstücke wurden zwangsweise verwertet. Die Nachlasspflegschaft wurde anschließend aufgehoben.

    und dann gegenüber der Staatskasse abgerechnet hat??

    Tack för hjälpen

    Katharina [SIGPIC][/SIGPIC]

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  • Ja. Darum wurde auch die Nachlasspflegschaft anschließend wieder auf den Aufgabenkreis nach § 1961 BGB beschränkt.

    Wenn der Zugriff des absonderungsberechtigten Gläubigers im Zwangsversteigerungs- bzw. Zwangsverwaltungsverfahren erfolgt, hat der Nachlasspfleger ebenfalls keine Möglichkeit, seine Vergütung vorab aus dem Nachlass (z.B. den Mieten im Zwangsverwaltungsverfahren ) zu erhalten (mir ist jedenfalls im ZVG eine dem § 324 I Nr. 4 InsO entsprechende Bestimmung nicht bekannt).

  • Vielen Dank für die vielen Antworten! :)

    Ich habe den Fall übernommen, die Nachlasspflegschaft wurde von meinem Vorgänger aufgehoben. Im Insoverfahren wurde wohl nur an den Insoverwalter zugestellt... Dieser hatte beantragt, die NL-Pflegschaft aufzuheben.

    Eine freihändige Veräußerung hatte die Nachlasspflegerin damals mit den Gläubigern versucht, eine Einigung ist aber gescheitert. Daher auch jetzt die Zwangsversteigerung.

    Ich wollte die NL-Pflegschaft nur eingeschränkt anordnen, damit ich nicht wieder mit dem Insolvenzverwalter Probleme bekomme, der ja vehement wollte, dass die NL-Pflegschaft aufgehoben wird. Außerdem müsste sonst die Nachlasspflegerin ja auch für die Befriedigung der anderen Gläubiger sorgen und nicht nur des antragstellenden.

    Eine Möglichkeit der Staatskasse, die ausgezahlte Vergütung im Zwangsversteigerungsverfahren anzumelden gibt es nicht?

    Das mit dem Fiskus-Erbrecht ist eine interessante Lösung! Wie stellt sich das dann dar für die Gläubigerbank? Da fehlt mir jetzt die Vorstellung...wie wird das mit der Wohnung dann abgewickelt? Und was für Auswirkungen hat das für das Insolvenzverfahren?

  • Stellst du das Fiskuserbrecht fest, dann gibt es einen Erben und die Frage ob Nachlasspflegschaft oder nicht, die ist dann geklärt :)

    Für die Bank bedeutet das dann, dass sie eben wie bei einem "normalen Erben" entweder mit diesem zusammen die freihändige Liquidation des Grundstücks oder die Zwangsversteigerung betreibt. Der Fiskus haftet halt nur mit dem Nachlass, aber ansonsten ist er Erbe wie jeder andere Erbe auch. Das laufende Insolvenzverfahren läuft weiter und die Zustellungen des Insogerichts (die hätten eigentlich von Amts wegen etwas gegen die Aufhebung der NLPflegschaft haben müssen!!) können jetzt an den Fiskus erfolgen.

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