Neuer Erbschein für ehemaliges DDR-Grundstück?

  • Hallo..Im Jahr 1979 (Ehefrau) und 1989 (Ehemann) wurde ein Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge erteilt für das Vermögen, was sich damals in Westdeutschland befand. Jetzt stellt sich heraus, dass es noch ein Grundstück in Ostdeutschland (damals noch DDR) gibt. Dafür brauchen die Erben jetzt noch mal einen gesonderten Erbschein. Wie geh ich jetzt an diese ganze Sache heran? Wird ein neuer Erbscheinsantrag gestellt nur hinsichtlich des DDR-Vermögens? Und wie müsste denn dann der Erbschein erteilt werden? Bin da grad ein wenig überfragt, aber die Erben hätten nun gern eine Aussage wie das jetzt vonstatten geht.

  • Wohnsitz beider Erblasser war wohl in der damaligen BRD. Dann geht nur ein gegenständlich beschränkter Erbschein für den Nachlass in der ehemaligen DDR.

  • Nein Wohnsitz beider Erblasser war damals Westdeutschland. Ich glaube zum Zeitpunkt der Erbscheinserteilung war von dem Vermögen in der DDR nichts bekannt. Gilt dann quasi für das Grundstück Belegenheitsrecht und damit das Recht der damaligen DDR?

  • Ich gehe davon aus, dass die beiden Erbfälle in den Jahren 1979 und 1989, also jeweils im Jahr der Erbscheinserteilung, eingetreten sind.

    Für beide Erbfälle bitte ich noch um folgende Angaben:

    Gesetzliche oder gewillkürte Erbfolge?
    Inhalt der Erbscheine (Alleinerbe, Miterben, Quoten)?

  • Ja, der Erbschein müsste bei gesetzlicher Erbfolge für in der DDR belegenen Grundbesitz nach DDR-Recht bei der Erbfolge nach dem Ehemann - Ehefrau 1/2 und Kind 1/2 Erbe sein. Gericht der belegenen Sache zuständig.

  • Wie Cromwell, zusätzlich muss auch noch angegeben werden, ob derzeit eingetragener Eigentümer des "Grundstück in Ostdeutschland (damals noch DDR)" bereits eine Erbengemeinschaft ist.

  • Es war gesetzliche Erbfolge. Beim ersten Erbfall haben Ehemann zu 1/2 und die 4 Kinder zu 1/8 geerbt. Beim zweiten Erbfall dann entsprechend die 4 Kinder allein zu je 1/4. Wer wann Grundstückseigentümer war kann ich noch gar nicht sagen, da dass aus den Akten nicht ersichtlich ist und der Miterbe am Telefon noch nichts dazu gesagt hat. Aber da könnte ich ja am Montag erst noch mal nach fragen. Was macht es denn für einen Unterschied ob zu dem Zeitpunkt schon eine Erbengemeinschaft als Eigentümer eingetragen war?

  • 1. Erbrechtliche und güterrechtliche Ausgangslage

    Beide Erbfälle sind nach dem 31.12.1975 und vor dem 03.10.1990 eingetreten. Es fragt sich somit, ob es in analoger Anwendung von Art. 3a Abs.2 (früher: Art. 3 Abs. 3) EGBGB i.V.m. Art. 235 § 1 Abs.1 EGBGB, Art. 236 § 1 EGBGB und § 25 Abs.2 DDR-RAG zu einer Nachlassspaltung kommt, aufgrund dessen sich die Erbfolge im Hinblick auf DDR-Grundbesitz nach dem am 01.01.1976 in Kraft getretenen und erst mit Ablauf des 02.10.1990 außer Kraft getretenen ZGB der ehemaligen DDR richtet.

    „DDR-Grundbesitz“ in diesem Sinne ist nur das Alleineigentum oder das Bruchteilseigentum, nicht aber das erbengemeinschaftliche Eigentum (BGHZ 146, 310; KG FamRZ 2004, 736; Palandt/Thorn Art. 25 EGBGB Rn. 21 – früher streitig, aber heute anerkannt). Es kommt somit darauf an, welche eigentumsrechtliche Stellung beide Erblasser im Zeitpunkt des jeweiligen Erbfalls jeweils innehatten.

    Des Weiteren ist von Bedeutung, dass die Eheleute aufgrund der im Erbschein nach dem Ehemann ausgewiesenen Erbfolge im gesetzlichen „westlichen“ Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben müssen (Erbquote der Ehefrau neben Kindern: 1/2). Für den Fall, dass auf den Erbfall des Ehemannes das ZGB der ehemaligen DDR zur Anwendung kommt, stellt sich somit die Frage, ob sich der betreffende ZGB-Erbteil nach § 1371 Abs.1 BGB erhöht. Dies wird ohne einen bestehenden Bezug des Erbfalls zum Recht der ehemaligen DDR überwiegend bejaht (vgl. Palandt/Thorn Art. 25 EGBGB Rn. 26 m.w.N.) und gilt dann konsequenterweise auch im deutsch-deutschen Verhältnis (Bestelmeyer Rpfleger 1992, 321, 322 f.). Führt die Anwendung unterschiedlichen Erbstatuts (ZGB) und Güterstatuts (Zugewinngemeinschaft) zu unbilligen Ergebnissen, indem der überlebende Ehegatte (bei Normenmangel) schlechter oder (bei Normenhäufung) besser gestellt wird, als er bei voller Anwendung jeder der beteiligten Rechtsordnungen stehen würde, so ist seine Erbquote am Nachlass nach dieser Ansicht durch Angleichung dergestalt zu korrigieren, dass er mindestens bzw. höchstens das erhält, was ihm nach jeder der beteiligten Rechtsordnungen für sich betrachtet zustünde.

    Vorsorglicher Hinweis: Streitig ist, ob -was der BGH verneint- Nachlassspaltung eintritt, wenn der Grundbesitz bereits zu Lebzeiten des Erblassers enteignet wurde und für dessen Rechtsnachfolger lediglich eine Restitution nach dem VermG in Frage steht. Nachweise zu dieser Streitfrage bei Palandt/Thorn Art. 25 EGBGB Rn. 21 a.E.

    2. Von den Eigentumsverhältnissen im Zeitpunkt des Ablebens des Ehemannes abhängige Alternativen

    a) Nur der Ehemann war am Grundbesitz beteiligt, und zwar als Alleineigentümer oder Bruchteilsmiteigentümer

    aa) Erbfall Ehemann

    Für die eigentumsrechtliche Beteiligung des Ehemannes tritt nach § 25 Abs.2 DDR-RAG (i.V.m. den eingangs genannten Normen) Nachlassspaltung ein. Nach § 365 Abs.1 S.2 DDR-ZGB würden der Ehegatte 1/4 und die vier Kinder zu je 3/16 erben (Ehegatte und Kinder zu gleichen Anteilen, Ehegatte mindestens 1/4). Nach § 1371 Abs.1 BGB kommt es jedoch zur Erhöhung der Ehegattenquote auf 1/2, so dass den vier Kindern eine Erbquote von je 1/8 verbleibt (keine Angleichung erforderlich, da der Ehegatte nicht mehr erhält, als wenn sich sowohl Erbstatut als auch Güterstatut nach dem BGB richten würden). Die Erbfolge nach dem ZGB ist daher im Ergebnis mit der Erbfolge nach dem BGB identisch. Gleichwohl ist infolge Nachlassspaltung natürlich ein entsprechender neuer Erbschein in Anwendung des ZGB erforderlich, weil der bereits erteilte Erbschein lediglich die Erbfolge nach dem BGB verlautbart.

    bb) Erbfolge Ehefrau

    Die Ehefrau ist nur als Mitglied der Erbengemeinschaft nach ihrem Ehemann am Grundbesitz beteiligt. Insoweit tritt daher keine Nachlassspaltung ein. Die Ehefrau wird demzufolge auch insoweit nach dem BGB beerbt. Diese Erbfolge ist durch den existenten Erbschein bereits zutreffend ausgewiesen (Kinder je 1/4).

    b) Nur der Ehemann war am Grundbesitz beteiligt, und zwar als Mitglied einer Erbengemeinschaft

    aa) Erbfall Ehemann

    Keine Nachlassspaltung (wie lit. a, bb). Bereits erteilter BGB-Erbschein genügt (Ehefrau 1/2, Kinder je 1/8).

    bb) Erbfall Ehefrau

    Die Ehefrau ist nur Mitglied der Untererbengemeinschaft aufgrund der Erbfolge nach dem Ehemann. Also keine Nachlassspaltung (wie lit. a, bb), sondern bereits erteilter BGB-Erbschein genügt (Kinder je 1/4).

    c) Nur die Ehefrau war am Grundbesitz beteiligt, und zwar als Alleineigentümerin oder Bruchteilsmiteigentümerin

    Die Erbfolge nach dem Ehemann spielt keine Rolle, weil er nicht am Grundbesitz beteiligt war. Die Ehefrau wird infolge Nachlassspaltung nach § 365 Abs.1 S.2 DDR-ZGB von den vier Kindern zu je 1/4 beerbt. Diese Erbfolge ist nach der Erbfolge mit dem BGB identisch. Gleichwohl ist ein neuer ZGB-Erbschein erforderlich (wie a, aa).

    d) Nur die Ehefrau war am Grundbesitz beteiligt, und zwar als Mitglied einer Erbengemeinschaft

    Die Erbfolge nach dem Ehemann spielt keine Rolle, weil er nicht am Grundbesitz beteiligt war. Nach der Ehefrau ist keine Nachlassspaltung eingetreten. Bereits erteilter BGB-Erbschein genügt (Kinder zu je 1/4).

    e) Beide Ehegatten waren am Grundbesitz beteiligt, und zwar als Bruchteilseigentümer je zur Hälfte oder in einem anderen Bruchteilsanteilsverhältnis

    aa) Erbfolge Ehemann

    Nachlassspaltung, Erbfolge wegen § 1371 Abs.1 BGB mit ZGB-Erbfolge identisch (Ehefrau 1/2 und Kinder je 1/8). Neuer ZGB-Erbschein erforderlich.

    bb) Erbfolge Ehefrau

    bb1): Für den eigenen Miteigentumsanteil: Nachlassspaltung, Erbfolge mit der ZGB-Erbfolge identisch (Kinder je 1/4). Neuer ZGB-Erbschein erforderlich.
    bb2): Für den erbengemeinschaftlichen Anteil am Nachlass des Ehemannes: Keine Nachlassspaltung. Bereits erteilter BGB-Erbschein genügt (Kinder je 1/4).

    f) Beide Ehegatten waren am Grundbesitz beteiligt, und zwar der Ehemann als Bruchteilseigentümer und die Ehefrau als erbengemeinschaftliche Miteigentümerin

    aa) Erbfolge Ehemann

    Nachlassspaltung, Erbfolge wegen § 1371 Abs.1 BGB mit ZGB-Erbfolge identisch (Ehefrau 1/2 und Kinder je 1/8). Neuer ZGB-Erbschein erforderlich.

    bb) Erbfolge Ehefrau

    Keine Nachlasspaltung, weil die Ehefrau nur als Mitglied zweier Erbengemeinschaften am Grundbesitz beteiligt ist. Bereits erteilter BGB-Erbschein genügt (Kinder je 1/4).

    g) Beide Ehegatten waren am Grundbesitz beteiligt, und zwar die Ehemann als erbengemeinschaftlicher Eigentümer und die Ehefrau als Bruchteilseigentümerin

    aa) Erbfolge Ehemann

    Keine Nachlasspaltung, da nur erbengemeinschaftliche Beteiligung. Bereits erteilter BGB-Erbschein genügt (Ehefrau 1/2 und Kinder je 1/4).

    bb) Erbfolge Ehefrau

    bb1): Für den eigenen Miteigentumsanteil: Nachlasspaltung, Erbfolge mit der ZGB-Erbfolge identisch (Kinder je 1/4). Neuer ZGB-Erbschein erforderlich.
    bb2): Für den untererbengemeinschaftlichen Anteil am Nachlass des Ehemannes: Keine Nachlasspaltung. Bereits erteilter BGB-Erbschein genügt (Kinder je 1/4).

    h) Beide Ehegatten waren am Grundbesitz beteiligt, und zwar beide als Mitglied einer oder mehrerer nur aus ihnen oder zusammen mit anderen Personen bestehenden Erbengemeinschaften

    Für den erbengemeinschaftlichen Anteile von Ehemann und Ehefrau keine Nachlassspaltung, ebenso wenig für den untererbengemeinschaftlichen Anteil der Ehefrau am Nachlass des Ehemannes. Bereits erteilte BGB-Erbscheine genügen (Ehemann: Ehefrau 1/2 und Kinder je 1/4; Ehefrau: Kinder je 1/4).

    3. Erteilung von ZGB-Erbscheinen bzw. eines Ergänzungsbeschlusses

    Soweit nach den vorstehenden Ausführungen nach dem Ehemann und/oder nach der Ehefrau Nachlassspaltung eingetreten ist, muss nicht unbedingt ein neuer Erbschein in Anwendung des ZGB erteilt werden, weil die Erbfolgen nach dem Ehemann (i.V.m. § 1371 Abs.1 BGB) und der Ehefrau mit denjenigen nach dem DDR-ZGB identisch sind. In solchen Fällen genügt im Hinblick auf die bereits nach Ehemann und Ehefrau erteilten Erbscheine ein Ergänzungsbeschluss (Bestelmeyer Rpfleger 1992, 229, 232), der hier aber für Ehemann und Ehefrau unterschiedlich zu fassen ist (beim Ehemann kommt der in roter Schrift gehaltene Teil hinzu):

    Beschluss:

    Es wird bezeugt, dass sich der diesamtliche Erbschein vom ... in Anwendung des ZGB der ehemaligen DDR i.V.m. § 1371 Abs.1 BGB aufgrund identischer Erbfolge auch auf den in der ehemaligen DDR belegenen Nachlass i.S. des § 25 Abs.2 DDR-RAG erstreckt.

    Die Anbringung eines Beschränkungsvermerks auf dem ursprünglich erteilten Erbschein oder eine Verbindung des Beschlusses mit dem bereits erteilten Erbschein ist nicht erforderlich, weil die bereits erteilten Erbscheine nur die Erbfolge nach dem BGB bezeugen und insoweit keine Änderung eintritt.

    Auch wenn im vorliegenden Fall das Nachlassgericht eines Bundeslandes zuständig sein sollte, das bislang noch nicht von der Öffnungsklausel des § 19 Abs.1 S.1 Nr.5 Gebrauch gemacht hat, ist für den Erlass des Ergänzungsbeschlusses bei gesetzlicher ZGB-Erbfolge der Rechtspfleger zuständig (OLG Zweibrücken Rpfleger 1993, 113; Arnold/Meyer-Stolte/Rellermeyer § 16 Rn. 34; Bassenge/Roth § 16 Rn. 14; Bestelmeyer Rpfleger 1992, 321, 328). Seinem -erst jetzt beantragten- Erlass hat nach der durch das FamFG geschaffenen Rechtslage aber nunmehr ein Feststellungsbeschluss (§ 352 FamFG) vorauszugehen, weil es sich beim Ergänzungsbeschluss im Rechtssinne um einen Erbschein handelt. Es besteht insoweit auch kein Vorlagerecht nach § 5 Abs.2 RpflG, da keine Anwendung „ausländischen“ Rechts in Frage steht (Arnold/Meyer-Stolte/Rellermeyer § 5 Rn. 22 m.w.N.).

    Zu den Kosten: Bestelmeyer JurBüro 1996, 620 m.w.N.

  • Wenn sich die betreffende Person noch mal bei mir meldet gerne :) Vielleicht hat er ja auch heut angerufen, wo ich nicht im Dienst war...

  • Wenn Dein Nachlassgericht örtlich zuständig ist, wird sich der Beteiligte sicher noch einmal melden, weil er die besagten Erbscheine -oder die rechtliche Einschätzung, dass sie ggf. nicht erforderlich sind- für das weitere Vorgehen im Hinblick auf den besagten Grundbesitz benötigt.

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