ZU-Ersuchen aus Österreich - Zustellschein

  • Ich habe ein fomloses ZU-Ersuchen aus Österreich vorliegen mit der Bitte die Zustellung erforderlichenfalls auch gegen den Willen des Zustellungsempfängers durchführen zu lassen und ihm den datierten und unterfertigten Zustellschein zukommen zu lassen.
    Früher habe ich den Zustellschein ignoriert, was soweit ich mich erinnere, nach der früheren ZRHO auch zulässig war.
    Ich weiß nun nicht, wie ich praktisch die Zustellung bewirken soll.
    Post-ZU scheidet aus, eine Zustellung durch GVZ ist nur möglich, wenn eine ZU nach § 168 I ZPO keinen Erfolg verpricht.
    Dann könnte ich nun einen Wachtmeister beauftragen. Nur was macht der mit dem Zustellschein? Datum und Unterschrift kann er ja noch ergänzen und ggf. den Empfänger unterschreiben lassen, nur kann er vor Ort keine Kopie machen und diese zurücksenden.
    Und was hat es für einen Sinn, einen Empfänger den Emfang quittieren zu lassen und ihm dann das Empfangsbekenntnis auszuhändigen?
    Muss der Zustellschein auch zugestellt werden, wenn kein Empfänger angetroffen wird?
    Neben Datum der ZU und Unterschrift des Zustellers soll der Zustellschein die Unterschrift des Empfängers oder des Ersatzempfängers enthalten oder die Angabe des die Zustellung verhindernden Umstands.

  • 1. Art 5 deutsch-österr. Zusatzvereinbarung:
    Art. 2
    Die ersuchte Behörde hat die Zustellung in der durch ihre innere Gesetzgebung für gleichartige Zustellungen vorgeschriebenen Form zu bewirken. Auf Wunsch der ersuchenden Behörde hat sie die Zustellung in einer besonderen Form durchzuführen, sofern diese ihrer Gesetzgebung nicht zuwiderläuft.

    2. ZRHO Allgemeiner Teil
    § 74 Abs. 2:
    Ausländische Empfangsbekenntnisse, die einem Zustellungsantrag beiliegen, dürfen grundsätzlich nicht verwendet werden, weil sie vielfach Vermerke enthalten, die nach ausländischem Recht durch die Unterschrift des Empfängers mit als anerkannt gelten und zu Rechtsnachteilen für den Zustellungsempfänger führen können. Die Empfangsbekenntnisse können ausnahmsweise benutzt werden, wenn ihre Verwendung ausdrücklich aus Gründen des innerstaatlichen fremden Rechts erbeten ist (z. B. weil Stempelpapier des fremden Staates zu benutzen ist); vorher ist genau zu prüfen, ob nicht der Vordruck unzulässige Vermerke enthält.

    3. ZRHO Länderteil:
    Der Zustellungsnachweis kann nach dem Muster ZRH 4 erstellt werden.

  • Noch ein Nachtrag:
    Welche Form der Zustellung gewollt ist, kann man nicht selten nur an Hand der beigefügten Formblättern ableiten. Man könnte diese auch als konkludenten Antrag auf Zustellung in einer besonderen Form sehen.
    Zur Interpretationshilfe der Erlass des österr. JuMi:
    Erlass vom 15. September 2006 über die Neuschaffung des Formblatts GeoForm 35a
    Text
    1.
    Ergänzung des § 106 ZPO durch die Zivilverfahrens-Novelle 2004
    Auf Grund der seit 1.1.2005 geltenden neuen Bestimmung in § 106 Abs. 2 ZPO, betreffend die für Klagen und andere (meist verfahrenseinleitende) Schriftstücke vorgesehene Eigenhandzustellung im Ausland, hat sich ein Änderungs- bzw. Ergänzungsbedarf bei den Zustellscheinen für internationale Zustellungen ergeben.
    § 106 ZPO idF BGBl. I 128/2004 (ZVN 2004) lautet:

    Zustellung von Klagen

    § 106. (1) Klagen und Schriftstücke, die wie Klagen zuzustellen sind, können nur zu eigenen Handen des Empfängers oder seines zur Übernahme von Klagen oder anderen wie solche zuzustellenden Schriftstücken ermächtigten Vertreters oder in Rechtssachen, die sich auf den Betrieb eines Handelsgewerbes beziehen, zu Handen eines Prokuristen (Gesamtprokuristen) des Empfängers zugestellt werden.

    (2) Erfolgt die Zustellung im Ausland durch Behörden des Zustellstaates, so genügt die Einhaltung jener Vorschriften, die das Recht dieses Staates für die Zustellung entsprechender Schriftstücke vorsieht. Das gilt nicht, wenn die Anwendung dieser Vorschriften mit Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, unvereinbar wäre.

    Mit dieser neuen Bestimmung ist im Wesentlichen die bisherige ständige Rechtsprechung des OGH kodifiziert worden (siehe die ErläutRV 613 BlgNR XXII. GP, S. 13 f mwN). Zweck einer wirksamen Zustellung ins Ausland ist, dem dort ansässigen Empfänger rechtliches Gehör und ein faires Verfahren zu gewährleisten. Wohl aber ist der Empfänger durch die Einhaltung der Zustellvorschriften seines Aufenthaltsstaates nicht beschwert, müsste er die dort zulässigen Zustellungsarten in einem dort durchgeführten, rein innerstaatlichen Verfahren doch auch gegen sich gelten lassen. Das „Schutzniveau“ bei internationalen Zustellungen soll sich daher stets nach dem Recht des Zustellstaates richten.

    2.
    Neuschaffung des GeoForm 35a
    Für internationale Zustellungen in zivilgerichtlichen Verfahren ist nunmehr das Formblatt GeoForm 35a geschaffen worden. Dieses trägt die Bezeichnung „Zustellschein für Zustellungen zu eigenen Handen im Ausland durch Behörden des Zustellstaates, § 138 Geo“. Mit dem auf dem Formblatt angebrachten Vermerk „Eigenhändig“ kommt zum Ausdruck, dass weiterhin gemäß § 106 Abs. 1 ZPO grundsätzlich zu eigenen Handen zuzustellen wäre (vgl. den Hinweistext: „Nach den österreichischen Gesetzen ist die Zustellung nur wirksam, wenn sie zu eigenen Handen der Empfängerin/des Empfängers vorgenommen wird. Es genügt jedoch die Einhaltung jener Vorschriften, die das Recht des Zustellstaates für die Zustellung entsprechender Schriftstücke vorsieht.“)

    3.
    Weiterverwendung der bestehenden Formblätter GeoForm 34 und 35
    Das bestehende Formblatt GeoForm 35 („Zustellschein für Zustellungen zu eigenen Handen im Ausland, § 138 Geo“) ist unverändert geblieben und ist weiterhin zur Verwendung in jenen Fällen vorgesehen, in denen die Zustellung im Ausland jedenfalls zu eigenen Handen des Empfängers/der Empfängerin erfolgen soll (insbesondere für Zustellungen durch österreichische Vertretungsbehörden im Ausland).
    Ebenso unverändert ist das Formblatt GeoForm 34 („Zustellschein für Zustellungen im Ausland, § 138 Geo“). Wie bisher kann dieses Formblatt stets dann verwendet werden, wenn für die Zustellung im Ausland eine Ersatzzustellung ausreicht.

  • Danke rusu für die umfassenden Ausführungen.
    Dies bedeutet dann, dass ich den Zustellschein gemäß § 74 Abs. 2 ZPO nicht verwenden muss.
    Was mich hier aber nach wie vor irrietiert, ist dass der von dem Empfänger unterschriebene Zustellschein diesem ausgehändigt werden soll. Dann soll er ja wohl nicht als Nachweis der Zustellung dienen.

  • Ich habe auch einen Antrag auf Österreich mit der Bitte um Zustellung zu eigenen Handen. (Es ist begründet, weshalb § 106 II nicht angewendet wird).

    Nun meine Frage: Wie läuft das praktisch? Bitte ich den Gerichtsvollzieher oder einen Wachtmeister? Was macht ich mit den Kosten? Weiterleitung an die Verwaltung? Auf Grund der zwischenstaatlichen Vereinbarung tragen die Österreicher die Kosten ja nicht.

  • Die GV-Kosten sind kein Problem. Die bekommen das notwendige Geld aus der Landeskasse, ohne das du was veranlassen musst. Du kannst dir den Empfänger auch ins Büro laden. So mache ich das immer. Die holen die Post bei mir ab.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • 1.
    Österreich hat seine Zivilprozessordnung geändert und die Zustellung zu eigenen Händen abgeschafft.
    § 106 der österreichischen ZPO lautet mit Wirkung ab 01.07.2009 wie folgt:
    "Klagen sind mit Zustellnachweis zuzustellen. Die Zustellung an einen Ersatzempfänger ist zulässig."

    2.
    Möglicherweise ist die Gesetzesänderung von dem österreichischen Gericht nicht berücksichtigt worden.
    Grund für eine entsprechende Antragstellung könnte entweder ein Altfall sein (eher unwahrscheinlich) oder die Antragstellung mit dem Formularen a. F.

    Nach dem Länderteil der ZRHO gilt für Österreich nicht der Vordruckzwang (Formular I EuZustVO (EU-Verordnung Nr. 1393/2007);
    die Verwendung des EU-einheitlichen Formblatts I EuZustVO ist nicht erforderlich.

    3.
    Der Zustellungsantrag gilt im Zweifel als Zustellung in besonderer Form (Zustellung an den Zustellungsempfänger persönlich).

    Aus Kostengründen sollte jedoch m. E. mit Postzustellungsurkunde (Anzukreuzen sind auf dem Umschlag: Ersatzzustellung unzulässig) zugestellt werden.


    Eine formlose Zustellung (persönliche Übergabe an den Zustellungsempfänger durch den Rechtspfleger/Gerichtswachtmeister/Gerichtsvollzieher) i. S. d. §§ 112, 113 ZRHO ist jedoch unzulässig, § 101 III ZRHO.
    Im Fall einer formlosen Zustellung würde der Zustellungsmangel jedoch im Regelfall geheilt werden durch den Erhalt der Postsendung.

    Einmal editiert, zuletzt von rolli (9. Mai 2017 um 23:11)

  • @Rolli: Das habe ich nicht so ganz verstanden. Weder aus dem Länderteil noch aus 101 III, 112, 113 ZRHO erkenne ich, dass eine persönliche Übergabe nicht möglich ist. Es findet die übliche Unterscheidung nicht statt. Aber Deinen Schluss daraus, kann ich nicht ganz nachvollziehen.

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  • 1.
    Aus Kostengründen sollte jedoch m. E. mit Postzustellungsurkunde (Anzukreuzen sind auf dem Umschlag: Ersatzzustellung unzulässig) zugestellt werden.

    So habe ich es immer gemacht. "Selbstverständlich" wurde dann das Kreuz übersehen und durch Briekasteneinwurf zugestellt. Das habe ich dann mit der Zustellungsbescheinigung mitgeteilt und nie mehr etwas in der Sache gehört.
    Einmal habe ich in Österreich nachgefragt, wie die ZU erfolgen soll und dabei darauf hingewiesen, dass die GmbH keine Hände hat. Auch darauf habe ich keine Antwort erhalten und dann wie oben angegeben zugestellt.

  • Bei der formlosen Zustellung sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden (§ 112 I ZRHO).

    Eine formlose Zustellung ist nur an annahmebereite Empfänger zulässig;
    eine formlose Zustellung gegen den Willen des Empfängers ist unzulässig, vergl. § 112 II ZRHO.

    Es wird insoweit nur unterschieden zwischen der
    a) Zustellung nach den deutschen Verfahrensvorschriften (förmliche Zustellung nach der Zivilprozessordnung)
    und
    b) Zustellung in besonderer Form - entsprechend dem Zustellungsantrag -, soweit diese Zustellungsform nach den deutschen Verfahrensvorschriften zulässig ist.
    § 101 ZRHO.

    2 Mal editiert, zuletzt von rolli (10. Mai 2017 um 22:56)

  • Ich glaube, jetzt verstehe ich den Unterschied der Meinungen.
    Du bist von einem Ersuchen um formlose Zustellung ausgegangen, wie in #1 angegeben. Davon hat der "Neustarter" in #5 jedoch nichts berichtet, vielmehr war dessen Vorgabe eine Bitte um "Zustellung zu eigenen Handen". Unabhängig davon, ob dies nach österreichischem Recht noch zulässig ist oder nicht, wäre diese Form nach § 101 ZRHO, § 177 ZPO durch Aushändigung m.E. zulässig.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Meine Anmerkungen bezogen sich nur auf die formlose Zustellung.
    Tatsächlich betreffen die Beiträge nur die "Zustellung zu eigenen Händen", das habe ich tatsächlich bei der Beantwortung der Frage übersehen.
    Eine Zustellung zu eigenen Händen durch Übergabe an den Zustellungsempfänger ist zulässig.

    Zum Unterschied einer formlosen Zustellung hat der Zustellungsempfänger hierbei jedoch kein Grund zur Annahmeverweigerung;
    er kann die Annahme nicht grundlos verweigern.
    Aufgrund der verwendeten Sprache kann der Zustellungsempfänger ebenfalls die Annahme nicht verweigern (Schriftstücke in deutscher Sprache).

    Wenn der Empfänger ins Büro geladen wird zwecks Übergabe der Schriftstücke, darf dieser weder über ein Annahmeverweigerungsrecht zuvor belehrt werden, noch hat er ein Annahmeverweigerungsrecht.

  • Jetzt ist meine Welt wieder schön. :D

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