Öffentliche Zustellung

  • Folgendes "Problem" ( ich trau mich kaum zu fragen :(

    Ein Kostenfestsetzungsbeschluss wurde öffentlich zugestellt, da die Anschrift des Beklagten bzw. Kostenschuldners nicht bekannt war. Kurz nach Veranlassung der öffentlichen Zustellung wird mir die Anschrift des Beklagten mitgeteilt. Da nun die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung nicht mehr gegeben sind, hat trotzdem die Frist begonnen? Oder ist das unerheblich, da die Voraussetzungen z. Zt. der Veranlassung der öffentlichen Zustellung nach Kenntnis des Gerichts vorgelegen haben?

    Die Kunst des Lebens besteht mehr im Ringen als im Tanzen. ( Marc Aurel )

  • Hallo.


    Aus Musielak, ZPO-Kommentar, zu § 185 ZPO :

    Die öffentliche Zustellung bleibt wirksam, auch wenn sich nachträglich herausstellt, dass deren Voraussetzungen nicht vorgelegen haben; sogar dann, wenn sie der Zustellungsveranlasser durch unwahre oder unvollständige Angaben erschlichen hat. Dies gebietet die Rechtssicherheit. Bei arglistigem Verhalten kann die Ausnutzung der erworbenen Rechtsposition nach § 242 BGB unzulässig sein und die Vollstreckungsgegenklage rechtfertigen. Auch kann bei schuldloser Unkenntnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn objektiv die Voraussetzungen für eine öffentliche Bekanntmachung fehlten. Konnte allerdings das Gericht erkennen, dass die Voraussetzungen nicht vorlagen, ist die Zustellung wegen Verletzung des Rechts auf Gehör unwirksam.

    Aus Musielak, ZPO-Kommentar, zu § 188 ZPO :

    Die Vorschrift bestimmt den Zeitpunkt, an dem die öffentliche Zustellung als bewirkt gilt. Es ist deshalb bedeutungslos, ob der Adressat vor oder nach diesem Zeitpunkt oder überhaupt tatsächlich Kenntnis vom Inhalt des zuzustellenden Schriftstücks erhält. Der Zustellungszeitpunkt kann allerdings noch früher liegen, wenn sich der Adressat oder sein rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter während des Fristenlaufs an der Amtsstelle einfindet und dort gemäß § 173 durch Aushändigung zugestellt wird. Eine mögliche Rückwirkung tritt nach § 167 ein.


    Da dem Gericht bei erfolgter öffentlicher Zustellung die Anschrift nicht bekannt war, dürfte die wohl ordnungsgemäße öffentliche Zustellung wirksam und unanfechtbar sein.

    Wenn du dich dann besser fühlst, kannst du dem Beklagten ja eine einfache Ausfertigung unter Hinweis auf die erfolgte öffentliche Zustellung übersenden (lassen).

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Hallo.

    Habt ihr keinen Zugriff auf Beck online ?

    Dann würde ich eher das anregen (Hartmann (Kostengesetzte), Müko-BGB, Musielak (ZPO) - eben fast alle Kommentare, die im Beck-Verlag erscheinen (und natürlich die Gesetzestexte)) ...

    Wozu sich mit Papier rumplagen...

    Liebe Grüße aus Hamburg...

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Ich möchte Bedenken gegen die geäußerte Rechtsmeinung anmelden. Nach dem Sachverhalt ist die Zustellung eben noch nicht bewirkt (erfolgt). Wenn sich der Adressat während der Laufzeit der öffentlichen Zustellung meldet oder die Anschrift bekannt wird, ist m.E. durch Übergabe oder PZU zuzustellen. Erst nach Bewirkung der Zustellung kann auf die bereits erfolgte Zustellung verwiesen werden.

  • mea culpa...:daemlich :ichwarsni

    Man sollte sich den Fall (wie bei einer Klausur) ganz durchlesen...:redface

    Zitat


    Kurz nach Veranlassung der öffentlichen Zustellung ...



    ... heißt wohl nicht "kurz nach erfolgter Zustellung" (= Ablauf der Monatsfrist) sondern kurz nach Aushang an der Gerichtstafel ?!

    Dann wäre die Zustellung in der Tat noch nicht als bewirkt anzusehen und müsste wohl nach den Zustellungsvorschriften nunmehr ./. ZU an den Beklagten erfolgen (by the way : wurde die Anhörung zum Antrag wirksam öffentlich zugestellt ? - sonst dürfte der Beklagte nunmehr zunächst zum Antrag anzuhören sein...)

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Ich stimme der zuletzt geäußeerten Ansich ebenfalls zu und habe es in der Praxis ebenso gehandhabt. Wird die öffentliche Zustellung veranlasst und kurz danach wird die zustellungsfähige Anschrift bekannt, dann - simple ausgedrückt - wird der Vorgang der öffentlichen Zustellung "abgebrochen" und umgehend direkt per ZU zugestellt.

  • das wär ja auch ne gruselige handhabung für ein rechtsstaatliches gericht, bei bekannter anschrift weiter öffentlich zuzustellen. man muss ja bedenken, dass es sich um eine zustellungsfiktion handelt, die regelmäßig nicht zu wirklicher kenntnisnahme des schriftstücks führt.

  • Jetzt sagt bloß, bei euch kommt so was öfter vor. Irgendwie hab ichs hier in der Provinz ganz gut getroffen, das ist in 6 Monaten meine 3. öffentliche Zustellung - wenigstens der Versuch -

    Die Kunst des Lebens besteht mehr im Ringen als im Tanzen. ( Marc Aurel )

  • Öffentliche Zustellungen sind zumindest im Zwangsversteigerungsverfahren nicht unbedingt selten, da einige Schuldner wohl glauben durch Abtauchen ihren Verpflichtungen zu entgehen. Das trifft natürlich insbesondere für Ballungsgebiete wie Hamburg zu, wo die Schuldner zumeist nicht in den Objekten wohnen.

  • ... und auch in WEG-Sachen und in Zivilsachen ...


    also ich hab´ das in WEG-Sachen schon öfter... (wundersames Verschwinden (Untertauchen) des Antragsgegners... das originellstedass sich ein Antragsgegner ´mal hat einfallen lassen, war unterzutauchen unter vorübergehender (für 6 Monate) Postweiterleitung in ein Postfach, wo man per ZU schlecht zustellen kann - naja letztendlich haben wir den KFB doch noch zugestellt bekommen)

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Zitat von the bishop

    <...>(by the way : wurde die Anhörung zum Antrag wirksam öffentlich zugestellt ? - sonst dürfte der Beklagte nunmehr zunächst zum Antrag anzuhören sein...)



    Moment. Öffentliche Zustellung ist doch nur erforderlich, wenn was zuzustellen ist. Die Anhörung wird ja normalerweise nicht zugestellt. Insofern muss die Anhörung auch nicht öffentlich zugestellt werden. Wenn man damit anfängt, wird man ja nie fertig.

    Grundsätzlich finde ich den gesamten Problemkreis Zustellung/öffentliche Zustellung sowieso ... naja, sagen wir mal diskussionswürdig. Warum wird hier das grundsätzlich durchaus schutzwürdige Interesse einer Partei bzw. des Schuldners so hoch gehängt? Wenn jemand umzieht, muss er sich ummelden. Wenn sich jemand entgegen der Vorschriften nicht ummeldet und auch sonst (Nachsendeauftrag o.ä.) keine Vorkehrungen dafür trifft, dass Post ihn erreicht, ist er doch zum großen Teil selbst schuld daran.
    Auf der anderen Seite muss man natürlich zugeben, dass so wie die Post teilweise arbeitet, da wundert es mich wirklich nicht, dass manchmal die Post bei den Leuten nicht ankommt.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Zitat von hiro

    Warum wird hier das grundsätzlich durchaus schutzwürdige Interesse einer Partei bzw. des Schuldners so hoch gehängt? Wenn jemand umzieht, muss er sich ummelden. Wenn sich jemand entgegen der Vorschriften nicht ummeldet und auch sonst (Nachsendeauftrag o.ä.) keine Vorkehrungen dafür trifft, dass Post ihn erreicht, ist er doch zum großen Teil selbst schuld daran.



    Ganz Deiner Meinung, hiro!
    Wir haben in der BRD nun mal eine allgemeine Meldepflicht. Wer dagegen verstößt und sich nicht ummeldet, darf sich eigentlich nicht darüber beklagen, dass die Post nicht ankommt!

    Aber die öffentl. Zustellung ist ja auch nur eine Krücke fürs Verfahren. Welcher Empfänger liest denn die Dinger wirklich jemals!?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zitat von Ulf

    Ganz Deiner Meinung, hiro!
    Wir haben in der BRD nun mal eine allgemeine Meldepflicht. Wer dagegen verstößt und sich nicht ummeldet, darf sich eigentlich nicht darüber beklagen, dass die Post nicht ankommt!

    Aber die öffentl. Zustellung ist ja auch nur eine Krücke fürs Verfahren. Welcher Empfänger liest denn die Dinger wirklich jemals!?



    Also ich kenne zumindest einen Schuldner, der die immer regelmäßig gelesen hat. Ist ein Geschäftsmann, der sich einer normalen Zustellung entzogen hat (ist teilweise recht spektakulär vor dem Gerichtsvollzieher geflüchtet, hat sich nach Frankreich abgemeldet zu einer Zeit, als man dort noch auf diplomatischem Wege zustellen mußte und hat dann doch nicht dort gewohnt usw usw), den hab ich schon selbst gesehen, wie er die Gerichtstafel aufmerksam studiert hat ;-). Aber sowas dürfte wirklich ein Einzelfall bleiben.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Hallo,

    in meinem Fall kommt die Postzustellung (Beitritt) und ein normales Anschreiben mit dem Vermerk "unbekannt verzogen" zurück. Nach EMA ist er noch unter der Anschrift gemeldet. Die getrennt lebende Ehefrau vermutet, dass der Schuldner auch noch dort wohnt, von Zeit zu Zeit aber das Namensschild von Eingangstür und Briefkasten entfernt. Ist dennoch eine "normale" Zustellung möglich? Vielleicht dieses Mal über einen Gerichtsvollzieher?

    Schon mal Danke für die Antworten!

  • Man kann sicher noch einmal die "normale" Zustellung über die Post versuchen (vielleicht sind die Schilder an Klingel und Briefkasten mal wieder dran. ;-))

    (Habe gerade einen ähnlichen Fall, es geht um die Zustellung eines KfB. Diese scheiterte (Adressat nicht zu ermitteln), was ich dem RA des Gl. mitteilte. Der bat um erneute Zustellung unter Anschrift ... Nach Hinweis, dass dies die gleiche Adresse wie bei der ersten Zustellung ist, beharrte er dennoch auf der erneuten Zustellung und zahlte weitere 3,50 € ein. Der Schuldner wohne noch dort und der Briefkasten sei auch beschriftet. Mal schauen, was dabei herauskommt.)

  • In manchen Städten/Gemeinden machen das Einwohnermeldeamt und/oder die Polizei eine Überprüfung vor Ort. Muss halt gesondert beauftragt werden.

    Wohnung in Versteigerung? Frage den WEG-Verwalter.
    Du kannst auch bei anderen im Grundbuch eingetragenen Gläubigern und der Stadtkasse nachfragen.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Wohnung in Versteigerung? Frage den WEG-Verwalter.

    Das Hausgeld wird bis jetzt brav bezahlt, weswegen sich der Verwalter offenbar nicht weiter kümmert. Ein Arbeitgeber ist nicht vorhanden, weil der Schuldner selbständig ist/war. Ich habe bislang auch nur den Anordnungs- und den Beitrittsgläubiger, die ebenfalls keine Ahnung vom Aufenthalt des Schuldners haben. Nur dass er bei der Zustellung der Anordnung noch leichtfertig das Namensschild angebracht hatte. Die Stadtkasse ist noch eine Idee. Werde ich mal versuchen. :daumenrau Ist eine Zustellung durch die Polizei als "andere Behörde" denn erfolgversprechender als durch einen Gerichtsvollzieher? Ich dachte eben, dass der Gerichtsvollzieher, im Gegensatz zum Postbediensteten, vielleicht etwas motivierter ist und sich zum Beispiel auch mal bei den Nachbarn erkundigt.

  • ich mache in diesen Fällen zuerst die Zustellung über den örtlich zuständigen Gerichtswachtmeister mit der Bitte um Mitteilung, ob dort Briefkasten, Klingelschild vorhanden ist. Viele - gerade außerhalb meines Bezirks - beantworten diese Fragen aber oft gar nicht oder leiten die Aufträge an den GVZ weiter, der mir oft auch nicht mehr mitteilt. Die Ämter gemäß Mizi frag ich auch immer an, ab und an habe die ne nette Idee.

    Die Zustellung über die Polizei erfolgt bei mir, wenn ich gar nichts habe, aber zumindest sicher gehen will, dass dort doch keiner wohnt. Habe ich zwei oder drei mal gemacht, funktionierte super. In allen Fällen hat die Polizei Vorort Nachbarn gefragt und die waren sehr auskunftsfreudig :D. Von der Polizei habe ich dann einen solchen Kurzbericht bekommen und hab danach dann für mich entweder eine Anschrift gehabt, oder über Zustellungsvertretung etc. entschieden. Ich war mit der Polizei sehr zu frieden bisher :daumenrau

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