Anhörung vor Anordnung Nachtragsverteilung?

  • Hilfe, ich habe ein Verständnisproblem. Aus § 203 InsO selbst und auch aus der Kommentierung (Frankfurter Kommentar) ergibt sich, die Notwendigkeit der vorherigen Anhörung der Beteiligten nicht. Wenn ich dann weiterlese im § 204 InsO ist der Beschluss ja nicht einmal öffentlich bekannt zu machen - hier sind aber sämtliche Vordrucke dergestalt, dass die Beteiligten angehört wurden. Und aus den Akten, die ich mir angesehen habe, ergibt sich auch, dass jeweils vorher angehört und dann auch veröffentlicht wurde. Allerdings kein Hinweis darauf, warum. Die betreffenden Kollegen sind nicht mehr hier, so dass ich nicht fragen kann. Vielleicht kennt ja hier jmd. die Gründe. Danke schon mal

  • Anhören nein. Veröffentlichen ja, § 206 Nr. 3 InsO.

    Über die Veröffentlichung können wir uns ja wieder streiten. Haben wir aber, glaube ich, schon zweimal gemacht. Heidelberger und Hamburger Kommentar sagen, es muß veröffentlicht werden, Uhlenbruck und Kübler sagen nein, kein neues Verteilungsverzeichnis und keine Veröffentlichung. Der Satz in 3. von § 206 InsO kann sich auch auf die Veröffentlichung gemäß § 188 InsO bei Genehmigung der Schlussverteilung beziehen. Aber wie gesagt, das haben wir ja schon zweimal (mindestens) durchgekaut;).

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • vielleicht ein Mißverständnis:

    mE nur die Anordnung der NTV. Eine weitere Veröffentlichung analog § 188 InsO scheidet aus, wobei ich nicht weiß, ob ich zuvor mal eine andere Auffassung vertreten habe. Eine analoge Veröffentlichung nach § 188 InsO wäre auch sinnentleert, weil es keine Einschränkungen pp, wie in § 189 InsO mehr zu beachten gilt. Die zu berücksichtigenden Gläubiger stehen ja im Schlussverzeichnis.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • vielleicht ein Mißverständnis:

    mE nur die Anordnung der NTV. Eine weitere Veröffentlichung analog § 188 InsO scheidet aus, wobei ich nicht weiß, ob ich zuvor mal eine andere Auffassung vertreten habe. Eine analoge Veröffentlichung nach § 188 InsO wäre auch sinnentleert, weil es keine Einschränkungen pp, wie in § 189 InsO mehr zu beachten gilt. Die zu berücksichtigenden Gläubiger stehen ja im Schlussverzeichnis.

    Na, da halte ich mich mal (zur Abwechslung;)) ans Gesetz: Öffentliche Bekanntmachung nur da, wo es das Gesetz vorsieht. Und in § 203 steht da nix. Für wen, ausser dem Beteiligten in der konkreten Nachtragsverteilung, soll die Anordnung der NTV auch von Interesse sein?

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  • nicht in § 203 InsO, aber in

    ... Veröffentlichen ja, § 206 Nr. 3 InsO.

    Ja, und nun drehen wir uns wieder lustig;). Es ist ja gerade zweifelhaft, welche öB damit gemeint ist.

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  • Die öffentliche Bekantmachung bezieht sich auf die Anordnung der NTV, nicht auf eine analoge Veröffentlichung nach § 188 InsO. Dies lese ich jedenfalls aus § 234 InsO RegE (BT-Drucks 12/2443) und § 172 KO heraus.

    Tja, könnte so sein,wenn man den § 172 KO liest und die dazugehörige Erläuterung:" Die schwer verständliche Vorschrift des § 172 KO wird in klarerer Fassung übernommen.":wechlach:. Wobei ich nicht weiß, ob die NTV früher öffentlich bekannt gemacht wurde. Auch in der KO findet sich dazu nix. Und in § 172 KO steht "nur" Bekanntmachung, nicht öffentliche Bekanntmachung. Aber ich will auch keine Haarspalterei betreiben. Ich habe kein Konkurs bearbeitet.

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  • nun, die genannte Konstellation kann m.E. nur dann auftauchen, wenn ein Verfahren wg. schlicher MZU eingestellt wurde, der Klumpen Gold vom Himmel fällt und eine NTV veranlasst ist. Nur dann würde die Präklusion Sinn machen.
    Dann wäre die Anordnung der NTV sinnhaft. Ich ordne die sonst stets mit Aufhebung an. Hi hi, die Vorbehaltsanordner könnten da noch Spass bekommen, weil Vorbehalt wohl Beschlag aufrecht erhält, aber offenbar keine Präklusionswirkung hat oder halt kiffen a la clinton ist :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • So Jungs (und Mädels ;)), ich hole diesen Uralt-Thread nochmal hoch, weil wir da vor gefühlten 100 Jahren mal drüber diskutiert haben, ob die Anordnung einer Nachtragsverteilung öffentlich bekannt gemacht werden muss. In der Zinso 2014, Heft 23, Seite 1095 ist ein Aufsatz zu einem Thema in der NTV. Und da geht es auch um die Notwendigkeit der Bekanntmachung. Und der hat im Aufsatz sogar einiges an Zitaten dazu:

    Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 204 Rn. 2 sowie § 203 Rn. 26.;

    Kießner, in: Braun, InsO, 5. Aufl. 2012, § 204 Rn. 3; ebenso ("Die Anordnung der Nachtragsverteilung wird nicht öffentlich bekanntgemacht.") Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, 7. Aufl. 2008, Teil 3, Rn. 1733; ebenso ("Eine öffentliche Bekanntmachung des Anordnungsbeschlusses ist nicht erforderlich.") Poertzgen/Riewe, in: Pape/Uhländer, NWB Kommentar zum Insolvenzrecht, 2013, § 204 InsO Rn. 3 m.w.N.; wohl ebenso Westphal, in: Nerlich/Römermann, InsO, 2012, § 204 Rn. 18 und Leithaus, in: Andres/Leithaus, InsO, 2. Aufl. 2011, § 204. A.A. dagegen u.a. MünchKomm-InsO/Hintzen, 3. Aufl. 2013, § 203 Rn. 11 ("Im Hinblick auf § 206 Nr. 3 ist die Anordnung der Nachtragsverteilung öffentlich bekannt zu machen.").


    Da können wir also die unglaublich kalt gewordene Suppe mal wieder aufwärmen; brauchen wir aber auch nicht ;).

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  • Hallo,

    aus gegebenen Anlass greife ich dieses Thema noch mal auf. Ich bin bislang ebenfalls davon ausgegangen, dass eine Anhörung des Schuldners vor der Anordnung der Nachtragsverteilung nicht erfolgt. Kommentierung/Rechtsprechung, die sich für eine Anhörung ausspricht, kenne ich nicht. In einem mir vorliegenden Fall wurde gegen den Anordnungsbeschluss vom Schuldner sof. Beschwerde eingelegt mit der Begründung, der Gegenstand stünde ihm nicht zu. Nach erfolgtem Nichtabhilfebeschluss von mir wurde der Beschluss über die Anordnung der Nachtragsverteilung vom Landgericht aufgehoben . Mir war ehrlich gesagt der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20. 6. 2013 – IX ZB 10/13 nicht bekannt, sodass ich meiner Nichtabhilfeentscheidung fast ausschließlich darauf verwiesen habe, dass die Eigentumsverhältnisse im Wege eines Zivilprozesses geklärt werden müssen. Grund für die Aufhebung seinen demnach nach Auffassung des Landgerichts Verfahrensmängel, insbesondere weil vom InsO-Gericht nicht alle notwendigen Beweisaufnahmen im Sinne des § 5 InsO erfolgten und weil der Schuldner vor der Anordnung der NV nicht angehört worden ist. Hier stellen sich für mich in einer Vielzahl von Fällen grundsätzliche Fragen:
    1. Wenn für eine Nachtragsverteilung "sämtliche Umstände" von Amts wegen ermittelt werden müssen, ist dann nicht vor jeder Anordnung einer NV zumindest der Schuldner anzuhören, ist dies doch die nächstliegendste Möglichkeit zu erfahren, ob der Gegenstand tatsächlich in die Insolvenzmasse fällt? Das würde jedoch eine Verzögerung bei der Beschlagnahme bewirken, sodass der mögliche Gegenstand der Insolvenzmasse dem Zugriff der Gläubiger entzogen werden könnte.

    2. Wenn mir ein Treuhänder glaubhaft darlegt, dass noch ein Vermögenswert ermittelt worden ist, zwingt mich das dennoch in jedem Fall eine Beweiserhebung zu machen?

    3. Wie soll so eine Beweiserhebung aussehen? Muss ich jetzt auf Dauer bei diversen Entscheidungen und bei sofortigen Beschwerden Zeugen laden, ggf. Sachverständige auf Kosten des Staates beauftragen oder gar Ortstermine ansetzen? Ich fühle mich fast wie ein Richter, zumindest bis ich auf meine Lohnabrechnung schaue....

    4. Und zu meinem konkreten Fall: Wäre es vom Landgericht nicht sinnvoller und richtiger gewesen, die Sache zur erneuten Prüfung und Abhilfe/Nichtabhilfeentscheidung dem Rechtspfleger zurückzugeben anstatt die komplette Anordnung aufzuheben?

    MfG

    Nachtrag: Schon interessant. Wenn nach dem Schlusstermin aber vor Aufhebung des Verfahrens ein (möglicher) Gegenstand der Masse ermittelt wird, ist der Insolvenzbeschlag direkt gegeben. Hier hat das InsO-Gericht keine Verpflichtung zu ermitteln, ob der Gegenstand der Masse zusteht, sodass der Schuldner/Dritte auf den Zivilprozess verwiesen wird (Stichwort § 47 InsO). Wenn ich dann aufhebe unter gleichzeitiger Anordnung der Nachtragsverteilung, dann habe ich vorher (!!!) eine umfassende Ermittlung anzustellen, zumindest jedoch dann wenn die sofortige Beschwerde kommt....

  • nun, die Anhörung des Schuldners wäre allenfalls im Rahmen von Rechtsgehör von Belang.
    In Ansehung der BGH-Entscheidung wäre allerdings der Schuldner im Rahmen der Sachaufklärung zu hören, nämlich dahingehend, ob es sich wirklich um einen Massegegenstand handelt. Dies aber nur, wenn sich Zweifel am Vortrag des Verwalters / Treuhänders ergeben.
    Sind diese Zweifel nicht vorhanden, ist m.E. zunächst die Nachtragsverteilung anzuordnen. Eine etwaige Beweiserhebung ist dann im Rahmen des Abhilfeverfahrens nachzuholen.
    Hier steht der Sicherungszweck im Vordergrund, wenn die überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Massezugehörigkeit spricht.
    Dem steht die BGH-Entscheidung m.E. nicht entgegen.

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  • Guten Abend,

    ich habe zu der Thematik abermals eine Frage, weil ich durch die damalige Aufhebung meines Beschlusses (vgl. meinen Beitrag #16) bei der Anordnung einer Nachtragsverteilung total unsicher geworden bin.

    Zu der Ausgangslage meines neuen Falles:
    1. Gestundetes Verfahren
    2. Keine Masse
    3. Verfahren wurde zwischenzeitlich aufgehoben.

    Kurz nach Aufhebung des Verfahrens begehrt der Schuldner (der von der Aufhebung noch nichts weiß) die Freigabe eines Anspruches gegenüber einer Versicherung. Er trägt vor, dass er (ca. 1 Woche vor Aufhebung InsO) einen Autounfall hatte, ihm sei jemand aufgefahren (Totalschaden). Nun erwartet er eine Zahlung durch die Versicherung in Höhe von ca. 900 €. Der PKW gehöre nicht ihm sondern einer Verwandten. Er sei nur Versicherungsnehmer und würde das Fahrzeug fahren.
    Die Verwandte habe (derzeit!?) keinen Führerschein, sobald sie einen hat, müsse er ihr das Auto (bzw. jetzt wohl ein alternatives Auto) zur Verfügung stellen.
    In dem Gutachten zu dem Schaden an dem Auto wird nur er erwähnt.

    Ob das Auto für seinen Beruf notwendig war, ob er sich ein alternatives Auto anschaffen muss und wird, und ob die Versicherungssumme an seine Schwester weitergeleitet wird, hat er nicht erwähnt. Der PKW war auch nie von ihm oder dem Insolvenzverwalter erwähnt worden, es war nur ein kleiner Roller bekannt, den er für seine Erwerbstätigkeit brauchte.

    Wenn der PKW nicht ihm gehörte, dürfte wohl der Anspruch gegenüber der fremden (Haftpflicht)Versicherung nicht ihm zustehen, sodass eine Nachtragsverteilung ausgeschlossen wäre. Gleiches gilt meines Erachtens, sofern der Schuldner den PKW für seine Erwerbstätigkeit benötigte und sich nun einen neuen PKW anschaffen müsste (vgl. jedoch Roller und ich habe keine Anhaltspunkte, dass der Schuldner sich einen neuen PKW besorgen möchte).

    Nun frage ich mich, ob ich die Nachtragsverteilung wegen der Ansprüche aus dem Verkehrsunfall gegenüber der Versicherung anordnen sollte, oder ob ich zunächst den Schuldner mit der Bitte um Glaubhaftmachung der Eigentumsverhältnisse und Mitteilung, ob er die Versicherungssumme weiterleiten soll/muss/wird, anschreiben soll, oder würdet ihr vorher ermitteln (BGH vom 20. 6. 2013 – IX ZB 10/13 verlangt eine Ermittlung, nur wann?). Wenn ich anordne, entstehen sofort Kosten für meinen InsO-Verwalter und wenn ich Pech habe, nimmt sich der Schuldner ebenfalls einen Anwalt.


    Sorry, dass mein Beitrag etwas länger wurde.

    Liebe Grüße

  • Ich würde sofort anordnen Nachtragsverteilung für Ansprüche aus dem versicherungsvertrag. Wenn der Schuldner Versicherungsnehmer ist kann der Anspruch nur ihm zustehen. Der Anspruch ist Neuerwerb. Darauf daß das Auto nicht ihm gehört kommt es nicht an. Wenn er für den Arbeitsweg einen roller hat/nutzt ist das Auto sowieso nicht pfändungsgeschützt.
    Die Gründe die er vorgetragen hat sind aber auch nicht geeignet pfändungsschutz zu gewähren. Der behauptete rückgabeanspruch ist Insolvenzforďerung oder ggf neuforderung

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