Fahr- und Treibwegsgerechtigkeit

  • Hallo!Die Stadt als Eigentümer beantragt eine in Abt. II eingetragene Fahr- und Treibwegsgerechtigkeit für den Ackermann XY zu seinem Grundstück Flur * Nr. * zu löschen.Das Recht wurde am 15.06.1883 eingetragen aufgrund eines Vertrages von Mai 1883. Diesen Vertrag habe ich gesucht, werde ihn aber wohl nicht finden.Die Stadt meint, dass das Recht auch ohne Löschungsbewilligung zu löschen sei und nimmt Bezug auf die Unübertragbarkeit gemäß § 1092 BGB. Es wurde versucht eine Sterbeurkunde zu finden, Nachlassvorgänge sind beim hiesigen Nachlassgericht auch nicht bekannt. Auch eine Recherche der Stadt beim Meldeamt war ohne erfolgt, da dort nur Unterlagen nach 1945 vorlägen.Da das Recht vermutlich für einen Volljährigen (21-jährigen) eingetragen wurde, müsste dieser 150 Jahre sein, weshalb von offenkundigem Versterben ausgegangen werden soll.Handelt es sich bei der "Gerechtigkeit" überhaut um eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit? Schöner/Stöber, Rn. 5 sagt nur, dass es sich hierbei um "grundstücksgleiche Rechte" handelt, die auf Landesrecht beruhen (wenn ich das richtig verstanden habe).

  • Etwas spät (ist aus meinem Fokus geraten), aber ...

    1. "Gerechtigkeit" heißt oft einfach "Recht"; aus dem Begriff lässt sich kein bestimmtes Rechtsinstitut ableiten.

    2. Das hier macht mich stutzig: "... für den Ackermann XY zu seinem Grundstück Flur * Nr. * ... "
    Wie lautet der genaue Grundbucheintrag (Namen anonymisiert)? Ist das:

    Fahr- und Treibwegsgerechtigkeit für den Ackermann XY zu seinem Grundstück Flur * Nr. *

    Dann wäre ich mit der Aussage "beschränkte persönliche Dienstbarkeit" nämlich zurückhaltend ...

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Wenn das Recht ist unter Geltung des Badischen Landrechts entstanden ist, hätte ich auch Bedenken, von einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit auszugehen. Das Badische Landrecht galt im damaligen Großherzogtum Baden in der Zeit vom 1.1.1810 bis zum 31.12.1899. Es kannte persönliche Dienstbarkeiten und Grunddienstbarkeiten. Unter Grunddienstbarkeiten wurden dingliche Rechte an einem fremden Grundstück verstanden, die zum Vorteile eines bestimmten Grundstücks dessen jeweiligem Eigentümer zustanden (Landrechtssätze <LRSe> 637, 952), wobei eine Unterteilung in ständige (selbständige) und unständige, offene und verborgene Grunddienstbarkeiten stattfand (vgl. Dr. Linde, „Dienstbarkeiten nach badischem Landrecht“, Die Justiz 1962, 136/137 mit weit. Nachw.; Hezel, Badische altrechtliche Wege- und Zugangsrechte, BWNotZ 2000, 114)). Unter diese Grunddienstbarkeiten fielen auch Wege-, Zufahrts-, Weiderechte u. ä. ( Dr. Linde, a. a. O. <S.137 mit weit. Nachw. in Fußn. 10>). Sie blieben auch nach dem Inkrafttreten des BGB <1.1.1900> erhalten; ihre Löschung richtet sich seither allerdings nach den Vorschriften des BGB (vgl. Art. 189 Abs. 3 EGBGB; Dr. Linde, a. a. O. <S.140 mit weit. Nachw. in Fußn. 39>).

    Nach dem Landrechtssatz 686 ist eine Dienstbarkeit, die den Berechtigten benennt, aber an das Eigentum am Grundstück anknüpft, als Grunddienstbarkeit zu verstehen. Das OLG Karlsruhe führt in seinem Beschluss vom 30.03.2006, 11 WX 124/2004 = BWNotZ 2007, 31

    http://www.notare-wuerttemberg.de/nachrichten_in…OTZ_02_2007.pdf

    aus:

    „Der Wortlaut der Eintragung im Lagerbuch zeigt, dass die Vertragsbestimmung -obwohl die Beteiligten dort namentlich genannt wurden -nicht als persönliche Dienstbarkeit verstanden worden ist….

    Die einzelnen Landrechtssätze sind im Urteil des LG Karlsruhe vom 05.12.2008 - 16 O 32/05, BeckRS 2009 12425, wiedergegeben.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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