Grundbucheinsicht:

  • Gläubiger hat gegen Schuldner (natürliche Person) einen titulierten Zahlungsanspruch. Schuldner ist Kommanditist einer KG gewesen, deren Komplementär eine GmbH ist; seine Gesellschaftsanteile hat er an eine AG abgetreten. Gläubigervertreter beantragt GB-Einsicht in die Grundbücher der KG und der GmbH. Seine Begründung: Berechtigtes Interesse ergibt sich daraus, dass die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung in Vermögenswerte des Schuldners - zu denen die Gesellschaftsanteile der Gesellschaften nebst mittelbar deren Grundbesitz gehören sollen - geprüft werden soll. Die Abtretung der Gesellschaftsanteile an die AG hat der Gläubigervertreter nach AnfG angefochten; damit, so der Gläubigervertreter, ist die Abtretung unwirksam.
    Liegt ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht in die Grundbücher der KG und Komplementär-GmbH vor? Wir haben erhebliche Zweifel. Danke für Eure Antworten; der Gläubigervertreter hat mittlerweile gegen die ablehnende Entscheidung des UdG Rechtsbehelf eingelegt; darüber soll ich als Rechtspfleger nun entscheiden.

  • Über das Rechtsmittel gegen die Entscheidung des UdG muss nunmehr der Rechtspfleger entscheiden (so mittlerweile mehrere OLG-Beschlüsse, z. B. OLG München, s. Rechtsprechungsthread #106; OLG Düsseldorf, Rechtsprechungsthread #97; OLG Frankfurt, Rechtsprechungsthread #242).

    Gegen den Beschluss des Rechtspflegers über dieses Rechtsmittel ist die Beschwerde beim OLG statthafter Rechtsbehelf.

    In der Sache würde ich die Grundbucheinsicht versagen, weil der Vollstreckungsschuldner nicht Eigentümer oder Berechtigter ist. Dass die Werthaltigkeit des Gesellschaftsanteils mit dem Grundbesitz in Beziehung stehen mag, dessen Eigentümer die Gesellschaft ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Stellung des Schuldners als Kommanditist (nicht einmal Komplementär) führt nur dazu, dass der Gläubiger evtl. in die Kommanditanteile vollstrecken kann. Das hat aber mit den Grundstücken nichts zu tun, m. E. auch nicht mittelbar, weil schwerlich mehr herauskommen kann als der (anderweitt erfahrbare) Kommanditanteil bzw. die zugrunde liegende Einlage.
    Etwas anderes könnte sein, wenn sich der Komplementär aus der Gesellschaft zurückzöge und die Gesellschaft mit dem einzig verbleibenden Kommanditisten sich sodann auflöste; solches ist aber nicht vorgetragen und daher im Beschluss auch nicht weiter erwähnenswert.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Folgender Fall:

    A hat das Grundstück an B verkauft und B an C.
    Nunmehr kommt Gläubiger X mit Vollstreckungsbescheid gegen A und will Grundbuchauszug haben zur Prüfung von Regressansprüchen gegen A aus §§ 3,4 AnfG.

    Ich würde keinen Grundbuchauszug erteilen, weil A kein Eigentümer mehr ist. Berechtigtes Interesse ist ja schon nachgewiesen aber kriegt er deshalb einen kompletten Auszug? Ihn interessiert doch vermutlich nur der Kaufvertrag zwischen A und B.

    Vielleicht hat jemand Anregungen/Ideen zum weiteren Vorgehen?!
    Danke

  • Die Argumentation hinkt. Für einen Anspruch nach dem AnfG ist gerade Voraussetzung, dass A nicht mehr Eigentümer ist. Es geht hier nur um die Umstände, warum er es nicht mehr ist. Denn das Rechtsgeschäft - die Eigentumsumschreibung auf B - ist unter den Voraussetzungen der §§ 3, 4 AnfG anfechtbar.

    Mithin bekommt der Antragsteller jedenfalls mal insoweit Grundbucheinsicht, als er sich überzeugen kann, dass auch B nicht mehr Eigentümer ist. M. E. hat er zusätzlich ein berechtigtes Interesse zu erfahren, um welchen Vertragstyp (Kauf, Schenkung o. a.) es sich handelt und wie es mit der Gegenleistung aussieht (wg. §§ 3, 4 AnfG). Hierfür benötigt er keinen Grundbuchauszug, sondern entsprechende Einsicht in die Grundakten. Je nach Ergebnis kann es passieren, dass Du ihm auf Antrag auch die Verträge (teil-)kopieren musst.

    Außer natürlich, die Fristen der §§ 3, 4 AnfG wären bereits abgelaufen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Vielen Dank für deine Antwort!

    Teile ich Ihm denn erstmal nur mit, dass A kein Grundstückseigentümer mehr ist und die Erteilung eines Grundbuchauszuges zur Überprüfung der §§ 3,4 AnfG kein GB-Auszug notwendig ist? Auf die anderen Möglichkeiten (Auszug aus KV) möchte ich ihn eigentlich eher ungern hinweisen.

    Einmal editiert, zuletzt von H1 (24. Oktober 2014 um 08:09)

  • Gibt es einen Grund dafür, dass Du die Einsicht so restriktiv wie möglich behandelst, obwohl Andreas doch wunderbar dargelegt hat, aus welchen Gründen der Antragsteller diese benötigt?
    Auf die Möglichkeiten der weiteren Einsichten (Verträge etc.) hinweisen ist das eine, aber berechtigte Begehren zu blockieren halte ich für das andere.

    Mir freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Der Grund für die restriktive Einsicht heisst §12 GBO und 43 GBV!An 01.10. besteht Protokollierungspflicht wenn GB-Einsicht genommen wird. Soweit diese unberechtigter Weise gewährt wird, besteht Haftung für den Einsichtsgewährenden..Deshalb gehe ich da lieber auf Nr. sicher..
    Andreas sagte ja auch, dass er keinen Grundbuchauszug geben würde..

  • Ob ich Einsicht gewähre oder nicht, sollte nicht daran liegen, ob eine Protokollierungspflicht besteht oder nicht.

    Es gibt natürlich auch (beglaubigte) Teilauszüge (z. B. nur Abt. I), § 45 GBV. Soweit er Einasichtsrecht hat, bekommt er meinethalben auch einen (kostenpflichtigen) (Teil-)Grundbuchauszug. Nur meine ich halt, der bringt ihm noch nicht wirklich viel. Der Grundbuchauszug ist nicht die Information, die er in erster Linie braucht.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Neben dem eigentlichen Anfechtungsanspruch gegen B (oder auch C, wenn das Grundstück weiterverschoben wurde) gibt es bei entsprechender Fallgestaltung nach dem BGH auch deliktische Ansprüche gegen A (ev. gegen B und C) wegen der Verschiebung des Grundstücks, nämlich bei planmäßiger Kooperation, die über das normale Maß einer Verschiebung hinausgeht. Daher ist auch die Einsicht betreffend A nicht völlig abwegig.

    Unklar ist im Ausgangsposting im Übrigen, wieweit der Antragsteller bereits beim Nachvollziehen der Veräußerungskette ist. Wenn er bereits weiß, dass nunmehr C Eigentümer ist, dann bringt ihm der reine Grundbuchauszug wenig, da stimme ich zu.
    Wenn er aber nur weiß, dass A nicht mehr Eigentümer ist (also eine Anfechtungslage nach 3, 4 AnfG vorliegen könnte, aber nicht mehr weiß), dann kann er aus dem Grundbuchauszug erkennen, dass das Grundstück über B an C gegangen ist. Er erfährt also dann aus dem Grundbuchauszug, wer der potentielle Anspruchsgegner seines Anfechtungsanspruch nach 11 AnfG sein kann. Weiß er noch nicht, wer dies ist, liegt offensichtlich ein berechtigtes Interesse für einen entsprechenden Grundbuchauszug vor. In dieser Konstellation ist die Auskunft, dass A nicht mehr Eigentümer ist, für ihn dagegen völlig uninteressant, ein Nullum.

    Solange diese Fragen nicht geklärt sind, sollte daher keine abwehrende Haltung zur Frage der Einsicht eingenommen werden, sondern vielmehr diese Frage der Kenntnis des Antragstellers geklärt werden. Es gibt nämlich auch die Möglichkeit der Haftung bei zu Unrecht verweigerter Auskunft.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Neben dem eigentlichen Anfechtungsanspruch gegen B (oder auch C, wenn das Grundstück weiterverschoben wurde) gibt es bei entsprechender Fallgestaltung nach dem BGH auch deliktische Ansprüche gegen A (ev. gegen B und C) wegen der Verschiebung des Grundstücks, nämlich bei planmäßiger Kooperation, die über das normale Maß einer Verschiebung hinausgeht. Daher ist auch die Einsicht betreffend A nicht völlig abwegig.

    Danke!

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