Anrechnung von vorgerichtlichen Inkassokosten

  • Ich habe gerade die Entscheidung des OLG Koblenz vom 06.01.2012, Az. 14 W 15/12, erschreckend zur Kenntnis genommen. Hiernach sind im Erkenntnisverfahren zugesprochene Inkassokosten im Kostenfestsetzungsverfahren auf die anwaltliche Verfahrensgebühr mangels Anrechnungsvorschrift nicht anzurechnen. :eek:

    Klar, eine Anrechnungsvorschrift gibt es nicht. Aber wenn das Inkassobüro analog RVG Gebühren gemäß Gebührentabelle geltend macht, finde ich es unlogisch, wenn eine Anrechnung nicht erfolgt. Mir fällt hier die Schadensminderungspflicht auf die Schnelle ein... Warum soll denn der Erstattungspflichtige darunter leiden, wenn der Erstattungsberechtigte nicht gleich zum Anwalt geht. (Wir setzen hier voraus, dass es keinen rechtfertigenden Grund gibt.)

    Ich habe mich schon durch LexisNexis gewurschtelt, aber bisher nichts brauchbares gefunden. Kann mir jemand Denkanstöße oder anderslautende Entscheidungen geben? :oops:

  • Wenn im Erkenntnisverfahren vorgerichtliche Parteikosten (das können Inkassokosten oder auch - wie gelegentlich der Fall - Rechtsverfolgungskosten bei Mitgliedschaft im Verband sein) nach materiellem Recht (!) zugesprochen wurden, sind Erwägungen wie Schadensminderungspflicht usw. offenbar berücksichtigt. Oder die Entscheidung ist eben materiell-rechtlich falsch. Auf keinen Fall kann und darf aber im späteren Kostenfestsetzungsverfahren eine Anrechnung auf den prozessualen Erstattungsanspruch erfolgen. Erstens fehlt es an der Anrechnungsvorschrift. Zweitens haben Erwägungen wie Schadensminderungspflicht usw. im Kf-Verfahren nichts zu suchen.

  • Ja, die Argumentation leuchtet mir ein, das hat sie eigentlich schon bei näherer Betrachtung der Entscheidung des OLG Koblenz...

    Wobei ich sagen muss, dass ich finde, dass Inkassobüros gegenüber Rechtsanwälten bevorzugt werden. Klar, Gesetzgeber hat mal wieder gepennt... Aber eindeutig auf geltende Gebührentabellen und die zugrundeliegenden Gebühren Bezug genommen wird, kann der eine ja nicht besser dastehen als der anderer. :gruebel:

    Wie dem auch sei, ich kam nur auf die Angelegenheit, weil Mandant ein Versäumnisurteil kassiert hat (aus verschiedenen Gründen absichtlich nicht angegriffen) und darin die Kosten des Inkassobüros falsch festgesetzt wurden (Richter hat Schadensminderung berücksichtigt, aber dann falsch in gerechnet...), so dass ich den überschießenden Teil in die Kostenfestsetzung holen wollte... Ich lasse es bleiben.

  • Wobei ich sagen muss, dass ich finde, dass Inkassobüros gegenüber Rechtsanwälten bevorzugt werden. Klar, Gesetzgeber hat mal wieder gepennt... Aber eindeutig auf geltende Gebührentabellen und die zugrundeliegenden Gebühren Bezug genommen wird, kann der eine ja nicht besser dastehen als der anderer. :gruebel:

    Naja, das stimmt so nicht ganz. Wenn ein Anwalt vorgerichtlich vertritt und ein anderer dann im Rechstreit, findet ja auch keine Anrechnung statt
    Die Anrechnung ist ja soweit ich weiß auch damit begründet, dass sich der RA, der schon vorgerichtlich tätig war, z.B. nicht mehr einarbeiten muss.
    Das muss er aber schon, wenn nicht er, sondern ein Inkassounternehmen tätig war.

  • Wobei ich sagen muss, dass ich finde, dass Inkassobüros gegenüber Rechtsanwälten bevorzugt werden. Klar, Gesetzgeber hat mal wieder gepennt... Aber eindeutig auf geltende Gebührentabellen und die zugrundeliegenden Gebühren Bezug genommen wird, kann der eine ja nicht besser dastehen als der anderer. :gruebel:

    Naja, das stimmt so nicht ganz. Wenn ein Anwalt vorgerichtlich vertritt und ein anderer dann im Rechstreit, findet ja auch keine Anrechnung statt
    Die Anrechnung ist ja soweit ich weiß auch damit begründet, dass sich der RA, der schon vorgerichtlich tätig war, z.B. nicht mehr einarbeiten muss.
    Das muss er aber schon, wenn nicht er, sondern ein Inkassounternehmen tätig war.

    Habe ich das richtig in Erinnerung behalten, dass die Rechtsprechung in BRAGO-Fällen die Mehrkosten eines Anwaltswechsels vorgerichtlich/gerichtlich nicht zugebilligt hat, indem sie die Einklagbarkeit der Geschäftsgebühr wegen der Anrechnung auf die Prozessgebühr abgelehnt hat?

  • Ich bin eigentlich noch nie auf den Gedanken gekommen, vorgerichtliche Inkassogebühren als Ersatz für eine nicht angefallene Geschäftsgebühr eines Anwalts hälftig auf die Verfahrensgebühr eines Anwalts anzurechnen. Dafür fehlt mir im Gesetz jegliche Stütze.

  • wie st679
    Die Anrechnungsvorschrift ist keine Schutzvorschrift für den Schuldner, sondern soll ausschließlich eine Doppelhonorierung des RA verhindern. Damit ist klar, wenn vorgerichtliche Gebühren und gerichtliche Gebühren von verschiedenen Personen verdient worden sind, findet keine Anrechnung statt. Daher könne Inkassokosten, auch wenn sie in Höhe der eines RA (GG) eingeklagt und tituliert worden sind, nie angerechnet werden.

  • ich stehe seit längerem vor dem gleichen Problem. Dass eine Anrechnung nicht stattzufinden hat, ist mir klar. Aber ich kann doch nur die Kosten festsetzen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Das sind - wenn unmittelbar ein Anwalt beauftragt wird - eben nur noch max. eine 0,75 Verfahrensgebühr.
    Ich setze doch nicht für den Anwalt fest, sondern die Höhe des Erstattungsanspruchs des Obsiegenden.
    M.E. kann dieser nur Kosten in der Höhe verlangen, wie sie bei sofortiger Inanspruchnahme eines Anwalts entstanden wären. Dass sein Anwalt ihm gegenüber die vollen Gebühren verlangen kann, steht auf einem anderen Blatt. Ich habe aber bisher dazu keine Rechtsprechung finden können. Die oben genannte Entscheidung ist wohl nicht in juris (?)

  • Genau das ist der Punkt. Die Partei muss ebe nicht gleich einen Anwalt beauftragen, sondern darf auch ein Inkassobüro beauftragen.
    Oder: Die Partei darf vorgerichtlich Anwalt A beauftragen und für das gerichtliche Verfahren Anwalt B. In diesem Fall findet auch keine Anrechnung statt, obwohl es günstiger gewesen wäre, wenn Anwalt A auch für das gerichtliche Verfahren beauftragt worden wäre. Aber das sehen die Obergerichte halt anders.
    Ich persönlich sehe es wie Du, aber die Obergerichte halt nicht.

  • In meinem Kopf schwirrte auch die Notwendigkeit der Kosten herum, denn notwendig ist es mit Sicherheit in den aller seltensten Fällen mal quer Beet jeden und alles zu beauftragen. Wie schon gesagt habe ich in der Kostenfestsetzung auch nichts weiter vorgetragen, in meinem Fall kommt es auf 2,50 € mehr oder weniger nicht an.
    Aber generell sehe ich hier schon eine Zwickmühle. Nach mehrfacher Überlegung bin ich allerdings zu dem Schluss gekommen, dass in diesem Fall das Gericht im Rechtsstreit entscheiden muss, ob und in welcher Höhe etwaige vorgerichtliche Kosten (eines anderen Anwalts oder Inkassobüros) erstattungsfähig sind. Das sagen auch die meisten Obergerichte. Hat der Anwalt hier halt geschlafen (und das tun sie meistens, wenn es um Nebenforderungen geht), dann kann der Streit nicht mehr in der Kostenfestsetzung ausgetragen werden. Hingegen kann der Richter vorher schon sagen, dass nur ein Teil notwendig war, so dass insgesamt nicht mehr erstattet wird.

  • Eine Entscheidung kenne ich, die für die Anrechnung bei einem Anwaltswechsel mit der Konstruktion der "fiktiven Anrechnung" die Lanze bricht: AG Nürtingen, Beschluss vom 24.02.2010, 42 C 1524/09 . Das ist allerdings eine Einzelmeinung vor der entsprechenden Entscheidung des BGH.

    Im Übrigen ist die Entscheidung m.E. auch falsch: zum einen ist § 15a keine Schuldnerschutzvorschrift, zum anderen sind die vorprozessualen Kosten -auch nicht indirekt- Gegenstand der Kostenfestsetzung (OLG München NJW 2009, 1220).

    Inkassokosten sind mangels Anrechnungsvorschrift ebenfalls nicht anzurechnen. Der Richter kann ja - wenn er des Problem sieht - von vorneherein Inkassokosten nur in Höhe einer 0,65 Gebühr im Urteil titulieren - so wird dies hier auch gehandhabt. Der Rechtspfleger allerdings hat solche materiellrechtlichen Prüfungen nicht vorzunehmen.

  • Was erwartest du neues? Es ist doch schon alles gesagt: keine Anrechnung der Inkassokosten, da Anrechnung nur, wenn vorgerichtliche und gerichtliche Gebühren von demselben RA verdient. Ist bei Inkassokosten aber nicht der Fall. Gegenteilige Entscheidungen kenne ich nicht.

  • Vorgerichtliche Inkassokosten sind als materiell-rechtlicher Schadenersatzanspruch im Kostenfestsetzungsverfahren nicht auf die Verfahrensgebühr des späteren Prozessbevollmächtigten anzurechnen (AG Bremen 6.11.20, 8 C 273/20

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