nachlassgerichtliche Ermächtigung

  • Hallo zusammen,

    folgender Sachverhalt.

    Habe eine Tote, die jedoch ein Sparbuch mit einem Guthaben hat. Dieses würde für die Begleichung der Bestattungskosten reichen.

    Jedoch weigert sich mein Nachlassgericht nun eine nachlassgerichtliche Ermächtigung für die Bank auszustellen, damit diese uns aus dem Guthaben die BEstattungskosten begleicht.

    Stattdessen schlägt man mir vor, den Fiskus als Erben festzusetzen, an den ich mich dann wenden darf. Nachdem hier gefraht wurde ob ich damit einverstanden bin, hab ich natürlich laut NEIN gedacht und dies auch so zu Papier gebracht. FRage, was soll ich den Kolleginnen erzählen, damit diese "kooperieren"?

    Sinngemäße Auszüge aus den beiden Schreiben:

    eine nachlassgerichtliche Ermächtigung kann nicht erfolgen, da zu prüfen ist, ob ein die Beerdigungskosten übersteigender Nachlass vorhanden ist. (JA!)Falls nicht, dann könne die Erbenermittlung unterbleiben und die Verrechnung des Guthabens möglich.

    Im nächsten Schreiben steht nun, dass beabsichtigt wird den Fiskus als Erben festzustellen. Ich könne dann die Forderung gegenüber dem Fiskus geltend machen.


    Was haltet Ihr davon? Hat jemand einen Tipp?


    Danke.
    Nbg

  • Für eine nachlassgerichtliche Ermächtigung fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Der korrekte Weg ist die Feststellung des Erbrechts des Fiskus.

  • Für eine nachlassgerichtliche Ermächtigung fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Der korrekte Weg ist die Feststellung des Erbrechts des Fiskus.

    Das mit der Ermächtigung wird kontrovers diskutiert: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…nachlassgericht


    OLG Dresden, Beschluss vom 08.06.2010, Az. 17 W 510/10, ZEV 2010, 582:

    1. Auch und gerade wenn ein annahmewilliger Erbe nicht zu ermitteln ist, darf das Nachlassgericht nicht zugunsten des tätig gewordenen Bestattungsunternehmers anordnen, dass dessen Rechnung von einem Konto des Verstorbenen zu begleichen ist; insbesondere lässt sich eine solche Anordnung in aller Regel nicht auf § 1960 BGB stützen.

    2. Eine Beschwerde des später als Erbe festgestellten Fiskus, der die Überschuldung des Nachlasses geltend macht, ist mangels Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich unzulässig, wenn die Anordnung bereits durchgeführt und das betroffene Kreditinstitut aufgrund weisungsgemäßer Auszahlung an den Bestatter frei geworden ist.

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    Die Norm des § 1846 BGB wird vom OLG Dresden weder erwähnt noch geprüft.


    Die insoweit ergangene Entscheidung des OLG Dresden wurde in der Literatur "zermalmt", weil sich das Gericht mit keinem Wort mit dem § 1846 BGB beschäftigt hat, der nämlich in deratig gelagerten Fällen als Rechtsgrundlage angenommen wird.

    Was die Fiskuserbrechtsfeststellung anbelangt weise ich darauf hin, dass dafür zunächst die Voraussetzungen des § 1936 BGB iVm. § 1964 BGB vorliegen müssen. Der Wert des Nachlasses spielt dabei eigentlich keine Rolle. Vielmehr ist Voraussetzung, dass innerhalb der den Umständen angemessenen Zeit (und da kommt dann doch der Wert über die Verhältnismäßigkeit zum Tragen), der Erbe nicht zu ermitteln sein muss. Das bedeutet aber auch, dass natürlich zunächst einmal ermittelt werden muss und nicht völlig ohne Ermittlungen eine Fiskusfeststellung erfolgen darf.

    Aus der Sicht des Fragestellers ist aber nur von Bedeutung, wie er am Besten die Rechnung beglichen bekommt. Und wenn das Gericht das Fiskuserbrecht vorschlägt, dann würde ich eben in dieses Horn blasen, weil man wohl keinen durchsetzbaren Anspruch hat, dass das Gericht nach § 1846 BGB verfährt. Zuletzt bliebe ggf. ein Antrag nach § 1961 BGB, aber dann ist das vorhandene Geld für die Pflegschaft weg und die Rechnung wird erst recht nicht bezahlt :)

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Selbst wenn es Gerichte gibt, die solche Ermächtigungen ausstellen, fehlt es dafür an einer Rechtsgrundlage und wird nur aus der Sicht des Ergebnisses praktiziert. Aus diesem Grund wird auch versucht, sich mit § 1846 BGB eine Grundlage zu konstruieren. Frei nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht und sei es über eine noch so hergesuchte Analogie. Leider ist das inzwischen eine zunehmende Unsitte. Abgesehen davon, dass es juristisch nicht sauber zu begründen ist, sollte im Blick bleiben, dass sich ein Nachlassgericht nach einer entsprechenden Anordnung u.U. Problemen mit Erben ausgesetzt sehen kann. Das Fiskalerbrecht ist ein rechtlich einwandfreier und zügiger Weg. Sofern der im Einzelfall nicht möglich ist, bleibt der schon genannte § 1961 BGB. Bei dem Sachverhalt fallen auch nur geringe Kosten an.

  • Folgenden Inhalt hatten die beiden Schreiben. Siehe Anlage.

    Wenn es sich bei dem Guthaben um ein Konto gehandelt hätte, gäb´s kein Problem, aber bei SParbüchern schaut die Sache ja immer anders aus.


    Angenommen ich bitte um die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft, bestehen da reelle Chancen dass mein Gericht das auch so sieht?

    Guthaben sind 2100EUR, Bestattungskosten belaufen sich "nur" auf 1713EUR. Da dürfte doch auch für die Nachlasspflegschaft genug Geld vorhanden sein, oder?

  • Angenommen ich bitte um die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft, bestehen da reelle Chancen dass mein Gericht das auch so sieht?

    Wenn das Fiskuserbrecht bereits festgestellt wurde wird es keine Nachlasspflegschaft mehr geben weil ein Erbe vorhanden ist

    Nö nö nö , so schnell schießen die Preußen in BAyern nicht :) Hab grad mal angefragt wann denn die zuständige REchtspflegerin zu sprechen wäre. WV ist erst Anfang Oktober. Die Frage ist nur, ob die Nachlasspflegschaft befürwortet wird, da ja nur 2100 zu 17xxEUR an zu verteilendem Vermögen da sind. WEnn aber der Fiskus Erbe wird, kann mein Dienstherr lang auf sein Geld warten, aber auch nur wenn er der Erste in der REihe war...

  • Die Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB bekomme ich sowieso immer erst dann, wenn ich ganz tief Luft hole, um Beschwerde zu rufen bzw. um eine Ablehnung bitte, damit ich dagegen vorgehen kann ;)

    Gib mir mehr :)

    Auch solche Tipps sauge ich auf wie ein Schwamm... Habe ich darauf als Behörde einen Anspruch? Bin ich als Behörde Berechtigter i.S.d. 1961?

  • Nö nö nö , so schnell schießen die Preußen in BAyern nicht :) Hab grad mal angefragt wann denn die zuständige REchtspflegerin zu sprechen wäre. WV ist erst Anfang Oktober. Die Frage ist nur, ob die Nachlasspflegschaft befürwortet wird, da ja nur 2100 zu 17xxEUR an zu verteilendem Vermögen da sind. WEnn aber der Fiskus Erbe wird, kann mein Dienstherr lang auf sein Geld warten, aber auch nur wenn er der Erste in der REihe war...

    Also wenn ich die Voraussetzungen für ein Fiskuserbrecht als faktisch gegeben sehe und nur noch auf einen Fristablauf warte, dann wäre schon äußerste Eilbedürftigkeit notwendig um vor dem Feststellungsbeschluss noch einen NP einzusetzen.

    Welcher Gläubiger dann wartet oder ausfällt ist dann Sache des Erben :teufel:

  • Selbst wenn es Gerichte gibt, die solche Ermächtigungen ausstellen, fehlt es dafür an einer Rechtsgrundlage und wird nur aus der Sicht des Ergebnisses praktiziert. Aus diesem Grund wird auch versucht, sich mit § 1846 BGB eine Grundlage zu konstruieren. Frei nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht und sei es über eine noch so hergesuchte Analogie. Leider ist das inzwischen eine zunehmende Unsitte. Abgesehen davon, dass es juristisch nicht sauber zu begründen ist, sollte im Blick bleiben, dass sich ein Nachlassgericht nach einer entsprechenden Anordnung u.U. Problemen mit Erben ausgesetzt sehen kann. Das Fiskalerbrecht ist ein rechtlich einwandfreier und zügiger Weg. Sofern der im Einzelfall nicht möglich ist, bleibt der schon genannte § 1961 BGB. Bei dem Sachverhalt fallen auch nur geringe Kosten an.

    Das sehe ich auch so und habe das auch mehrfach schon erwähnt. Für die Anwendung des § 1846 BGB besteht unter den genannten Umständen überhaupt kein Raum. Der richtige Weg wäre wohl in der Tat die Feststellung des Erbrechts des Fiskus, vorab käme durchaus die Einrichtung einer NL-Pflegschaft in Betracht. Mehr gäbe es hierzu auch nicht zu sagen.

  • Eine Nachlasspflegschaft sehe ich hier nicht, damit würden unnötige Kosten verursacht werden.
    Für mich ist hier auch die Feststellung des Fiskuserbrechts der "richtige" Weg.
    Die Wiedervorlage im Oktober wird wohl auf der bereits eingeleiteten Feststellung des Fiskuserbrechts beruhen.

  • Im Namen des Dienstherrn verbeuge ich mich vor Eurem Wissen und danke Euch. Händedruck? nö, gibt´s nicht. Getreu fränkischem Brauch ist "Nicht geschimpft ist Lob genug". ;)

  • Zu allem:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post250051

    Wenn im Einzelfall die Voraussetzungen vorliegen, ist der Ermächtigungsbeschluss der zutreffende Weg. Es bleibt manchen Kollegen unbenommen, zu meinen, dass es hierfür keine Rechtsgrundlage gebe. Nach meiner Ansicht gibt es eine.

    Zu der in Rpfleger 2011, 211 veröffentlichten Entscheidungsanmerkung meinte jemand im März 2012 auf einer Tagung, dass es Zeit geworden sein, dass gegen den "Quatsch" aus Dresden einmal etwas geschrieben worden sei.

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