Erbenermittlungspflicht

  • Wo kann ich etwas genaueres über die Erbenermittlungspflicht (insbesondere Niedersachsen) nachlesen?

    Habe hier mal wieder eine Akte in der eine Person einfach nicht ausfindig zu machen ist. (EMA Anfrage erfolglos, alle Beteiligten konnten keine Angaben machen etc.)
    Die Person müsste als gesetzlicher Erbe von der EÖ benachrichtigt werden, ist aber selbst nicht Erbe geworden, da die Ehefrau des Erblassers Alleinerbin geworden ist.

    Soll ich die Akte nun einfach weglegen oder noch weiteres veranlassen? :gruebel:

  • Das ist keine Erbenermittlungspflicht sondern eine Beteiligtenermittlungs"pflicht"...


    Das hier: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…tliches+geh%F6r
    müßte auch in deinem Fall passen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Bumiller/Harders zu § 348 FamFG

    Es besteht Pflicht zur Bekanntgabe gegenüber allen Beteiligten. Insoweit besteht auch die Amtspflicht zur Ermittlung der Beteiligten, also insbesondere auch der gesetzlichen Erben, die sich unmittelbar aus der Pflicht des § 7 II, die Beteiligten von Amts wegen hinzuziehen, ergibt. Bedeutet die Ermittlung einzelner Beteiligter einen unverhältnismäßig großen Aufwand oder können sie nicht ermittelt werden, ist ein Nachlasspfleger (§ 1960 BGB) oder ein Pfleger für unbekannte Beteiligte (§ 1913 BGB) zu bestellen (BayObLG 79, 340, 343; MünchKommZPO/Muscheler § 348 FamFG Rn 30; aA Keidel/Zimmermann Rn 52).

  • Ich habe in alten Nachlassakten schon gesehen, dass eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger erfolgte, etwas so:

    Gesetzliche Erben des X sollen sich beim Nachlassgericht Y melden, da eine Verfügung vTw bekannt zu geben ist.

    Was haltet Ihr davon? Ersetzt das eine Pflegschaft?

  • Wenn ich den Sachverhalt richtig verstehe, dann gibt es ein Testament und dieses soll nun nach er Eröffnung einem der durch das Testament ausgeschlossenen gesetzlichen Erben bekannt gegeben werden. Richtig?

    Folglich wäre dieser gesetzliche Erbe kein "echter" Beteiligter im Sinne des § 345 I Satz 1 FamFG. Er ist nur ein sogenannter "Kann-Beteiligter", der hinzugezogen werden kann. Eben solche Personen müssen nicht unbedingt bis ins letzte Detail ermittelt werden, zumal wenn das Gericht davon ausgeht, dass das Testament wirksam errichtet ist. Hätte das Gericht Zweifel an der Richtigkeit des Tesaments und wären nicht alle gesetzlichen Erben ermittelbar, müßte sogar über eine Nachlasspflegschaft nachgedacht werden.

    Hier geht es aber lediglich um eine verfahrensrechtliche Vorschrift.
    Genau darum spricht § 7 IV FamFG auch davon, dass solche Kann-Beteiligte nur dann zu benachrichtigen sind, soweit sie dem Gericht bekannt sind. Das Gericht muss vertretbare Ermittlungen durchführen, kann aber z.B. die Erteilung eines Erbscheins in dem hier genannten Fall nicht darum "unendlich" in die Länge ziehen, weil es z.B. zuerst noch potentielle gesetzliche Erben in 4. Ordnung oder im Ausland ermitteln muss/will.

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  • Ich habe folgenden Fall: Das Nachlassgericht beantragt einen Pfleger für unbekannte Beteiligte zu bestellen (§§ 348 i. V. m. 7 FamFG). Der Erblasser ist vermögend. Aus dem vorgelegten notariellen Testament konnte zwischenzeitlich durch den bestellten Nachlasspfleger der testamentarische Alleinerbe ermittelt werden. Gesetzliche Erben konnten nicht ermittelt werden- höchstwahrscheinlich gibt es auch keine. Der Aufgabenkreis des Nachlasspflegers lautet:" Sicherung und Verwaltung des Vermögens sowie Ermittlung der Erben".

    Zum einen stellt sich für mich die Frage ob hier überhaupt ein Pfleger bestellt werden muss wegen der Kann- Beteiligung bzw. wg. des Vorhandensein eines Nachlasspflegers.

  • Was soll denn der Aufgabenkreis des Pflegers für unbekannte Beteiligte sein?

    Ich vermute, dass der zum Erbscheinsverfahren als Vertreter der unbekannten gesetzlichen Erben angehört werden soll, denn der NLPfleger vertritt ja die/den tatsächlichen Erben.

    Ich bin nicht der Meinung, dass man soweit gehen muss, und auch noch für diese unbekannten Kann-Beteiligten einen Vertreter bestellt, nur um diese anzuhören, denn sonst müßte man, weil es ja theoretisch immer irgendwelche Kann-Beteiligte geben kann, in jedem Fall einen Pfleger bestellen.

    Ich habe mal wie folgt etwas dazu geschrieben:

    "So konnte meines Erachtens bereits vor Einführung des FamFG nach § 2360 BGB a.F. dann die Anhörung der gesetzlichen Erben unterbleiben, wenn die Erbfolge auf einem notariellen Testament beruhte. War lediglich ein privatschriftliches Testament vorhanden, konnte die Anhörung unterbleiben, wenn sie untunlich war. Eine Untunlichkeit nahm man der Kommentierung folgend damals insbesondere an, wenn die Ermittlung der Erben umfangreiche Recherchen nötig machten und das Gericht im Sinne von § 2359 BGB von der Wirksamkeit des Testaments und damit der eingetretenen Erbfolge überzeugt war.

    Nach dem Wegfall des § 2360 BGB a.F. hat der Gesetzgeber die Anhörung in das FamFG und dort in § 345 FamFG integriert. Unter der dortigen Abs. 1 Nr. 1 sind die gesetzlichen Erben als „Kann-Beteiligte“ aufgeführt, sodass auch hier wieder ein Ermessen des Gerichts gegeben ist, ob man diesen Personenkreis beteiligen will oder nicht. Die Beteiligung dieser Personen richtet sich nach § 7 Abs. 4 FamFG der die Ermittlungspflicht des Gerichts wiederum soweit eingrenzt, als dass dort die Rede ist von „soweit sie bekannt sind“.

    Nach einhelliger Meinung der Kommentierung wird dem Nachlassgericht damit zwar nicht eine gewisse Amtsermittlungspflicht genommen, bleibt es jedoch bei dem schon bisher geltenden Grundsatz, dass die Amtsermittlung dort endet, wo zumutbare Anstrengungen erfolglos waren.Der Anspruch der gesetzlichen Erben auf rechtliches Gehör steht damit dem Anspruch des Erbscheinsantragsstellers auf Erteilung eines Erbscheins und damit der Möglichkeit sein Erbrecht zu verwirklichen, gegenüber. Dem Erbscheinsantragssteller kann nicht zugemutet werden, dass bei einem aus der Sicht des Nachlassgerichts wirksamen Testaments die Erbscheinserteilung unverhältnismäßig lange verzögert wird, nur weil die potenziellen gesetzlichen Erben zu deren Anhörung erst langwierig ermittelt werden müssen. Bei einem Erbscheinsantrag der auf einer letztwilligen Verfügung beruht, kann das Nachlassgericht deswegen auch nicht Angaben des Erbscheinsantragstellers über gesetzliche Erben verlangen, da diese Angaben in § 2354 in Verbindung mit § 2355 BGB nicht gefordert sind (siehe hierzu Soergel/Zimmermann BGB 13. Auflage 2002, § 2355 Rn.3 sowie Keidel, FamFG, 17. Auflage § 345 RN.17).

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  • Es ist nicht ungewöhnlich, dass für unbekannte Beteiligte lediglich für Anhörungszwecke ein Pfleger nach § 1913 BGB bestellt wird. Der klassische Fall ist, dass Nacherben unbekannt sind und sie einer Verfügung des Vorerben zwar materiell nicht zustimmen müssen, sie aber zur Entgeltlichkeit der Verfügung des Vorerben und der beabsichtigten Löschung des Nacherbenvermerks anzuhören sind. Auch hier geht es nur um eine verfahrensrechtliche Beteiligung der Nacherben. Gleichwohl hat sie zu erfolgen.

  • Cromwell:

    Das ist klar, aber das ist nicht der Fall, den ich meine.

    Ich meine den Fall, der der alleinstehende Erblasser einen Dritten in einem (völlig unstrittig wirksam errichteten) Testament bedacht hat (ggf. sogar ein notarielles Testament) und dann dieser Dritte einen Erbscheinsantrag stellt. Eigentlich müßten jetzt die gesetzlichen Erben des Erblassers zur Anhörung ermittelt werden....und hier ist weder eine monatelange "Erbenermittlung" noch eine Pflegerbestellung angemessen und erforderlich. Davon spricht § 7 IV FamFG.

    Wenn es jedoch z.B. "Probleme" bei dem Testament gibt (z.B. wg. wirksamer Errichtung etc.) dann ist es etwas anderes.

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (21. Februar 2013 um 12:45)

  • Hallo!

    Wir berufen uns hier auf Keidel, Kommentar zum FamFG, 17. Aufl., § 348 Rn. 50ff. Keine Benachrichtigung, wenn Anschriften nur aufwändig zu ermitteln.

    ...gilt natürlich (leider) nur für die gesetzlichen Erben. Wie ist das eigentlich bei Testamentserben selbst? Meine Erblasserin hier ist bereits 1994 verstorben und Schlusserbe ist der Sohn. Jetzt habe ich Nachricht, dass die einzige hier noch bekannte Verwandte (Enkelin) - und im damaligen Sterbefall zu benachrichtigende Person - auch bereits 2005 verstorben ist. Was tun? Weiter ermitteln oder Abwesenheitspfleger? Gibt es da nicht vielleicht noch eine andere Möglichkeit?

  • Ich verstehe den Sachverhalt nicht....aber wenn die tatsächlichen Erben unbekannt sind, dann kann man ja mal an § 1960 BGB denken...

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  • Nachlasspflegschaft dürfte hier m.E. wegfallen, da kein sicherungsbedürftiger Nachlass bekannt geworden ist und wohl auch nicht mehr existiert nach fast 19 Jahren. Es wurde von der Erlasserin nach der Eröffnung des Testaments nach dem Ehemann im Jahr 1984 angegeben, dass Nachlass nach ihrem Ehemann schon nicht vorhanden war. Der Sohn der Erblasserin könnte ja theoretisch auch im Jahr 1994 noch gelebt und Erbe geworden sein und beide Kinder der Erblasserin haben 1984 das Testament im Ganzen nach dem Versterben ihres Vaters erhalten, wussten also grundsätzlich um die Schlusserbeneinsetzung. Ich hatte gehofft, es gibt einen Weg eine Ermittlung der Kinder und ggf. Kindeskinder der Erblasserin aufgrund "Sinnlosigkeit" zu umgehen...!:confused:

  • Zitat von Lancaster

    Weiter ermitteln oder Abwesenheitspfleger? Gibt es da nicht vielleicht noch eine andere Möglichkeit?

    Akte weglegen? :gruebel:

  • Nach reiflicher Überlegung und aufgrund der Tatsache, dass die Erblasserin schon fast 100 war als sie 1994 verstarb, was darauf hindeutet, dass ihre Kinder zwischenzeitlich auch verstorben sein dürften (die eine bekannte Enkelin ist ja auch bereits 2005 gestorben) und weil nach ihrem Ehemann schon keine Nachlass vorhanden war und man wohl auch davon ausgehen muss, dass der Nachlass der Erblasserin 1994 bereits in irgendeiner Form verteilt wurde, habe ich die Akte mit einem entsprechenden Vermerk weggelegt. Ich bin zu der Auffassung gelangt, dass es hier keine Beteiligten und vor allem keine Rechte mehr zu wahren gibt.

  • zu #8:

    KG JW 1938, 2401:

    Es muss also als selbstverständlicher Inhalt jeder Pflegschaft für unbekannte Beteiligte und als Pflicht und Aufgabe des Pflegers angesehen werden, dass er sich um die Ermittlung der unbekannten Beteiligten nach Kräften bemüht, mag sich dies auch aus dem gerichtlich abgegrenzten Wirkungskreis unmittelbar nicht entnehmen lassen

  • Möchte mich hier mit einer Frage heranhängen:


    Durch fehlende Sorgfalt früherer Bearbeiter habe ich ab und an Verfügungen von Todes wegen, die schon längst nach § 351 S. 2 FamFG hätten eröffnet werden müssen.

    Eine Erblasserin hatte beispielsweise während des 2. Weltkrieges eine Verfügung von Todes wegen in amtliche Verwahrung gegeben und hatte danach nie wieder einen Berührungspunkt mit meinem Gerichtssprengel (in nur damals deutsch verwaltetes Gebiet verzogen).

    Ist dies ein Einsatz für einen Abwesenheitspfleger? Oder habe ich mit einer EMA-Anfrage meiner Pflicht genüge getan und sollte die Akte weglegen?
    Gewichtige Auswirkungen scheint die Verfügung von Todes wegen nicht zu haben.

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