Erbbaurecht: Zeitablauf

  • Die Stadt hier als Erbbauberechtigte hat Probleme mit dem Grundstückseigentümer.Das Erbbaurecht läuft am Ende des Jahres ab. Daher wurde bereits im letzten Jahr eine Vormerkung zur Verlängerung des Erbbaurechts eingetragen. Nunmehr liegt die Bewilligung auf Verlängerung des Erbbaurechts vor und die Eintragung wurde beantragt. Allerdings musste ich noch eine Zwischenverfügung erstellen, da hier auch andere Berechtigte aus Abt. II der Verlängerung zustimmen müssen. Diese Zustimmungen werden wohl in diesem Jahr nicht mehr eingereicht werden können.Was ist mit dem Erbbaurecht? Ist es ab dem 1.1.13 erloschen?

  • Ja. Wenn die Verlängerung am 31.12. um 24 Uhr noch nicht im Grundbuch steht, ist der Ofen aus. Übrigens völlig gleichgültig, warum sie nicht eingetragen ist. Arbeitsüberlastung des Grundbuchamts würde zum gleichen Ergebnis führen.

    Sobald das Erbbaurecht erloschen ist, gibt es nichts mehr, was verlängert werden kann.

    Die Beteiligten können in diesem Fall aber ein neues Erbbaurecht bestellen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Das dürfen sie meinethalben. Ich würde antworten, dass diese Auslegung zumindest mal nicht eindeutig wäre, wenn es denn aufgrund des vermutlich doch eher klaren Wortlauts überhaupt zu einer Auslegung käme.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ja, das könnte man. Allerdings meine ich mich zu erinnern, dass das zugrunde liegende Rechtsgeschäft dazu nichtig sein muss (§ 140 BGB). Im vorliegenden Falle erkenne ich aber keine Nichtigkeit. Das vorgenommene Rechtsgeschäft ist im Gegenteil wirksam, es wird lediglich ab dem 1.1.2013 mangels Gegenstand, der verlängert werden könnte, ins Leere gehen.

    Stellen wir uns vor, der Antrag ginge am 27.12.2012 ein. Wenn der Rechtspfleger die Verlängerung am 28.12.2012 einträgt, ist die wirksame Verlängerung rechtzeitig eingetragen worden. Kein Mensch käme hier auf die Idee, das Rechtsgeschäft wäre nichtig. Nur wenn die Eintragung aus irgendeinem Grund nicht mehr in 2012 erfolgen wird, ist es zu spät (und dazu reicht es, wenn der Zentralserver unmittelbar nach Abgabe der elektronischen Unterschrift am 28.12.2012 um 17 Uhr abstürzt und der Fall ohne vorgenommene Eintragung für den Rest des Jahres im Status "Prüfen" hängenbleibt).

    Nichtigkeit bedeutet aber, dass das Rechtsgeschäft die nach seinem Inhalt bezweckten Rechtswirkungen von Anfang an nicht hervorbringen kann (Palandt/Ellenberger vor § 104 BGB Rn. 27).

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Völlig zutreffend.

    Es hätte mich allerdings auch gewundert, wenn es (unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des OLG Celle) keine Fundstelle gäbe, in welcher von der Möglichkeit einer Umdeutung gefaselt wird, obwohl klar ist, dass ihre Voraussetzungen ganz offensichtlich nicht vorliegen.

    Das Lesen von Kommentaren und Handbüchern erspart eben nicht das eigene Denken, weil man nicht weiß, was sich der jeweilige Kommentator bei seinen Ausführungen gedacht hat - wenn er sich überhaupt etwas gedacht hat, denn er kann den betreffenden Passus auch ohne eigene Prüfung eingefügt haben.

  • Seh`schon. Die Möglichkeit war hier bereits Thema. Gut, habe ich wenigstens noch eine Fundstelle begesteuert (und beim nächsten Mal lese ich dann alle Beiträge durch). Die Umdeutung (oder Auslegung) hätte ich allerdings auch nicht im Zusammenhang mit dem vorliegenden Antrag vorgenommen. Und bei der erneuten Antragstellung würde der ausdrückliche Erklärungsinhalt der Urkunde bereits anfänglich ins Leere laufen. Im Wesentlichen geht es wieder darum, inwieweit eine Rechtserweiterung eine Neubestellung darstellt.

  • Allerdings meine ich mich zu erinnern, dass das zugrunde liegende Rechtsgeschäft dazu nichtig sein muss (§ 140 BGB).

    Die Umdeutung ist nicht nur bei gesetzlicher Nichtigkeit, sondern auch bei "anderen Fällen der Unwirksamkeit" (Staudinger/Roth § 140 Rn 14) möglich. Voraussetzung ist, dass das Rechtsgeschäft nicht heilbar ist.

  • Allerdings meine ich mich zu erinnern, dass das zugrunde liegende Rechtsgeschäft dazu nichtig sein muss (§ 140 BGB).

    Die Umdeutung ist nicht nur bei gesetzlicher Nichtigkeit, sondern auch bei "anderen Fällen der Unwirksamkeit" (Staudinger/Roth § 140 Rn 14) möglich. Voraussetzung ist, dass das Rechtsgeschäft nicht heilbar ist.

    Es liegt nach meiner Ansicht auch kein "anderer Fall der Unwirksamkeit" vor, weil das Rechtsgeschäft lediglich ins Leere geht, weil der Gegenstand, auf den es sich bezieht, nicht mehr existiert.

    Im Übrigen darf nicht übersehen werden, dass die (auch im Wege der Umdeutung befürwortete) Neubestellung des Erbbaurechts voraussetzt, dass diesem -wie schon dem erloschenen- die erste Rangstelle am Grundstück eingeräumt werden muss.

  • Wenn das Erbbaurecht nicht mehr existiert, ist die Erklärung auf "eine unmögliche Leistung gerichtet" (MünchKomm/Busche § 140 Rn 13). Das wäre so ein anderer Fall der Unwirksamkeit. Die Nachrangigkeit, wäre gegebenenfalls der Grund zu einer Beanstandung, aber für sich allein keiner, die Umdeutung grds. auszuschließen. Vor langer Zeit hatte ich mal die Entscheidung des OLG Celle. Wenn ich sie noch finde (was ich jetzt eher bezweifle), stelle ich dessen Begründung noch hier ein.

  • Zum einen sprechen wir nicht über einen schuldrechtlichen Vertrag, sondern über ein Verfügungsgeschäft, und zum anderen wurden die Verfügungserklärungen abgegeben, als das Erbbaurecht noch existierte. Damit liegt kein Fall der anfänglichen rechtlichen Unmöglichkeit vor.

    Zudem gebietet der Grundbuchverkehr klare und eindeutige Erklärungen. Die Umdeutung, die stets auch eine Wertung voraussetzt ("wenn anzunehmen ist"), ist daher im Grundbuchverfahren nur eingeschränkt als Grundlage für eine Eintragung brauchbar.

  • Ich hänge mich hier mal mit meinem Problem dran :):

    Eingetragen ist ein Erbbaurecht auf 80 Jahre ab dem 01.10.1927. Dementsprechend lief es am 30.09.2007 ab. Leider hat meine Kollegin auf Grund einer Bewilligung vom 20.07.2007 (hier eingegangen am 08.10.2007) am 25.03.2008 die Verlängerung des Erbbaurechts bis zum 30.09.2087 eingetragen. Der Änderungsvertrag ist umfassend und hätte sich wohl auch in einen Vertrag auf Neubestellung umdeuten lassen können.
    Das Erbbaurecht ist jetzt verkauft worden, eine weitere Kollegin hat die Vormerkung eingetragen und noch eine weitere Kollegin die Kaufpreisfinanzierungsgrundschuld. Ich kriege die Akte jetzt mit dem Antrag auf Eigentumsumschreibung vorgelegt und bin am rätseln, wie ich das wieder glatt ziehe.
    Für Anregungen wäre ich sehr dankbar!

    Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören.

  • Als die Verlängerung im Jahr 2008 eingetragen wurde, war das Erbbaurecht bereits materiell erloschen, so dass es nichts mehr zu verlängern gab und die Verlängerung daher materiell ins Leere ging. Da sich die usprüngliche Befristung des Erbbaurechts aus dem Grundbuch ergibt, konnte somit weder die Vormerkung noch die Grundschuld materiell entstehen. Auf die Frage, ob die Verlängerungseintragung inhaltlich unzulässig oder lediglich unrichtig ist, kommt es daher im Ergebnis nicht an.

    Nach meiner Ansicht kann man also nichts "glatt ziehen". Das Erbbaurecht muss neu bestellt, neu verkauft und neu belastet werden (wenn auch evtl. aufgrund einer "Änderung" der bisherigen Verträge). Die entstehenden Kosten fallen wohl der Amtshaftung anheim.

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