Umfrage: Welche Reisekosten sind erstattungsfähig?

  • Es verstößt für mich einfach gegen den Grundsatz der Kostengeringhaltung...


    Und wieso steht der PKH-Partei dann nach dem Willen des Gesetzgebers solches zu? ;)

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  • Ich sag jetzt mal salopp, weil es zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Zwei verschiedene Verfahrensarten mit jeweils unterschiedlichen Beteiligten, bei dem nicht mal derselbe funktionelle Entscheider die Festsetzung vornimmt und nicht mal dieselbe förmliche Ausgestaltung besitzt (Beschluss nach § 104 ZPO als Rechtsakt / Entscheidung nach § 55 RVG als Verwaltungsakt), führt wohl zu solch verqueren Ansichten. Solange (Achtung: Polemik!) der Staat aufgrund gesetzgeberischer Ausgestaltung (vgl. § 121 Abs. 3 ZPO) zahlen mag, ist doch alles schick. Mögen sich doch die Parteien untereinander im Sinne des § 91 ZPO darüber zerfetzen...Verfassungsrechtlich wohl höchst bedenklich, aber wen störts?

  • Verfassungsrechtlich wohl höchst bedenklich, aber wen störts?


    Gerade hierzu steht es den Gerichten doch frei, entsprechend dem Art. 3 Abs. 1 GG regulierend einzugreifen und zu entscheiden. Wieso eine erstattungspflichtige Partei der Staatskasse die Reisekosten des PKH-RA zu erstatten hat, einer Partei ohne PKH dasselbe Recht aber nicht zugebilligt wird, leuchtet mir (weiterhin) nicht ein, erst recht, da die Staatskasse ihren Anspruch aufgrund des § 59 I RVG originär von der Partei erwirbt. Daher begrüße ich persönlich auch die Entscheidungen der OLGe Frankfurt, Köln und Schleswig, weil m. E. allein so eine verfassungskonforme Gleichbehandlung stattfindet.

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  • Die neuerliche Entscheidung des OLG Frankfurt/Main orientiert sich inhaltlich nur in einem einzigen, abschließenden Satz an OLG Frankfurt am Main, 23.03.2015 - 25 W 17/15 sowie der allseits bekannten Auffassung des LG Düsseldorf, OHNE eigene Ansichten, Ausführungen, etc. abzugeben. Finde ich sehr bedauerlich, zumal in der Sache 6 W 100/15 noch genau anders entschieden wurde. Insofern gehe ich nicht davon aus, dass sich der Richter große Gedanken um diese Sache gemacht hat. Daher verbleibt es bei meiner, nunmehr gegenteiligen Auffassung, gleichlautend mit P.
    Das OLG Celle hat sich ja immerhin sehr anschaulich und umfassend mit dem Thema auseinandergesetzt.

  • Die neuerliche Entscheidung des OLG Frankfurt/Main orientiert sich inhaltlich nur in einem einzigen, abschließenden Satz an OLG Frankfurt am Main, 23.03.2015 - 25 W 17/15 sowie der allseits bekannten Auffassung des LG Düsseldorf, OHNE eigene Ansichten, Ausführungen, etc. abzugeben. Finde ich sehr bedauerlich, zumal in der Sache 6 W 100/15 noch genau anders entschieden wurde. Insofern gehe ich nicht davon aus, dass sich der Richter große Gedanken um diese Sache gemacht hat. Daher verbleibt es bei meiner, nunmehr gegenteiligen Auffassung, gleichlautend mit P.
    Das OLG Celle hat sich ja immerhin sehr anschaulich und umfassend mit dem Thema auseinandergesetzt.

    Weil die Argumente inzwischen hinreichend dargelegt wurden (insb. der Wille des Gesetzgebers sowie der ansonst vorliegende Wertungswiderspruch zu § 91 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 ZPO).

    Was ich da schon interessanter finde: Die Entscheidung in der Sache 6 W 100/15 war eine Einzelrichterentscheidung. Der Einzelrichter hat die Voraussetzungen für die Übertragung der Sache auf den Senat sowie die Zulassung der Rechtsbeschwerde in dieser Entscheidung wie folgt verneint:

    "Eine Übertragung der Sache auf den Senat in der nach § 115 GVG vorgesehenen Besetzung (§ 538 S. 2 ZPO) ist ebenso wenig veranlasst wie eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 II ZPO). Ungeachtet der dargestellten abweichenden Auffassung einzelner Gerichte besteht nach der Rechtsprechung des BGH kein Zweifel daran (vgl. auch hierzu OLG Celle, NJW 2015, 386 Rn. 9), dass in Fällen der vorliegenden Art die Erstattung von Reisekosten über die Höhe der fiktiven Kosten für die Anreise vom Sitz der Partei hinaus nicht in Betracht kommt."

    Nunmehr, nur etwas mehr als ein Jahr später macht der Senat, dem dieser Einzelrichter angehört/e, plötzlich eine Kehrwende um 180 Grad und straft damit sein Senatsmitglied Lügen. Scheinbar war das mit dem "besteht kein Zweifel daran" doch Essig.:wechlach:Die Rechtsbeschwerde wurde übrigens auch in der neuen Entscheidung nicht zugelassen (was ich ebenso unverständlich finde wie bei der Erstentscheidung des 6. Zivilsenats).

    Gruß
    DD

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



    2 Mal editiert, zuletzt von DeliriumDriver (28. Februar 2017 um 17:58)

  • Das OLG Celle hat sich ja immerhin sehr anschaulich und umfassend mit dem Thema auseinandergesetzt.


    Klar, so wie es nur rd. 1 Jahr später (2 W 108/16) der h. M. gefolgt ist, daß im Rahmen der Festsetzung nach § 55 RVG auf die weiteste Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks abzustellen ist, damit aber einen Widerspruch zu der Einzelrichterentscheidung des Senats nur deshalb nicht sehen brauchte, weil es auf den § 91 II S. 1, 2. Halbs. ZPO insoweit jetzt nicht ankam.

    N. Schneider (AGS 2015, 549, 553) hatte bereits darauf hingewiesen, daß sich das OLG Celle für seine Auffassung auf die Entscheidung des BGH (Rpfleger 2012, 468) beruft, der diese Rechtsfrage allerdings gar nicht entschieden hat. Denn als Rechtsbeschwerdegericht ist der BGH nur dazu berufen, die angefochtene Entscheidung im Rahmen der Rechtsbeschwerdebegründung zu überprüfen. Im zugrundeliegenden Verfahren war aber mit der Rechtsbeschwerde nur die Frage der Notwendigkeit, aber nicht die Frage des Umfangs entschieden worden. Zur höchstmöglichen Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks wurden auch keinerlei Tatsachen vorgetragen, so daß der BGH als reines Rechtsbeschwerdegericht ohnehin keine Feststellungen hätte treffen können.

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  • Hoffentlich kommt jetzt auch mal die Rechtsbeschwerde... [Blockierte Grafik: http://www.schildersmilies.de/schilder/hoff.gif]

  • Für diejenigen, die es noch interessiert: Gegen die Entscheidung des OLG FFM, B.v. 19.06.2017 - 6 W 33/17 wurde Rechtsbeschwerde eingelegt. Sie ist unter dem Aktenzeichen I ZB 62/17 anhängig.


    :daumenrau Klar! Ist ja ein immer noch aktuell wiederkehrendes Thema. Dank Dir für den Hinweis!:blumen:

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  • :dito:
    Da habe ich ja nicht umsonst gehofft.

  • Bolleff hat im Rechtsprechungs-Thread schon darauf hingewiesen:

    "Ist die Hinzuziehung eines auswärtigen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO, führt dies lediglich dazu, dass die Mehrkosten, die gegenüber der Beauftragung von bezirksansässigen Prozessbevollmächtigten entstanden sind, nicht zu erstatten sind. Tatsächlich angefallene Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts sind deshalb insoweit erstattungsfähig, als sie auch dann entstanden wären, wenn die obsiegende Partei einen Rechtsanwalt mit Niederlassung am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des Gerichtsbezirks beauftragt hätte."

    BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018 - I ZB 62/17

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Bin mal gespannt wie mein Gericht (LG Ffm) damit umgeht, denn die Ursprungsentscheidung kommt ja von hier und das LG ist, was diese Frage angeht, komplett gespalten. Alle meine Kammern lehnen die fikt. Reisekosten bis zur Bezirksgrenze ab, ob sie ihre Meinung jetzt ändern, nur weil der BGH das anders sieht, werde ich sehen.

  • Also nach der neuen Rechtsprechung nun mal folgendes:

    Klage am AG Posemuckel, Beklagter wohnt in der Stadt Posemuckel, ein in Posemuckel ansässiger RA würde dementsprechend mangels Reise auch keine Kosten bekommen. Der Bezirk beinhaltet auch weitere Dörfer u.a. Posehügel.

    Der obsiegende Beklagte beauftragt jedoch einen Anwalt in Hügelsen (außerhalb des Gerichtsbezirkes).

    Die Reisekosten des Anwaltes werden geltend gemacht: Hügelsen-Posemuckel 10 km x 0,3 x2= 6,00 €.

    Einwand der Gegenseite: Hätte er doch einen Anwalt in Posemuckel nehmen können, die Kosten sind zu kürzen auf die Entfernung Wohnort des Beklagten Gericht, Posemuckel-Posemuckel= keine Kosten.

    Ich denke jetzt, dass dies durch die neue Rechtsprechung nicht zählt, der Anwalt bekommt zwar nicht 6,00 € Hügelsen-Posemuckel, da nicht notwendiger Anwalt, aber Posehügel(Dorf im Gerichtsbezirk, weitest entfernter Ort wo ein Anwalt seinen Sitz hat) -Posemuckel: 5 km x0,3x2= 3,00 €.
    Die Begrenzung Wohnort-Gericht ist nicht mehr zu prüfen, sondern die tatsächlichen Kosten auf die eines Anwaltes im Gerichtsbezirk zu begrenzen.

    Richtig??Mein Kommentar ist leider vor 9.5.2018 und die Kolleginnen anderer Ansicht- es sei weiterhin ein Ausnahmefall, wenn der Obsiegende direkt im Gerichtsort wohnt, es gäbe nix. Das neue Urteil hätte nur Auswirkung wenn der Beklagte in Posehügel oder einem anderen Ort des Gerichtsbezirkes wohnen würde.

  • Ich denke jetzt, dass dies durch die neue Rechtsprechung nicht zählt, der Anwalt bekommt zwar nicht 6,00 € Hügelsen-Posemuckel, da nicht notwendiger Anwalt, aber Posehügel(Dorf im Gerichtsbezirk, weitest entfernter Ort wo ein Anwalt seinen Sitz hat) -Posemuckel: 5 km x0,3x2= 3,00 €.
    Die Begrenzung Wohnort-Gericht ist nicht mehr zu prüfen, sondern die tatsächlichen Kosten auf die eines Anwaltes im Gerichtsbezirk zu begrenzen.

    So ist es (zumindest wenn die Partei näher am Gericht wohnt, als der am weitesten entfernte Ort im Gerichtsbezirk).
    Weiterhin erstattungsfähig sind jedoch Reisekosten vom Wohnort der Partei, falls diese höher sind als die Reisekosten eines Rechtsanwalts in Gerichtsbezirk.

  • :zustimm:

    Die Reisekosten eines RA innerhalb des Gerichtsbezirks sind ja nicht zu prüfen, weil sie nach der neuen Rechtsprechung grundsätzlich als notwendig anzuerkennen sind. Daher kann es für entstandene RA-Reisekosten erstattungsrechtlich auch gar keine Rolle spielen, ob die Partei direkt am Gerichtsort oder in seiner Umgebung einen RA beauftragt. Ansonsten führte das sonst wieder zu einer Ungleichbehandlung der im Gerichtsbezirk ansässigen Parteien. Wieso sollte z. B. eine 3 km vom Gerichtsort entfernt ansässige Partei einen RA 10 km enfernt, aber innerhalb des Gerichtsbezirks ansässig, erstattungsrechtlich ungeschmälert beauftragen dürfen, aber nicht die am Gerichtsort ansässige Partei einen 2 km vom Gerichtsort entfernt und ebenfalls innerhalb des Gerichtsbezirks ansässigen RA?

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