Vertretungsnachweis Vollmacht

  • Wobei man sich schon fragen kann, was es jetzt faktisch für einen Unterschied macht, ob dem Grundbuchamt nachträglich die Vollmacht vorgelegt wird, oder der Notar bestätigt, dass sie ihm nachträglich vorgelegt wurde.

  • Die Entscheidung des OLG München trifft auch nicht ganz, was ich meinte. Man wird zwischen Rechtsschein und Erfahrungssatz unterscheiden müssen. Die Vollmacht muß zum Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung bestanden haben. Wenn dabei noch eine Ausfertigung der Vollmacht vorgelegt wird, worauf der Notar eigentlich zu achten gehabt hätte, kann der Erwerber auf das Bestehen der Vollmacht vertrauen (§§ 170, 172 BGB). Weil er darauf vertrauen darf, kann auch das Grundbuchamt von einer wirksamen Einigungserklärung ausgehen. Daneben gibt es aber auch den Erfahrungssatz, dass bei Vorlage der Ausfertigung die Vollmacht nicht zwischenzeitlich widerrufen wurde. Wobei sich der Tag der Vollmachtserteilung aus der Urkunde selbst ergibt.

    BayObLG, Beschluß vom 28.08.1959 - BReg 2 Z 114, 115/59:

    „Den Nachweis, daß die Vollmacht bis zum Vollzuge der Auflassungen nicht widerrufen worden sei, kann das Grundbuchamt nicht verlangen; solche negativen Tatsachen entziehen sich dem Nachweis durch öffentliche Urkunden i.S. von § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO. Für das Grundbuchamt genügt hier der auch in § 172 Abs. 2 BGB anerkannte Erfahrungssatz, daß Vollmachtsurkunden oder -Ausfertigungen zurückgegeben zu werden pflegen, wenn die Vollmacht erlischt oder widerrufen wird. Deshalb kann der Nachweis der Fortgeltung der Vollmacht, wenn die Bevollmächtigte wie hier im Besitz der Originalvollmachtsurkunde ist, nur dann gefordert werden, wenn besondere, auf die Möglichkeit eines erfolgten Widerrufs hinweisende Umstände zur Kenntnis des Grundbuchamts gelangt wären (KJG 33 A 149; 35 A 236; 37 A 221/226; 53 A 127/129; KG JFG 1, 318; BayObLGZ 1952, 325).“

    Das ist die Entscheidung, die ich zu faul zum Suchen war. Das Original wird vorliegend durch die Ausfertigung ersetzt (§ 47 BeurkG).

  • Cromwell stell aber darauf ab, ob nachweisbar ist, dass der Vertreter zum Zeitpunkt der Erklärung im Besitz der Vollmachtsurkunde war.

  • OLG München Beschluss vom 23.11.2012, 34 Wx 319/12:

    "Bedient sich hingegen die bevollmächtigte Person der weisungsgemäß ihr erteilten Ausfertigung, gilt wieder der allgemeine Erfahrungssatz, dass Vollmachtsurkunden üblicherweise zurückgegeben werden, sollte die Vollmacht widerrufen worden sein. Andernfalls spricht der Besitz an der Urkunde regelmäßig für deren weiteren Fortbestand (siehe etwa BayObLGZ 1959, 297)."

    Was, wenn nicht lückenloser "Fortbestand".

  • Bous schreibt in seinem Beitrag in Rpfleger 2006, 363, dass der Nachweis reicht, dass der Bevollmächtigte in dem nach materiellem Recht maßgeblichen Zeitpunkt überhaupt im Besitz einer Vollmachtsurkunde war.

    Weiter: "Es genügt sogar der Nachweis, dass der Vertreter zu einem späteren als dem nach materiellem Recht maßgeblichen Zeitpunkt im Besitz einer Vollmachtsurkunde war, solange sich nur aus dem Inhalt der Vollmachtsurkunde ergibt, dass sie vor dem maßgeblichen Zeitpunkt ausgestellt wurde (Bous, RNotZ 2004, 483, 492)."

    Jetzt wären die Ausführungen in der RNotZ interessant und was er dort so zitiert (wahrscheinlich mit a.A. Cromwell :-), aber die muss man erst wieder bestellen.
    Ein Beschwerdeverfahren bringt da glaub ich nix, auch im Hinblick auf die von dir zitierte Rspr.

  • S #63. Das KG führt in Rz. 3 des Beschlusses vom 21.10.2008, 1 W 246/08, 1 W 247/08, aus: „Allerdings besteht Einigkeit darüber, dass das Grundbuchamt bei urkundlichem Nachweis der Erteilung einer Vollmacht in der Form des § 29 GBO zur Prüfung der Frage, ob die Vollmacht fortbesteht oder möglicherweise widerrufen worden ist, einen urkundlichen Nachweis, dass die Vollmacht nicht widerrufen worden ist, dafür nicht verlangen kann, weil sich negative Tatsachen dem Nachweis durch öffentliche Urkunden im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO entziehen (BayObLGZ 1959, 297, 301; NJW-RR 1986, 14, 15; Senat, DNotZ 1972, 18, 21; vgl. auch Senat - 1 W 394-411/07 - Beschluss vom 21. April 2008, Meikel/Brambring, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 29 Rdn. 56; Stiegeler a.a.O. S. 130.) Das Grundbuchamt hat vielmehr unter freier Würdigung aller ihm bekannten Tatsachen und unter Berücksichtigung der allgemeinen Erfahrungssätze darüber zu entscheiden, ob es das Fortbestehen der Vollmacht annehmen kann (Meikel/Brambring a.a.O.). Auch wenn die Einzelheiten teilweise streitig sind, besteht im Ansatz Einigkeit darüber, dass das Grundbuchamt nicht zu prüfen hat, ob Anhaltspunkte für den Fortbestand der Vollmacht gegeben sind, sondern darauf beschränkt ist zu prüfen, ob konkrete Umstände Zweifel am Fortbestand der Vollmacht begründen, wozu allein die abstrakte Widerrufsmöglichkeit nicht ausreicht (s. Bauer/v. Oefele/Schaub, GBO, 2. Aufl., AT VII, Rdn. 164; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdn. 3598; Senat a.a.O.).“

    Und konkrete Zweifel am Fortbestand einer Vollmacht, die zum Zeitpunkt des Vertreterhandelns schon bestand (… und handelt dabei auch für Ehefrau aufgrund Vorsorge- und Generalvollmacht vom.....) und einige Tage später in Ausfertigung vorgelegt wird (..“Er legt Ausfertigung ein paar Tage später beim Notar vor“) hätte ich jedenfalls dann nicht, wenn die Ausfertigung schon zum Zeitpunkt des Vertreterhandelns erteilt war.

    Auch für das GBA gilt die Vermutung, dass die Vollmacht besteht, solange der Bevollmächtigte im Besitz der Vollmachtsurkunde ist. Gemäß § 172 Abs 2 BGB entfallen die Wirkungen des § 172 Abs 1 BGB erst dann, wenn die Vollmachtsurkunde dem Vollmachtgeber zurückgegeben worden ist.

    Da der Vertreter die Ausfertigung ein paar Tage später noch in Händen hat und anhand des Besitzes der Ausfertigung vom Fortbestand der Vollmacht auszugehen ist, kann also die Vollmacht nicht zwischenzeitlich widerrufen worden sein. War die Ausfertigung bereits erteilt, ist vielmehr davon auszugehen, dass die Vertretungsmacht bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestand.

    Einer Vollmachtsgeständniserklärung bedarf es dann nicht.

    Im Falle des BGH, Beschluss vom 06.03.1959, V ZB 3/59 = NJW 1959, 883 wurde diese Vollmachtsgeständniserklärung erst zwei Tage nach dem Vertreterhandeln ausgestellt. Der BGH führt aus: „Die Feststellung des LG, dass durch die Vollmachtsbestätigungsurkunde v. 2. 4. 1958 der Nachweis der Vollmacht im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht erbracht sei, entbehrt der ausreichenden Begründung. Die Urkunde, die zwei Tage nach dem Abschluss des Vertrages ausgestellt ist, enthält zwar nicht das Datum der Vollmachtserteilung. Sie besagt jedoch, dass J. von der Käuferin Vollmacht zum Vertragsabschluss gehabt habe, dass ihm also vor dem Abschluss des Vertrages Vollmacht erteilt worden sei“.

    Und diesem Nachweis durch eine wenige Tage später ausgestellte Vollmachtsgeständnisurkunde steht es mE gleich, wenn der Bevollmächtigte anhand der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits erteilten Vollmachtsausfertigung nachweist, dass er im maßgeblichen Zeitpunkt bevollmächtigt war.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Bei meinem Fall ist die Besonderheit, dass die Vollmacht erst am Tag der Beurkundung/Auflassung ausgefertigt wurde. Ob vor oder nach der Beurkundung ist nicht ersichtlich. Erteilt wurde die Vollmacht allerdings schon einige Zeit vor der Beurkundung (Vollmacht wurde in Anwesenheit von Vollmachtgeber und -nehmer beurkundet und der Bevollmächtigte konnte lt. Urkunde jederzeit Ausfertigung der Vollmacht verlangen). Das dürfte ja dann nach den zitierten Entscheidungen auch ausreichen.

  • Wenn es sich um den selben Notar handelt, bei dem Vollmacht und Kaufvertrag beurkundet wurden, dann kommt es auf den Besitz der Vollmachtsausfertigung nicht an.

    Das OLG Stuttgart führt dazu im Beschluss vom 24.03.1998, 8 W 67/98, aus (Hervorhebung durch mich):
    „Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass dann eine Ausnahme vom Erfordernis der Aushändigung einer Vollmachtsausfertigung gilt, wenn dem Bevollmächtigten ein originärer gesetzlicher Anspruch auf Erteilung einer Ausfertigung gem. § 51 Abs. 1 BeurkG zusteht. Wenn zudem die Erklärung des Vertreters von dem Notar beurkundet wird, der auch schon die Vollmacht beurkundet hat, ersetzt die Berufung auf die Urschrift der Vollmacht, die in der Urkundensammlung des Notars verwahrt wird, den Besitz der Ausfertigung (Haegele/Schöner/Stöber a.a.O., Rn. 3585; Stiegeler a.a.O., 2.3.3.1.2.). Das Grundbuchamt darf davon ausgehen, dass der Notar in Wahrung seiner Amtspflichten einen Hinweis macht oder die Bezugnahme auf die Vollmachtsurkunde unterlässt, wenn ihm der Vollmachtgeber den Widerruf der Vollmacht mitgeteilt hat“…

    Das trifft dann auch auf Deinen Fall zu, bei dem die Vollmacht in Anwesenheit von Vollmachtgeber und -nehmer beurkundet wurde.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Nein, die Vollmacht wurde bei einem anderen Notar beurkundet (Der Veräußerer bevollmächtigt eine Bank (mit Recht zur Unterbevollmächtigung). Für die Bank handelt dann später bei einem anderen Notar eine Bevollmächtigte der Bank. Die Hauptvollmacht soll bis zum Eingang eines Verkaufserlöses unwiderruflich sein).

  • Bei dir ist also nicht nachweisbar, dass dem Vertreter im Zeitpunkt seines Handelns schon eine Vollmacht ausgehändigt war. Also kein § 172 BGB.
    Aber wenn ich das alles richtig verstehe, dann muss der Bevollmächtigte seine Vollmacht beim Notar nie dabei haben. Es reicht jedenfalls als Nachweis beim Grundbuchamt immer die nachträgliche Vorlage einer Ausfertigung.

  • Bei dir ist also nicht nachweisbar, dass dem Vertreter im Zeitpunkt seines Handelns schon eine Vollmacht ausgehändigt war. Also kein § 172 BGB.

    Gerade hier ist doch der Zeitpunkt der Vollmachtserteilung belegt. Weil Vollmachtgeber und -nehmer bei der Beurkundung zugegen waren. Und was ich auch ohne Weiteres unterstellt habe. Als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ist auf den Zeitpunkt der Beurkundung abzustellen (§ 167 BGB, § 415 ZPO). Anders, wenn nur die Erklärung des Vollmachtgebers beurkundet wurde, weil dann der Zeitpunkt der Erteilung Schwierigkeiten bereitet. Nur die Fortdauer läßt sich aus dem Erfahrungssatz des § 172 Abs. 2 BGB ableiten.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!