Vertretungsnachweis Vollmacht

  • A (ordnungsgem. vertr. durch B) vertritt am 01.10. den Veräußerer "aufgrund noch nachzureichender Vollmacht" bei der Auflassung.

    Am 02.10. stellt der Notar fest, dass ihm heute von B Vollmachtsausfertigung (Vollmacht der Veräußerers für A) vorgelegt wurde. Die Vollmacht vom 01.08. wurde am 01.10. ausgefertigt.

    Jetzt sind wir wieder bei:

    "Natürlich reicht das nicht.

    Ohne Besitz und Vorlage der Vollmachtsurkunde im Zeitpunkt des Vertreterhandelns gibt es keinen ordnungsgemäßen Vertretungsnachweis, weil in diesem Fall nicht förmlich festgestellt werden kann, seit wann der Bevollmächtigte im Besitz der Vollmachtsurkunde ist, und zwar ganz unabhängig davon, wann die Vollmacht erteilt wurde und von wann deren Ausfertigung datiert.

    Es ist völlig gleichgültig, ob der Vertreter vor oder nach dem Vertreterhandeln im Besitz einer Vollmachtsurkunde ist. Maßgeblich ist alleine der Zeitpunkt des Vertreterhandelns."

    Oder?

  • Häng mich mal hier dran.
    Alleineigentümer veräußert Grundstück an Dritten und handelt dabei auch für Ehefrau aufgrund Vorsorge- und Generalvollmacht vom.....
    Die Vollmacht hat er nicht dabei. Er legt Ausfertigung ein paar Tage später beim Notar vor.

    In der Urkunde wird die Löschung einer Nießbrauchs-Vormerkung für Ehefrau bewilligt. Die Einräumung des Nießbrauchs hätte sie verlangen können, wenn Ehemann Grundstück veräußert (was jetzt der Fall ist). Im Gegenzug wird ein Wohnrecht für Ehemann und Ehefrau eingetragen.

    Wenn man Cromwell folgt, dann müsste die Ehefrau ja jetzt die Vollmacht zum Zeitpunkt der Beurkundung bestätigen (bzw. genehmigen), was aber wiederum der Ehemann aufgrund seiner Vollmacht für sie machen könnte?

  • Weil Cromwell sagt:

    Ohne Besitz und Vorlage der Vollmachtsurkunde im Zeitpunkt des Vertreterhandelns gibt es keinen ordnungsgemäßen Vertretungsnachweis, weil in diesem Fall nicht förmlich festgestellt werden kann, seit wann der Bevollmächtigte im Besitz der Vollmachtsurkunde ist, und zwar ganz unabhängig davon, wann die Vollmacht erteilt wurde und von wann deren Ausfertigung datiert.

    Es ist völlig gleichgültig, ob der Vertreter vor oder nach dem Vertreterhandeln im Besitz einer Vollmachtsurkunde ist. Maßgeblich ist alleine der Zeitpunkt des Vertreterhandelns

    Es heißt doch: "Die Rechtschein- und Legitimationswirkungen der Vollmachtsurkunde knüpfen nur an die dem Bevollmächtigten ausgehändigte und sodann wiederum von ihm bei der Vornahme der Vertreterhandlung vorgelegte Urschrift oder Ausfertigung an (BGH DNotZ 1988, 551 mwN)"

  • Also ohne Vorlage der Vollmachtsurkunde in Ausfertigung kein Rechtsschein (§ 172 BGB). Und wenn die Vollmacht unwirksam ist, wie im Fall des BGH, kann sich der Dritte nicht darauf berufen. Aber das Grundbuchamt darf sich doch jetzt darauf verlassen, dass die Vollmacht besteht? Der Notar hat gegen §§ 12, 17 BeurkG verstoßen. Aber warum ist damit auch der Tag der Beurkundung (§ 415 ZPO, § 9 Abs. 2 BeurkG; Zöller/Geimer ZPO 415 Rn 5: "zur angegebenen Zeit") und damit Vollmachtserteilung widerlegt? Schöner/Stöber Rn 3576 einerseits, Rn 3580 andererseits. Oder was übersehe ich jetzt?

    2 Mal editiert, zuletzt von 45 (17. Januar 2018 um 15:44) aus folgendem Grund: Fundstelle ergänzt

  • OLG Schleswig, Beschluss v. 25.04.2012 - 2 W 40/12 hab ich noch gefunden. Da steht u.a.:

    "....trifft es zu, dass der Forbestand der Vollmacht gerade auch im Zeitpunkt der Abgabe der Grundbucherklärung feststehen muss............allerdings greift hier für den Fortbestand der........erteilten Vollmachten nich schon ohne Weiteres der Rechtsscheintatbestand in § 172 I BGB ein. Dieser setzt voraus, dass der Vertreter bei der Abgabe seiner Erklärung eine Vollmachtsurkunde oder eine Ausfertigung der notariellen Vollmacht vorlegt......."

  • OLG Schleswig, Beschluss v. 25.04.2012 - 2 W 40/12

    Dieser setzt voraus, dass der Vertreter bei Abgabe seiner Erklärung eine Vollmachtsurkunde oder eine Ausfertigung der notariellen Vollmacht vorlegt, die nach § 47 BeurkG im Rechtsverkehr die Urschrift vertritt (BGHZ 102, 60).

    Weiter wird das nicht ausgeführt. Es wird nur wieder auf die Entscheidung des BGH Bezug genommen, wo das aber, wie schon geschrieben, in einem anderen Zusammenhang gesagt wird und weshalb dort der Käufer ein Problem hat.

    Aber ...

    . Die Urkunde belegt, dass Vollmacht erteilt wurde und auch wann (§ 415 ZPO; § 9 BeurkG)

    … vollen Beweis dafür, dass die Erklärung einschließlich der darin wiedergegebenen Begleitumstände wie zum Beispiel Zeit und Ort der Vornahme, Behörde und aufnehmende Person, richtig und vollständig mit dem Inhalt abgegeben wurde“; BeckOK/Krafka ZPO § 415 Rn. 19;

    … vollen Beweis dafür, dass die Erklärung samt dem niedergelegten Inhalt und den Begleitumständen (Zeit, Ort, Behörde, Urkundsperson) zutreffend und vollständig …“; Musielak/Voit/Huber § 415 Rn. 10;

    „… ferner deren Vollständigkeit, deren Abgabe vor der beurkundenden Stelle sowie die Zeit und den Ort der Erklärung …“; MüKo/Schreiber ZPO § 415 Rn. 27)

    . Die Ausfertigung läßt das Grundbuchamt darauf vertrauen, dass die Vollmacht seit Erteilung nicht widerrufen wurde (§§ 171, 172 BGB).

    . Auf die Gefahren für den Käufer, der sich eben nicht auf den Rechtsschein berufen könnte, muß der Notar hinweisen (§§ 12, 17 BeurkG). Bei wirksam erteilter und nicht widerrufener Vollmacht, ist das Rechtsgeschäft aber natürlich zustande gekommen.

    Worin genau soll denn hier für das Grundbuchamt die Nachweislücke bestehen?

  • Also ich verstehe die Problematik so, dass das Grundbuchamt (nicht nur der Notar) den Fortbestand der Vollmacht zu prüfen hat, da diese unter Umständen erloschen bzw. widerrufen sein kann. Das die Vollmacht noch besteht ist immer anzunehmen, wenn der Bevollmächtigte im Besitz einer Vollmachtsurkunde ist. Der Besitz der Vollmachtsurkunde ist für den Zeitpunkt der Beurkundung maßgebend. Dies kann nur dadurch sichergestellt werden, wenn der Bevollmächtigte zu diesem Zeitpunkt die Urschrift oder Ausfertigung dem Notar bei der Beurkundung vorlegt. (HRP Rn. 3584)

  • Aber beanstanden kann das Grundbuchamt doch nur, wenn es wüßte, dass die erteile Vollmacht zum Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung nicht mehr bestand. Welchen Anlass sollte das Grundbuchamt hier dazu haben?

  • ... dann müsste die Ehefrau ja jetzt die Vollmacht zum Zeitpunkt der Beurkundung bestätigen

    Wenn ich eure Vorbehalte richtig verstehe, würde in dem Fall die behauptete Vollmacht auch nur bestätigt werden, eine Ausfertigung hätte aber auch da zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung nicht vorgelegen.

  • Da müssten wir jetzt mal Cromwell fragen, ob er von seinen Ausführungen Abstand nimmt

    Bei dem von mir weiter oben unter 42 geschilderten Fall hätt ich jetzt die Möglichkeit, es ans OLG zu geben. Aber nicht dass die mir dann was von abwegigen Ansichten und völlig neben der Sache etc. bescheinigen....

  • Aber nicht dass die mir dann was von abwegigen Ansichten und völlig neben der Sache etc. bescheinigen....

    Ob dem Fall von Julchen V. tatsächlich ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt, wie im Ausgangsfall, hatte ich jetzt nicht nachgelesen. Dass die Zwischenverfügung aufgehoben wird, halte ich für unwahrscheinlich, weil sich das Beschwerdegericht vermutlich ebenfalls auf die bereits angeführten Entscheidungen stützen wird. Was wurde denn in der Zwischenverfügung zur Behebung des Mangels aufgegeben?

  • Nicht Ausgangsfall, sondern Beitrag Nr. 42. Vollmachtsbestätigung oder Genehmigung des Vollmachtgebers hab ich verlangt (Zwischenverfügungen schreib ich nur, wenn ich weiß, dass jemand Beschwerde einlegen will. Sonst gibt es eine kurze E-Mail).

  • Würde mich jetzt doch interessieren. Wie wird denn die Zwischenverfügung begründet werden? Vollmacht aufgrund dieser Urkunde vor Auflassung und danach, aber nicht zum Zeitpunkt der Auflassung, weil ....

  • Aber beanstanden kann das Grundbuchamt doch nur, wenn es wüßte, dass die erteile Vollmacht zum Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung nicht mehr bestand. Welchen Anlass sollte das Grundbuchamt hier dazu haben?

    Aber beanstanden kann man doch: "der Fortbestand der Bevollmächtigung setzt ...den Nachweis voraus, daß der Bevollmächtigte die Ausfertigung der Vollmachtsurkunde bei seinem Handeln als Vertreter noch besessen hat.. "

    OLG Köln (2. ZS), Beschluß vom 9. 1. 1984 - 2 Wx 30/83

    Die Notarbestätigung, dass der Bevollmächtigte die Ausfertigung zu einem späteren Zeitpunkt in Händen hatte, reicht doch dementsprechend nicht?

  • Da hab ich noch eine Entscheidung gefunden, bei der das OLG eine spätere Vorlage einer Vollmachtsausfertigung als ausreichend angesehen hat:

    OLG München, Beschluss vom 10. 9. 2009 - 34 Wx 44/09 (FGPrax 2009, 260, beck-online)

    "Wird dem Grundbuchamt die Vollmachtsurkunde in Urschrift oder Ausfertigung vorgelegt, ist damit belegt, dass der Vertreter auch in deren Besitz ist (vgl. § 172 BGB). Dazu genügt es, dass die Urkunde mit dem Willen des Vollmachtgebers in den Verkehr gelangt ist. Ausreichend ist demnach regelmäßig, wenn der Vollmachtgeber bei Errichtung der notariellen Urkunde bestimmt, dass dem Vertreter eine Ausfertigung erteilt wird (PWW/Frensch, BGB, 3. Aufl., § 172 Rn. 3; OLG Karlsruhe, ZIP 2005, 1633/1634). Das Grundbuchamt darf dann im Allgemeinen vom Bestehen der Vollmacht auch bei Abgabe der Erklärung, das ist für die auch hier notwendige Bewilligung des Eigentümers der Zugang beim Grundbuchamt (Demharter, aaO, § 19 Rn. 21; Munzig, MittBayNot 1997, 371/372), ausgehen."

    Zitiert unter anderem bei BeckOK/Otto GBO § 29 Rn. 87. Im Fall von Julchen V. muß der Bevollmachtigte die Ausfertigung allerdings noch dem Grundbuchamt vorlegen.

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